„Eine neue Dimension des politischen Aufstiegs des Papsttums“

VATIKANSTADT – „Der politische Aufstieg des Papsttums: Mobilisierung, Medien und die Macht der modernen Päpste“ war das nicht nur aus aktuellen Gründen spannende Thema einer Tagung am Campo Santo Teutonico.

Einer der Redner war der renommierte Autor und Vatikanist Ulrich Nersinger, bekannt auch aus mehreren Sendungen bei EWTN – Katholisches Fernsehen. Im Interview mit CNA sprach er über die Rolle von Papst Franziskus – und warum Eisenbahnen zeigen, dass die Kirche in Jahrhunderten denkt.

CNA: Herr Nersinger, leben wir in einem Zeitalter politischen Aufstiegs des Papsttums? Wie bewerten Sie das Motto der Tagung?

ULRICH NERSINGER: Zeitgleich zur Tagung fanden zwei Großereignisse statt: Das eine nur wenige Schritte von uns entfernt, das Zusammentreffen des Heiligen Vaters mit den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union; und einen Tag später der Besuch von Papst Franziskus in Mailand. Eine gelungenere Illustrierung und Aktualisierung des Themas, das der Tagung gegeben war, hätte man sich wahrhaftig nicht vorstellen können. In der Sala Regia des Apostolischen Palastes kam von sich aus – wohlgemerkt nicht geladen – die politische Führungsmanschaft unseres Kontinents mit dem Herrscher des kleinsten Staates der Erde zusammen, um von ihm Unterstützung für das Projekt Europa zu erhalten – man darf hier wohl zu Recht von einem fortdauernden, ja neue Dimensionen erreichenden politischen Aufstieg des Papsttums sprechen. Und in der vermutlich bedeutendsten Erzdiözese Norditaliens wurde der Welt – nicht nur der katholischen – überdeutlich vor Augen geführt, wie auch heute noch das Oberhaupt der Katholischen Kirche die Massen für sich zu mobilisieren vermag.

Wir haben es ja nicht nur mit „Soft Power“ zu tun – wie jüngst im Fall der Malteser geschehen. Wie sicher ist der Status des Vatikans, des Heiligen Stuhls auf dem internationalen Parkett heute?

Ihre Frage wurde mir auch auf der Tagung gestellt. So verwies man auf die Verletzbarkeit des neutralen Vatikanstaates im Zweiten Weltkrieg hin. Sowohl der Vatikanstaat wie auch der Heilige Stuhl – aus völkerrechtlicher Sicht sind dies zwei verschiedene Subjekte, wenn auch der „Chef“ beider derselbe, das heißt der Papst, ist – erfreuen sich heute der Anerkennung von so gut wie allen Staaten der Erde und pflegen mit diesen diplomatische Beziehungen. Doch die Geschichte lehrt uns, dass auf der Bühne der internationalen Politik nichts absolut gesichert und ewig ist. In unseren Tagen versuchen manche Strömungen, besonders glaubensfeindliche Ideologien der westlichen Hemisphäre, den Einfluss des Christentums und auch den anderer Religionen zurückzudrängen, ja sogar diese zu bekämpfen und zu eliminieren. Daher ist ein unentwegter Einsatz des Papsttums für die eigenen Gläubigen und alle Menschen guten Willens so wichtig und nötig. Dass heißt für den Papst, klar und deutlich Präsenz in der Welt zu zeigen.

Sie selber sprachen über Eisenbahnen nach Rom. Was können wir über diese „stählernen Pilgerwege“ im digitalen Zeitalter lernen?

Sehr viel! Sie vermitteln uns etwas von der Entschlossenheit, aber auch der Weitsicht des Papsttums. Pius IX. (1846-1878) schuf in den Päpstlichen Staaten „stählerne Pilgerwege“ um „den Gläubigen Gelegenheit zu bieten, zu den Gräbern der Apostelfürsten zu wallfahren und beim Statthalter Christi Trost und Erhebung zu suchen“. Als sich der Heilige Vater nach der Einnahme Roms in den Apostolischen Palast bei Sankt Peter als freiwilliger „Gefangener des Vatikans“ zurückzog, hinterließ er ein durch seine Person erwirktes und geschaffenes Eisenbahnnetz, das ihm und seinen Nachfolgern eine kaum zu überschätzende Grundlage gab, um mit den Katholiken in aller Welt persönlich, unmittelbar und dauerhaft bis in unsere Tage hinein in Kontakt zu treten und zu bleiben. Die Isolation durch den Verlust territorialer Souveränität im Jahre 1870 wurde durch das Strömen gewaltiger Pilgermassen nach Rom in beeindruckender Weise für jedermann sichtbar durchbrochen und zu einem wahren Triumph des Papsttums.

In den letzten Jahrzehnten mussten sich die Eisenbahnen vermehrt den Transport von Rompilgern mit Reisebussen und Fluggesellschaften teilen. Kurz vor der Jahrtausendwende bescherten Billigflieger all jenen, die eine Fahrt in die Ewige Stadt erwogen, eine beinahe konkurrenzlose, preislich nicht mehr zu unterbietende Alternative zum Verreisen auf Schienen. Romfahrten mit der Eisenbahn sind dennoch eine Option geblieben. Ihre (kirchen-)geschichtliche Dimension ist den meisten der außeritalienischen Bahnreisenden, Touristen wie Pilgern, verborgen. Dass Zugfahrten nach Rom nicht unwesentlich dem am 3. September 2000 von Johannes Paul II. (1978-2005) seliggesprochenen Pius IX. zu verdanken sind, entzieht sich leider in der Regel ihrer Kenntnis – ist aber eine unumstößliche Tatsache. Die „stählernen Pilgerwege“ nach Rom zeigen auch auf, dass die Kirche bekanntlich nicht in Jahren und Jahrzehnten denkt, sondern in Jahrhunderten. (CNA Deutsch)

Kinderschutzkommission: Briefe von Opfern beantworten

Die Päpstliche Kinderschutzkommission will auch fortan die Mitarbeit und Beratung von Missbrauchsopfern in Anspruch nehmen. Das geht aus einer Erklärung der Kommission zu ihrer achten Plenarsitzung hervor, die am Wochenende in Rom zu Ende ging. Nach dem Austritt der irischen Missbrauchsüberlebenden Marie Collins aus der Kommission wolle man nun „neue Wege suchen“, um den Beitrag von Missbrauchsopfern für die Präventionsarbeit zu garantieren, heißt es in der Erklärung, die der Vatikan an diesem Montag veröffentlichte. Verschiedene Ansätze hierzu würden derzeit geprüft, um im Anschluss dem Papst vorgelegt zu werden.

Ausdrücklich sprach sich die Kommission auf ihrer Sitzung für einen engen Kontakt des Heiligen Stuhles zu Missbrauchsopfern aus: An den Vatikan gerichtete Briefe von Missbrauchsüberlebenden sollten „zeitnah“ und „persönlich“ beantwortet werden, hält die Kommission fest. Dies könne zu „weiterer Transparenz und Heilung“ beitragen, schreibt das Gremium, das sich mit einer entsprechenden Empfehlung bereits an die Glaubenskongregation gewandt hatte. Man sei sich darüber im Klaren, dass diese „besondere Aufgabe“ „klare und spezifische Ressourcen und Prozeduren“ erfordere, führt die Kommission weiter aus, die laut eigener Angaben entsprechende Vorschläge dem Papst unterbreiten will.

Mit Blick auf die Beantwortung von Briefen von Missbrauchsopfern hatte der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation auf die Aufgaben der Ortsbischöfe verwiesen: „Dieser Akt der pastoralen Sorge ist eine Aufgabe der Bischöfe in ihren jeweiligen Teilkirchen und der Generaloberen der religiösen Institute. (…) Der persönliche Kontakt mit den Opfern sollte besser von den Ortsbischöfen unterhalten werden. (…) Es ist ein Missverständnis, dass dieses Dikasterium in Rom sich um alle Diözesen und religiösen Orden der Welt kümmern kann.“ Das sagte Kardinal Gerhard Ludwig Müller Anfang März in einem Interview mit der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“.

Müller reagierte mit dem Interview auf Vorwürfe von Marie Collins. Die Irin, die ihre Mitarbeit in der Päpstlichen Kinderschutzkommission aus Frustration über „mangelnde Kooperationsbereitschaft“ an der römischen Kurie beendet hatte, hatte mehreren Behörden im Vatikan gerliches Handeln und mangelndes Interesse an der Arbeit der Missbrauchskommission vorgeworfen. (rv)

Papstbesuch in Mailand im Zeichen von „Evangelii Gaudium“

Eigentlich lautet das Motto der Papst-Visite in Mailand von diesem Samstag: „Viel Volk nämlich gehört mir in dieser Stadt“, ein Zitat aus der Apostelgeschichte. Doch viel besser würde wohl der Titel des Apostolischen Schreibens „Evangelii Gaudium“ passen, wie gegenüber Radio Vatikan der Gastgeber des Besuchs, der Mailänder Kardinal Angelo Scola, sagt. „Wenn wir auf die Gesten schauen, die der Papst hier bei uns vollbringen will, dann würde ich sagen, dass ,Evangelii Gaudium´ der rote Faden ist“, so Kardinal Scola. „Der Papst wird die Stadt von der Peripherie her betreten, also zu jenen Menschen hingehen, die unter schweren Bedingungen leben.“ Damit wolle Franziskus das aufzeigen, was Jesus gelebt habe: den Randständigen nahe sein und den Bedürftigen helfen.

Mailand sei zwar weltweit als Wirtschaftsmetropole bekannt. Die italienische Börse hat hier ihren Sitz, alle Großbanken jeweils ihre Zentrale für Italien oder Südeuropa. Dennoch werde der Papst nicht die Banker und Wirtschaftsleute in den Fokus seines Besuches stellen, so Kardinal Scola.

„Er will natürlich alle einladen, auch die Wirtschafts- und Finanzleute. Er hat sie ja auch in ,Evangelii Gaudium´ direkt angesprochen und mehrere Fragen an sie gerichtet. Da ging es um die Frage, wie sie die Arbeit betrachten. … Das ist auch eine Einladung an uns alle, eine Provokation: es geht um das Verhältnis vom Ich gegenüber der Gemeinschaft und Gesellschaft.“

Case Bianche: Peripherie der Stadt und des Lebens

Am Samstagvormittag will Franziskus einige Familien in den sogenannten Case Bianche besuchen. Die „weißen Häuser“ befinden sich im Osten Mailands: in Beton gegossenes urbanes Elend, wie Giorgio Sarto von Caritas Mailand im Gespräch mit Radio Vatikan sagt.

„Es wird bestimmt die Freude rüberkommen, den Papst zu treffen. Wir als Kirche haben uns mit Gebetsmomenten darauf vorbereitet. Eine Theatergruppe hat den bisherigen Lebenslauf von Papst Franziskus aufgeführt. Und am Samstagmorgen, kurz bevor der Papst zu uns kommt, wird es ein Programm für die Anwesenden geben, damit sie sich auf die Begegnung vorbereiten können.“

Wie der Caritas-Mitarbeiter betont, seien die „Case Bianche“ nicht nur die geographische Peripherie der Stadt, sondern auch die „Lebensperipherie“ vieler Menschen.

„Das ist der Ort, wo die Schwächen und Probleme der Menschen auf sehr konzentrierte Weise versammelt ist. Das sind die Quartiere der einfachen Leute. Wir als Caritas unterstützen hier vor allem ältere Menschen und stehen allen Bedürftigen zur Verfügung. Unsere Zentrale befindet sich mitten im Quartier.“

An diesem Samstag wird Papst Francesco das erste Mal Mailand besuchen und am Vormittag im Dom eine Andacht halten. Nach seiner Ankunft auf dem Mailänder Flughafen wird der Papst um 8.30 Uhr im Wohnviertel Forlanini zwei Familien in den Wohnblöcken „Case Bianche“ und die Pfarrei San Galdino besuchen. Das Mittagessen nimmt er mit 100 Strafgefangenen ein, nachdem er zuvor einige Häftlinge in ihren Zellen besucht hat. Die zentrale Messfeier am Nachmittag findet nicht in Mailand, sondern um 15 Uhr im nahe gelegenen Autodromo-Park von Monza statt. Mehr als 400.000 Gläubige werden erwartet. Der letzte Termin auf dem Programm ist um 17.30 Uhr eine Begegnung mit den Firmlingen der Erzdiözese und deren Familien im Fussballstadion „Giuseppe Meazza“ (auch „San Siro“ genannt). Der Rückflug nach Rom erfolgt gegen 19 Uhr. (rv)

USA: William Henry Kardinal Keeler verstorben

Der aus Texas stammende Kardinal Keeler ist am Donnerstag, den 23. März verstorben. Keeler war erst vor wenigen Tagen 86 Jahre alt geworden. Er leitete die Erzdiözese Baltimor (USA) von 1989 bis 2007. Papst Johannes Paul II. hatte ihn im November 1994 in den Kardinalsstand erhoben und ihm die Titelkirche „S. Maria degli Angeli“ als Kardinalpriester übertragen. Somit umfasst das Kardinalskollegium noch 223 Purpurträger und von diesen sind 117 wahlberechtigt bei einem künftigen Konkalve. (vh)

So sieht das Programm der Fatimareise von Papst Franziskus aus

VATIKANSTADT – Das Pressebüro des Heiligen Stuhls hat das Programm der Reise von Papst Franziskus nach Fatima anlässlich des 100. Jahrestages der Erscheinungen der Jungfrau Maria am kommenden 12. und 13. Mai 2017 veröffentlicht.

Am Freitag, den 12. Mai, wird der Papst um 14.00 Uhr aus Rom abfliegen und um 16.20 Uhr in Portugal ankommen. Das erste Treffen wird jenes mit dem Staatspräsidenten Portugals sein, bei dem er auch die Kapelle des Militärflugplatzes Mont Real besuchen wird.

Das Herz dieses Tages wird am Nachmittag das Gebet und der Besuch in der Erscheinungskapelle sein. In der Kapelle wird immer noch das Projektil des Attentats auf Johannes Paul II. aus dem Jahre 1981 aufbewahrt. Das Projektil, das dem Papst entnommen wurde, ist in die Krone der Gottesmutter eingefügt und später wurde auch eine dem Papst gewidmete Statue nahe der Basilika aufgestellt.

Um 21.30 Uhr wird der Papst – ebenfalls in der Erscheinungskapelle – das Rosenkranzgebet leiten, sowie ein Grußwort und den Segen sprechen.

Am 13. Mai morgens wird Franziskus sich mit dem Ministerpräsidenten treffen und das Heiligtum „Nossa Senhora do Rosario de Fatima“ besuchen. Anschließend dann die Heilige Messe mit Papst Franziskus auf dem Platz vor der Basilika. Der Heilige Vater wird dort auch die anwesenden Kranken begrüßen. Zuletzt das Mittagessen mit den portugiesischen Bischöfen. Auf die Abschiedszeremonie folgt der Rückflug nach Rom, die Ankunft dort ist für 19.00 Uhr vorgesehen.

Hundert Jahre sind seit den Erscheinungen der heiligen Jungfrau an die Hirtenkinder Lucia, Jacinta und Francisco vergangen. Und unter den Millionen von Pilgern, die dieses Jahr ins Heiligtum strömen werden, wird also auch der Papst sein.

Franziskus ist der vierte Papst, der Fatima besucht, nach Paul VI. im Jahr 1967 anlässlich des 50. Jahrestages der Erscheinungen, Johannes Paul II. (der drei Reisen dorthin unternahm: 1982, 1991, 2000) und Benedikt XVI. (2010), der erklärte: „Wer glaubt, dass die prophetische Mission Fatimas beendet sei, der irrt sich.“

Die Erscheinungen der Gottesmutter an die drei Hirtenkinder begannen am 13. Mai 1917 in der Cova de Iria, nahe dem portugiesischen Städtchen Fatima. Sie wurden 1930 offiziell von der katholischen Kirche anerkannt, die den Kult erlaubte und ihren übernatürlichen Charakter verkündete. (CNA Deutsch)

Die Papstbotschaft zum Weltjugendtag 2017 im Wortlaut

​Hier lesen Sie die Papstbotschaft zum 32. Weltjugendtag, der am 9. April 2017 auf diözesaner Ebene gefeiert wird. (rv)

»Der Mächtige hat Großes an mir getan« (Lk 1,49)

Liebe junge Freunde,

nun sind wir nach unserem wunderbaren Treffen in Krakau, wo wir gemeinsam den 31. Weltjugendtag und das Jubiläum der Jugendlichen im Rahmen des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit gefeiert haben, wieder unterwegs. Wir ließen uns vom heiligen Johannes Paul II. und von der heiligen Faustyna Kowalska, den Aposteln der Göttlichen Barmherzigkeit, leiten, um auf die Herausforderungen unserer Zeit eine konkrete Antwort zu geben. Wir machten eine große Erfahrung der Solidarität und der Freude, und wir gaben der Welt ein Zeichen der Hoffnung. Die verschiedenen Fahnen und Sprachen waren nicht Grund zu Streit und Spaltung, sondern boten Gelegenheit, die Pforten der Herzen zu öffnen und Brücken zu bauen.

Am Ende des Weltjugendtags in Krakau gab ich das nächste Ziel unseres Pilgerwegs vor, der uns mit Gottes Hilfe 2019 nach Panama führen wird. Auf diesem Weg wird uns die Jungfrau Maria begleiten, die von allen Geschlechtern seliggepriesen wird (vgl. Lk 1,48). Der neue Abschnitt unserer Reise schließt an den vorhergehenden an, in dessen Mittelpunkt die Seligpreisungen standen, treibt uns aber an weiterzugehen. Es liegt mir nämlich am Herzen, dass ihr unterwegs nicht nur die Vergangenheit im Gedächtnis behaltet, sondern auch Mut in der Gegenwart und Hoffnung für die Zukunft habt. Diese Haltungen sind stets in der jungen Frau von Nazaret lebendig und kommen in den Themen der drei nächsten Weltjugendtage klar zum Ausdruck. Dieses Jahr (2017) werden wir über den Glauben Marias nachdenken, die im Magnificat sagte: »Der Mächtige hat Großes an mir getan« (Lk 1,49). Das Thema des nächsten Jahres (2018) – »Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden« (Lk 1,30) – wird uns über die mutige Liebe, mit der die Jungfrau die Botschaft des Engels aufnahm, meditieren lassen. Der Weltjugendtag 2019 wird sich hingegen auf die hoffnungsvolle Antwort Marias an den Engel beziehen: »Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast« (Lk 1,38).

Im Oktober 2018 wird die Kirche die Bischofssynode über das Thema Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsfindung abhalten. Wir werden uns darüber austauschen, wie ihr jungen Menschen die Erfahrung des Glaubens inmitten der Herausforderungen unserer Zeit lebt. Wir werden auch der Frage nachgehen, wie ihr einen Plan für euer Leben reifen lassen und dabei eure Berufungen in weitem Sinn, das heißt die Berufung zur Ehe, die Berufung im weltlichen und beruflichen Bereich oder zum geweihten Leben und zum Priestertum, erkennen könnt. Mein Wunsch ist, dass der Weg zum Weltjugendtag in Panama und der Weg der Synode gut miteinander abgestimmt sind.

Unsere Welt braucht keine „Sofa-Jugendlichen“

Nach dem Lukasevangelium macht Maria sich nach dem Empfang der Botschaft des Engels und ihres Ja, die Mutter des Erlösers zu werden, auf den Weg und eilt ihre Cousine Elisabet zu besuchen, die im sechsten Monat schwanger ist (vgl. 1,36.39). Maria ist sehr jung. Was ihr verkündigt wurde, ist ein riesengroßes Geschenk, doch es bringt auch sehr große Herausforderungen mit sich. Der Herr hat ihr seine Nähe und seine Hilfe zugesagt, aber in ihrem Verstand und ihrem Herzen sind viele Dinge noch unklar. Dennoch schließt sich Maria nicht zu Hause ein, sie lässt sich nicht von der Angst oder vom Stolz lähmen. Maria ist nicht der Typ dafür, der – um es sich gut gehen zu lassen – ein Sofa braucht, auf dem man es sich bequem und gemütlich macht. Sie ist keine Sofa-Jugendliche! (vgl. Ansprache bei der Gebetsvigil, Krakau, 30. Juli 2016). Wenn ihre alte Cousine Unterstützung braucht, dann verliert sie keine Zeit und macht sich sofort auf den Weg.

Die Strecke bis zum Haus der Elisabet ist lang, zirka 150 Kilometer. Aber vom Heiligen Geist angetrieben kennt das Mädchen von Nazaret keine Hindernisse. Die Tage der Reise haben ihr sicher geholfen, über das wunderbare Geschehen, von dem sie betroffen war, nachzudenken. So geschieht es auch mit uns, wenn wir uns auf Pilgerfahrt begeben. Auf dem Weg kommen uns die Ereignisse unseres Lebens in den Sinn, wir können deren Bedeutung reifen lassen und unsere Berufung vertiefen, die sich dann in der Begegnung mit Gott und im Dienst an den anderen zeigt.

Der Mächtige hat Großes an mir getan

Die Begegnung zwischen den beiden Frauen – dem jungen Mädchen und der alten Frau – ist von der Gegenwart des Heiligen Geistes erfüllt und voller Freude und Staunen (vgl. Lk 1,40-45). Wie die Kinder in ihren Leibern tanzen die beiden Mütter gleichsam vor Glück. Vom Glauben Marias berührt ruft Elisabet aus: »Selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ« (V. 45). Ja, eine der großen Gaben, welche die Jungfrau Maria erhalten hat, ist der Glaube. An Gott zu glauben ist ein unschätzbares Geschenk, es muss aber auch angenommen werden; und Elisabet preist Maria dafür. Sie antwortet ihrerseits mit dem Lobgesang des Magnificat (vgl. Lk 1,46-55), in dem wir das Wort finden: »Der Mächtige hat Großes an mir getan« (V. 49).

Dieses Gebet Marias ist ein revolutionäres Gebet, das Lied eines Mädchens voll Glauben, das sich seiner Grenzen bewusst ist, aber der Barmherzigkeit Gottes vertraut. Diese mutige junge Frau dankt Gott, weil er auf ihre Niedrigkeit geschaut hat, sie dankt für sein Heilswerk, das er an seinem Volk, an den Armen und Niedrigen vollbracht hat. Der Glaube ist die Herzmitte der ganzen Geschichte Marias. Ihr Lied hilft uns, das Erbarmen des Herrn als Antriebskraft der Geschichte zu begreifen, sowohl der persönlichen Geschichte eines jeden von uns als auch der ganzen Menschheit.

Wenn Gott das Herz eines jungen Mannes, eines jungen Mädchens berührt, werden diese zu wirklich großen Taten fähig. Das „Große“, das der Mächtige im Leben Marias getan hat, spricht zu uns auch von unserer Reise durch das Leben, die kein sinnloses Umherziehen ist, sondern eine Pilgerschaft, die trotz aller Ungewissheiten und Leiden in Gott ihre Erfüllung finden kann (vgl. Angelus, 15. August 2015). Ihr werdet mir sagen: „Pater, ich bin doch so eingeschränkt, ich bin ein Sünder, was kann ich tun?“ Wenn der Herr uns ruft, bleibt er nicht bei dem stehen, was wir sind oder getan haben. In dem Augenblick, in dem er uns ruft, schaut er vielmehr auf das, was wir tun könnten, auf all die Liebe, die freizusetzen wir imstande sind. Wie die junge Maria könnt auch ihr es zulassen, dass euer Leben ein Werkzeug wird, um die Welt besser zu machen. Jesus ruft euch, eure Spur im Leben zu hinterlassen, eine Spur, die die Geschichte kennzeichnet – eure Geschichte und die vieler anderer (vgl. Ansprache bei der Gebetsvigil, Krakau, 30. Juli 2016).

Jugendlicher sein bedeutet nicht, keine Verbindung zur Vergangenheit zu haben

Maria ist kaum über das Jugendalter hinaus wie viele von euch. Dennoch stimmt sie im Magnificat das Lob ihres Volkes und seiner Geschichte an. Dies zeigt uns: Jugendlicher sein bedeutet nicht, keine Verbindung zur Vergangenheit zu haben. Unsere persönliche Geschichte fügt sich in eine lange Reihe ein, in einen gemeinschaftlichen Weg, der uns in den Jahrhunderten vorangegangen ist. Wie Maria gehören auch wir einem Volk an. Und die Geschichte der Kirche lehrt uns, dass auch dann, wenn sie stürmische Meere durchquert, die Hand Gottes sie führt und schwierige Momente überwinden lässt. Die echte Erfahrung von Kirche ist nicht wie ein Flashmob, zu dem man sich verabredet, um eine Performance durchzuführen und um dann wieder seines Weges zu ziehen. Die Kirche trägt eine lange Tradition in sich, die von Generation zu Generation weitergegeben wird und dabei durch die Erfahrung jedes einzelnen bereichert wird. Auch eure Geschichte findet ihren Platz innerhalb der Geschichte der Kirche.

Die Vergangenheit im Gedächtnis behalten dient auch dazu, das neuartige Eingreifen Gottes, das er in uns und durch uns verwirklichen will, anzunehmen. Und dies hilft uns, uns zu öffnen, um als seine Werkzeuge, als Mitarbeiter seiner Heilspläne ausgewählt zu werden. Auch ihr jungen Menschen könnt Großes vollbringen, wichtige Verantwortung übernehmen, wenn ihr das barmherzige und allmächtige Handeln Gottes in eurem Leben erkennt.

Ich möchte euch einige Fragen stellen: Auf welche Weise „speichert“ ihr eure Erinnerung der Ereignisse, die Erfahrungen eures Lebens „ab“? Was macht ihr mit den Tatsachen und Bildern, die sich in euer Gedächtnis eingeprägt haben? Manche – besonders jene, denen von den Umständen des Lebens Wunden geschlagen wurden – hätten Lust, ein „Reset“ der eigenen Vergangenheit durchzuführen und vom Recht auf das Vergessen Gebrauch zu machen. Ich möchte euch aber daran erinnern, dass es keinen Heiligen ohne Vergangenheit und keinen Sünder ohne Zukunft gibt. Die Perle entsteht aus einer Verletzung der Auster! Mit seiner Liebe kann Jesus unsere Herzen heilen und unsere Wunden in echte Perlen verwandeln. Wie der heilige Paulus sagt, kann der Herr seine Kraft in unserer Schwachheit erweisen (vgl. 2 Kor 12,9).

Unsere Erinnerungen dürfen jedoch nicht alle angehäuft sein wie im Speicher auf der Festplatte. Und es ist auch nicht möglich, alles in einer virtuellen „Cloud“ abzulegen. Man muss lernen, dafür zu sorgen, dass die Geschehnisse der Vergangenheit zu einer dynamischen Wirklichkeit werden, über die man nachdenken und aus der man Lehren und Bedeutung für unsere Gegenwart und Zukunft ziehen kann. Es ist eine beschwerliche, aber notwendige Aufgabe, den roten Faden der Liebe Gottes zu entdecken, der unser ganzes Leben durchzieht.

Viele sagen, dass ihr jungen Menschen gedankenlos und oberflächlich seid. Dem stimme ich überhaupt nicht zu! Man muss aber zugeben, dass es in unserer Zeit nötig ist, die Fähigkeit wiederzuerlangen, über das eigene Leben nachzudenken und es auf Zukunft hin zu gestalten. Eine Vergangenheit zu haben ist nicht gleichbedeutend damit, eine Geschichte zu haben. Wir können in unserem Leben viele Erinnerungen haben, doch wie viele davon bilden wirklich unser Gedächtnis? Wie viele haben eine Bedeutung für unsere Herzen und helfen uns, unserem Leben einen Sinn zu verleihen? Die Gesichter der Jugendlichen in den social media tauchen auf vielen Fotos auf, die mehr oder weniger reale Ereignisse erzählen. Wir wissen hingegen nicht, wieviel davon „Geschichte“, sprich Erfahrung ist, die erzählenswert ist als auch Ziel und Sinn in sich birgt. Die TV-Programme sind voll von sogenannten Reality-Shows, aber es sind keine echten Geschichten, sondern nur Augenblicke, die vor einer Fernsehkamera ablaufen, bei denen die Personen planlos in den Tag hinein leben. Lasst euch nicht durch dieses falsche Bild der Wirklichkeit irreleiten! Seid die Hauptdarsteller eurer Geschichte und bestimmt eure Zukunft!

In Verbindung bleiben mit Blick auf das Beispiel Marias

Man sagt von Maria, dass sie alle Worte bewahrte und in ihrem Herzen erwog (vgl. Lk 2,19.51). Dieses einfache Mädchen aus Nazaret lehrt uns beispielhaft, die Erinnerung an die verschiedenen Begebenheiten des Lebens zu bewahren, diese aber auch zusammenzufügen und aus den Teilstücken ein einheitliches Ganzes zu bilden wie bei einem Mosaik. Wie können wir uns in diesem Sinne konkret einüben? Ich mache euch dazu einige Vorschläge.

Am Ende eines jeden Tages können wir für einige Minuten innehalten, um uns an die schönen Augenblicke, an die Herausforderungen und an alles, was gut und was schlecht gelaufen ist, zu erinnern. So können wir vor Gott und uns selbst die Gefühle der Dankbarkeit, der Reue und des Vertrauens zum Ausdruck bringen. Wenn ihr wollt, könnt ihr das auch in einem Heft aufschreiben, in einer Art geistlichem Tagebuch. Das bedeutet, im Leben, mit dem Leben und über das Leben zu beten, und sicher wird es euch helfen, die großen Dinge besser zu verstehen, die der Herr für jeden von euch tut. Wie der heilige Augustinus sagte, können wir Gott in den weiten Gefilden unseres Gedächtnisses finden (vgl. Bekenntnisse, Buch X,8,12).

Wenn wir das Magnificat lesen, wird uns bewusst, wie sehr Maria das Wort Gottes kannte. Jeder Vers dieses Liedes hat eine Parallelstelle im Alten Testament. Die junge Mutter Jesu kannte die Gebete ihres Volkes gut. Sicherlich haben ihre Eltern und Großeltern sie ihr beigebracht. Wie wichtig ist doch die Glaubensweitergabe von einer Generation an die andere! Es liegt ein verborgener Schatz in den Gebeten, die uns unsere Ahnen lehren, in der gelebten Spiritualität innerhalb der Kultur der einfachen Leute, die wir Volksfrömmigkeit nennen. Maria sammelt das Glaubenserbe ihres Volkes und setzt es zu ihrem ganz eigenen Lied zusammen, das aber zugleich Lied der gesamten Kirche ist. Und die ganze Kirche singt es mit ihr. Damit auch ihr jungen Menschen ein Magnificat singen könnt, das ganz von euch kommt, und euer Leben zu einem Geschenk für die gesamte Menschheit machen könnt, ist es wesentlich, dass ihr an die geschichtliche Tradition und das Beten derer anknüpft, die vor euch gelebt haben. Deshalb ist es auch wichtig, die Bibel – das Wort Gottes – gut zu kennen, sie jeden Tag zu lesen und mit eurem Leben in Beziehung zu setzen, das heißt die Tagesereignisse im Lichte all dessen zu lesen, was der Herr euch in der Heiligen Schrift sagt. Während des Gebets und bei der betenden Lektüre der Bibel (der so genannten Lectio divina) erwärmt Jesus eure Herzen und schenkt euren Schritten Licht, auch in den dunkelsten Augenblicken eures Lebens (vgl. Lk 24,13-35).

Maria bringt uns auch bei, in einer eucharistischen Haltung zu leben, das heißt Dank zu sagen, das Lob Gottes zu pflegen und sich nicht nur auf Probleme und Schwierigkeiten zu versteifen. Die Bitten von heute werden in der Dynamik des Lebens morgen zum Grund des Dankes. So sind auch eure Teilnahme an der heiligen Messe und die Momente der Feier des Sakraments der Versöhnung zugleich Gipfel und Ausgangspunkt: Euer Leben wird jeden Tag in der Vergebung erneuert und zu einem immerwährenden Lob des Allmächtigen: »Vertraut dem Gedenken Gottes: […] sein Gedächtnis ist ein Herz, das weich ist vor Mitgefühl, das Freude daran hat, jede Spur des Bösen in uns auszulöschen« (Predigt bei der heiligen Messe zum Weltjugendtag, Krakau, 31. Juli 2016).

Wir haben gesehen, dass das Magnificat aus dem Herzen Marias in dem Augenblick hervorkommt, als sie ihrer alten Cousine Elisabet begegnet. Mit ihrem Glauben, ihrem scharfen Blick und ihren Worten hilft sie der Jungfrau Maria, die Größe des göttlichen Handelns in ihr und der ihr anvertrauten Sendung besser zu begreifen. Und ihr, seid ihr euch der außergewöhnlichen Quelle des Reichtums bewusst, welche die Begegnung zwischen jungen und alten Menschen darstellt? Wieviel Bedeutung messt ihr den Alten, euren Großeltern bei? Richtigerweise strebt ihr danach, flügge zu werden, und tragt große Träume im Herzen. Doch ihr bedürft auch der Weisheit und der Weitsicht der älteren Menschen. Während ihr die Flügel im Wind ausbreitet, ist es wichtig, dass ihr eure Wurzeln entdeckt und das Staffelholz von den Menschen übernehmt, die vor euch da waren. Um eine sinnvolle Zukunft aufzubauen, muss man die Ereignisse der Vergangenheit kennen und ihnen gegenüber Stellung beziehen (vgl. Nachsynodales Apostolisches Schreiben Amoris laetitia, 191.193). Ihr jungen Menschen habt die Kraft, die alten Menschen haben das Gedächtnis und die Weisheit. So wie Maria gegenüber Elisabet, so richtet auch ihr euren Blick auf die älteren Menschen, auf eure Großeltern. Sie werden euch Dinge erzählen, die euren Verstand begeistern und eure Herzen rühren.

Schöpferische Treue, um neue Zeiten aufzubauen

Es ist wahr, dass ihr noch nicht viele Jahre „auf dem Buckel“ habt und es euch daher schwer fallen mag, der Tradition den gebührenden Wert beizumessen. Haltet euch wohl vor Augen, dass dies nicht heißt, Traditionalist zu sein. Nein! Wenn Maria im Evangelium sagt, »der Mächtige hat Großes an mir getan« (Lk 1,49), meint sie damit, dass jenes „Große“ noch nicht zu Ende ist, dass es sich vielmehr weiterhin in der Gegenwart verwirklicht. Es handelt sich nicht um eine ferne Vergangenheit. Die Vergangenheit im Gedächtnis behalten zu können heißt nicht, nostalgisch zu sein oder an einer bestimmten Zeit der Geschichte zu hängen, sondern seine eigenen Ursprünge erkennen zu können, um immer zum Wesentlichen zurückzukehren und sich mit schöpferischer Treue in den Aufbau neuer Zeiten hineinzustürzen. Es wäre ärgerlich und würde niemandem helfen, wenn wir eine lähmende Erinnerung beibehielten, die immer dieselben Dinge auf die gleiche Weise tun lässt. Ein Geschenk des Himmels ist es dagegen zu sehen, dass viele von euch mit ihrem Nachforschen, ihren Träumen und Fragen gegen die Vorstellung angehen, dass die Dinge nicht auch anders sein können.

Eine Gesellschaft, die nur die Gegenwart gelten lässt, neigt auch dazu, all das gering zu schätzen, was man aus der Vergangenheit ererbt, wie zum Beispiel die Einrichtung der Ehe, des geweihten Lebens und des Priesterberufs. Diese werden dann schließlich als bedeutungslos angesehen, als Auslaufmodelle. Man meint besser in sogenannten „offenen“ Situationen zu leben und sich im Leben wie in einer Reality-Show zu verhalten, ohne Ziel und Zweck. Lasst euch nicht täuschen! Gott ist gekommen, um die Horizonte unseres Lebens in jeder Hinsicht zu erweitern. Er hilft uns, der Vergangenheit den gebührenden Wert zu geben, um eine glückliche Zukunft besser gestalten zu können: Das ist aber nur möglich, wenn man die Liebe authentisch lebt – in Erfahrungen, die sich darin verwirklichen, dass wir den Ruf des Herrn wahrnehmen und ihm folgen. Und das ist das Einzige, was uns wirklich glücklich macht.

Liebe junge Freunde, ich empfehle euren Weg nach Panama wie auch den Vorbereitungsprozess der nächsten Bischofssynode der mütterlichen Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an. Ich lade euch ein, zweier wichtiger Ereignisse im Jahr 2017 zu gedenken: dreihundert Jahre der Wiederauffindung des Gnadenbildes Unserer Lieben Frau von Aparecida in Brasilien und die Hundertjahrfeier der Erscheinungen von Fatima in Portugal, wo ich mich, so Gott will, im nächsten Mai als Pilger hinbegebe. Der heilige Martin von Porres, einer der Schutzpatrone Lateinamerikas und des Weltjugendtags 2019, hatte in seinem bescheidenen täglichen Dienst die Angewohnheit, Maria als Zeichen seiner Sohnesliebe die schönsten Blumen zu schenken. Pflegt auch ihr wie er eine vertraute, freundschaftliche Beziehung mit der Muttergottes. Vertraut ihr eure Freude, eure Fragen und Sorgen an. Ich versichere euch, ihr werdet es nicht bereuen!

Die junge Frau von Nazaret, die auf der ganzen Welt tausend Gesichter und Namen angenommen hat, um ihren Söhnen und Töchtern nahe zu sein, möge für jeden von uns Fürbitte halten und uns helfen, die großen Werke zu besingen, die der Herr in uns und durch uns vollbringt.

Aus dem Vatikan,

FRANZISKUS

(rv)

Italien: Interessante Tagungen im Dunstkreis des Vatikans

Gleich zwei interessante Tagungen finden während der nächsten Tage fast zeitgleich in Rom statt.

Das Deutsche Historische Institut in Rom lädt von 22.-24.März zum internationalen Fachgespräch „Menschenrechte in der katholischen Kirche – Historische, systematische und praktische Perspektiven“ ein. In Zusammenarbeit mit Theologen und Theologinnen der Universitäten Münster, Köln und Wuppertal werden unter anderem das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und den Menschenrechten der letzten 200 Jahren in verschiedenen historischen Kontexten und Konstellationen thematisiert. Im Fokus steht dabei die Ambivalenz zwischen dem ungeteilten und universalen Geltungsanspruch der Menschenrechte sowie dem humanitären Anspruch des Christentums in Erwartung der auch innerkirchlichen Anerkennung und Umsetzung der Menschenrechte.

Ebenfalls am 22. März startet am Campo Santo Teutonico eine deutsch-englischsprachige Tagung zum Thema „Der politische Aufstieg des Papsttums: Mobilisierung, Medien und die Macht der modernen Päpste“. Sie entstand in Zusammenarbeit mit dem Centrum für Religion und Moderne der Universität Münster und dem Römischen Institut der Görres-Gesellschaft und geht bis Sonntag, dem 26. März. Über vierzig Referenten und Referentinnen (aus Deutschland, Italien, USA, Großbritannien, Polen, Dänemark, Holland, Spanien, Tschechien) aus historischen, medialen, kulturwissenschaftlichen und soziologischen Kreisen beschäftigen sich mit dem – vor dem Hintergrund von Säkularisierungserwartungen überraschenden – Aufstieg des modernen Papsttums in der globalen Politik des späten 19., 20. und frühen 21. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt der Diskussion nach dem politischen Einfluss des Papsttums steht die Frage nach der Mobilisierungsfähigkeit von Massen, aber auch von Eliten, und der Rolle, die dabei die Medien im Wandel der Zeit spielen. (rv)

Wie geht es Benedikt XVI.? Fragen an Georg Gänswein

Im April wird er neunzig: Spätestens dann werden sich viele fragen, wie es dem emeritierten Papst Benedikt XVI. geht. Wir sprachen darüber jetzt schon mit Benedikts Sekretär – es ist der Präfekt des Päpstlichen Hauses, Kurienerzbischof Georg Gänswein.

„Papst Benedikt ist guter Dinge! Was ihm etwas Sorgen bereitet, sind die Füße, die Beine. Er hat Schwierigkeiten mit dem Gehen, darum nimmt er den Rollator zu Hilfe, und damit kommt er ganz gut zurecht. Sonst: ganz klar im Kopf, ganz hell. Nimmt Anteil an allem. Er liest, er betet, er hört Musik, er hat Besuch; jeden Tag ist auch ein kleiner Spaziergang mit Rosenkranz angesagt, also – das, was er am Anfang seiner Zeit als Papa emeritus gemacht hat, das macht er auch jetzt.“

„Er liest nicht nur Theologisches“

Frage: Was liest er denn schwerpunktmäßig – vor allem Theologie, oder auch Literatur?

„Er ist natürlich und bleibt ein Theologe – aber er liest nicht nur Theologisches. Was er jetzt konkret liest, das werde ich natürlich nicht verraten… aber die Interessen sind sehr breit.“

Frage: Guckt er italienische oder deutsche Fernsehnachrichten? Liest er den „Osservatore Romano“, italienisch oder deutsch?

Jeden Tag „Osservatore“-Lektüre

„Wenn der Bruder da ist, sind deutsche Nachrichten angesagt. Wenn der Bruder nicht da ist, sieht er – da er ja in Italien lebt – italienische Nachrichten. Der (italienische= „Osservatore Romano“ ist selbstverständlich eine Lektüre, Tag für Tag, und er liest darüber hinaus auch anderes, um sich zu informieren und zu wissen, was in der Welt los ist.“

Frage: Die Menschen, die ihn besuchen – sind das vor allem Professoren oder Kirchenleute, oder Menschen, die er von früher her kennt?

„Es sind Menschen verschiedener Nationen, verschiedenen Alters, verschiedener Berufe. Nicht nur Personen, die er von früher kennt, sondern die ihn im Lauf der Jahre kennengelernt haben oder auch, die ihn noch nie gesehen haben. Es gibt so viele Anfragen – er müsste Überstunden machen!“

Frage: Hat er einen sehr geregelten Tagesablauf, oder bleibt er einfach mal länger im Bett?

„Nein – die Regelmäßigkeit des Ablaufs, die konkrete Einteilung des Tages ist seit eh und je eindeutig. Es ist nicht so, dass er mal ausschläft, und dann fängt der Tag eben später an, sondern der Tag beginnt mit der heiligen Messe, jeden Tag zur gleichen Zeit.“

Sonntag ist Predigttag

Frage: Und hält er da auch eine kleine Predigt oder Betrachtung? Bereitet er sich darauf vor?

„Jeden Sonntag, ja. Am Sonntag hält er immer eine schöne Predigt für uns, die „Memores“ und mich. Ab und zu ist auch ein Besuch da.“

Frage: Schreiben Sie sich eigentlich auf, was der emeritierte Papst predigt, oder geht das einfach so verloren?

„Wir halten es fest, was er predigt, denn er spricht frei. Er hat wohl ein Predigtheft, in das er Notizen macht, aber er predigt frei. Und wir versuchen schon, festzuhalten, was er sagt.“ (rv)

Unser Buchtipp: Konklave. Die Geheimnisse der Papstwahl

Auf dem Buchumschlag thront eine Tiara, die letzte, die ein Papst von Anfang bis Ende getragen hat. Klassisch im Aufbau zeigt die Dreifachkrone Papst Johannes XXIII. viel vom Selbstverständnis der Päpste. Das war davor aber nicht immer so. Und auch danach hat sich so einiges getan, von Johannes bis Franziskus gab es eine reiche Entwicklung.

Was das Papstamt ist, was es sein will und welche theologischen Ansprüche es erhebt, drückt sich nirgendwo so deutlich aus wie in der Art und Weise, wie jemand Papst wird. Der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf hat ein Buch darüber geschrieben, Konklave heißt es, was nicht ganz korrekt ist, denn Papstwahlen nach diesem Prozedere gibt es erst seit 1.000 Jahren. Aber da die verschlossenen Türen und die Geheimnisse da herum heute das Interessante ausmachen, ist der Titel wahrscheinlich richtig.

Es gibt wenig, was man nicht erfährt in diesem Buch. Es ist ein historischer Durchlauf durch die Papstgeschichte, gleichzeitig aber arbeitet sich Wolf auch thematisch an einzelnen Bereichen ab. Man findet man in dem Buch alles, was man wissen muss. Und man wird außerdem auch noch unterhalten, denn das Buch ist alles andere als trocken geschrieben.

Zwei Hauptlinien ziehen sich durch das Buch. Zum einen betont Wolf den Wandel, den dieses Amt im Laufe seiner Zeit unterlaufen hat. Wenn wir heute von „Papst“ sprechen, haben wir ein Bild im Kopf, das über den Großteil der Kirchengeschichte keinerlei Wirklichkeit hatte. Es ist spannend zu lesen, wie zu verschiedenen Zeiten unter verschiedenen Herausforderungen sich Papstamt gestaltet hat. Manchmal gerät dem Autor das etwas zu „heutig“, er legt gerne heutige Maßstäbe an, um die Vergangenheit zu beleuchten. Das wirkt manchmal störend. Aber insgesamt gerät die Beschreibung dieses dauernden Wandels sehr anschaulich und nachvollziehbar, vor allem weil sie mit allerlei Geschichten versehen ist.

Die zweite Hauptlinie ist die Weise, wie Wolf immer wieder darauf zurück kommt, wie das Amt entstanden ist, das wir heute kennen. Dass wir Konklave heute fast schon als Gottesdienst sehen, mit Geheimnis, mit Ritualen, in der Kapelle und so weiter, ist noch gar nicht so alt, Wolf untersucht, wie es seit der Wahl Papst Johannes Paul II. so geworden ist. Nicht mehr Krönung und Fischerring, sondern das geheimnisvolle Geschehen in der Sixtina, das dem Heiligen Geist Raum geben soll, machen heute den Papst aus. So versteht man viel besser, was diese Wahl – das Konklave – heute ist. Und auch, was das Papstamt heute im Selbstverständnis sein will.

Hubert Wolf: Konklave. Die Geheimnisse der Papstwahl. Das Buch ist im Verlag C.H. Beck erschienen und kostet etwa 20 Euro. (rv)

Ankündigung: Papstbesuch in Ägypten

Papst Franziskus wird noch in diesem Frühjahr Ägypten besuchen. Das gab der Vatikan an diesem Samstag bekannt. Der Besuch erfolge auf zahlreiche Einladungen hin: Staatspräsident al-Sisi, die katholischen Bischöfe des Landes, der Patriarch der Koptischen Kirche, Papst Tawadros II., und der Imam der al-Azhar Moschee, Ahmed Mohammed al-Tayyeb, hatten jeweils eine solche Einladung ausgesprochen.

Stattfinden wird der Besuch am 28. und 29. April, besuchen wird der Papst die Hauptstadt Kairo. Nähres werde in Kürze bekannt gegeben, so der Vatikan. Im Interview mit der Zeitung Die Zeit hatte Papst Franziskus zuerst öffentlich über die Planungen der Reise gesprochen. (rv)