UNO: Vatikan beklagt Rückgang von Religionsfreiheit weltweit

Eine weltweit „fortschreitende Verschlechterung“ auf dem Gebiet der Religionsfreiheit stellt der Vatikanvertreter bei der UNO in Genf fest. Erzbischof Ivan Jurkovic nennt die Lage schockierend. Er hob in einer Rede vor allem die hohe Zahl von „Gewalttätigkeiten gegen Christen und andere Religionsgemeinschaften“ weltweit hervor. Die Verfolgung von Christen sei sogar noch „schlimmer als in den ersten Jahrhunderten der Kirche“, sagte der Ständige Beobachter des Heiligen Stuhls bei den am Genfer See angesiedelten UNO-Einrichtungen, darunter dem Menschenrechtsrat.

Aktuell gebe es mehr christliche Märtyrer als in jener Epoche. Besonders beklagte er die Lage der Christen im Nahen Osten. Dort seien in den vergangenen Jahren Millionen von ihrem angestammten Land vertrieben worden. Erzbischof Jurkovic äußerte sich bei einer UNO-Veranstaltung in Genf am Dienstag. (rv)

D: Bischöfe reden über soziale Umbrüche und Populismus

Bischof OverbeckÜber Rechtspopulismus, Fake-News, soziale Sorge und schwindendes Vertrauen in Institutionen haben die deutschen Bischöfe am Dienstag bei ihrer Vollversammlung gesprochen. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck sagte vor Journalisten, die beiden Punkte Gerechtigkeit und Sicherheit seien grundlegend für den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Das zeige gerade der Erfolg populistischer Bewegungen und Parteien, Overbeck nannte Pegida und die AfD.

„Wer den Populisten das Wasser abgraben will, muss diese Themen ernst nehmen: Gerechtigkeit mit Blick auf soziale Ungerechtigkeit und Ungleichheit, und Sicherheit. Wir wissen, wenn Bürger das Gefühl haben, dass es insgesamt gerecht und sicher zugeht, dann können sie dem Gemeinwesen mehr Vertrauen entgegenbringen, aber auch den Institutionen.“

Die Frage, ob Christen eine Partei wie die AfD wählen können, wollte Overbeck nicht mit ja oder nein beantworten. Allgemein sei jede in Deutschland offiziell anerkannte Partei „für den Christen anhand gewisser Kriterien wählbar“. Dazu gehöre, dass die Partei die Würde eines jeden Menschen anerkennen müsse, auch wenn er aus guten Gründen flieht; sie müsse auch dialogfähig sein und die Prinzipien von Gerechtigkeit, Solidarität und Subsidiarität anerkennen. Klarer äußerte sich der deutsche Caritaspräsident Peter Neher: „Es ist wenig hilfreich, Wähler der AFD mit dem Stigma des Nichtchristen zu versehen.“

Auf die Frage nach Allianzen zwischen konservativen Christen und populistischen Bewegungen sagte Overbeck, „Frömmigkeit hat immer zwei Seiten, die Gott zugewandte und die dem Nächsten Zugewandte, das sind zwei Seiten einer Medaille, die man nicht trennen darf, weil man sonst nicht Jesus entsprechend agiert. Das ist umgesetztes christliches Leben im Alltag.“

Neher arbeitete drei Punkte heraus, die aus seiner Sicht das Vertrauen in den Sozialstaat bestärken: soziale Ungleichheit mindern, Grundsicherung erhöhen und Zugang zu Bildung sichern. Neher: „Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist dann gefährdet, wenn Menschen sich ausgegrenzt fühlen, wenn sie keine Chancen mehr für sich und ihre Kinder sehen. Oder unter Abstiegsängsten leiden, wie wir das zunehmend in der unteren und unteren Mittelschicht wahrnehmen. Diese Abstiegsängste können dazu führen, dass sich die Mittelschicht nach unten abschottet und die Bereitschaft zur Solidarität mit den Schwächeren sinkt.“

Zudem gebe es weitere diffuse Ängste, die sich bevorzugt an jenen festmachen, die noch weniger haben als die sozial schwächsten Schichten in Deutschland: „Flüchtlinge sind die neuen Hexen“; formulierte Neher in Anlehnung an den Psychologen Stephan Grünewald.

Der Mainzer Sozialethiker Gerhard Kruip führte die grassierende Verunsicherung in der Gesellschaft auch auf die Entwicklung des Mediensystems zurück. Viele zögen sich zurück in die „Echoräume ihrer Selbstbestätigung“. „Fakenews haben da leichtes Spiel, während gleichzeitig viele Menschen jene Medien, die ihnen Fakten bringen, die sie infrage stellen, als Lügenpresse diffamieren“. Zugleich seien auch traditionelle Medien dazu gezwungen, sich auf Konflikte und Skandale zu konzentrieren. „Offenbar sind sich viele Menschen über diese Mechanismus nicht im Klaren und nehmen di Verzerrung der Wirklichkeit nicht war. Wir sind eine Gesellschaft geworden, die sich selbst gegenüber massive Vorurteile hat.“ Christen sollten in einer solchen Lage, so der katholische Sozialethiker, immer auch von ihrer Hoffnung sprechen. Kruip zitierte die Würzburger Synode: Die Welt braucht keine Verdoppelung ihrer Hoffnungslosigkeit durch Religion.

Die deutschen Bischöfe hatten am Montag ihre Frühjahrsvollversammlung begonnen. Im Mittelpunkt ihrer Beratungen stehen auch der Umgang mit Flüchtlingen, die Priesterausbildung und die ökumenischen Feiern zum 500. Reformationsjubiläum. Das Treffen dauert bis Donnerstag, Sitzungsort ist Bergisch Gladbach-Bensberg. (rv)

Mali: Islamistische Gruppen fusionieren

Einige sahen es kommen, nun ist es soweit: In Mali ist es zu einer Fusion von drei islamistischen Terrorgruppen gekommen, die fortan gemeinsam arbeiten wollen und Al Kaida die Treue geschworen haben. Am vergangenen Donnerstag haben die Gruppen Ansar Dine, al-Mourabitoun und Al Kaida im islamischen Maghreb die „Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime“ gegründet. Ihr Anführer ist der Tuaregrebell Iyad Ag Ghali; er hatte die Terrororganisation Ansar Dine mitbegründet.

Schlechte Nachricht für ein Land, das seit dem Friedensabkommen von 2015 Schwierigkeiten hat, eine Regierung zu etablieren und Frieden zu garantieren. Einer der wichtigsten und personalaufwändigsten Einsätze der Bundeswehr findet derzeit in der Region statt – die zu einem Großteil in der nördlichen Provinz Gao stationierte MINUSMA-Operation sieht den Einsatz von bis zu 1000 deutschen Soldaten vor, um die Friedenssicherung im Land zu unterstützen. An diesem Montag sollte nun ein weiterer Meilenstein im Friedensprozess stattfinden: eine Übergangregierung sollte in der wichtigen, ebenfalls nördlich gelegenen Region Timbuktu ihre Arbeit aufnehmen; die regionale Hauptstadt ist von schweren Armeefahrzeugen umringt, um Anschläge zu verhindern. Doch bis zur Stunde kommt es in Timbuktu dennoch zu Zusammenstößen und Feuergefechten, die eine Einsetzung der Regierung bislang verhindern. In der Region lodern trotz des Friedensabkommens und der internationalen Präsenz immer wieder Konflikte zwischen Tuareg und Regierungstruppen, auch sind dort die drei Terrororganisationen, die nun unter einem gemeinsamen Namen firmieren, besonders aktiv.

Luigi Serra ist der ehemalige Präsident der Fakultät für arabisch-islamische Studien im Mittelmeerraum an der neapolitanischen Universität Orientale. Er erklärt im Interview mit Radio Vatikan: „Das ist eine Allianz, die nicht überraschend kommt, aber brandgefährlich ist. Denn es handelt sich hier nicht um Friedensaktivisten, sondern um eine Allianz zwischen Dschihadisten und Terroristen. Die Gefahr besteht, dass auch Boko Haram sich anschließen könnte, um das Land noch weiter zu destabilisieren. Sicher ist, dass die geopolitischen, sozialen und wirtschaftlichen Szenarien in Mali und auch in den angrenzenden Gebieten des Niger und Tschad durch dieses Abkommen in diesem konkreten Moment alarmiert sind.“

Auffallend ist der Zeitpunkt der Allianz zwischen den Terrororganisationen. Denn diese kommt nun gerade in einem Moment, in dem Regierungstruppen und ehemalige Tuareg-Separatisten im Norden des Landes gemeinsam patrouillieren – eine weitere Übereinkunft des Friedensabkommens von 2015. Das sieht auch Serra so: „Dieser Beginn der gemeinsamen Patrouillen könnte einen Schritt bedeutet haben, der darauf zielt, dem Territorium eine Form der Reglementierung, der Sicherheit zu geben. Das steht in offensichtlichem Widerspruch zu den Zielen und den Systemen des Kampfes der Dschihadisten.“

Eine Antwort auf diese aus den Augen der Terroristen konkrete Gefahr konnte nicht lange auf sich warten lassen. Doch wie uneins sich die ethnische Gruppe der Tuareg untereinander letztlich ist, zeigt auch die Tatsache, dass einige von ihnen sich dem Regierungsbündnis angeschlossen haben, andere wiederum der terroristischen Allianz, in der Hoffnung, die verlorenen Gebiete wieder unter Kontrolle bringen zu können. Wie tragfähig nun auch der Zusammenschluss der ehemals konkurrierenden terroristischen Vereinigungen tatsächlich sein wird, das kann nur die Zukunft zeigen.

Hintergrund

Bereits am vergangenen 18. Februar hätte die Regionalregierung Timbuktus eingesetzt werden sollen, doch einige Unterzeichner des Friedensabkommens hatten ihr Veto eingelegt. Noch bis zu diesem Montag kam es in Timbuktu zu Protesten von Gegnern des designierten Regionalpräsidenten Boubacar Ould Hamadi. Er ist Mitglied der Nationalen Bewegung für die Befreiung des Azawad, einer ehemaligen Tuareg-Rebellentruppe, die im Jahr 2012 das Territorium zu einem unabhängigen Separatstaat ausgerufen hatte. Im Jahr 2013 wurde der selbst ernannte Staat wieder malischem Gebiet einverleibt, die Zusammenstöße zwischen Rebellen und Regierungstruppen blieben. Im Jahr 2015 wurde ein Friedensabkommen zwischen den Streitpartnern geschlossen. Das Abkommen sieht vor, dass die Regionen Malis bis zu den Wahlen durch Übergangsregierungen geführt werden. Während dies in anderen Regionen bereits der Fall ist, konnte die staatliche Gewalt in der Region von Timbuktu noch nicht wieder etabliert werden, was den islamistischen und separatistischen Terrororganisationen vor Ort in die Hände gespielt hat. (rv)

Wochenvorschau: Der Papst ist weg

Papst FranziskusWelche Termine stehen in den kommenden Tagen im Vatikan an? Die knappste Antwort würde lauten: nichts. Denn der Papst ist nicht in Rom. Zusammen mit den Spitzenvertretern der römischen Kurie macht er eine Woche lang Fastenexerzitien in Ariccia, einem Städtchen in den Albaner Bergen. Sogar die Generalaudienz, der gemeinhin festgepflockteste Termin der Papstwoche, fällt in dieser Woche aus. Nur das Angelus-Gebet findet statt, sowohl an diesem als auch am nächsten Sonntag. Die Reisebusse mit dem Papst und seinen Mitarbeitern fahren erst am Sonntagnachmittag ab und rollen am Freitag wieder rechtzeitig im Vatikan ein.

Schauen wir trotzdem ein bisschen genauer auf diese Woche. In Deutschland trifft sich die Bischofskonferenz von Montag bis Donnerstag zu ihrer Frühjahrs-Vollversammlung. Zu Gast haben sie diesmal einen Kardinal aus Burkina Faso und einen weiteren aus Kolumbien. Am Dienstag stellt der Päpstliche Kulturrat, der von Kardinal Gianfranco Ravasi geleitet wird, der beim Heiligen Stuhl akkreditierten Presse sein innovatives, rein weibliches Beratungsteam vor, zu dem auch eine Theologin aus dem Iran gehört. Natürlich hat das mit dem Weltfrauentag zu tun: Der wird am Mittwoch – 8- März – begangen, auch im Vatikan. In der Casina Pio VI. in den Vatikanischen Gärten findet an diesem Termin bereits zum vierten Mal eine katholische Frauenkonferenz mit dem Titel „Voices of Faith“ statt.

Am Mittwoch beginnt auch ein Konferenzen-Zyklus an der Päpstlichen Universität Regina Apostolorum, der sich mit dem Reformationsgedenken aus katholischer Sicht befasst. Die Startkonferenz dient dem Nachdenken über das lutherische Prinzip des „Solo scriptura“.

Am Samstag jährt sich zum 59. Mal der Eintritt des jetzigen Papstes in den Jesuitenorden. (Das heißt, dass nächstes Jahr so richtig gefeiert wird.) Am Sonntagnachmittag wird Franziskus erneut eine Pfarrei am Stadtrand von Rom besuchen; diesmal fährt er dazu in den Vorort Ottavia. Und am Montag, den 13. März, jährt sich zum vierten Mal die Wahl von Jorge Mario Bergoglio zum Papst. Im Vatikan ist der Jahrestag einer Papstwahl seit jeher ein Feiertag. (rv)

Pius XII. rettete zwei Drittel aller römischen Juden

Neue Erkenntnisse in Sachen „Pius XII. und die Judenverfolgung“: Historiker und Vatikanmitarbeiter haben aus vor kurzem wiederentdeckten Dokumenten in vatikanischen und römischen Archiven den Einsatz des Pacelli-Papstes während des Zweiten Weltkriegs für die Juden der Stadt Rom neu einschätzen können. Bei einer Konferenz in Rom mit dem Titel: „Pius XII.: Die schwarze Legende geht bald zu Ende“ wurden auch konkrete Zahlen genannt: Etwa zwei Drittel aller Juden Roms wurden dank der Hilfe von Pius XII. vor den Nazi-Schergen gerettet. Über 4.000 Juden seien damals in über 235 Klöstern und kirchlichen Einrichtungen in Rom untergebracht – sprich versteckt – worden. In weiteren 160 vatikanischen Einrichtungen hätten ebenfalls viele Juden Zuflucht gefunden. Weitere 1.600 Juden seien damals von einer mit dem Vatikan verbundenen Organisation in Sicherheit gebracht worden. Es handelte sich um die „Organisation für die Hilfe an jüdische Auswanderer – Delasem“, die vom Vatikan im Geheimen finanziert wurde.

Kardinal Dominique Mamberti ist Präfekt der Apostolischen Signatur und hat an der Konferenz zu Pius XII. teilgenommen. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt er: „Er hat als Papst die Kirche in einer sehr komplizierten Zeit geleitet und hat sehr viel für den internationalen Frieden unternommen. Vor allem hat er die Kirche in die Moderne geführt. Das wahre Gesicht des Pacelli-Papstes ist also komplett anders als das, was die ,schwarze Legende‘ über ihn verbreiten wollte.“

Noch vor Hochhuth: sowjetische Propaganda

Mit „schwarzer Legende“ meinen Kardinal Mamberti und auch die Organisatoren der Konferenz das Bild von Pius XII., das der deutsche Schriftsteller Rolf Hochhuth in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts in seinem Werk „Der Stellvertreter“ vermittelte. Autor der Studien, die die neuesten Zahlen zu Pius XII. und zur Rettung der römischen Juden nennt, ist der katholische Diakon Domenico Oversteyns. Er sagt gegenüber Radio Vatikan, dass das „falsche Bild“ über Pius XII. ursprünglich von der sowjetischen Propaganda verbreitet worden sei. Diese habe bereits vor dem Tod von Pius 1958 damit angefangen, die „Stille des Papstes“ während der Nazi-Zeit „anzuprangern“.

Damals fand diese antipäpstliche Propaganda wenig Rückhalt, weil man das Engagement und die Friedenstexte des Papstes kannte und noch vor Augen hatte. Oversteyns: „Pius XII. hat die Juden Roms bereits vor dem 16. Oktober 1943 gerettet (damals fand eine massenhafte Verhaftung von Juden statt, Anm. d. Red.), indem er um die Hilfe von 48 Klöstern bat. Er rief auch weitere Klöster auf, ihre Tore für die verfolgten Juden zu öffnen. Insgesamt gibt es mindestens 198 direkte Eingriffe von Pius XII., der die Freilassung von oder die Hilfe für Juden und Deportierte erbat. Allein bei jenem schrecklichen Verhaftungswelle wurden daraufhin 60 Menschen befreit.“

Der Weg zur Seligsprechung ist nicht nur wegen der neuen Erkenntnisse einfacher geworden, urteilt Jesuitenpater Anton Witwer, Postulator des Seligsprechungsprozesses, im Interview mit Radio Vatikan: „Der heroische Tugendgrad wurde bereits bestätigt, jeder Gläubige kann ihn somit ins Gebet aufnehmen. Was noch fehlt für die Seligsprechung, ist aber das Wunder. Damit dies geschieht, müssen wir Pius XII. in unsere Gebeten aufnehmen. Er ist wahrlich eine eindrückliche Persönlichkeit gewesen, und zwar nicht nur als Papst. Er hat als Mensch in tiefgründiger Weise die Nächstenliebe und die Liebe zu Gott gelebt.“ (rv)

Ehemaliges Missbrauchsopfer tritt aus Kommission zum Schutz Minderjähriger aus

VATIKANSTADT – Sie tritt aus „Frustration über ‚mangelnde Kooperation‘ in der Kurie zurück: Marie Collins, ehemaliges Opfer sexuellen Missbrauchs und Mitglied der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen, zieht sich zurück. Die Entscheidung wurde am heutigen Mittwoch bekannt gegeben.

Kardinal Sean P. O’Malley, Leiter der Schutzkommission, drückte in einer Stellungnahme „unseren ehrlichen Dank für den außergewöhnlichen Beitrag, den sie als Gründungsmitglied der Kommission geleistet hat“ aus.

„Wir werden auf jeden Fall mit großer Aufmerksamkeit allen Bedenken zuhören, die Marie mit uns teilen möchte und werden ihre wichtigen Beiträge als Mitglied der Kommission sehr vermissen“.

Die irische Katholikin Marie Collins war eine von zwei ehemaligen Missbrauchsopfern die eingeladen wurden, sich an der Gründung der Kommission im März 2014 zu beteiligen. Das Vorhaben war erst kurz zuvor, im Dezember 2013, angekündigt worden.

Von den ursprünglich neun Gründungsmitgliedern war Collins eine der beiden ehemaligen Opfer, zusammen mit Peter Saunders aus Großbritannien.

Weiterhin Zusammenarbeit mit Kommission

Saunders wurde jedoch im Februar 2016 von anderen Kommissionsmitgliedern gebeten, sich von seinem Posten freistellen zu lassen. Somit war Marie Collins das einzige ehemalige Missbrauchsopfer der Kommission – bis zu ihrem Rücktritt.

In einer auf den 1. März datierten Stellungnahme würdigt die Kommission Collins als jemanden, der „sich beständig und unermüdlich dafür eingesetzt hat, dass die Stimmen der Opfer gehört werden, und dass deren Heilung für die Kirche Priorität hat.“

Die Mitteilung erklärt, dass Collins in ihrem Rücktrittsschreiben an Papst Franziskus „Frustration über einen Mangel an Kooperation durch andere Stellen in der Römischen Kurie mit der Kommission“ als einen Grund für ihren Rücktritt anführt.

Sie werde jedoch weiterhin in einer „Schulungsrolle“ mit der Kommission zusammenarbeiten, worum man sie aufgrund ihrer „außerordentlichen Lehrfähigkeiten“ gebeten habe, hieß es, wie auch aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen mit Missbrauch.

In seinem persönlichen Statement schreibt Kardinal O’Malley, dass die Kommission die von Collins angeführten Bedenken bei der nächsten Vollversammlung im kommenden Monat besprechen werde. Für ihre Mitarbeit in der Kommission dankt ihr der US-amerikanische Würdenträger, vor allem für ihre „Schulung kirchlicher Entscheider“, darunter die noch anstehenden Kurse für neue Bischöfe und Abteilungen des Heiligen Stuhls.

Pater Hans Zollner: Verständnis für Frustration

Gegenüber CNA äußerte Pater Hans Zollner SJ, Leiter des Kinderschutzzentrums der Päpstlichen Universität Gregoriana, Verständnis und Respekt für die Frustration von Marie Collins.

„Wir können ihr nur dankbar sein dafür, dass sie nun fast drei Jahre lang der Kommission angehört hat. Ich denke, die Kommission wird sicherlich alles wertschätzen, was sie für uns und mit uns getan hat“, sagte Pater Zollner. Gleichzeitig sei, „was sie als Widerstände innerhalb der Kurie bezeichnet“, vielleicht eine zu hohe Belastung gewesen.

Die Botschaft, dass in Sachen Missbrauchsprävention und best practices alle auf der gleichen Grundlage arbeiten müssten, „ist nicht sofort geschehen, und ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass es angesichts der globalen Realität in der katholischen Kirche passieren wird“, so der Leiter des Kinderschutzzentrums zu CNA.

Herausforderung kultureller Unterschiede in der Weltkirche

„Ich kann also verstehen, dass sie darüber frustriert ist“, betonte Pater Zollner, und verwies auf die unterschiedlichen Perspektiven unterschiedlicher Kulturen in aller Welt.

„Kirchenrechtlich sind wir alle auf der gleichen Grundlage, aber nicht, was die Einstellungen angeht“, so Pater Zollner. Das betreffe auch die Frage, mit wie viel Energie und Entschlossenheit sowohl mit etwaigen Missbrauchsvorfällen als auch deren Vorbeugung umgegangen werde.

„Wenn man einen Blick auf die weltweite Kirche wirft, sieht man Unterschiede kultureller Art, und, in einem weiteren Sinne, politischer Art. Das ist für ein ehemaliges Opfer schwer zu ertragen.“

Unterschiedliche Herangehensweisen, von denen Collins in ihrem Schreiben spricht, gebe es auch in der Kurie, bestätigt Zollner.

„Wie in jeder Organisation und jeder Institution zu erwarten gibt es Widerstände, kommt es zu Rückschlägen“, so der Jesuit, doch gelte dies nicht für die Kurie insgesamt.

„Wir haben bereits weitere Einladungen erhalten, und sie sagt in ihrem Statement selber, dass sie weiterhin mit uns zusammenarbeiten wird“, so Pater Zollner, „würde sie meinen, die gesamte Kurie wäre betroffen, dann würde sie nicht daran weiter arbeiten, die Mitarbeiter der Kurie zu schulen.“

Die von Collins erwähnten Widerstände kämen wahrscheinlich von einzelnen Stellen oder Mitarbeitern; er selber habe von spezifischen Fällen zwar keine Kenntnis, doch darauf laufe es hinaus, so der Kinderschutz-Experte.

Arbeit wird fortgesetzt

Unabhängig vom Rücktritt Collins „müssen wir unsere Arbeit weiter kontinuierlich fortsetzen“, betonte Pater Zollner.

Die Erfahrungen der Kommissionsmitglieder mit Missbrauchsfällen würden sicherstellen, dass die Stimme der Opfer weiter gehört werde. Pater Zollner betont: Auch Kardinal O’Malley selber hat sich, wie alle Mitglieder der Kommission, mehrfach mit Betroffenen getroffen und ausgetauscht.

Die Frage, ob und wie nun weitere ehemalige Missbrauchsopfer in die Kommission eingeladen werden können: Das werde bei der kommenden Vollversammlung sicherlich Thema sein, so Zollner. Bereits vor dem Rückzug von Marie Collins habe die Kommission, deren Amtszeit Ende 2017 ausläuft, beabsichtigt, „die zukünftige Form und Zusammensetzung der Kommission“ bei der kommenden Plenarsitzung am 24. März zu beraten.

Mit Blick auf die Aussagen der Kommissionsmitglieder Kathleen McCormack und Sheila Hollins vor der australischen Royal Commission am vergangenen Donnerstag sagte Pater Zollner, die Päpstliche Kommission sei unterfinanziert und nur mit den Mitteln einer diözesanen Einrichtung ausgestattet, nicht einer Organisation, die weltweit tätig ist.

Auch dies werde bei der kommenden Vollversammlung auf die Tagesordnung kommen, so Pater Zollner gegenüber CNA. (CNA Deutsch)

Medjugorje: Ortsbischof erklärt, Erscheinungen seien nicht echt

ROM – „Die Muttergottes ist nicht in Medjugorje erschienen“: Das ist das Urteil von Bischof Ratko Peric, in dessen Bistum die Marienerscheinungen stattgefunden haben sollen. Bischof Peric ist Oberhirte der Diözese von Mostar Duvno in Bosnien-Herzegowina. In einem Artikel begründet er sein Urteil mit einer Reihe von Punkten.

Die Aussagen von Bischof Peric kommen zu einer Zeit, in der Papst Franziskus den Erzbischof von Warschau-Prag, Henryk Hoser, als Sondergesandten für Medjugorje ernannt hat.

In seinem langen Artikel nimmt Bischof Peric Bezug auf die vorgeblichen Erscheinungen, die von der katholischen Kirche nicht offiziell anerkannt sind und deren Geschichte im Jahr 1981 in einem Dorf des ehemaligen Jugoslawien beginnt, in dem sechs Kinder sagten, die Jungfrau Maria gesehen zu haben.

Der damalige Priester Tomislav Vlasic, der heute aus dem Priesterstand entlassen ist, erklärte sich zum geistlichen Leiter der „Seher“ und gab an, dass die Gottesmutter mindestens 40.000 Mal zu ihnen gekommen wäre.

Der Bischof von Mostar Duvno, der den Pfarrern bereits 2009 verboten hatte, diese Erscheinungen zu bewerben, erinnerte an die Untersuchungen, welche die örtliche Kirche und der Heilige Stuhl durchgeführt hatten: Von 1982 bis 1984 durch eine diözesane Kommission aus Mostar, bis hin zur Untersuchung durch die Kommission der Kongregation für die Glaubenslehre zwischen 2010 und 2014 sowie der Bewertung dieser Kongregation zwischen 2014 und 2016 unter Benedikt XVI.

„Position der Kurie klar“

„Wir glauben, dass dem heiligen Vater Papst Franziskus alles ausgehändigt worden ist“ sagte er, und fügte hinzu, dass „die Position dieser Kurie die ganze Zeit über klar und eindeutig war: Es handelt sich nicht um echte Erscheinungen der heiligen Jungfrau Maria“.

Der Prälat gab an, „auch wenn manchmal gesagt wurde, dass die Erscheinungen der ersten Tage echt sein können und danach aus – nicht vorwiegend religiösen – Gründen eine Überstruktur hinzugefügt wurde, so hat doch diese Kurie auch im Hinblick auf diese ersten Tage die Wahrheit befördert.“ Sie hat ebenso immer versucht „den Heiligen Stuhl, besonders die Päpste Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus, zu informieren.“

Dahingehend, so der Bischof von Mostar-Duvno, führe er „eine Reihe von Punkten, die die ersten Tage der ‘Erscheinungen’ betreffen, aufgrund derer wir zutiefst von dem überzeugt sind, was wir gesagt haben.“

Im ersten Punkt des Textes verweist er darauf, dass es sich um eine „zweideutige Figur handelte“; um eine weibliche Figur, die „sich auf eine Art und Weise verhielt, die von jener der echten Jungfrau sehr verschieden war.“ Sie habe auf komische Weise gelacht, bei bestimmten Fragen sei sie verschwunden und danach wieder aufgetaucht und „man weiß nicht genau, in welchem Zeitraum sie erschien.“

Der Bischof schreibt weiter: Einer der Seher, Ivan Dragicevic, sage, am ersten Tag „ein Zittern“ in den Händen der Erscheinung wahrgenommen zu haben. „Was für ein Zittern? Diese Wahrnehmung lässt nicht nur starke Zweifel aufkommen, sondern die tiefe Überzeugung, dass es sich nicht um eine echte Erscheinung der Jungfrau Maria handelt, auch wenn sie sich selbst am vierten Tag als solche vorstellte“, erklärte er.

Der Bischof schreibt weiter, die Botschaften von Medjugorje seien „sonderbar“, denn man „erkennt kein Ziel der sogenannten Erscheinungen, es wird keine besondere Botschaft übermittelt, weder an die ‘Seher’, noch an die Patres, außer der Einladung, an die Erscheinung zu glauben, weder für die Gläubigen der Pfarrei, noch für die Welt.“

Bischof Peric kritisierte zudem, dass sie zu den Sehern gesagt habe, sie werde jedes Mal erscheinen, wenn diese es wünschten.

Was zudem laut Angaben der Untersuchung eine „sehr ungewöhnliche und schwerwiegende Sache geschehen sein soll: Die Erscheinung erlaubt nicht nur, dass die Menge auf ihren Schleier tritt, der auf der Erde ausgebreitet ist, sondern auch, dass sie ihren Körper berührt.“ Der Bischof schreibt:

„Diese Geschichten von der Berührung des Körpers der Jungfrau, der Berührung ihres Kleides, des Tretens auf ihren Schleier, verursachen in uns den Eindruck und die Überzeugung, dass es sich um etwas Unwürdiges, Unechtes und Skandalöses handle. Das hat nichts mit der katholischen Jungfrau Maria zu tun!“

Monsignore Peric resümiert: „wenn man alles berücksichtigt, was von dieser diözesanen Kurie untersucht und studiert worden war, einschließlich der Untersuchung der ersten sieben Tage der sogenannten Erscheinungen, kann man ruhig sagen: Die Jungfrau ist in Medjugorje nicht erschienen! Das ist die Wahrheit, die wir vertreten und wir glauben an das Wort Jesu, der sagt, die Wahrheit werde uns frei machen.“

In einem Brief der Kongregation für die Glaubenslehre vom Mai 1998 antwortete der damalige Sekretär, Kardinal Tarcisio Bertone, auf Fragen von Monsignore Gilbert Aubry, Bischof von Saint-Denis de la Réunion (Frankreich) zur Position des Heiligen Stuhles und auf Fragen von Monsignore Peric zu den vorgeblichen Erscheinungen, den Wallfahrten und pastoralen Aktivitäten mit den Gläubigen, die nach Medjugorje kommen.

Der kirchliche Würdenträger antwortete, dass bezüglich der Glaubwürdigkeit der Erscheinungen, das Dikasterium respektiere, was die Bischöfe des ehemaligen Jugoslawien in der Erklärung von Zadar 1991 gesagt hatten: Dass „es aufgrund der durchgeführten Untersuchungen nicht möglich ist, festzulegen, dass es sich um übernatürliche Erscheinungen oder Offenbarungen handelt.“

Kardinal Bertone sagte im Hinblick auf die Position von Bischof Peric, der bereits damals deutlich gegen die angeblichen Erscheinungen in Medjugorje war, dass diese „als Ausdruck der persönlichen Überzeugung des Bischofs von Mostar angesehen werden müsse, der das Recht habe, sie als Ortsordinarius kundzutun; aber es ist und bleibt seine persönliche Meinung.“

Aktuell hält der Papst den Bericht der Untersuchungskommission zu Medjugorje in Händen, die unter Vorsitz von Kardinal Camillo Ruini steht, der zur Zeit des Pontifikats Benedikts XVI. mit der Untersuchung dieses Falls betraut worden war. Der Bericht hat die Begutachtung bei der Kongregation für die Glaubenslehre durchlaufen – nun wartet man auf die Entscheidung von Papst Franziskus. (CNA Deutsch)

Vatikan: Rückzug aus päpstlicher Kinderschutz-Kommission

Marie Collins tritt zurück: Die Frau, die als Jugendliche selbst Opfer von Missbrauch durch einen Kleriker wurde, hat ihre Mitgliedschaft in der Päpstlichen Kommission für Kinderschutz an diesem Mittwoch beendet. Gegenüber Kardinal Sean O’Malley, der die Kommission leitet, und in einem Brief an den Papst nannte die Irin als Grund für ihren Rücktritt eine mangelnde Zusammenarbeit von Büros der römischen Kurie mit der Kinderschutz-Kommission.

Die Kommission teilte Collins’ Schritt am Aschermittwoch in einem Statement mit. Darin würdigte sie Collins zugleich als „unermüdliche Kämpferin dafür, dass die Stimmen der Opfer/Überlebenden gehört werden und dass ihre Heilung für die Kirche prioritär ist“. „Wir werden auch weiter aufmerksam auf all das hören, was Marie uns über ihre Sorgen mitteilen möchte, und wir werden ihre wichtigen Beiträge als Kommissionsmitglied sehr vermissen“, heißt es in der Erklärung des Kommissionsvorsitzenden, Kardinal Sean Patrick O’Malley. Zugleich kündigte der Bostoner Erzbischof an, dass man in der nächsten Kommissionssitzung über Collins‘ Beweggründe sprechen werde. Collins habe ein Angebot von Kardinal O’Malley angenommen, im Ausbildungsbereich auch künftig mit der Kommission zusammenzuarbeiten, hieß es weiter.

Papst Franziskus hat nach Angaben des Statements ihren Rückzug aus der Kommission „voller Anerkennung für ihre Arbeit zugunsten von Opfern/Überlebenden von Missbrauch in kirchlichem Ambiente“ angenommen. Der Papst hat die Kommission im März 2014 eingerichtet; Marie Collins gehörte zu den ersten Mitgliedern. Mit ihrem Rücktritt gehört der nun 16 Mitglieder umfassenden Kommission kein Missbrauchsopfer mehr an. Das zweite Missbrauchsopfer in dem Gremium, der Brite Peter Saunders, hatte im Februar 2016 eine Auszeit angekündigt, um über seine Mitwirkung in der Kommission nachzudenken. Diese dauert bis heute an. (rv)

15 Jahre Vatikan-Euros, heute ohne Papstbild: Wie ging das zu?

Seit genau 15 Jahren gibt der Vatikan Euromünzen heraus, am 1. März 2002 kamen die ersten auf den Markt. Doch 2017 gibt es eine Neuigkeit: Die vatikanischen Euromünzen tragen nicht mehr das Bild des Papstes. Franziskus wollte es so. Gudrun Sailer hat den Anlass zu einem Besuch im vatikanischen Büro für Numismatik und Filatelie – also für Münzen und Briefmarken – genutzt und festgestellt: Wenigstens auf den Briefmarken darf man sich hier noch mit dem Konterfei des Kirchenoberhauptes austoben.

Malerisch in den vatikanischen Gärten, genau hinter dem Petersdom und leicht erhöht, liegt das Governatorat, die Stadtverwaltung des Vatikanstaats, und darin das Büro für Numismatik und Filatelie. Direktor Mauro Olivieri empfängt uns in seinem geschmackvollen Büro im Parterre, gelber Damast spannt sich über die Wände, Münzkataloge liegen auf dem Schreibtisch, an die Tür hat Olivieri einen Zettel geklebt, „Interview, bitte nicht stören“. Die Abteilung, man erfasst es sofort, ist sehr gut organisiert. Rund 40 Angestellte arbeiten hier, nehmen Bestellungen aus aller Welt entgegen, sortieren Vatikaneuros in passende Kartons, richten die Päckchen zum Versand her. Das Geschäft läuft gut. Woher, Dottor Olivieri, das große Interesse an vatikanischen Münzen und Marken?

„Da gibt es viele Gründen: Der Vatikan, der Heilige Stuhl hat ein zusätzliches Element, das die anderen Länder nicht haben, nämlich den Heiligen Vater. Auch die Schönheit und Bekanntheit der Kunstwerke der Vatikanischen Museen hilft. Das ist eine unerschöpfliche Schatzkammer, nicht nur die Sixtinische Kapelle und Michelangelos Pieta, sondern auch die unzähligen künstlerischen Geheimnisse im Vatikan.“

13 bis 14 Ausgaben von Briefmarken pro Jahr realisiert das Büro, meist mit mehreren Marken im Set, darüber hinaus ein rundes Dutzend Münzen pro Jahr. Die Themen für die Abbildungen, die auf die Münzen und Marken kommen, stimmt Olivieri mit seinen Oberen im Governatorat ab, die wiederum über das Staatssekretariat das Einverständnis des Papstes einholen. Religiöse Themen sind naheliegenderweise die Norm: das Jubeljahr der Barmherzigkeit, der Weltkrankentag, 1950 Jahre Martyrium Petrus und Paulus, 100 Jahre Marienerscheinungen von Fatima, aber auch Weltliches kommt vor, „sogar eine Briefmarke vor einigen Jahren für Charlie Chaplin“, verdeutlicht Olivieri. Dieses Jahr schafft es ein für Vatikan-Verhältnisse wahrhaft ungewöhnliches Thema auf einen Satz päpstlicher Briefmarken: 500 Jahre Reformation.

Vatikan-Briefmarken zur Reformation: „Nur positive Kommentare“

„Kommentare gab es schon…! Aber alle positiv“, erklärt Olivieri. „Wir wissen, die Reformation hat im Lauf der Jahrhunderte für Spannungen gesorgt, aber im Moment sucht man diese Differenzen zu überwinden und ist auf gutem Weg. So haben wir dieses Thema vorgeschlagen, und es wurde genehmigt. Die protestantische Welt, besonders die deutsche, erwartet diese Briefmarkenausgabe mit Neugier und Interesse.“

Kein Wunder, denn Deutschland ist – nach Italien – der wichtigste Absatzmarkt für vatikanische Marken und Münzen. Was letztere anlangt, verzeichnete man im Papststaat vor genau 15 Jahren eine sehr erfreuliche Entwicklung, referiert Dottor Olivieri.

„Da gab es eine Explosion mit dem Eintritt des Vatikans in die Eurozone 2002, und der Markt, der vorher national war, also sehr italienisch, hat sich europäisiert und sogar globalisiert.“

Die Vatikan-Euros mit dem Papstbild – Johannes Paul II. war es damals – gingen weg wie die warmen Semmeln. In langen Schlangen standen die Leute, um einen Satz zu ergattern. Das hat sich inzwischen geändert, sagt der vatikanische Münz-Verantwortliche.

„In 15 Jahren ist das Interesse zurückgegangen, das Phänomen des Spekulierens war vor allem bis 2005 exzessiv, und jetzt ist das normal. Die Münzen des Vatikans laufen immer noch sehr, sehr gut und haben auch Rendite auf den Sekundär-Märkten, aber in einem Klima der Normalität, ohne Exzesse, die wir uns ohnehin nicht wünschen.“

Papstmünzen ohne Papst: Wie ging das zu?

Eine überraschende Neuigkeit bieten die vatikanischen Euros ab 2017: Papst Franziskus erscheint nicht mehr mit seinem Bild auf den Münzen, sondern nur noch mit seinem Wappen. Wie ging das zu, Dottor Olivieri?

„Nun, wir haben schon länger Signale erhalten, dass der Heilige Vater wünschte, nicht mehr mit seinem Bild auf den vatikanischen Münzen und Medaillen aufzutauchen. Vor zwei Jahren begann dieser Prozess, dass er nicht mehr auf den Medaillen abgebildet ist, etwa auf den Gedenkmedaillen, die zu seinen Auslandsreisen geprägt werden. Er wollte, dass sein Profil von da verschwindet. Und nun trifft es auch die Umlaufmünzen. Schon im April 2016 wurde uns dieser Wunsch des Papstes mitgeteilt, für 2016 ließ sich das aber nicht mehr stoppen, einige Münzen waren schon im fortgeschrittenen Stadium der Realisierung, und es hätte Geld und Aufwand gekostet, sie zu ändern. Die letzte vatikanische Euro-Münze mit dem Papst war also die goldene 200-Euro-Münze 2016, sie ist letzten Dezember erschienen.“

Die Münzen ab 2017 ziert also nicht mehr das Gesicht, sondern das Wappen des Papstes. Ist das nicht eine Enttäuschung für viele, gerade für treue Sammler? Ja und nein, erklärt der vatikanische Münz-Chef.

„Zwei Dinge: Zunächst gibt es sicherlich Interesse, denn eine neue Münzenausgabe ruft immer Interesse hervor. Der Vatikan hat ja schon andere auch gemacht in 15 Jahren: die erste mit Johannes Paul II., danach gab es eine mit dem Thema Sedisvakanz, dann Papst Benedikt, dann Papst Franziskus mit seinem Bild – und jetzt Papst Franziskus mit seinem Wappen. Fünf vatikanische Münzausgaben, das ist viel im Vergleich mit allen anderen Euro-Ländern, die höchstens eine oder gar keine neue Kursmünzenausgabe gemacht haben, wie beispielsweise Italien. Da gibt es also viel Interesse derzeit. Klarerweise, mit Blick auf die nachfolgenden Münzen, und bei allem Respekt für die Entscheidung des Heiligen Vaters, die für uns bindend ist und die wir ganz mittragen: die Leute haben lieber Münzen mit dem Bild des Papstes.“

Dennoch ist der Vatikan-Euro 2017 nicht die erste Münze aus dem Papststaat, die ohne Papstbild auskommt. Schon Paul VI. ließ im Heiligen Jahr 1975 eine Vatikan-Münze in Umlauf bringen, die nicht sein Porträt, sondern sein Wappen zierte, erinnert sich Olivieri, der das so einordnet:

„Das Wappen steht mindestens genauso sehr wie das Porträt für ein Pontifikat. Jeder Papst hat sein persönliches Wappen, das seine Person und sein Lehramt identifiziert, vielleicht sogar besser als ein Porträt es könnte. Ein Porträt kann dem Papst ähnlich sehen oder nicht, aber das Wappen ist das Wappen.“

In den Münzen wühlen

Für Radio Vatikan öffnet Mauro Olivieri auch die geheimen Kellerräume des Governatorats. Hier liegt das Magazin des Münz- und Markenamts. In einem hellen kleinen Raum mit vielen Schachteln verrichten drei Frauen in freier Mitarbeit mehrmals pro Jahr eine echte Vertrauensarbeit. Sie stellen die vatikanischen Münz-Sets zusammen, so, wie sie dann in den Handel kommen.

Gerade sind neuen Vatikan-Euros in Arbeit, erklärt Carla Battistoni. Acht verschiedene Münzen müssen einzeln in jedes Set gedrückt werden, „und alles muss schnell gehen“. Akkordarbeit: Rund 200 Sets schafft jede Arbeiterin pro Tag. Nein, Hornhaut hat sie trotzdem keine auf den Fingerkuppen, erklärt Carla Battistoni lachend, aber eine besondere Arbeit ist es natürlich schon – eine Vertrauensarbeit. „Das ist der sechste Papst, den ich mache…!“

Dreimal im Jahr: ein eskortierter Münztransport in den Vatikan

In den Schachteln, die mit rosa, grünen oder blauen Aufklebern geliefert werden, lagern die Münzen so, wie sie angeliefert werden, zu 100 Stück im durchsichtigen Plastiksäckchen. Dreimal im Jahr erfolgt eine Münzlieferung in den Vatikan, diskret und zugleich gut bewacht, wie uns Olivieri erklärt. Der Geldtransport kommt mit einer Eskorte der italienischen Finanzaufsicht, die den Lastwagen von der römischen Münzprägeanstalt an der Via Appia bis an die Vatikan-Mauern absichert, ab da übernimmt die Vatikan-Gendarmerie die Begleitung bis zum Magazin. „Der Transport von Bargeld ist normiert“, so Olivieri, „das sind sehr strenge europäische Regeln, und der Vatikan hält sich strikt daran.“

In der Grafikabteilung wird indessen am Design der nächsten vatikanischen Briefmarken gefeilt. Auch die Postwertzeichen haben eine lange Tradition hier. Die ersten päpstlichen Briefmarken kamen noch zur Zeit des alten Kirchenstaates heraus: 1852, vier Jahre nach der Erfindung der Briefmarke in England 1848. Gedruckt werden die Marken, ähnlich wie die Münzen, außerhalb des Vatikans, denn dazu braucht es spezielle Druckereien; Frankreich, Deutschland, Kanada oder Schweden, das sind die Herkunftsländer der päpstlichen Briefmarken heute. Das Design aber entsteht meist hier im Vatikan. Der Grafiker Roberto Cortesini:

„Bei der Gestaltung der Marken versuchen wir institutionelle Standards zu nutzen. Je nach Möglichkeit und Motiv versuchen wir dann aber auch, etwas Kreativeres und Modernes einzuführen. Die ersten Marken von Papst Franziskus zum Beispiel, die sind ein wenig frischer, weniger klassisch, aber trotzdem attraktiv.“

Nebenan werden aus aller Welt die Bestellungen und Bezahlungen – per Scheck oder Kreditkarte – entgegengenommen, in der Versandabteilung tüten vier Ordensfrauen aus Indien mit etlichen Kollegen, darunter eine junge Frau mit Down-Syndrom, die Münzen und Marken ein und etikettieren sie. Eine gutgeölte und funktionstüchtige Maschinerie, das vatikanische Münz- und Markenamt. Und eine wichtige. Der Verkauf vatikanischer Münzen und Marken ist ein bedeutender Haushaltsposten im Papststaat. Mauro Olivieri:

„Unsere Bilanzen sind öffentlich und einsehbar. In einem Jahr machen wir einen Umsatz von rund 20 Millionen Euro, davon ist gut die Hälfte reiner Erlös. Fast alles fließt ins Funktionieren des Vatikanstaates, des physischen Ortes also, an dem der Heilige Vater sein Amt ausüben kann.“ (rv)

Pater Lombardi mit französischem Verdienstorden geehrt

Der Jesuitenpater Federico Lombardi ist mit der höchsten Auszeichnung Frankreichs geehrt worden. An diesem Mittwoch nahm der ehemalige Pressesprecher des Heiligen Stuhls und Direktor von Radio Vatikan am Sitz der französischen Botschaft am Heiligen Stuhl den Verdienstorden Legion d´Honneur entgegen. Er wolle diese renommierte Auszeichnung seinen Mitarbeitern widmen, so Pater Lombardi in seiner Dankesrede. Denn nur dank dieser sei er während seiner langjährigen und wechselnden Tätigkeiten im Vatikan überhaupt in der Lage gewesen, sich um Frankreich, seine Kultur und seine Bevölkerung verdient zu machen.

Insbesondere erinnerte Lombardi an seine Zeit als Direktor von Radio Vatikan: Er und seine Redakteure, Techniker, Verwaltungsangestellte und freie Mitarbeiter hätten stets ihr Bestes getan, die Stimme des Papstes, seine Botschaften sowie relevante Informationen über die Weltlage in alle Regionen französischer Sprache zu übermitteln, darunter auch Gebiete wie die Antillen, Afrika, Kanada, Guyana, Länder im Indianischen Ozean und im Pazifik. „Seit dem Zweiten Weltkrieg und dem Widerstand gegen die Nazis”, so Lombardi wörtlich, „und bis heute haben wir versucht, die Zuhörer in französischer Sprache in Einklang mit dem Papst und der Weltkirche mit den Kurzwellen aus dem Vatikan selbst heraus zu bedienen.“ Dem technischen Fortschritt und der neuen Multimedialität geschuldet, seien dann Satellitenübertragungen und Internetübermittlung gefolgt. Er wünsche sich von Herzen, so Lombardi, dass dieser Dienst weiter bestehen, und sich in Zukunft in den bestmöglichen Formen weiter entwickeln könne. (rv)