Eine Stimme des Gewissens bei der UN: Der Heilige Stuhl kämpft für Waffen-Verbot

Im Völkerbundpalast in Genf fand das diesjährige Treffen der Vertragsparteien der UN-Waffenkonvention statt, des Abkommens über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, kurz CCW. Das CCW umfasst Themen wie Landminen, blendende Laserwaffen und die Entschärfung von explosiven Kriegsrelikten.

Auch der Apostolische Nuntius, Erzbischof Ivan Jurkovič, Ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf, ergriff das Wort und mahnte, dass angesichts der zahlreichen Opfer von Konflikten man sich nicht Untätigkeit oder Kompromisse leisten könne.

„Die Waffenkonvention muss in angemessener Weise das Wesen moderner bewaffneter Konflikte und die damit verbundenen körperlichen, moralischen und seelischen Leiden berücksichtigen.“

Ich hatte die Gelegenheit, mit dem Nuntius über seine Rede und das Thema zu sprechen. Meine erste Frage war was seelisches Leid sei.

„Wie Sie wissen“, so Erzbischof Jurkovic, „hatten wir es in der Vergangenheit mit Konflikten zu tun, die von Staaten ausgetragen wurden, die Akteure bei Konflikten waren Staaten. Gegenwärtig sind es keine Staaten, sondern fundamentalistische Gruppierungen, Gruppen von Menschen mit sehr radikalen Ideen und sehr wenig Respekt vor dem Menschen, wie Terrorgruppen. Ich würde sagen, auch Leute, die aus nichts einen Staat machen wollen. Normalerweise sind diese Leute sehr empfindlich und Religion ist für sie sehr relevant. Das bedeutet, dass für sie heute vor allem wichtig ist, welcher Religion man angehört. Und in jüngster Zeit spüren wir an manchen Orten – der Heilige Stuhl und viele andere Staaten waren auf diesem Gebiet sehr aktiv – ein Klima, das Christen in besonderer Weise zur Zielscheibe macht. Wenn von moralischem und seelischem Leid die Rede ist, beziehen wir uns nicht nur auf die katholische Kirche oder die Christen, wir wollen auch für andere religiöse Gruppen sprechen, die wahrscheinlich weniger geschützt sind als die katholische Kirche, die gut etabliert ist, und deshalb noch rücksichtsloserem und grausamerem Druck ausgesetzt sind. Also ‚Seelisches Leid‘ denke ich ist, wenn man gezwungen wird, seine religiöse Zugehörigkeit zu ändern.“

In seiner Rede vor der UN Konferenz nannte es der Nuntius eine Illusion, über einen „sauberen Krieg“ zu sprechen. Denn der stünde in krassem Wiederspruch zur Realität der dramatischen, humanitären Langzeitfolgen des Einsatzes von Sprengkörpern in bevölkerten Gebieten.

Ich fragte ihn ob es irgendeine Art Krieg gäbe, die „human“, „zivilisiert“ oder menschenwürdig“ sei.

„Wir sprechen hier davon, dass es so etwas wie einen ’sauberen Krieg‘ nicht gibt. Das heißt, Krieg ist immer eine schmutzige Sache, Krieg ist immer eine schwere Niederlage der Menschlichkeit. Wofür wir und die internationalen Organisationen eintreten – nicht so sehr der Heilige Stuhl und die katholische Kirche, aber die internationale Gemeinschaft, ist dass das Verhalten der Agierenden im Konflikt, der am Konflikt beteiligten Staaten, von internationalem humanitären Recht geregelt werden muss. Sich an Internationales humanitäres Recht zu halten, ist besser, als sich nicht daran zu halten. Und nicht nur das: es bedeutet natürlich auch, dass brutale Maßnahmen bei gewaltsamen Auseinandersetzungen so weit wie möglich (irgendwie) dem humanitären Recht unterstellt sein müssen. Der Heilige Stuhl ist der Ansicht, dass ein Abkommen, auch wenn es Mängel hat, besser ist als gar kein Abkommen. Deshalb stehen wir fest hinter dem Wortlaut des internationalen humanitären Rechts.“

Der Heilige Stuhl bezof sich auch auf den wiederholten Einsatz von Brandwaffen, also Waffen auf der Basis von Chemikalien wie Napalm, Thermit, Magnesiumpulver oder weißen Phosphor. „In diesem Zusammenhang möchte der Heilige Stuhl erneut wiederholen, dass neben der Tatsache, dass der Einsatz jeglicher Waffen gemäß den Regularien des Internationalen humanitären Rechts erfolgen muss, der Einsatz von Brandwaffen einschließlich der vielen Auswirkungen, die sie auf Menschen haben, reguliert oder verboten werden sollte, ungeachtet des Zwecks, für den die Waffen ursprünglich hergestellt wurden“, so Erzbischof Jurkovič in seiner Rede.

Daher auch meine Frage an ihn: „Warum hier ein Entweder/Oder? Warum kein knallhartes Verbot?“

„An solchen Treffen wie diesem teilzunehmen bedeutet für den Heiligen Stuhl immer, Kompromisse einzugehen, „antwortete er,“ das bringt uns in eine Art Zwickmühle. Natürlich ist der Papst ganz klar dagegen, wissen Sie, dagegen. Uns ist klar, dass man hier etwas machen kann. Den anderen allerdings nicht…Das bedeutet also: Kompromisse eingehen, sich anzupassen ist besser als nichts. Und genau das tun wir. Die Kirche muss in erster Linie an die Menschen denken – wenn man Bilder von weinenden Kindern sieht und von Müttern, die umherlaufen und ich weiß nicht was noch alles…das sind die Anliegen der Kirche. Und unsere Teilnahme – wie sage ich das – ist eine Ermutigung für alle, sich in die richtige Richtung zu bewegen. Hoffentlich kann die Menschheit dieses Ziel erreichen.“

„Wissen Sie,“ meinte ich daraufhin, „manchmal scheint es, als ob sich seit der Steinzeit nichts geändert hätte – außer den Waffen und so weiter. Denn im Krieg denken die Menschen scheinbar nicht mehr an Regeln und Bestimmungen, wissen Sie, Regeln und Bestimmungen und Kämpfen passt einfach nicht zusammen – oder?“

Der Erzbischof stimmte mir zu: „Genau das ist eine so traurige Seite der Menschheitsgeschichte! Aber man kann sagen, wenn man es global betrachtet, wenn man das Geschichtsbuch des 21. Jahrhunderts liest, dann denke ich, man ist um die Würde des Menschen mehr besorgt als früher. Und wenigstens verteidigt niemand die Position, man habe ein Recht darauf, ohne Angabe (eines Grundes) oder ohne Begründung zu töten. Das bedeutet also, wir müssen uns auch über kleine Fortschritte freuen. Und der Papst steht weiterhin fest dahinter, dass wir an UN Konferenzen wie diesen hier teilnehmen und uns für die Armen einsetzen und für die, die schutzlos sind. Wir sind fest entschlossen, alles in unserer Macht stehende zu tun, um das Leid derer zu lindern, die schutzlos sind.“

Meine nächste Frage richtete sich auf die Entwicklung hin zur elektronischen Person oder dem rechtlichen Status einer elektronischen Person (im militärischen Zusammenhang).“Können ‚Killerroboter‘ gestoppt oder verboten werden kann?

„Wir haben vor Kurzem an der Diskussion über tödliche, autonome Waffensysteme teilgenommen,“ sagt Erzbischof Jurkovic, „weil der Heilige Stuhl in ihnen eine große Gefahr sieht. Also es gäbe Krieg, Menschen würden getötet und am Ende wäre niemand wirklich verantwortlich? Wenn man aber doch einen Verantwortlichen braucht, würden wir vielleicht einen verantwortlichen Roboter oder eine autonome Waffe finden, die falsch gehandelt hast. Es wäre sicherlich tragisch, wenn jemand zu diesem Schluss käme. Wir sehen das natürlich aus dem menschlichen Blickwinkel, oder sagen wir aus dem religiösen: die Verantwortung liegt nur beim Menschen. Selbst kollektive Verantwortung ist ein Problem, oder? Wie kann man kollektiv verantwortlich werden, wenn (nur) einer sich falsch verhält? (Das bedeutet, dass Tausende von Menschen rechtmäßiger Weise darunter leiden müssten, ethische und moralische Verantwortung für einen Staatspräsidenten oder Verantwortungsträger zu übernehmen.?). Es scheint also, dass wir ein Problem damit haben, diese Begriffe richtig zu gebrauchen und die Menschen so in die Irre führen. Wichtig ist natürlich, dass uns das betroffen macht. Auf diesem Weg sollten wir nicht weitergehen. Wir müssen das beenden. Für gewöhnlich lernen wir aus großen Tragödien – hier hoffen wir jetzt, dass wir einer großen Tragödie zuvorkommen. Das, was wir tun, könnte helfen, eine zukünftige Tragödie zu verhindern, die an der Tür der Geschichte fast schon anklopft. Das bedeutet auch, dass unsere Teilnahme auch eine Frühwarnung sein soll, um eine bestimmte, für den Menschen und die Gesellschaft extrem negative, Entwicklung zu verhindern.“

„Und wir sollten nicht vergessen, ‚meinte ich, „dass letzten Endes auch jemand diese Waffen hergestellt und programmiert hat, es also durchaus Verantwortliche gibt. Aber es ist schwierig, das Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen, usw. Aber: Menschen haben das gemacht, sie sind von Menschen geschaffen!“

Dazu Erzbischof Ivan Jurkovič: „Natürlich, das ist völlig richtig. Beim Geschäft mit Waffen (und Krieg) wird extrem viel geheuchelt. Das ist ein Riesengeschäft und der Heilige Vater spricht sich auch immer wieder gegen Waffenhandel aus. Waffenhandel ist der größte Gewerbezweig, größer als Erziehung, größer als soziale Sicherheit, größer als alle anderen. Und immer noch sprechen wir nicht gern darüber, aber wir müssen reden, wir müssen uns dagegen positionieren (dagegen sein) und einen frühen Warnruf abgeben. Wir müssen mutig sein und natürlich voller Hoffnung (oder natürlich hoffentlich so.) Es werden sich Auswirkungen zeigen, vielleicht begrenzt, über die Zeit verteilt, aber wir hoffen natürlich, dass sie zum Nutzen der Menschheit sein werden, ja.“

Ich sagte, dass ich glaube, dass es für ihn als Priester, als katholischer Priester, eine Herausforderung sei, in Konferenzen zu sitzen, wo man hauptsächlich über Krieg redet, darüber, ob man besser auf diese oder jene Art Krieg führt, „Aber mit Ihrer Anwesenheit versuchen Sie ja doch, dort wo es möglich ist, das Leid zu minimieren.“

Erzbischof Jurkovic: „Und wir müssen auch grundsätzlich dahinterstehen, nicht nach „Schema F“ zu arbeiten. Wir sprechen nicht so wie die anderen. Die Ansprachen der anderen sind pragmatisch ausgerichtet, auf Ergebnisse – wir sprechen über das Verhalten, das dem Gewissen der Menschheit Rechnung trägt, dem menschlichen Gewissen, das das religiöse Gewissen ist. Sensibel sein und Eintreten für die, die keine Stimme haben, für die Armen die letztendlich das meiste Leid trifft. Für die Menschen, die unschuldigen Opfer, und für Kinder, die nicht beschützt werden. Reiche Menschen und die, die beschützt werden, können fliehen, aber die Armen bleiben und leiden.“

Ich dankte für das Interview und das wir froh seien, „dass Sie hier sind und diesen – wie Sie es nennen – Warnruf abgeben, damit die Dinge sich hoffentlich ändern.“

Nuntius Jurkovič und seine Delegation hoffen, dass man im nächsten Jahr wesentlich damit vorankommt, gemeinsame ethische Rechtsstrukturen zu schaffen – basierend auf der Würde des Menschen.

Dieser Beitrag wurde von U.N.-Korrespondent Christian Peschken in Genf verfasst. Das Thema wird auch bei EWTN – Katholisches Fernsehen zu sehen sein im Rahmen des Magazins ‚Vatikano‘. Weitere Informationen zu Christian Peschken unter www.peschken.media. (CNA Deutsch)

Ökumene: Die großen Fragen der Jugendlichen heute

 

Wenn es einen christlichen Pilgerort für Jugendliche in Europa gibt, dann ist das Taizé. Die dort ansässige ökumenische Mönchsgemeinschaft, die Frère Roger Schutz 1940 gegründet hatte, übt ungebrochene Faszination auf christliche und suchende junge Menschen aus, und die Treffen zum Jahreswechsel – diesmal in Basel – sind ähnlich wie die Weltjugendtage Fixpunkte der Gottessuche junger Menschen. Gudrun Sailer sprach mit Frère Alois Löser, dem aus Deutschland stammenden Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé.

RV: Frère Alois, was treibt Jugendliche heute um, was fasziniert sie an Jesus – oder was nicht?

Frère Alois: In Taizé haben wir den Eindruck, dass Jugendliche vor allem danach suchen, was ihrem Leben einen Sinn gibt: Wofür lohnt es, sich einzusetzen? Wie kann ich mein Leben (selbst)in die Hand nehmen? Da kann der Glaube Jugendlichen ganz neue Antworten geben.

RV: Sie waren selber 20, als Sie zum ersten Mal nach Taizé gekommen sind, 1974, und Sie sind geblieben. Sie haben Generationen von Jugendlichen begleitet. Sehen Sie, dass die Fragen junger Menschen sich ändern?

Frère Alois: Ja, die Fragen ändern sich. Als ich in den 70er-Jahren hierherkam, standen politische Fragen im Vordergrund, und es wurde viel über den Glauben diskutiert. Das war damals noch leichter, weil mehr oder weniger alle dasselbe Vokabular hatten. Wenn man heute von Auferstehung spricht, dann ist das für viele Jugendliche zunächst ein Fremdwort. Ich glaube, wir müssen viel deutlicher und klarer über das sprechen, was im Zentrum unseres christlichen Glaubens steht.

RV: Taizé ist wie eine große europäische Evangelisierungs-Station. Eingeladen sind alle Jugendlichen, nach einem Bekenntnis wird nicht gefragt, Ökumene und Dialog zwischen Angehörigen verschiedener Religionen spielen eine große Rolle. Ist dieses nicht Abgegrenzte, dieses genuin Religiöse das Geheimnis von Taizé?

Frère Alois: Es gibt kein Geheimnis von Taizé! Wir versuchen ganz einfach, aus der Mitte des Glaubens zu leben. Wir Brüder der Communauté kommen aus verschiedenen Konfessionen, Ländern und Kontinenten; wir wollen ein kleines Zeichen dafür sein, dass gemäß dem Evangelium die Versöhnung, die Christus gebracht hat, eine Kraft ist, die in der Welt wirkt.

RV: In welchen Momenten lässt sich das in Taizé bei den Jugendtreffen spüren?

Frère Alois: Letzten Sommer haben hier zum Beispiel junge Ukrainer und Jugendliche aus Russland eine Woche lang zusammengelebt und am gemeinsamen Gebet teilgenommen. Sie waren bereit, mehr aufeinander zu hören und die Situation des jeweils anderen Landes besser zu verstehen. Das Evangelium ist eine Kraft der Versöhnung, die in der Welt noch viel stärker wirksam werden könnte.

RV: Welche Dinge namentlich an der katholischen Kirche stören Jugendliche heute? Womit kommen sie nicht klar?

Frère Alois: Das ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Wichtig ist sicher für viele, die Kirche nicht nur als Institution zu erleben, die Regeln erlässt, sondern die vor allem Verständnis zeigt für jede Situation und dann eine Richtung weist. Jugendliche sind heutzutage bereit zu hören, welche Richtung das Evangelium ihnen zeigt. Das Evangelium ist nicht mit allen Situationen und Haltungen einverstanden, aber Jugendliche brauchen das Gefühl: Hier hört mir jemand zu, hier werde ich angenommen, so wie ich bin, mit meinen Fragen und meinen Fehlern. Das ist eine große Erwartung an die Kirche, die an vielen Orten sicher erfüllt wird, aber auf die wir noch viel mehr eingehen müssen.

RV: Warum ist eine katholische Bischofssynode in Rom mit dem Papst über und mit Jugendlichen sinnvoll? Kann da aus Ihrer Sicht etwas Neues herauskommen?

Frère Alois: Das wird sich zeigen. Aber es schön, dass die katholische Kirche schon im Vorfeld deutlich macht: ‚Wir wollen den Jugendlichen zuhören und ein offenes Ohr für ihre Anliegen haben.‘ Es ist für Jugendliche heute nicht leicht, ihren Weg zu finden. Sie leben in einer sich schnell verändernden Welt mit vielen Ablenkungen, in der es nicht leicht ist, Orientierung zu finden. Aber ich glaube, wenn der Papst und die Bischöfe deutlich machen: ‚Wir wollen euch nicht bevormunden, sondern euch im Sinn des Evangeliums begleiten‘, – das wäre ein starkes Zeichen für viele Jugendliche, weit über die katholische Kirche hinaus.

RV: Das Taizé-Jugendtreffen zum Jahreswechsel findet diesmal in Basel statt, warum gerade in diesem wohlhabenden und gesättigten Herzen Europas?

Frère Alois: Basel ist eine Stadt, aber auch eine grenzübergreifende Region; das wird ein wichtiger Aspekt des Treffens sein. Es soll deutlich werden, dass Europa in den verschiedenen Regionen über die Grenzen hinweg existiert, und das kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. In einer Zeit, in der sich eine gewisse Europamüdigkeit ausbreitet, ist das, glaube ich, ein wichtiges Zeichen. Zum anderen gehen wir nach Basel, weil es auch eine Stadt der Reformation ist, nicht der lutherischen Reformation, sondern der reformierten Kirche; jetzt, am Ende dieses Jahres, in dem so viel über die Reformation geredet wurde, wollen wir nochmal ein Zeichen setzen dafür, dass es möglich ist, als Christen deutlich mehr gemeinsam zu tun als wir es bisher getan haben. Wir leben immer noch zu getrennt: Wir können noch viel öfter zum gemeinsamen Gebet zusammenkommen und deutlich machen, dass Christus uns schon heute zusammenführt, auch wenn noch viele theologische Fragen offen sind. (rv)

Wie geht es weiter nach COP23?

Quo vadis? – Wohin bewegt sich die Menschheit global und wie groß ist der CO2-Fußabdruck, den sie dabei hinterlässt? Schon das Pariser Klimaabkommen 2013 hat deutlich gemacht, dass sich die Menschheit mit großen Schritten in eine falsche Richtung bewegt, was gravierende Auswirkungen auf das Ökosystem Erde hat.

Papst Franziskus wird nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Klimawandel und Armut im ländlichen Raum. Die gute Nachricht ist, dass dieser zum Guten gewendet werden kann: Gegen Klimawandel vorzugehen, schützt Menschen vor seinen Folgen; unterstützt man Menschen darin, ein nachhaltiges Ernährungssystem zu installieren, profitiert auch die Umwelt. Die entscheidende Frage lautet: Wie kann ein nachhaltiges Ernährungssystem geschaffen werden, das den Kleinbauern im ländlichen Raum nützt? Zu diesem Thema lud Hinrich Thölken, der Ständige Vertreter Deutschlands bei den UN-Organisationen in Rom, in dieser Woche zu einer Podiumsdiskussion in die Villa Drusiana ein.

Dabei wurde deutlich: Qualifizierung der Bauern ist ein wichtiges Stichwort. Wir haben bei der Tagung Stefan Schmitz, Referatsleiter für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Ernährungssicherung im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), nach Strategien für Bauern im ländlichen Raum gefragt:

„Wir müssen die Länder dahingehend beraten, dass sie die Möglichkeit haben, ihre eigenen Märkte zu schützen und gleichzeitig die eigene Landwirtschaftsentwicklung voranzutreiben. Das bedeutet, dass der Bauer besseres Wissen braucht und moderne Methoden zur Verfügung haben muss, um produktiver arbeiten zu können, d. h. mehr Ertrag pro Hektar Land zu produzieren. Aber dann geht es ja auch darum, die Lebensmittel trocken und kühl zu lagern. Straßen zu haben, auf denen die Lebensmittel zum Markt transportiert werden. Das ganze Handelswesen muss verbessert werden. Das betrifft die ganze Wertschöpfungskette vom Feld bis zum Teller des Konsumenten in der Stadt.“

Johannes Cullmann, Leiter der Abteilung Klima und Wasser bei der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), hat in seinem Beitrag auf die Folgen des Klimawandels hingewiesen. Über kurz oder lang, so seine Mahnung, werden auch wir in Mitteleuropa von extremen Wettererscheinungen und dem Ansteigen des Meeresspiegels betroffen sein. Am stärksten sind ländliche und küstennahe Gebiete bedroht, insbesondere Inselstaaten im Pazifik und Regionen Afrikas südlich der Sahelzone. Doch in vielen Fällen leben gerade dort die Ärmsten der Weltbevölkerung; diejenigen also, die den kleinsten CO2-Fußabdruck hinterlassen.

Hilfsorganisationen wie der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) haben es sich zur Aufgabe gemacht, Kleinbauern in ihrer Arbeit zu unterstützen, so dass sie selbst einen Weg aus der Armut finden. Die Jugend könnte ein Vorreiter darin sein, innovative Ideen in der Landwirtschaft zu etablieren. Wie kann die Jugend dafür gewonnen werden? Stefan Schmitz sagt dazu:

„Alleine in Afrika werden bis 2030 440 Millionen Menschen zusätzlich auf den Arbeitsmarkt drängen und eine Lebensperspektive suchen. Die Mehrheit von ihnen lebt auf dem Land, und nicht in den Städten. Insbesondere in Afrika ist das Bevölkerungswachstum auf dem Land extrem hoch. Sie suchen eine Perspektive, aber sie werden sie nicht immer bekommen; viele werden auch versuchen, in die Städte oder ins Ausland abzuwandern.“ Es sollte im Interesse aller sein, betont Schmitz auch mit Blick auf die massiven Migrationsbewegungen der letzten Jahre, dass die Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive erhalten könnten.

„Dazu ist notwendig, dass Landwirtschaft produktiver wird; dass jeder einzelne Landwirt, jeder einzelne Bauer mehr produziert, damit er darüber auch ein Einkommen erzielen kann. Das wäre eine Voraussetzung dafür, dass sie ein besseres Leben führen und sich auch z. B. einen Gesundheitsdienst leisten und den Schulbesuch der Kinder bezahlen können. Dafür ist es notwendig, dass Bauern eine Verbindung haben, dass sie sich Märkte erschließen können in den Städten. Wir beobachten zunehmend, wenn man in die Städte Afrikas geht und in die Regale der Supermärkte schaut, dass Produkte aus allen Teilen der Welt angeboten werden, die preiswert eingeführt werden können. Häufig ist die eigene Landwirtschaft dagegen nicht konkurrenzfähig. Da müssen wir nachhelfen.“

Die kürzlich zu Ende gegangene Bonner Klimakonferenz hat auch über einen Gender Action Plan diskutiert und damit die Frage aufgeworfen: Welche Rolle spielen Frauen in der internationalen Klimapolitik und in der nachhaltigen Entwicklung, beispielsweise in der Landwirtschaft? Wird da nicht viel Potenzial verschenkt? Stefan Schmitz mahnt Verbesserungsbedarf an:

„Die Rolle der Frauen ist hier ganz zentral. In Afrika leisten Frauen in der Landwirtschaft etwa 50 Prozent der Arbeit, teilweise sogar mehr, aber sie erwirtschaften nur ein Hauch, etwa 10 Prozent des Einkommens. Das ist ein riesiges Missverhältnis. Frauen haben eine ganz wichtige Schlüsselposition, weil sie auch gleichzeitig für die Ernährung der Familie zuständig sind. In ihren Händen liegt es, nicht nur mit darüber zu entscheiden, was auf dem Feld angebaut wird, sondern auch die Familie richtig und gesund zu ernähren. Diese Doppelrolle macht sie ganz besonders wichtig. Wir schätzen, wenn Frauen den gleichen Zugang zu Bildung oder zur Ausbildung im landwirtschaftlichen Bereich hätten wie Männer, wenn sie die gleichen Rechte hätten, Land zu besitzen und damit auch einen Kredit aufnehmen zu dürfen, dann wäre schon sehr vielen Menschen geholfen und die Produktivität der Landwirtschaft deutlich höher. Die Rechte der Frauen sind in sehr vielen Ländern sehr verbesserungsbedürftig.“

Quo vadis? Die Richtung scheint mehr oder weniger deutlich zu sein. Aber noch sind viele der Hauptakteure zu zögerlich. Vielleicht braucht es einfach jemanden, der mutig vorangeht. Klar ist, dass es in unser aller Sinne ist, uns gemeinsam auf Weg zu machen. (rv)

Über den Wolken: Der Papst spricht über aktuelle Krisen

Rohingya, Atomwaffen, China – das waren nur einige der Themen, über die Papst Franziskus auf dem Rückflug von Bangladesch nach Rom am Samstagabend mit Journalisten gesprochen hat. Bei seiner „fliegenden Pressekonferenz“ über den Wolken verteidigte der Papst die Tatsache, dass er in Myanmar nicht öffentlich von „Rohingya“ gesprochen hat. Er erwähnte seinen Wunsch, China zu besuchen, und kündigte eine Reise nach Indien für das nächste Jahr an. Gegen zehn Uhr abends – eine Stunde eher als erwartet – ist das Flugzeug mit Franziskus an Bord wieder in Rom gelandet: Schlusspunkt einer knapp einwöchigen Südostasien-Reise.

Besitz von Atomwaffen irrational

Angesprochen auf die Nordkorea-Krise äußerte der Papst, eine Politik der nuklearen Abschreckung wie zu Zeiten des Kalten Krieges sei heute nicht mehr vertretbar. Schon den bloßen Besitz von Atomwaffen halte er für „irrational“.

„Atomwaffen zu haben und einzusetzen, ist heute an der Grenze des ethisch Erlaubten, davon bin ich überzeugt. Warum? Weil solche ausgeklügelten Atomarsenale heutzutage die Menschheit – oder zumindest einen großen Teil der Menschheit – zu vernichten drohen.“ Zwar sei das keine Frage des päpstlichen Lehramtes, aber dennoch eine Frage, die ein Papst stellen müsse: „Kann es denn heute wirklich legitim erscheinen, Atomarsenale beizubehalten? Oder ist es nicht vielmehr nötig, umzukehren, um die Schöpfung zu retten und um die Menschheit heute zu retten? Denken wir an Hiroshima und Nagasaki vor siebzig Jahren, und denken wir auch daran, was passiert, wenn es in einem Reaktor einen Atomunfall gibt… Wir sind an der Grenze des Erlaubten.“

Der Papst antwortete damit auf die Frage eines mitreisenden Journalisten, was sich seit den 80er Jahren in der Welt verändert habe. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) habe noch 1982 in einem Brief an die UNO-Vollversammlung geschrieben, die Politik der nuklearen Abschreckung sei insofern „moralisch gerechtfertigt“, als sie damals einen Krieg verhindert habe und die beteiligten Partner daran arbeiteten, sie abzubauen. Bereits Mitte Oktober hatte Franziskus hingegen die Anwendung von und die Drohung mit Atomwaffen verurteilt – und darüber hinausgehend auch deren alleinigen Besitz. Das hatte, vor allem bei Katholiken in den USA, für Diskussionen gesorgt.

Tränen beim Treffen mit Rohingya

Sein zweites Besuchsland Bangladesch lobte der Papst bei der „fliegenden Pressekonferenz“ als ein „Vorbild für die Aufnahme“ von Flüchtlingen. Obwohl Bangladesch nicht groß sei, habe es doch für über 600.000 Rohingya-Flüchtlinge aus dem benachbarten Myanmar die Türen geöffnet. „Ich denke da an die Länder, die ihre Türen schließen. Da müssen wir dankbar sein für das Beispiel, das Bangladesch uns gegeben hat!“

Die Begegnung mit einigen Rohingya-Flüchtlingen am Freitagabend im Garten des Erzbischofs von Dhaka sei ein besonderer Moment gewesen, bei dem nur ein Teil geplant war, das meiste sich jedoch spontan ergab, erklärte der Papst. „Ich habe geweint. Ich versuchte es so hinzukriegen, dass man es nicht sah… Sie weinten auch. Ich habe mir gesagt: Ich kann die jetzt nicht wieder gehen lassen, ohne ihnen etwas zu sagen. Man wollte sie wieder vom Podium herunterschicken, ohne dass sie mit mir gesprochen hätten. Das habe ich nicht zugelassen… Und nachdem ich sie angehört habe, fühlte ich etwas in mir sich regen, und dann habe ich ihren Namen genannt.“ Franziskus hatte bei der Begegnung die Flüchtlinge spontan im Namen ihrer Verfolger, aber auch im Namen einer gleichgültigen Weltöffentlichkeit, um Vergebung gebeten. Dabei hatte er zum einzigen Mal auf der ganzen Reise ausdrücklich von „Rohingya“ gesprochen.

Der Papst machte deutlich, dass er gerne ein Flüchtlingslager von Rohingya besucht hätte: „Die Dinge wurden geprüft, und das war dann nicht möglich, aus verschiedenen Gründen, etwa aus Zeitgründen wegen der Distanz. Aber das Flüchtlingslager ist dann ja durch einige Vertreter zu mir gekommen…“

Nicht die Tür vor der Nase zuschlagen

Der Papst verteidigte ausdrücklich, dass er während seines Aufenthalts in Myanmar nie ausdrücklich von „Rohingya“ gesprochen hatte. „Schon auf dem Petersplatz habe ich sie durchaus beim Namen genannt… Aber hätte ich das in einer offiziellen Rede (in Myanmar) gesagt, hätte ich (den Burmesen) sozusagen die Tür vor der Nase zugeschlagen. Also habe ich die Lage beschrieben, habe vom Recht der Minderheiten gesprochen, um dann in den Privatgesprächen noch weiter zu gehen… Mir ist es am wichtigsten, dass die Botschaft angekommen ist. Sagen wir es so: Ich hatte nicht das Vergnügen, die Tür zuzuknallen, indem ich öffentlich etwas Anklagendes sagte – aber ich hatte die Genugtuung, einen Dialog aufzunehmen und auch die andere Seite zu hören. Und so ist die Botschaft angekommen.“

Diese Gesprächsdiplomatie hinter verschlossenen Türen nahm der Papst auch für seine Begegnung mit dem Armeechef in Anspruch, der nach allgemeiner Ansicht für die Vertreibung von Rohingya aus Myanmar verantwortlich ist. „Ich habe die Wahrheit nicht verhandelt… Ich habe so gesprochen, dass er verstanden hat, dass man heute die Dinge nicht mehr so machen darf, wie sie früher gemacht wurden… Es war ein gutes Treffen. Zivilisiert. Und auch bei dieser Gelegenheit ist die Botschaft angekommen.“

Nächstes Jahr eventuell eine Reise nach Indien

Franziskus ließ die mitreisenden Journalisten auch einmal in seine Karten sehen, was die nächsten Reisepläne betrifft. Er wolle 2018 gerne Indien besuchen – „wenn ich dann noch lebe“, scherzte er. Eine Reise nach China sei dagegen „nicht in Vorbereitung“, auch wenn ihm eine solche Reise „so sehr gefallen würde“. Auf die zähen Verhandlungen zwischen Peking und dem Vatikan über eine Aufnahme von diplomatischen Beziehungen angesprochen, versuchte sich der Papst an einem Hohenlied der Langsamkeit und Gründlichkeit: „Schritt für Schritt“ gelte es vorzugehen. (rv)

Franziskus ermuntert Priester, Ordensleute: Seid keine Sauertöpfe

DHAKA – Sein acht Seiten langes Rede-Manuskript legte er lachend beiseite: In einer frei gehaltenen Ansprache hat Papst Franziskus Priester und Ordensleute ermutigt, Gott freudig zu dienen.

Dabei bediente sich der Papst dreier plastischer Bilder: Einer Pflanze, dem Garten Gottes, und den Geist der Freude.

Es war die vorletzte Rede des Papstes in Bangladesch. Franziskus besuchte seit dem 30. November das Land im Rahmen seiner delikaten dritten Asienreise; am heutigen Samstag, 2. Dezember, fliegt er zurück nach Rom.

Die Berufung als Pflanze

Er habe beim Hereinkommen an ein Bild des Schriftpropheten Jesaja denken müssen, so Franziskus, welches am Dienstag kommender Woche in der Tageslesung steht: Jesaja 11,1-10.

Dort ist das Bild des Baumes Jesse – auch bekannt als Isai – zu finden, der neue Frucht bringt:

„Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht.“

Ein Leben im Glauben, so Franziskus, sei wie eine Pflanze. Deren Samen stammt von Gott, und das Wachstum der Pflanze kommt auch von Gott, betonte Franziskus.

„Jeder von uns ist eine Pflanze“, fuhr der Papst fort. Gott schenke den Samen und das Wachstum. Was muss ich aber manchen? Sie gießen, damit ich wachsen kann. (…) Wie gieße ich diesen Samen? Indem ich mich darum kümmere, und um sein Sprießen bemühe. Kümmert Euch um Eure Berufung, die ihr erhalten habt. So wie man sich um ein Kind kümmert, oder um jemanden, der krank ist, oder ein älterer Mensch.“

Die Macht der Zunge im Garten Gottes

Nicht eine Pflanze wachse im Garten Gottes, sondern tausende, so der Papst weiter. Das Leben als Gemeinschaft sei nicht immer einfach.

Hinter dem Rücken anderer zu lästern, sei, ja, eine Form von „Terrorismus“ so der Papst lachend, und erinnerte an die Worte im Jakobusbrief über die Macht der Zunge (nachzulesen bei Jakobus 3.1-12). Franziskus warnte: Der Geist des Geschwätzes ist der Feind der Eintracht.

Wer seine Zunge hütet, schweigt aber nicht nur: Er weiß auch, dass eine brüderliche Zurechtweisung, liebevoll, von Angesicht zu Angesicht, der richtige Weg ist, so der Papst. Auch wenn dies bei „schwierigen Personen“ sehr schwer fällt. Denn eine Spaltung in der Kirche tut weh, so Franziskus mit Verweis auf den Apostel Paulus.

Seid keine Sauertöpfe

Als dritten und letzten Punkt legte Franziskus seinen Zuhörer ans Herz, den Geist der Freude im Dienst an Gott nicht zu vergessen.

Es tue ihm sehr weh, so der Papst, wenn er Priester, Geweihte, Bischöfe treffen, die eine Trauermiene ziehen. Er wolle sie dann immer fragen: „Was hast Du denn heute zum Frühstück gehabt? Essig?“ Eine saure Miene zu ziehen, ein Sauertopf zu sein, das weise auf Ängstlichkeit und Bitterkeit im Herzen hin. Die heilige Teresa von Avila habe es praktisch als einen Fluch beschrieben. Die Lösung sei nicht ängstliches Jammern, sondern Freude und Fröhlichkeit.

„Fröhlichkeit. Auch in den schwierigen Momenten. Und wenn es nicht geht, und Du nicht lachen kannst, dann verbreite zumindest Friede und Gelassenheit“.

Er wünsche allen, dass ihre Augen leuchten mit der Freude des Heiligen Geistes, schloss der Papst, und bat seine Zuhörer, für ihn zu beten, so wie er es für sie tue.

Edward Pentin vor Ort in Dhaka sowie Elise Harris in Rom trugen zur Berichterstattung bei. Bei der Übersetzung des Manuskripts half vor Ort Monsignore Mark Miles.

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Papstmesse in Dhaka: Franziskus weiht 16 Priester

Papst Franziskus hat angehende Priester in Bangladesch zum Einsatz für Bedürftige aufgerufen. Wie „gute Hirten“ sollten sie sich vor allem um diejenigen Menschen kümmern, die Hilfe bräuchten, legte der Papst den 16 Männern an Herz, die er bei seiner ersten Messe in Dhaka im Suhrawardy Udyan Park zu Priestern weihte. An der Messe nahmen Tausende von Menschen teil – und das, obwohl es nur einige hunderttausend Katholiken in ganz Bangladesch gibt. Insgesamt machen sie gerade mal 0,24 Prozent der Bevölkerung aus.

„Nehmt euch der Armen und Bedrängten an, die auf eure Dienste warten. Vergesst sie nicht!“, wandte sich Franziskus an die Neupriester. „Habt immer das Beispiel des Guten Hirten vor Augen! Er ist nicht gekommen, sich bedienen zu lassen, sondern zu dienen. Er ist gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren war.“

Vor Beginn der Messe stimmte ein Moderator die Menschen auf den Papst ein. Franziskus, der eine Blumenkette um den Hals trug, drehte im Papamobil eine Runde durch die Menge auf dem Gelände der früheren Pferderennbahn. Für alle, die nicht nahe am Altar sein konnten, wurde das Geschehen über eine Videoleinwand übertragen.

In seiner Predigt, die für die Teilnehmer der Messe vom Italienischen in die Landessprache übersetzt wurde, erinnerte der Papst an die Einsetzung der ersten Presbyter durch Jesus selbst. Er habe seine Apostel in die Welt gesandt, um durch sie und deren Nachfolger „das Amt des Lehrers, Priesters und Hirten ununterbrochen fortzuführen“. Mit ihrer Weihe nähmen die neuen Priester teil am Lehramt Christi, das sie nun mit ihrem Lebenszeugnis weitergeben sollten. Der Papst rief die Geistlichen zu Kohärenz von Verkündigung und Wirken auf:

„Verkündet allen das Wort Gottes, das ihr ja selbst mit Freude aufgenommen habt. Sinnt nach über das Gesetz des Herrn. Bedenkt das wohl: Was ihr in den heiligen Schriften lest, das ergreift im Glauben; was ihr im Glauben ergriffen habt, das verkündet den Menschen; was ihr den Menschen verkündet, das erfüllt selbst in eurem Leben. Eure Lehre sei kraftvolle Nahrung für das Volk Gottes, euer Leben sei eine Freude für die Christgläubigen. So erbaut ihr durch euer Wort und Beispiel das Haus, das die Kirche Gottes ist.“

Franziskus erinnerte an den Dienst am Nächsten, den die Priester insbesondere im Spenden der Sakramente vollziehen:

„Durch die Taufe gliedert ihr die Menschen ein in das Gottesvolk. Durch das Sakrament der Buße gewährt ihr den Menschen im Namen Christi und seiner Kirche die Vergebung der Sünden. Durch die Salbung mit heiligem Öl richtet ihr die Kranken auf. Beim Stundengebet lobt ihr den Herrn, sagt ihm Dank und bittet für das Volk Gottes und die ganze Menschheit. Seid euch also bewusst, dass ihr, aus den Menschen auserwählt, für die Menschen eingesetzt seid in ihren Anliegen vor Gott. Übt daher das Priesteramt Christi aus in beständiger Freude und Liebe und sucht nicht euch selbst, sondern die Sache Jesu Christi.“

Weiter rief er die neuen Priester zum Gehorsam gegenüber ihren Bischöfen sowie dazu auf, die Gemeinden zu einen.

Von seinem vorbereiteten Text abweichend, bedankte sich der Papst auch spontan bei den Menschen, die an der Messe teilnahmen. Er wisse, dass sie zum Teil von weither kämen und große Opfer gebracht hätten, um dabei sein zu können. Das stelle ihre Liebe zur Kirche und zu Jesus Christus unter Beweis. Franziskus forderte alle auf, für die Priester zu beten. (rv)

Franziskus lobt Bangladesch für Aufnahme muslimischer Flüchtlinge

„Es ist notwendig, dass die internationale Gemeinschaft entscheidende Maßnahmen im Hinblick auf diese ernste Krise durchführt“.

DHAKA – Das Wort „Rohingya“ hat der Papst erneut vermieden, aber Schwerpunkt seiner Rede war der Umgang mit Flüchtlingen aus Burma: Kurz nach seiner Ankunft in Bangladesch am heutigen Donnerstag hat Franziskus das muslimische Nachbarland Burmas vor allem dafür gelobt, Flüchtlinge aufgenommen zu haben.

Der kleinen Minderheit der Katholiken stärkte er vorsichtig den Rücken, in dem er für Vielfalt und Freiheit plädierte, und deren Beitrag zur Gesellschaft hervorhob.

In seiner Rede würdigte der Papst, dass Bangladesch – dessen natürliche Schönheit er eingangs erwähnte – „humanitäres Engagement den großen Strömen von Flüchtlingen aus dem Rakhaing-Staat“ gezeigt habe. Er lobte, dass Bangladesch diesen „vorläufige Unterkunft gegeben und sie mit den lebensnotwendigsten Dingen versorgt hat“.

Rakhaing ist ein anderes Wort für Arakan: Dort, im westlichsten Staat Burmas, kämpft die „Arakan Rohingya Salvation Army“ (ARSA) Burmas Regierung zufolge für einen eigenen muslimischen Staat; Burma erkennt die Volksgruppe der Rohingya nicht an, sondern bezeichnet diese als muslimische Bengalis – und illegale Migranten aus Bangladesch.

Die burmesischen Streitkräfte wiederum haben – vor allem seit einer Reihe von ARSA-Angriffen im August diesen Jahres – mit brutaler Gewalt auch Zivilisten der muslimischen Volksgruppe grausamst verfolgt und vertrieben. Viele Rohingya – Schätzungen gehen bis zu mehreren Hunderttausend – flohen nach Bangladesch.

Franziskus betonte: Das Engagement Bangladeschs für die Flüchtlinge „wurde mit nicht geringem Opfer erreicht und vor den Augen der ganzen Welt vollbracht“.

Die Staatengemeinschaft müsse helfen, sich um die muslimische Volksgruppe zu kümmern, forderte der Papst:

„Es ist notwendig, dass die internationale Gemeinschaft entscheidende Maßnahmen im Hinblick auf diese ernste Krise durchführt. Es muss nicht nur daran gearbeitet werden, die politischen Fragen zu lösen, die zur Verschiebung von Menschenmassen geführt haben, sondern es muss Bangladesch sofortige materielle Unterstützung geboten werden“

Papst Franziskus hat sich wiederholt für die muslimische Volksgruppe stark gemacht, unter anderem bei Angelus-Gebeten, im Rahmen seiner täglichen Eucharistiefeiern, bei Generalaudienzen wie auch in Interviews mit Medien.

Seine Reise nach Burma und Bangladesch erregt vor allem auch wegen dieser Thematik internationale Aufmerksamkeit.

In seiner heutigen Rede fügte Franziskus hinzu, dass sein Besuch „an erster Stelle der katholischen Gemeinde Bangladeschs“ gelte. Er lobte Präsident Scheich Mujibur Rahman dafür, „eine moderne, pluralistische und inklusive Gesellschaft“ vor Augen zu haben, „in der jeder Mensch und jede Gemeinschaft in Freiheit, Frieden und Sicherheit leben kann und in der die angeborene Würde und die Gleichheit der Rechte aller respektiert werden“.

So sei es möglich, im „Klima gegenseitigen Respekts und eines zunehmenden interreligiösen Dialogs“, dass Gläubige ihre tiefsten Überzeugungen über die Bedeutung und das Ziel des Lebens frei äußern könnten, so der Papst.

Einübung ethischer und menschlicher Werte

Tatsächlich kommt es auch in Bangladesch immer wieder zu Gewalt gegen Katholiken im Land, die mit 0,2 Prozent Anteil der Bevölkerung nur eine sehr kleine Minderheit ausmachen. Auf dem Weltverfolgungsindex des christlichen Hilfswerks „Open Doors“ liegt Bangladesch auf Rang 26.

Vor diesem Hintergrund betonte der Papst heute:

„Auch wenn die Katholiken Bangladeschs zahlenmäßig wenige sind, versuchen sie doch, eine konstruktive Rolle bei der Entwicklung des Landes zu spielen, vor allem durch ihre Schulen, die Kliniken und die Sanitätsstationen.“

Die Kirche, so der Pontifex weiter, schätze die Freiheit, „den eigenen Glauben zu praktizieren und ihre eigenen karitativen Werke zu verwirklichen“. Dazu gehöre, den Jugendlichen „eine qualitätsvolle Ausbildung zu bieten als auch die Einübung gesunder ethischer und menschlicher Werte“.

Tatsächlich sei die breite Mehrheit der Schüler und viele der Lehrer nicht christlich, so Franziskus weiter. Er sei gewiss, „dass die katholische Gemeinde im Einklang mit dem Wortlaut und dem Geist der nationalen Verfassung weiter die Freiheit genießen wird, diese guten Werke als Ausdruck ihres Einsatzes für das Gemeinwohl fortzuführen“.

Die delikate Mission des Papstes in Bangladesch ist also nicht nur, auf die Rohingya-Problematik aufmerksam zu machen, sondern den wenigen Christen im Land den Rücken zu stärken. (CNA Deutsch)