Papst: „Theologie macht man miteinander, nicht gegeneinander

Theologie macht man miteinander, nicht gegeneinander. Daran hat Papst Franziskus an diesem Freitag vor italienischen Theologen im Vatikan erinnert.

Anne Preckel – Vatikanstadt.

Die italienische Theologen-Vereinigung „Associazione Teologica Italiana“ (ATI) feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen; heute gehören ihr über 330 Theologen und Theologinnen an. Der Papst empfing Vertreter der Vereinigung an diesem Freitag im Vatikan in Audienz. Der gemeinschaftliche Stil sei grundlegender Teil theologischen Suchens, bekräftigte er in seiner Ansprache:

„Denn man kann nicht denken, der Wahrheit eines Gottes der Liebe und ewigen Gemeinschaft des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes (…) zu dienen, wenn man das auf individualistische, partikuläre Weise tut – oder, schlimmer noch, mit einer Logik der Konkurrenz. Die theologische Forschung ist notwendig eine persönliche Suche, doch eine Suche von Mitgliedern einer theologischen Gemeinschaft, die so groß wie möglich ist und zu der sich alle wirklich zugehörig fühlen, einbezogen in solidarischen Beziehungen und auch echter Freundschaft. Das ist kein Zubehör der Theologie!“

Kreative Treue

Der Papst rief die Theologen und Theologinnen dazu auf, das Zweite Vatikanische Konzil bei ihrer Arbeit als Referenzpunkt zu nehmen. Mit „kreativer Treue“ sollten sie sich darum bemühen, die Glaubensbotschaft für die Welt von heute authentisch aufzubereiten. Auch heute erweise die Theologie der Kirche einen kostbaren Dienst. Gleichwohl seien akademische Kurse für einen authentischen Glauben nicht zwingend notwendig, erinnerte der Papst:

„Es gibt einen Sinn für die Realitäten des Glaubens, der dem ganzen Gottesvolk gehört, auch jenen, die keine besonderen intellektuellen Mittel haben, um das auszudrücken. Diesem Empfinden muss man zuhören, man muss es erforschen. Und es gibt auch sehr einfache Menschen, die diese ,Augen des Glaubens‘, diesen Blick, zu schärfen verstehen. Es ist dieser lebendige Glaube des heiligen und treuen Gottesvolkes, dem sich jeder Theologe zugehörig fühlen und von dem er sich auch unterstützt, transportiert und umarmt fühlen sollte.“

Eine notwendige theologische Durchdringung des Glaubens stehe dazu in keinem Widerspruch, hielt der Papst fest. In der heutigen Zeit müsse Theologie vor allem einer „Kirche im missionarischen Aufbruch“ dienen, die den Menschen „das Zentrum und den tiefsten Kern des Evangeliums“ vor Augen führe. Die theologische Forschung sei heute eine „Aufgabe der Wesentlichkeit“, formulierte der Papst. Sie sei „im Zeitalter der Komplexität und eines beispiellosen wissenschaftlichen und technischen Fortschrittes“ sowie angesichts drohender Verfälschungen bei der Glaubensweitergabe unerlässlich.

„Damit die Kirche den Frauen und Männern von heute das Zentrum des Evangeliums weiter nahebringen kann, damit die Glaubensbotschaft wirklich die Menschen in ihrer Einzigartigkeit erreicht und die Gesellschaft in all ihren Dimensionen durchdringt, ist die Aufgabe der Theologie unabdingbar – mit ihrem Bemühen, die großen Themen des christlichen Glaubens innerhalb einer zutiefst verwandelten Kultur neu zu denken.“

Mit anderen Disziplinen Dialog aufsuchen

Papst Franziskus ermutigte die Glaubensforscher, sich in Dialog mit anderen Disziplinen und mit Vertretern anderer Kirchen zu begeben. Themenfelder und Debatten, zu denen Theologen einen wertvollen Beitrag leisten könnte, seien zum Beispiel ökologische Fragen und Entwicklungen in den Neurowissenschaften und der Bioethik, aber auch gesellschaftliche Missstände wie die immer größer werdende soziale Ungleichheit und die globalen Migrationsbewegungen mit all ihren Herausforderungen.

Wesentlich für die Theologie sei das Staunen, fügte der Papst dann in freier Rede an: „Das Staunen, das uns zu Christus bringt, Theologie staunend betreiben.“ Auch sei der Theologie ein Wissenschaftler „auf Knien“, betonte Franziskus weiter: „Theologie auf Knien betreiben, wie die großen Kirchenväter. Sie dachten, beteten, beteten an… das ist die starke Theologie, Fundament der gesamten theologischen Entwicklung des Christentums.“ Und schließlich: „Theologie in der Kirche betreiben, im heiligen treuen Gottesvolk, das – und hier benutze ich ein nicht-theologisches Wort – den ,Riecher‘ des Glaubens besitzt, diesen sensus fidei, der im Glauben nicht irren kann.“ (vatican news)

Nur ein gebildetes Gewissen kann entscheiden: Kardinal Marx über Sexualität und Lehre

MÜNCHEN – Kardinal Reinhard Marx hat erklärt, dass Entscheidungen über Sexualmoral eine Frage des persönlichen – allerdings christlich gebildeten – Gewissens sind. Dabei gehe es nicht um rein subjektive Entscheidungen, sondern „das Zusammenspiel von Freiheit und Verantwortung“.

In einem weitreichenden Interview mit Stefan Orth und Volker Resing in der „Herder Korrespondenz“ (*) sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz wörtlich:

„Die Schwierigkeit besteht darin, objektiv von außen zu sagen, jemand sei in einem Zustand der Todsünde. Ohne Blick auf die Gewissenssituation des Einzelnen, ohne Blick auf seine Realität, auf die konkreten Umstände ist eine wirklich umfassende und die Schwere der Schuld bewertende Beurteilung nicht möglich.“

Dies gelte auch für Homosexualität, so der Erzbischof von München und Freising auf Nachfrage der Interviewer.

„Natürlich muss der Gläubige auch hier vor die ganze Wirklichkeit des Glaubens geführt werden und die Stimme der Kirche hören. Es reicht nicht, zu sagen, man wisse selbst, was für einen gut ist. Das wäre noch keine Gewissensentscheidung im Kontext des Evangeliums.“

Kardinal Marx warnte mi Gespräch mit der „Herder Korrespondez“ weiter davor, dies als „Relativismus“ zu interpretieren, denn es gehe auch um die Verantwortung vor dem Evangelium und der gesamten Lehre der Kirche; gleichzeitig müsse „es einen Respekt vor der Entscheidung geben, die einer in Freiheit trifft“.

„Es wäre schlimm, darin Relativismus zu sehen, wie das durchaus immer wieder auch gesagt wird – als ob jeder einfach machen würde, was er will.“

Vor dem Hintergrund laufender Kontroversen gefragt nach dem Risiko eines Schismas sagte der Münchner Erzbischof, dass er ein solches nicht sehe. Produktive Debatten seien jedoch „gerade in unserer Zeit besonders wichtig“.

Der von den Interviewern ebenfalls gestellten Frage nach einer Weihe von Frauen zu Priestern erteilte der Münchner Erzbischof eine klare Absage. „Das ist jetzt wirklich nicht das Thema“, so der DBK-Vorsitzende wörtlich. Der Papst habe dazu das Entscheidende gesagt.

(*) Im Gespräch mit der „Herder Korrespondenz“ äußert sich Kardinal Marx mehr über diese und zahlreiche weitere Themen, darunter das Lutherjahr 2017, die liturgische Annäherung und weitere Anliegen der Ökumene, Synodalität und die Frage von Laien in Führungspositionen, sowie welche Rolle die Begriffe „Wahrheit“ und „Freiheit“ spielen – für ihn wie die Kirche. (CNA Deutsch)

Papst an Taizé-Treffen: Gegenseitig bereichern statt einsam sein

Tausende Jugendliche aus ganz Europa treffen sich ab diesem Donnerstag in der Nordschweizer Stadt Basel, um an dem alljährlichen Jahresabschlusstreffen der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé teilzunehmen. Auch der Papst richtete einige Grußworte an sie, wie Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bestätigt.

Mario Galgano – Vatikanstadt.

Gerade zum Abschluss des Reformationsgedenkjahres sei es für die Jugend Europas wichtig, zusammenzukommen und sich gegenseitig zu bereichern. Protestanten, Katholiken und auch Orthodoxe müssten zusammenhalten, so der Papst an die Teilnehmer des Taizé-Treffens in Basel. Die Papst-Botschaft ist vom vatikanischen Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin unterzeichnet.

Franziskus erinnert daran, dass es sich bereits um das 40. Treffen der ökumenischen Gemeinschaft handelt. Basel als Austragungsort sei ein europäischer Drehpunkt zwischen der Schweiz, Frankreich und Deutschland und somit Sinnbild für den Austausch der Freude und des Glaubens.

Im Gespräch mit Vatican News unterstreicht auch der Gastgeber des Treffens, der Prior von Taizé Frère Alois, dass die europäische Dimension ein wichtiges Element der Zusammenkunft sei.

„Wir sind nach Basel eingeladen worden, deshalb findet das europäische Treffen hier statt. Wir sind sehr froh darüber, weil nicht nur in der Stadt Basel, sondern auch in den angrenzenden Teilen Frankreichs und Deutschlands Begegnungen im Rahmen des Taizé-Treffens stattfinden“, so Frère Alois. Auch in anderen grenzübergreifenden Gegenden in Europa habe es bereits solche Treffen gegeben und werde es auch weiter geben. „Das ist etwas, das in Europa gewachsen ist, und dahinter zurück werden wir nie mehr gehen“, bekräftigte er.

Stadt der Reformation

Ein anderer Grund, weshalb Basel ausgewählt wurde: es handelt sich um eine Stadt der Reformation. „In diesem Jahr, wo wir ,500 Jahre Reformation´-Gedenkfeiern gehabt haben, wollen wir an diesem Jahresende noch einmal deutlich sagen, wie wichtig es ist, dass wir Christen heute zusammenkommen“, so Frère Alois. Ein Zeichen der Einheit zu geben, bedeute, „das Evangelium verständlich für Menschen von heute“ zu machen.

Friede und Freude

Wie der Papst in seiner Grußbotschaft betont, lautet das Thema des Treffens „Freude“. Es handele sich um eine Freude, die nicht vergeht, so der Gastgeber aus Taizé. Frère Alois: „Wie können wir in der Quelle des Evangeliums die Freude entdecken, die von der Liebe Gottes kommt, die für jeden Menschen da ist? Mir scheint es wichtig, dass wir die Quellen des Evangeliums frei legen, dass wir den Glauben vertiefen. In dieser Glaubensvertiefung entdecken wir eine Freude, die nicht eine Flucht vor den Problemen dieser Welt ist, sondern ganz im Gegenteil eine Freude, die uns den Mut gibt, die Augen auf zu machen und zu den Menschen zu gehen, die unsere Hilfe brauchen.“

Flüchtlinge

Schaut man auf das zu Ende gehende Jahr zurück, so war wohl das Flüchtlingsthema das prägendste Element in und für Europa. „In all unseren Ländern in Europa gibt es große Veränderungen. Sicher ist die große Zahl der Flüchtlinge eine der Veränderungen, die noch stärker werden wird“, sagt dazu Frère Alois: „Wir müssen überlegen, wie wir auf diese Veränderung eingehen, und das bedeutet auch ganz konkret, auf die Menschen zuzugehen, die jetzt schon da sind“, fügt er an.

Und er richtet sich an alle Jugendlichen: „Nehmt persönlichen Kontakt auf zu einem Migranten, um seine Situation besser zu verstehen.“ Diese Menschen bräuchten nicht nur materielle und administrative Hilfen, sondern sie bräuchten genauso „ein offenes Ohr und ein offenes Herz“, um ihre Situation zu verstehen. „Wenn wir das nicht verstärken, werden wir die Probleme, die natürlich mit dieser großen Flüchtlingswelle auf uns zukommen, nicht meistern können“, so der Prior der Taizé-Gemeinschaft. (vatican news)