Grabeskirche im Heiligen Land wird wieder geöffnet

JERUSALEM – Die christlichen Oberhäupter, die sich die Verwaltung der Grabeskirche teilen, haben am gestrigen 27. Februar deren Wiedereröffnung angekündigt – zwei Tage nachdem sie die Türen aufgrund „skandalöser Vereinnahmung“ durch den Bürgermeister Jerusalems und durch die Regierung geschlossen hatten.

Katholische, orthodoxe und armenische Christen verwalten gemeinsam die Kirche des Heiligen Grabes, wie auch andere heilige Stätten im Heiligen Land, kraft einer Vereinbarung, die als „Status quo“ bekannt ist.

In einer gemeinsamen Erklärung der christlichen Vertreter dankten sie „Gott für die heute Morgen veröffentlichte Mitteilung des Ministerpräsidenten (Benjamin) Netanjahu, und wir danken all jenen, die unermüdlich dafür gearbeitet haben, um die christliche Präsenz in Jerusalem zu unterstützen und den Status quo zu verteidigen.“

Die Erklärung ist unterzeichnet vom Kustos des Heiligen Landes, Pater Francesco Patton, vom Patriarchen von Jerusalem, Theophilos III., und vom armenische Patriarchen von Jerusalem, Nourhan Manougian.

Der israelische Ministerpräsident hatte am 27. Februar verkündet, dass „wir gemeinsam mit dem Bürgermeister von Jerusalem, Nir Barkat, vereinbart haben, ein professionelles Team unter Leitung von Minister (Tzachi) Hanegbi und mit der Beteiligung aller wichtigen Parteien einzurichten, um eine Lösung in der Frage der Gemeindesteuer für jene Besitztümer der Kirche zu formulieren, die keine Gotteshäuser sind.“

Ein Vorhaben des Bürgermeisteramtes von Jerusalem, das versucht, auf verschiedene Güter der christlichen Kirchen in der Stadt Steuern zu erheben, sowie ein Gesetzesentwurf zur Enteignung hatte die katholischen, orthodoxen und armenischen Oberhäupter zur drastischen Entscheidung veranlasst, am 25. Februar auf unbestimmte Zeit die Grabeskirche zu schließen.

Der Bürgermeister von Jerusalem hatte die Steuermaßnahme verteidigt, indem er argumentierte, nur jene Orte, die keine Kultstätten sind, würden bezahlen müssen. Am 27. Februar wurde nun verkündet, dass die Steuererhebung ausgesetzt wird, solange die vom Premierminister ernannte Kommission ihre Arbeit durchführt.

Die christlichen Vertreter erklärten, dass „wir Kirchen nach dem konstruktiven Eingreifen des Ministerpräsidenten hoffen, mit Minister Hangebi und all jenen, die Jerusalem lieben, gute Kontakte zu knüpfen, um zu gewährleisten, dass unsere heilige Stadt, in der unsere christliche Anwesenheit weiterhin mit Herausforderungen kämpft, weiterhin ein Ort sei, in dem die drei monotheistischen Religionen gemeinsam leben und gedeihen können.“

Am Ende erklärten sie: „Im Zusammenhang mit diesen jüngsten Fortschritten geben wir daher bekannt, dass die Grabeskirche, die der Ort der Kreuzigung unseres Herrn und auch der Ort seiner Auferstehung ist, am morgigen 28. Februar 2018 um 16.00 Uhr [Ortszeit] wieder für die Pilger geöffnet wird.“ (CNA Deutsch)

Analyse: Eine neue Enzyklika? Wie es nach dem 5. Jahrestag des Pontifikates weitergeht

VATIKANSTADT – Papst Franziskus steht vor dem fünften Jahrestag seines Pontifikates. Klar ist, dass er dem Leben der Kirche nicht nur seinen Stempel aufgedrückt hat, sondern dieses auch weiter prägen wird. Tatsächlich könnte es in den kommenden Monaten ein neues Schreiben des Papstes geben, und ein neues Konsistorium, um neue Kardinäle zu schaffen.

Schreiben über „Neo-Pelagianismus“?

Das Schreiben – möglicherweise eine Enzyklika – soll mit der katholischen Spiritualität in der modernen Welt befasst sein.

Insbesondere soll der Papst darin die Frage der Weltlichkeit angehen, die er oft als eines der Hauptprobleme innerhalb der Kirche bezeichnet hat. In Evangelii Gaudium unterstrich der Papst, dass die Weltlichkeit „aus zwei zutiefst miteinander verbundenen Quellen gespeist werden“ kann.

Erstens ist dies „die Faszination des Gnostizismus“, nämlich „eines im Subjektivismus eingeschlossenen Glaubens, bei dem einzig eine bestimmte Erfahrung oder eine Reihe von Argumentationen und Kenntnissen interessiert, von denen man meint, sie könnten Trost und Licht bringen, wo aber das Subjekt letztlich in der Immanenz seiner eigenen Vernunft oder seiner Gefühle eingeschlossen bleibt“.

Zweitens ist dies „der selbst bezogene und prometheische Neu-Pelagianismus derer, die sich letztlich einzig auf die eigenen Kräfte verlassen und sich den anderen überlegen fühlen, weil sie bestimmte Normen einhalten oder weil sie einem gewissen katholischen Stil der Vergangenheit unerschütterlich treu sind.“

Papst Franziskus fügte hinzu:

„Es ist eine vermeintliche doktrinelle oder disziplinarische Sicherheit, die Anlass gibt zu einem narzisstischen und autoritären Elitebewusstsein, wo man, anstatt die anderen zu evangelisieren, sie analysiert und bewertet und, anstatt den Zugang zur Gnade zu erleichtern, die Energien im Kontrollieren verbraucht. In beiden Fällen existiert weder für Jesus Christus noch für die Menschen ein wirkliches Interesse.“

Den Gerüchten zufolge soll dieser „Pelagianismus“ ein Hauptthema des kommenden Papstschreibens sein.

Ein Hinweis auf das mutmaßliche Dokument findet sich in der Rede von Papst Franziskus vor der Vollversammlung der Kongregation für die Glaubenslehre vom 26. Januar 2018.

Bei dieser Gelegenheit lobte der Papst die Arbeit einiger Mitglieder, „angesichts der heutigen neopelagianischen und neugnostischen Tendenzen die Bedeutung der Erlösung wieder zu bekräftigen.“

„Diese Tendenzen“, fügte der Papst hinzu, „sind Ausdruck eines Individualismus, der sich den eigenen Kräften anvertraut, um zum Heil zu gelangen.“ Der Papst betonte, dass Katholiken „dagegen glauben, dass das Heil in der Gemeinschaft mit dem auferstandenen Christus besteht, der uns durch das Geschenk seines Geistes in eine neue Ordnung von Beziehungen mit dem Vater und unter den Menschen eingeführt hat.“

Wenn es ein solches Dokument denn gibt, wird es ein weiteres Zeichen dafür sein, wie der Papst die Kirche prägt.

Neue Kardinäle

Ein weiteres Mittel dazu, dessen sich Franziskus bedient, ist die Auswahl der Kardinäle: Diese haben ein vom Papst bevorzugtes Profil. Mit seinen vier Konsistorien hat er bereits die Zusammensetzung des Kardinalskollegiums zutiefst verändert.

Ein weiteres Konsistorium wird für Juni oder November erwartet.

Kardinal Paolo Romeo, emeritierter Erzbischof von Palermo, wurde am 20. Februar 80 Jahre alt und wird in einem zukünftigen Konklave nicht wählen können.

Bis Juni werden fünf weitere Kardinäle 80 Jahre alt und die Zahl der Kardinalwahlen von 120 auf 114 fallen. Die Kardinäle, die 80 werden, sind Francesco Coccopalmerio, Keith O’Brien, Manuel Monteiro, Pierre Nguyen Van Nhon und Angelo Amato.

Weil 120 die maximale Anzahl von Kardinälen ist, die in einem Konklave wählen, könnte der Papst sechs verfügbare Plätze haben, um neue Kardinäle in einem kommenden Konsistorium zu kreieren.

Der Papst könnte auch die Entscheidung treffen, mehr Kardinäle zu schaffen und das für Kardinäle geltende Limit zu ändern. Im Moment gibt es 49 von Papst Franziskus geschaffene Wahlkardinäle, 52 von Benedikt XVI. und 19 von Johannes Paul II.

Mit einem neuen Konsistorium wird Papst Franziskus voraussichtlich für den größten Block von wahlberechtigten Kardinälen in einem zukünftigen päpstlichen Konklave verantwortlich sein.

Der Papst wird 2019 weitere Plätze für neue Kardinäle haben, wenn die Kardinäle Stanislaw Dziwisz, John Tong Hon und Edoardo Menichelli 80 Jahre alt werden.

Wichtige Wechsel im Staatssekretariat

Indessen hat der Papst eine bedeutende Veränderung in den Reihen des Staatssekretariats begonnen, indem er sowohl José Avelino Bettencourt als auch Alfred Xuereb am 26. Februar zum Nuntius ernannt hat.

Msgr. José Avelino Bettencourt ist seit November 2012 Protokollchef des Staatssekretariats. Er wird nun zum Nuntius ernannt, ihm wurde jedoch noch keine Stelle zugewiesen. Er könnte als Nuntius nach Georgien gehen, ein Posten, der wahrscheinlich auch die Nuntiatur in Armenien und Aserbaidschan einschließen würde, wie das auch für Erzbischof Marek Solczynski der Fall war, der bis 2017 Nuntius in Georgien war, bevor er zum Nuntius für Tansania ernannt wurde. Aber eine offizielle Ankündigung steht noch aus.

Msgr. Alfred Xuereb ist seit März 2014 Generalsekretär des Sekretariats für Wirtschaft. Zuvor war er zweiter Sekretär von Benedikt XVI., und er behielt den Posten des zweiten Sekretärs des Papstes zu Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus. Er arbeitete auch im Staatssekretariat des Vatikans und dann in der Präfektur für den Päpstlichen Haushalt.

Es wird auch erwartet, dass Msgr. Antoine Camilleri, Vize-Außenminister des Vatikans seit 2013, zum Nuntius ernannt wird, angeblich nach Singapur, ein Schlüsselposten, da der Nuntius in Singapur auch der nicht-ständige Vertreter des Vatikans in Vietnam ist. Dieser Termin wurde jedoch noch nicht offiziell festgelegt.

Dies ist ein interessanter Schritt, da der Vize des vatikanischen „Außenministers“ in der Regel besser befördert werden kann als der Protokollchef. Der Eindruck entsteht jedenfalls, dass der Papst große Änderungen im Staatssekretariat plant, aber dass keine endgültige Entscheidung getroffen wurde – und dass möglicherweise die Gerüchte, die über die Entscheidungen verbreitet wurden, den Pontifex irgendwie gestört haben.

Es liegt jedoch offenbar auf der Hand, dass Papst Franziskus seine Bemühungen, die Richtung der Kirche zu bestimmen, beschleunigt und den Reformprozess, den er bei seiner Wahl begonnen, dadurch schneller vorantreibt. (CNA Deutsch)

K9-Kardinäle beraten weiter über Kurienreform

Papst Franziskus nimmt ab diesem Montag wieder an einer Sitzung seines Kardinalsrates „K9“ teil, der sich zur inzwischen 23. Gesprächsrunde trifft.

Die Besprechung ist bis Mittwoch anberaumt, danach will Vatikansprecher Greg Burke über die besprochenen Themen informieren. Die Arbeit der neunköpfigen päpstlichen Beratergruppe, die im Auftrag von Franziskus Vorschläge zur Kurienreform erarbeitet, nähert sich ihrem Ende, wie vergangene Woche der Sekretär des K9-Rates, Bischof Marcello Semeraro, im Gespräch mit Vatican News sagte. Man sei bereits bei der Durchsicht der bisher umgesetzten Reformschritte.

Die neun Kardinäle, die dem Beraterkreis angehören, kommen aus allen Erdteilen. Europa vertritt der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx. Seit Sommer 2017 verhindert ist der australische Kurienkardinal George Pell, der sich in seiner Heimat gerichtlich gegen Missbrauchsvorwürfe verteidigt. Als Koordinator des K9-Rates wirkt der honduranische Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga. (vatican news)

 

Heiliges Land: Christliche Oberhäupter schließen die Grabeskirche auf unbestimmte Zeit

JERUSALEM – In einer „beispiellosen Maßnahme“ haben die christlichen Oberhäupter des Heiligen Landes die Grabeskirche auf unbestimmte Zeit geschlossen, um gegen die „skandalöse Vereinnahmung“ zu protestieren, die der Bürgermeister von Jerusalem verwirklichen will. Ein Enteignungsgesetz, das im Parlament diskutieren werden soll, ist Teil dessen, was „ein Versuch zu sein scheint, die christliche Präsenz zu schwächen.“

Die Basilika, in der sich der Legende nach das Grab Jesu befindet, ist seit gestern Mittag geschlossen. Vor den Türen standen der Kustos des Heiligen Landes, Pater Francesco Patton, der orthodoxe Patriarch von Jerusalem, Theophilos III., und der armenische Patriarch von Jerusalem, Nourhan Manougian.

In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten die drei Verantwortlichen, die sich die Verwaltung des heiligen Ortes teilen, „die systematische Kampagne von Missbräuchen gegen Kirchen und Christen“, die „ihren Höhepunkt erreicht hat, da ein diskriminierender und rassistischer Gesetzentwurf befördert wird, der sich nur auf Besitztümer der christlichen Gemeinschaft im Heiligen Land richtet.“

Die internationale Presse berichtete, dass die Erklärung sich auf einen Gesetzesentwurf bezieht, der es der israelischen Regierung erlauben würde, Grundstücke der katholischen und orthodoxen Kirchen zu enteignen.

„Dieses abscheuliche Gesetz liegt bereit, um heute bei einem Treffen des Ministerrates vorangebracht zu werden. Sollte es genehmigt werden, würde es die Enteignung der Ländereien der Kirche ermöglichen. Das erinnert uns an all die Gesetze ähnlicher Art, die gegen die Juden in dunklen Zeiten der Geschichte Europas erlassen wurden“ klagten sie an.

Darüber hinaus gibt es „Ankündigungen skandalöser Eintreibungen und Anordnungen zu Beschlagnahmungen“, die das Gemeindeamt von Jerusalem „aufgrund angeblicher strafrechtlicher Gemeindesteuern“ erlassen hat.

Die religiösen Vertreter betonten, dass diese „systematische und offensive Kampagne bestehende Vereinbarungen und internationale Verbindlichkeiten verletzt, die die Rechte und Privilegien der Kirchen gewährleisten – durch das, was anscheinend ein Versuch ist, die christliche Präsenz in Jerusalem zu schwächen.“

„Die größten Opfer sind die verarmten Familien, die ohne Nahrung und Wohnung bleiben werden, sowie die Kinder, die keine Schule besuchen werden können“ prangerten sie an.

In diesem Sinne erklärten sie, dass „wir als eine Maßnahme des Protestes beschlossen haben, diesen nie zuvor dagewesenen Schritt der Schließung der Grabeskirche zu unternehmen.“

Im Text heißt es, dass sie zusammen mit allen Vertretern der Kirchen im Heiligen Land „vereint, unbeirrbar und entschlossen sind zum Schutz unserer Rechte und unserer Güter.“ „Möge der Heilige Geist unsere Gebete erhören und eine Lösung für diese historische Krise in unserer heiligen Stadt herbeiführen“ endet die Erklärung.

Übersetzt aus dem Spanischen von Susanne Finner. (CNA Deutsch)

Katholiken brauchen Glaube und Vernunft, nicht ein neues Paradigma: Erzbischof Chaput

Ein Gespräch darüber, wie die aktuelle Wahrheitskrise der Katholischen Kirche schon vor 20 Jahren in dem „prophetischen Dokument Fides et Ratio“ konfrontiert wurde.

PHILADELPHIA – Anlässlich der am 14. September vor genau 20 Jahren erschienen Enzyklika Fides et Ratio des heiligen Johannes Paul II. hat Erzbischof Charles Chaput von Philadelphia einen Essay für die März-Ausgabe von „First Things“ veröffentlicht.

Der Aufsatz trägt den Titel „Believe that you may understand“ – ein Verweis auf die Worte des heiligen Augustinus, Crede ut intelligas: Glaube, um zu erkennen.

Chaput erklärt darin, warum er die Enzyklika des Jahres 1998 für ein prophetisches Dokument hält, gerade weil es „die Wahrheitskrise innerhalb der Katholischen Kirche konfrontiert“. Und er warnt vor „trendiger“ Theologie. Eine lebhafte Philosophie und gute Theologie dagegen bereicherten einander, so der Erzbischof: „Das Wissen um die Wahrheit vervielfältigt unsere Freiheit, zu lieben“.

Im Interview mit CNA sprach er weiter über die Relevanz der Enzyklika für die heutige Zeit.

Was kann der Durchschnittskatholik von heute von Fides et Ratio lernen, 20 Jahre nach seiner Veröffentlichung?

Erstens, dass es nicht die Art von Text ist, die man wie die Sonntagszeitung überfliegen kann. Fides et Ratio zu lesen und zu absorbieren, das braucht Zeit. Die meisten Menschen konzentrieren sich zu Recht auf Dinge wie die Familie und den Lebensunterhalt. Viele gute Leute lesen es vielleicht nie. Aber das schmälert nicht seine Bedeutung für den durchschnittlichen Gläubigen.

Die wichtigste Botschaft von Fides et Ratio ist, dass klar zu denken lernen, mit der Kirche, in reifer und gut informierter Art, unverzichtbar ist. Dass dies genauso wichtig ist, wie unsere religiösen Überzeugungen tief zu empfinden. Gefühle allein reichen nicht aus, und das beeinflusst direkt, wie wir die Rolle des Gewissens verstehen.

Christlicher Glaube ist mehr als guter Wille und gute Absichten. Das Gewissen ist mehr als nur unsere persönliche, aufrichtige Meinung. Ein gesundes Gewissen bedarf einer gründlichen Ausbildung in den allgemein gültigen Wahrheiten der katholischen Gemeinschaft. Ohne diese kann das Gewissen sehr schnell zu einer Alibimaschine werden. Die Welt ist voller Komplexitäten. Die Fähigkeit, fundiert katholisch zu denken, auf eine Weise, die in der Lehre der Kirche verankert ist, ist unabdingbar notwendig.

Das Problem ist, dass wir jetzt seit mindestens zwei Generationen schlechte Katechese und sehr unzureichende Gewissensbildung gehabt haben. Wenn also gesagt wird, wir sollten die moralischen Entscheidungen von heute dem „reifen Gewissen“ der Menschen um uns herum überlassen, sollten wir vielleicht – im Idealfall – zustimmen, aber bevor wir das tun, müssen wir doch prüfen, was genau damit gemeint ist. Eine große Anzahl ansonsten erfolgreicher, mündiger Erwachsener, die sich selbst als katholisch betrachtet, hat seit der sechsten Klasse keine Glaubensbildung mehr gehabt. Die Wiederherstellung der Disziplin guter, katholischer, moralischer Argumentation ist dringend erforderlich.

Wenn sich jemand in einem kulturellen oder kirchlichen Umfeld wiederfindet, das von schlechter Philosophie und Theologie dominiert wird: wie sollte er oder sie damit umgehen?

Ignoriere den Unsinn, lies, beobachte und höre gutes katholisches Material an, und lebe deinen Glauben in Übereinstimmung mit dem, was die Kirche immer gelehrt hat. Diese Grundlagen gelten immer noch für Ehe, Sex, Ehrlichkeit und alles andere. Es gibt keine „neuen Paradigmen“ oder Revolutionen im katholischen Denken. Die Verwendung dieser Art von irreführender Sprache bringt nur Verwirrung in ein verwirrendes Zeitalter.

Und was, wenn wir uns in einer Umgebung mit guter Philosophie und Theologie befinden, wovor müssen wir uns schützen?

Vor Stolz und Selbstgefälligkeit, und den Segen von guten Lehrern und Pfarrern für selbstverständlich zu halten. Wir alle sind berufen, Missionare zu sein. Wir predigen Jesus Christus am besten, wenn wir unseren Glauben in der Nächstenliebe und Gerechtigkeit unserer täglichen Handlungen bezeugen.

Warum denken Sie, dass diese Probleme des Glaubens und der Vernunft in unserer Zeit so wiederkehren?

Wissenschaft und Technik können scheinbar – aber nur scheinbar – das Übernatürliche und Sakramentale unglaubwürdig machen. Die Sprache des Glaubens kann beginnen, fremd und irrelevant zu klingen. Deshalb verlieren wir so viele junge Menschen, bevor sie überhaupt an religiösen Glauben denken. Sie werden jeden Tag von einem Strom materialistischer Ablenkungen katechisiert, die Gott nicht widerlegen, Ihm gegenüber aber gleichgültig machen.

Die Kirche kämpft mit vielen Selbstzweifeln. In Zeiten rasanter Veränderungen ist das natürlich. Ich denke, viele Seelsorger und Gelehrte der Kirche haben einfach das Vertrauen in die Rationalität des Glaubens und die Verlässlichkeit von Gottes Wort verloren, ohne bereit zu sein, dies zuzugeben. Stattdessen flüchten sie sich in humanitäre Empfindsamkeiten und soziales Engagement. Aber du brauchst Gott für keines dieser Dinge, zumindest auf kurze Sicht. Auf lange Sicht ist Gott der einzige Garant für Menschenrechte und Würde. Also müssen wir unser Christentum – zutiefst, treu und streng – denken und auch fühlen. (CNA Deutsch)

Kardinal Müller: Paradigmenwechsel in der Interpretation des Glaubensgutes ist unmöglich!

New York. Der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation Ludwig Kardinal Müller (70) weißt einen Paradigmenwechsel in der Interpretation der kirchlichen Lehre zurück.

„Dieser bedeutet eine Abkehr von den Quellen der Lehre der katholischen Kirche“,

Quelle: First Things (Screenshot 24. Feb.)

betonte Müller in einem Artikel des amerikanischen Magazins „First Things“. Befürworter von „Amoris Laetitia“ versuchen ihre Behauptungen zu untermauern, indem sie sich gewöhnlich auf die Schriften von John Henry Kardinal Newman und insbesondere an seinen berühmten Essay über die Entwicklung der christlichen Lehre (1845) beziehen. Müller bezieht hier eine klare Position und weißt auf den Zusammenhang von schwerwiegender Sünde und Ehebruch hin. Er sagt:

„Wenn man die apostolische Ermahnung „Amoris Laetitia“ von Papst Franziskus kommentiert, so stellen manche Interpreten entgegen der ständigen Lehre der katholischen Kirche Positionen auf, die bestreiten, dass Ehebruch immer eine schwerwiegende objektive Sünde oder die gesamte sakramentale Ökonomie der Kirche ausschließlich von den subjektiven Dispositionen der Menschen abhängig macht“.

Kardinal Müller geht auf die Schriften von Henry Kardinal Newman ein und rückt fragwürdige Argumentationen der Befürworter von „Amoris Laetitia“ ins richtige Licht. Ferner weißt er daraufhin:

„Ein gefährlicher Stillstand kann beispielsweise in der Kirche eintreten, wenn begabte Theologen und wissenschaftliche Einrichtungen nicht genügend gefördert werden oder wenn Bischöfe berufen werden, die für ihre hervorragende Lehr- und Predigtpflicht schlecht ausgerüstet sind (vgl. Lumen Gentium, 25). . Bischöfe gehören nicht zur Peripherie, sondern zum Zentrum der Orthodoxie. Die Kriterien, die Newman entfaltet, sind dann nützlich, um zu zeigen, wie wir die apostolische Ermahnung von Papst Franziskus „Amoris Laetitia“ lesen sollten.

Die ersten beiden Kriterien sind „Erhaltung des Typus“ und „Kontinuität der Prinzipien“. Sie sollen gerade die Stabilität der grundlegenden Struktur des Glaubens gewährleisten. Diese Prinzipien und Typen verhindern, dass wir von einem „Paradigmenwechsel“ bezüglich der Form des Seins der Kirche und ihrer Präsenz in der Welt sprechen. Nun ist das Kapitel VIII von „Amoris Laetitia“ Gegenstand widersprüchlicher Interpretationen. Wenn in diesem Zusammenhang von einem Paradigmenwechsel gesprochen wird, scheint dies ein Rückfall in eine modernistische und subjektivistische Art der Interpretation des katholischen Glaubens zu sein. …

Wer von einer kopernikanischen Wende in der Moraltheologie redet, die eine direkte Verletzung der Gottesgebote zu einer lobenswerten Gewissensentscheidung macht, spricht ganz offenkundig gegen den katholischen Glauben. Situationsethik bleibt eine falsche ethische Theorie, auch wenn einige behaupten sollten, sie in „Amoris Laetitia“ zu finden“.

Müller ist der Auffassung, dass ein Paradigmenwechsel, bei dem die Kirche Kriterien der modernen Gesellschaft annimmt, um von ihr assimiliert zu werden, keine Entwicklung sondern Korruption darstellt.

Kardinal Müllers Botschaft

Kardinal Müller nennt zwar keine Namen, aber die Empfänger seiner Botschaft, besonders in Deutschland, dürften recht klar sein. Wenn er im Folgenden von dem „pastoralen Wandel“ spricht, erinnert das stark an Kapitel VIII. in „Amoris Laetitia“ und die umstrittene Auslegung durch Kardinal Kasper und ganz besonders den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Marx:

„Wenn der „pastorale Wandel“ zu einem Begriff wird, in dem manche ihre Agenda zum Ausdruck bringen, die Lehre der Kirche so weit zu verwerfen, als ob die Lehre ein Hindernis für die Seelsorge wäre, dann ist es eine Gewissenspflicht, sich in Opposition zu äußern“.

Kardinal Müller ruft hier unmissverständlich die Verantwortlichen in Deutschland, das Episkopat und die Gläubigen zum Widerstand gegen diesen „pastoralen Wandel“ in der katholischen Kirche auf. Dieser Paradigmenwechsel ist also keine Entwicklung eines neuen „pastoralen Weges“ sondern schlicht und einfach Korruption der Glaubensgrundsätze der katholischen Kirche. (vh)

Anstoß-Kick für neuen Clericus Cup

16 Mannschaften machen beim diesjährigen Clericus Cup in Rom mit. An dem Fußballturnier beteiligen sich Seminaristen, junge Priester und Studenten von Päpstlichen Universitäten. Das erste Spiel findet an diesem Samstag statt.

Mario Galgano und Benedetta Capelli – Vatikanstadt.

Es wird eine Art Fußballweltmeisterschaft sein: Aus 70 Nationen stammen die Spieler der diesjährigen Austragung, die nicht weit vom Vatikan auf dem Fußballfeld „Petriana“ durchgeführt wird. Es ist die 12. Ausgabe des Turniers. Neu ist diesmal der Medienpartner: Die Spiele werden von Radio Vaticana Italia journalistisch begleitet und kommentiert. Das Radioprogramm von Vatican Media wird live am Spielfeld dabei sein, wie es bei einer Pressekonferenz an diesem Freitag im Vatikan hieß.

16 Mannschaften kämpfen um den Pokal. Diese sind in vier Gruppen aufgeteilt, ähnlich wie bei der Champions League. Wie die Sportorganisatoren mitteilen, machen über 370 Menschen bei der Veranstaltung mit.

In den bisherigen Wettkämpfen wurden über 1.500 Tore geschossen, teilen die Organisatoren mit. Vor allem die afrikanischen und die brasilianische Mannschaften gehören zu den Top-Mannschaften. Ein großer Unterschied zu anderen Fußballwettkämpfen ist die „dritte Karte“, denn neben der roten und der gelben Verweiskarten gibt es beim Clericus Cup eine weitere Karte für „kleinere Fußballsünden“, bei der die Spieler für eine kurze Zeit aussetzen müssen. Neu sind die Schiedsrichter: Es sind ebenfalls Priester. Früher waren es vor allem Laien, die für Ordnung sorgten. (vatican news)

Neue Unter-Sekretärin für Ordens-Kongregation

Die Kongregation für die Institute geweihten Lebens und Apostolische Gesellschaften hat eine neue Unter-Sekretärin: Schwester Carmen Ros Nortes wurde an diesem Freitag durch Papst Franziskus ernannt.

Seit 1992 war Schwester Carmen, die im Jahr 1986 in die Kongregation der „Schwestern der Lieben Frau der Versöhnung“ eingetreten ist, auf verschiedenen Positionen in dem Dikasterium tätig. Schwester Carmen hat einen Universitäts-Abschluss in Theologie, Pädagogik und Humanwissenschaften, in der Folge hat sie sich in Marianologie spezialisiert.

(vatican news)

Handreichung über Empfang der Kommunion für evangelische Ehepartner angekündigt

Kardinal Marx: „Orientierungshilfe“ für Seelsorger, die unter bestimmten Umständen in Einzelfällen evangelischen Ehepartnern den Empfang der Heiligen Kommunion ermöglicht.

INGOLSTADT – Evangelische Christen, die mit Katholiken verheiratet sind, können unter sehr bestimmten Umständen, wenn sie den katholischen Eucharistie-Glauben bejahen, in gewissen Einzelfällen gemeinsam mit ihrem Ehepartner zur Kommunion gehen: Kardinal Reinhard Marx hat zum Abschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) mitgeteilt, die deutschen Bischöfe hätten nach einer intensiven Debatte beschlossen, eine orientierende Handreichung für Ehepaare als Hilfestellung zu veröffentlichen, anhand derer ein Weg hin zu einer „verantwortbaren Entscheidung über die Möglichkeit des Kommunionempfangs des nichtkatholischen Partners“ angesichts des hohen Anteils konfessionsverschiedener Ehen erörtert werden soll.

Die Handreichung sei zuallererst an Seelsorger gerichtet: „Ihnen geben wir eine Orientierung für die seelsorgliche Begleitung von konfessionsverschiedenen Ehepaaren, die für sich klären wollen, ob eine gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie in der katholischen Kirche möglich ist“, so Kardinal Marx im offiziellen Pressebericht zur Vollversammlung, die vom 19. bis 22. Februar in Ingolstadt abgehaltenen wurde, und an der 62 Mitglieder unter der Leitung des DBK-Vorsitzenden teilnahmen.

„Die Orientierungshilfe geht davon aus, dass in konfessionsverschiedenen Ehen im Einzelfall der geistliche Hunger nach dem gemeinsamen Empfang der Kommunion so drängend sein kann, dass es eine Gefährdung der Ehe und des Glaubens der Ehepartner nach sich ziehen könnte, ihn nicht stillen zu dürfen. (…) Hier kann ein „schwerwiegendes geistliches Bedürfnis“ entstehen, das es nach dem Kirchenrecht (auf der Grundlage von c. 844 § 4 CIC) möglich macht, dass der evangelische Ehepartner zum Tisch des Herrn hinzutritt, wenn er den katholischen Eucharistieglauben bejaht“.

Deshalb sei die zentrale Aussage des Dokumentes, „dass alle, die in einer konfessionsverbindenden Ehe nach einer reiflichen Prüfung in einem geistlichen Gespräch mit dem Pfarrer oder einer mit der Seelsorge beauftragten Person zu dem Gewissensurteil gelangt seien, den Glauben der katholischen Kirche zu bejahen sowie eine „schwere geistliche Notlage“ beenden und die Sehnsucht nach der Eucharistie stillen zu wollen, zum Tisch des Herrn hinzutreten dürfen, um die Kommunion zu empfangen“.

Kardinal Marx betont im Pressebericht: „Wichtig ist: Wir sprechen über Einzelfallentscheidungen, die eine sorgfältige geistliche Unterscheidung implizieren“.

Ziel sei, größere Klarheit und Sicherheit zu schaffen. Hier sehe sich die DBK angesichts der hohen Zahl konfessionsverschiedener Ehen in Deutschland in einer besonderen Verantwortung.

Hintergrund: Empfang der Kommunion

Aus katholischer Sicht ist die heilige Eucharistie ein Sakrament. Dessen Empfang hängt „eng mit der Kirchengliedschaft zusammen“, wie das Bistum Augsburg auf seiner Website zur Frage der Interkommunion erklärt. Es gelte die Grundregel:

„Katholische Spender spenden die Sakramente erlaubt nur katholischen Gläubigen; ebenso empfangen diese die Sakramente erlaubt nur von katholischen Spendern“ (can. 844 § 1 CIC).

Allerdings beschreibt das Kirchenrecht auch eine Ausnahme, auf die nun auch die kommende Orientierungshilfe verweisen wird:

„Wenn Todesgefahr besteht oder wenn nach dem Urteil des Diözesanbischofs bzw. der Bischofskonferenz eine andere schwere Notlage dazu drängt, spenden katholische Spender diese Sakramente erlaubt auch den übrigen nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehenden Christen, die einen Spender der eigenen Gemeinschaft nicht aufsuchen können und von sich aus darum bitten, sofern sie bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekunden und in rechter Weise disponiert sind“ (c. 844, § 4 CIC).

Richtig „disponiert“ sei ein nichtkatholischer Christ aber nur, so das Bistum Augsburg auf seiner Webseite weiter, „wenn er die katholischen Glaubenslehren über diese Sakramente annimmt, also z.B. dass ausschließlich ein gültig geweihter Priester Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandeln kann. Darauf hat der Papst eigens in seiner Enzyklika Ecclesia de Eucharistia aufmerksam gemacht: ‚Die Ablehnung einer oder mehrerer Glaubenswahrheiten über diese Sakramente, etwa die Leugnung der Wahrheit bezüglich der Notwendigkeit des Weihepriestertums zur gültigen Spendung dieser Sakramente, hat zur Folge, dass der Bittsteller nicht für ihren rechtmäßigen Empfang disponiert ist.‘ (Nr. 46).“

Die Entscheidung für die nun angekündigte Orientierungshilfe, war nicht kurzfristig: Bereits am 31. Dezember 2016 Jahr meldete die Webseite „evangelisch.de„, dass sich der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode die Kommunion für katholisch-evangelische Ehen wünsche. Es wäre ihm ein persönliches Anliegen, „wenn wir auf unserer Seite für die konfessionsverschiedenen Ehen eine Lösung finden könnten“, zitierte „evangelisch.de“ den Bischof in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Tatsächlich gingen bereits viele Protestanten mit ihren katholischen Ehepartnern gemeinsam zur Kommunion. „Wir müssen dem eine Grundlage geben, was wir in der Praxis oft schon haben.“

Bei ihrer Vollversammlung im Frühjahr 2017 diskutierten die Bischöfe eine Vorlage zum Thema, so Angaben des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick damals gegenüber dem „Tag des Herrn„.

Stichwort: DBK-Vollversammlung

Zur Vollversammlung treffen sich die katholischen Orts- und Weihbischöfe in Deutschland sowie der Apostolische Exarch der Ukrainer regelmäßig im Frühjahr und im Herbst. Dabei werden organisatorische und inhaltliche Fragen besprochen und Beschlüsse gefasst. Die Zahl der Mitglieder beträgt nach DBK-Angaben derzeit 65. Der Sekretär der DBK ist seit 1996 Pater Hans Langendörfer SJ. (CNA Deutsch)

Licht auf Ludwig von Pastor, Historiker und Diplomat

Mit Ludwig von Pastor, dem deutsch-österreichischen Historiker und Gesandten beim Heiligen Stuhl, beschäftigt sich dieser Tage ein Kongress in Rom. Pastor, geboren 1854 in Aachen, trat zur katholischen Kirche über und verfasste eine detaillierte Geschichte der Päpste in 16 Bänden.

Gudrun Sailer – Vatikanstadt.

1901 kam Pastor als Direktor des Österreichischen Instituts nach Rom. Es war die Zeit der Habsburgermonarchie, Kaiser Franz Joseph beförderte den deutschen Gelehrten wenige Jahre später in den Adelsstand. Doch seine wissenschaftlichen Kontakte mit Rom, genauer: mit dem Vatikan reichen viel weiter zurück. „Ludwig von Pastor konnte erstmal am 27. Januar 1879 mit einer Sondererlaubnis Akten des Vatikanischen Geheimarchivs einsehen und wurde so gewissermaßen zum Goldgräber“, erklärt im Gespräch mit Vatican News der in Paris lehrende Historiker Andreas Sohn, der die römische Pastor-Tagung organisierte.

“ Die Päpste waren daran interessiert, dass die Goldschätze im Vatikanischen Archiv gehoben würden ”

Erst zwei Jahre später sollte Papst Leo XIII. die Bestände seines Geheimarchivs allgemein für die Forschung öffnen; Pastor war der erste externe Historiker, der schon davor umfassende Einsicht erhielt. Er stand in hohem Ansehen bei den Päpsten, Leo XIII. empfing ihn regelmäßig, ebenso seine Nachfolger Pius X., Benedikt XV. und Pius XI. „Sie alle schätzten Pastor, gerade seine Expertise in kirchen- und papsthistorischen Fragestellungen, und sie wussten, sie konnten immer auf ihn zählen“, sagt Sohn. „Die Päpste waren daran interessiert, dass das, was an Goldschätzen im Vatikanischen Archiv lagerte, auch gehoben würde, und sie hofften natürlich auch auf eine entsprechende Darstellung, die sie dann natürlich auch für das tagespolitische Geschäft, wenn ich das mal so salopp sagen darf, nutzen konnten.“

Immer noch zitiert wird Pastors monumentales Hauptwerk, die 16-bändige „Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters“. „Wer sich heute mit einem Thema der Papstgeschichte in der Zeit vom 14. bis zum 18. Jahrhundert beschäftigt, kommt, so denke ich, an dem Titel nicht vorbei“, sagt Sohn. Das Werk erreichte bis zu 13 Auflagen, und das bei einem Umfang von gut 15.000 Seiten. Vereinfachend gesagt, lässt sich Pastors Papstgeschichte als katholische Gegendarstellung zu der zuvor erschienenen „protestantischen“ Papstgeschichte Leopold von Rankes lesen, die es allerdings nur auf knapp tausend Seiten bringt und, wie Sohn betont, sich nicht auf vatikanische Bestände stützen konnte. Die schiere Informationsfülle von Pastors Papstgeschichte sei noch lange nicht ausgeschöpft.

“ Pastor war davon beseelt, etwas Eigenes, originär Katholisches zu schaffen ”

Die biografische Komponente, also der Übertritt zum Katholizismus, fand jedenfalls deutlichen Niederschlag in der „Geschichte der Päpste“, sagt Sohn. „Was Pastor bewegt hat, das war sicherlich diese doch teilweise deprimierende Erfahrung des Kulturkampfes; das enge Gegeneinander der Konfessionen und auch die Tatsache, dass ihm sozusagen eine Hochschulkarriere in Preußen, in Deutschland, verwehrt geblieben ist. Und er war natürlich auch davon beseelt, etwas Eigenes, originär Katholisches zu schaffen. Das alles ist vielleicht komplexer, als es bislang in der Literatur gesehen worden ist.“ Heute, 90 Jahre nach Pastors Tod, seien im Geist der Ökumene konfessionelle Engführungen zu vermeiden und neue gemeinsame Sichtweisen auf die Papstgeschichte zu entwickeln.

Als „schillernde und vielschichtige Persönlichkeit“ stellt der österreichische Historiker Andreas Gottsmann Ludwig von Pastor vor; er ist als heutiger Direktor des Österreichischen Historischen Instituts in Rom Pastors später Nachfolger. Gottsmann würdigt den Gelehrten vor allen Dingen als begnadeten Netzwerker.

„Pastor hat die katholische Sichtweise eingebracht, was sich dann auch in der Arbeit als Direktor des Instituts bemerkbar machte. Was bei ihm wirklich herausragend ist, war sein Netzwerk, das er sowohl im Vatikan knüpfte als auch in Österreich. Er war mit den katholischen politischen Kreisen in Österreich sehr gut vernetzt, ebenso im Vatikan.“

“ Als Diplomat hat Pastor versucht, eine objektive Stellung einzunehmen ”

Ab 1920 wirkte Pastor als österreichischer Geschäftsträger und Gesandter beim Heiligen Stuhl. Das Katholische, sagt Gottsmann, kam bei Pastor eher in der Geschichtswissenschaft durch, „als Diplomat hat er versucht, eine eher objektive Stellung einzunehmen.“ So versuchte Pastor die diplomatischen Berichte zwischen Rom und Wien zu entschärfen, die vor allem über die Nuntiatur in Wien liefen und, wie Gottsmann anmerkt, „etwas gefärbt waren: Der damalige Nuntius in Wien, Enrico Sibilia, war sehr von seinem Antibolschewismus durchdrungen und hat dann vieles nicht ganz mehr im richtigen Licht dargestellt; und hier Pastor immer wieder versucht, die Dinge auch etwas zurechtzurücken“.

Die Tagung findet bis Freitag am Römischen Institut der Görres-Gesellschaft und der École française de Rome statt. Unter den Teilnehmenden sind Forscher und Forscherinnen aus Paris, Graz, Potsdam, Rom, dem Vatikan und München. (vatican news)