March for Life: Kardinal Dolan ruft zum Gebet gegen „die Mächte des Bösen“ auf

WASHINGTON – Im Kampf gegen die Abtreibung ist es entscheidend, die Realität des Bösen und die Bedeutung des Gebets zu erkennen, sagte Kardinal Timothy Dolan von New York am Vorabend des jährlichen Marsches für das Leben, dem March for Life.

Die Macht des Bösen in der Welt, sagte er, „ist stärker als jede andere in der Schöpfung außer einer, unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus, der sich selbst den Weg, die Wahrheit und das Leben nannte.“

„Deshalb kommen wir zu diesem Ort des Gebets, um unser Projekt zu beginnen: Ein Zuhause, vor dem die Mächte der Dunkelheit Angst haben, ein Haus, in dem Maria unsere Mutter ist, wo Jesus wohnt und wo wir mit der Familie leben“.

Kardinal Dolan betonte, man müsse dabei realistisch bleiben und reinräumen, dass es in einer Kultur, die Papst Franziskus ‚Wegwerf-Kultur‘ nenne und die Johannes Paul als ‚Kultur des Todes‘ bezeichnet habe, wirklich Mächte der Finsternis an der Arbeit sind.

Kardinal Dolan hielt die Predigt in der Vigil-Messe am 18. Januar, die in der Basilika des Nationalheiligtums der Unbefleckten Empfängnis in Washington, D.C., gefeiert wurde.

Die Vigil für das Leben wird jedes Jahr in der Nacht vor dem Marsch für das Leben gehalten, eine jährliche Veranstaltung, die zum Jahrestag der „Roe v. Wade“-Entscheidung des Supreme Court, die bundesweit in den USA legale Abtreibung erlaubt.

Der Marsch zieht routinemäßig Hunderttausende aus dem ganzen Land an, um die Würde jedes menschlichen Lebens zu bezeugen.

In seiner Predigt sagte Kardinal Dolan, dass Beobachter des Marsches – mittlerweile in seinem 45. Jahr – ihn mit den „friedlichen, aber so wirksamen Protesten für Bürgerrechte, die vom prophetischen Pastor [Martin Luther King] organisiert wurden“, verglichen haben.

„Wie bei Martin Luther King geht es bei unseren Gebeten und Zeugnissen um Bürgerrechte, das bürgerliche Recht auf Leben und gleichberechtigten Schutz durch die Verfassung, für die Zerbrechlichsten, Marginalisierten und Bedrohten – das winzige, unschuldige Baby im Mutterleib.“

„Wie Pastor King, treibt uns unser Glaube an die Würde der menschlichen Person und an die Heiligkeit des gesamten menschlichen Lebens dazu, sich für das menschliche Leben zu interessieren, wo auch immer, und wie auch immer es bedroht ist, vom Rassengegensatz zur Gerechtigkeit für Einwanderer, von dem zerrissenen Krieg Die Hungrigen.“

Der Kardinal verwies auf den Marsch für das Leben als ein Mittel, sich für das ungeborene Leben einzusetzen und zu zeigen, dass „Millionen, meist junge Menschen, eine Leidenschaft für den Glauben haben, dass das kleine Baby Menschenrechte hat.“ Es ist wichtig für die Gesetzgeber des Landes zu sehen die Stärke der Pro-Life-Bewegung, sagte er.

Er ermutigte die Anwesenden, „Apostel des Lebens zu sein, Apostel, die nicht mit Geld bewaffnet sind, nicht mit Hass oder zerstörerischen Worten, sondern bewaffnet, wie unser heiliger Vater es mit Liebe und Freude ermahnt.“ (CNA Deutsch)

Der Papst ist in Peru eingetroffen

Franziskus ist in Peru: Am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) landete das Flugzeug mit dem Papst an Bord auf dem Flughafen von Lima.

Stefan von Kempis – Santiago de Chile.

Franziskus kam aus Chile, der ersten Etappe auf seiner sechsten Lateinamerika-Reise. Im nordchilenischen Iquique hatte der Papst am Morgen eine Messe gefeiert und dabei zu mehr Aufmerksamkeit für Arme und Entrechtete aufgerufen. Außerdem traf er auch ein Opfer der Pinochet-Diktatur (1973-89).

Auf dem Flugfeld in Lima wurde der Papst von Staatspräsident Pedro Pablo Kuczynski begrüßt; Kinder überreichten Blumen. Der Präsident steht im Moment im Mittelpunkt einer heftigen innenpolitischen Kontroverse; dementsprechend bemerkte er vor dem Eintreffen des Papstes, er hoffe, dass Franziskus „uns auf den Weg des Friedens und des Dialogs zurückführt“. Reden wurden beim Eintreffen des Papstes nicht gehalten; die offizielle Begrüßung findet erst am Freitagabend statt. Stattdessen wurden die peruanische und die vatikanische Hymne intoniert, dazu auch Händels „Halleluja“.

Am Freitag will Franziskus zunächst nach Puerto Maldonado ins Amazonasgebiet reisen. Die Etappe ist von Bedeutung, weil der Papst für den Herbst 2019 eine Bischofssynode zum Thema Amazonien einberufen hat. Am Samstag besucht Franziskus Trujillo, eine Stadt, die im letzten April von schweren Überschwemmungen heimgesucht worden ist. Nach einer großen Messe in Lima reist er dann am Sonntag wieder zurück nach Rom. (vatican news)

Amazonasbischof Kräutler: Amazonassynode und zölibatäres Priestertum

Erwin Kräutler, von 1981 bis 2015 Bischof und Prälat von Xingu (Brasilien) und Angehöriger der Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut (C.C.P.S.) hat sich in einem Telefoninterview mit Christine Seuss von vatican.news erneut zur geplanten Amazonassynode 2019 geäußert.

Kräutler war Co-Autor der zweiter Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus aus dem Jahr 2015 die sich im ersten Kapitel mit dem Umweltschutz beschäftigte. Seither ist er zusammen mit Kardinal Hummes, ein Verfechter das Zölibat für das Amazonasgebiet außer Kraft zu setzen. Bei diesem Vorgehen stehen beide nicht alleine, bereits Anfang 2017 hatte der Papst eine mögliche Öffnung bei der Vorschrift der Ehelosigkeit für Priester angedeutet:

“Wir müssen darüber nachdenken, ob “viri probati” (bewährte verheiratete Männer) eine Möglichkeit sind. Dann müssen wir auch bestimmen, welche Aufgaben sie übernehmen können, zum Beispiel in weit entlegenen Gemeinden.”

Neben dem Interpretationschaos von „Amoris laetitia“ bei dem sogar ein Schisma nicht ausgeschlossen scheint, beabsichtigt Franziskus offenbar beim Zölibat einen Jahrhunderte alten Grundsatz der katholischen Kirche in seinem Sinne zu eliminieren. Bischof (Emeritus) Kräutler handelt genau in diesem Sinne. Im Interview mit Christine Seuss mit dem Titel „Amazonasbischof Kräutler: Indios verdanken ihr Überleben auch der Kirche“ äußerte er:

„Wir müssen endlich Abschied nehmen von einer „Evangelisierung der Kulturen“ und stattdessen eine Evangelisierung intensivieren, die von den Kulturen der Indigenen Völkern ausgeht und sie berücksichtigt, so wie wir uns das schon in der Kommission 26 der 4. lateinamerikanischen Bischofskonferenz (CELAM) in Santo Domingo 1992 gewünscht haben. Ich war damals Delegierter der Brasilianischen Bischofskonferenz und als Präsident des CIMI zusammen mit Dom José Maria Pires (für die Afroamerikaner) Mitglied dieser Kommission. Leider wurde damals unser Vorschlag brutal abgewürgt. Ich denke, die Synode wird nun diese Angelegenheit wieder aufs Tapet bringen. Ein weiteres Thema werden wohl sicher die Zulassungsbedingungen zum Weihepriestertum sein. Insbesondere bei den Indigenen Völkern ist größtenteils ein zölibatäres Priestertum sehr problematisch und praktisch unverständlich“.

Bisher gibt es drei Ausnahmemöglichkeiten als verheirateter Kleriker eingesetzt werden zu können.

  • Übergetretene Pfarrer aus einer evangelischen oder anglikanischen Kirche.
  • Priester einer katholischen Ostkirche.
  • Verheiratete Diakone, welche aber keine Priester werden können.

Kardinal Marx

 

Was Franziskus und Kräutler hier versuchen voranzutreiben, wird sicherlich nicht auf das Amazonasgebiet beschränkt bleiben. Schon kurz nach der päpstlichen Verlautbarung zu „viri probati meldete sich der deutsche Kardinal Marx mit den Worten:

„Das Thema “viri probati” muss einmal gründlich durchdacht und in der ganzen Bandbreite der Problematik besprochen werden„.

Weltweit haben Theologen begründete Argumente, dass eine Veränderung des zölibatären Priestertums die Probleme im Amazonasgebiet und der Weltkirche nicht lösen werden. Man kann davon ausgehen, dass das Pontifikat von Papst Franziskus hier sein nächstes Desaster erleben wird. (vh)

Amazonasbischof Kräutler: Indios verdanken ihr Überleben auch der Kirche

Ein schreckliches Jahr liegt hinter den Indigenen des Amazonasgebietes – Kardinal Claudio Hummes und Amazonasbischof Erwin Kräutler, ihres Zeichens Präsident des kirchlichen Amazonas-Netzwerkes REPAM und Präsident von REPAM-Brasilien, schlugen zu Neujahr mit einem Brandbrief Alarm. Christine Seuss hat im Vorfeld der Begegnung des Papstes mit Indios in Peru Bischof Kräutler telefonisch erreicht.

VN:

Sie haben in ihrer Funktion als Repam-Brasilien-Präsident gemeinsam mit Kardinal Hummes, Präsident von Repam, einen Brief geschrieben, in dem sie von 2017 als einem ,annus horribilis´ für die Indigenen sprechen. Was macht das zurück liegende Jahr so besonders schlimm für die Ureinwohner des Amazonas-Gebietes?

Bischof Kräutler:

In der Brasilianischen Verfassung von 1988 sind die Rechte der Indigenen Völker auf Ihr angestammtes Land, ihre kulturellen Ausdrucksformen und ihr soziales Gefüge festgeschrieben. Wir haben bei der Verfassungsgebenden Versammlung 1987/88 aktiv mitgewirkt und damals die Abgeordneten überzeugen können, dass die Rechte der Indigenen Völker in die Verfassung gehören. Die Promulgation der Verfassung am 5. Oktober 1988 bedeutete deshalb eine kopernikanische Wende für die Indios und für Brasilien. Damit sollte die brasilianische Apartheid Geschichte sein. Leider ist aber bis heute der qualitative Sprung vom Papier in die Realität der Indigenen Völker nicht gelungen und verantwortlich dafür ist der mangelnde politische Willen der folgenden Regierungen, die Verfassungsbestimmungen zu respektieren.

Inzwischen hat die „Bancada Ruralista“, also die Vertretung des Agrobusiness, das Sagen im Nationalkongress und für diese Abgeordneten sind die Indios ein Hemmschuh für den Fortschritt. So wird alles und jedes unternommen, um die längst fälligen Demarkierungen indigener Gebiete zu unterbinden. Mehr noch, es wird an einer Verfassungsänderung gebastelt, die die entsprechenden Artikel der Carta Magna (231 und 232) abändern soll. Also ein Zurück zu den Verfassungen von 1934, 1946 und 1967 (Militärdiktatur), in denen es hieß: „Die Waldbewohner sollen in die Nationale Gesellschaft eingegliedert werden“. Im Klartext: „Die Indios haben ihre indigene Identität aufzugeben“.

Eine brasilienweite anti-indigene Kampagne hat sich in letzter Zeit immer mehr zugespitzt. Mord und Todschlag und unmissverständliche Verfolgung der Indigenen in allen Breitengraden Brasiliens sind die Folge.

VN:

Was sind die Faktoren, die die bereits prekäre Situation nochmals verschlimmert haben?

Bischof Kräutler:

An allererster Stelle steht die Nichtbeachtung der in der Verfassung grundgelegten indigenen Rechte auf ihr angestammtes Gebiet. Alle indigenen Gebiete hätten innerhalb von fünf Jahren nach der Promulgation der Verfassung (also bis 1993) identifiziert, abgegrenzt und als Indigenes Gebiet ins Grundbuch eingetragen gehört. Nur bei etwa der Hälfte der Indiogebiete ist dieser Prozess bis zum Ende durchgeführt worden. Bei anderen Gebieten wird das wohl kaum mehr geschehen und damit stehen Tür und Tor für alle möglichen Invasionen in indigene Gebiete offen. Dazu kommen bundesstaatliche Entscheide, die Großgrundbesitzern Indioland zugestanden haben. Die Indios wollen ihr Land zurück und damit sind Konflikte an der Tagesordnung, bei denen die Indios immer die Verlierer sind. Im südlichen Bundesstaat Mato Grosso do Sul sind die Indios in winzige Reservate eingepfercht. Es ist ihnen so unmöglich, kulturell und teils sogar physisch zu überleben. Die Selbstmordrate ist alarmierend hoch, insbesondere bei Jugendlichen, die plötzlich absolut keine Perspektive mehr für ihre Zukunft erblicken und den Suizid wählen, weil sie glauben, im Jenseits als Guarani-Kaiowá in Frieden und glücklich leben zu können.

VN:

Wie kann die katholische Kirche den Indios helfen?

Bischof Kräutler:

Die Katholische Kirche hat sich immer wieder für die Rechte der Indios eingesetzt. Im Jahre 1972 wurde der Rat für Indigene Völker CIMI gegründet. Er ist der Bischofskonferenz CNBB angegliedert und widmet sich seither mit viel Engagement diesen Völkern. Die Missionarinnen und Missionare des CIMI sind vor Ort, kennen die indigenen Gemeinschaften und leben zum großen Teil in ihren Dörfern. Die andere Aufgabe dieses Rates ist die Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung der Gesellschaft für die Indios. Ich wage zu behaupten, dass die indigenen Völker Brasiliens ihr kulturelles und auch physisches Überleben zu einem Gutteil dem mutigen Einsatz der Katholischen Kirche verdanken. Unsere Kirche hat nicht geschwiegen, sondern sich dezidiert auf die Seite der Indios gestellt und sich nie gescheut, Verbrechen an den Indigenen Völkern zu denunzieren. Viele Missionarinnen und Missionare haben ihren Einsatz sogar mit dem Leben bezahlt. Es sind die Märtyrer der Causa Indígena.

VN:

Auch Papst Franziskus persönlich liegt das Schicksal der Ureinwohner besonders am Herzen, bei seiner Reise nach Peru wird er auch mit Völkern aus dem Amazonas-Gebiet zusammen treffen. Was erhoffen Sie sich von dieser Begegnung?

Bischof Kräutler:

Seit Anfang seines Pontifikats hat Papst Franziskus mit einer ganz besonderen Liebe und Aufmerksamkeit die Indigenen Völker Lateinamerikas in sein Herz geschlossen. Ich habe das selbst bei der Privataudienz erfahren, die er mir im April 2014 gewährte. In der Enzyklika Laudato Sì erwähnt er diese Völker und ihre Rechte wörtlich: „Denn für sie ist das Land nicht ein Wirtschaftsgut, sondern eine Gabe Gottes und der Vorfahren, die in ihm ruhen; ein heiliger Raum, mit dem sie in Wechselbeziehung stehen müssen, um ihre Identität und ihre Werte zu erhalten. Wenn sie in ihren Territorien bleiben, sind es gerade sie, die am besten für sie sorgen“ (LS 146). Ich bin der Überzeugung, dass die Begegnung mit den Indios in Porto Maldonado genau diese Dimension unterstreichen wird und ihnen noch einmal beweist, dass der Papst aus Lateinamerika die Ureinwohner dieses Kontinents besonders schätzt und für ihre Rechte (auch gegen Bergwerksgesellschaften) eintritt.

VN:

Im Oktober 2019 werden die Bischöfe in Rom auf Einladung von Papst Franziskus in einer außerordentlichen Synode über das Amazonas-Gebiet beraten. Was sind Ihrer Ansicht nach die Punkte, die in einer solchen Synode bevorzugt behandelt werden sollten?

Bischof Kräutler:

Papst Franziskus hat nach der Heiligsprechung der Protomärtyrer Brasiliens am 15. Oktober 2017 die Synode für Panamazonien mit einer ganz klaren Zielsetzung einberufen: Neue Wege und Formen der Evangelisierung sollen gesucht werden, besonders in Hinsicht auf die Indigenen Völker. Außerdem ist die Rettung Amazoniens für die ganze Menschheit von Bedeutung und somit auch eine besondere Aufgabe für die Kirche nicht nur vor Ort, sondern für die gesamte katholische Kirche. Darum eine Synode mit weltweitem Charakter.

Unsere bisherige pastorale Praxis in Amazonien mit allen Höhen und Tiefen, Sorgen und Nöten, Leiden und Freuden wird sicher die Hintergrundszenerie der Synode bilden, von der aus sich der Blick in die Zukunft für die Völker Amazoniens und ihre Mitwelt richten wird.

Wir müssen endlich Abschied nehmen von einer „Evangelisierung der Kulturen“ und stattdessen eine Evangelisierung intensivieren, die von den Kulturen der Indigenen Völkern ausgeht und sie berücksichtigt, so wie wir uns das schon in der Kommission 26 der 4. lateinamerikanischen Bischofskonferenz (CELAM) in Santo Domingo 1992 gewünscht haben. Ich war damals Delegierter der Brasilianischen Bischofskonferenz und als Präsident des CIMI zusammen mit Dom José Maria Pires (für die Afroamerikaner) Mitglied dieser Kommission. Leider wurde damals unser Vorschlag brutal abgewürgt. Ich denke, die Synode wird nun diese Angelegenheit wieder aufs Tapet bringen. Ein weiteres Thema werden wohl sicher die Zulassungsbedingungen zum Weihepriestertum sein. Insbesondere bei den Indigenen Völkern ist größtenteils ein zölibatäres Priestertum sehr problematisch und praktisch unverständlich.

Und im Zusammenhang mit der Bewahrung der Schöpfung in Amazonien wird es sich sicher um die Weiterführung und Applikation der Aussagen des Papstes in Laudato Sì (insbesondre N. (37/38 und 145/146) gehen. (vatican news)

Die prophetische Mission der Universität ist erneuerter Humanismus und Dialog: Franziskus

SANTIAGO DE CHILE – Vordergründig über zwei vermeintlich sperrige Themen hat Papst Franziskus beim Besuch der Päpstlichen Katholischen Universität von Chile in Santiago heute gesprochen: Das „Nationale Zusammenleben“ und die Herausforderung, „in Gemeinschaft voranzukommen“.

Bei genauerem Betrachten leistet diese Rede von einer „prophetischen Mission“ der Universität jedoch viel mehr, mit ihrem Appell an einen „erneuerten Humanismus“ und der Betonung des Dialogs, der Verteidigung von Familie, Gemeinschaft und, ja, Nation: Sie ist eine bündige Darstellung der Weltsicht von Papst Franziskus, worauf sich diese aufbaut – und was der Pontifex auch mit seinem eigenen Programm für die Kirche anstrebt.

Franziskus zitierte unter anderem die Philosophen Zygmunt Bauman und Gershom Sholem. Prominent gleich zum Anfang sprach Franziskus jedoch über einen anderen: Der ständige Begleiter von Papst Franziskus in Chile ist der Heilige Alberto Hurtado (1901-1952).

„Sein Leben wird zu einem klaren Zeugnis dafür, wie die Intelligenz, die akademische Exzellenz und die Professionalität im Berufsalltag mit dem Glauben, der Gerechtigkeit und der Nächstenliebe in Einklang gebracht – weit davon entfernt, geringer zu werden – eine prophetische Kraft erlangen, die fähig ist, Horizonte zu eröffnen und den Pfad zu erleuchten, vor allem für die aus der Gesellschaft Ausgeschlossenen“.

Die Figur des beliebtesten Heiligen des Landes verkörperte also auch in dieser Rede Franziskus‘ jene Friedens- und Dienstbotschaft, die der Pontifex für ein zerrissenes Chile und eine von Kontroversen und Bedeutungsverlust geplagte Kirche in Chile vermitteln will, aber auch als Hoffnungsschimmer und Abentuer für die Jugend des Landes bezeichnet.

„Nationales Zusammenleben“

In der heutigen „flüchtigen“ – im Sinne Zygmunt Baumans, wie das Redemanuskript zeigt – Gesellschaft schwinden die Bezugspunkte, von denen aus Menschen ihr Leben aufbauen können, warnte der Papst.

„Es scheint, dass heute die »Wolke« [die digitale ‚Cloud‘, Anm.d.Red.] der neue Ort der Begegnung ist, der vom Mangel an Stabilität geprägt ist, da ja alles sich verflüchtigt und deshalb an Konsistenz verliert“.

Nicht einfach als Vermittler von Werten ist das Bildungswesen daher wichtig, so Franziskus; seine Wichtigkeit bestehe auch in einer „Bildung (Alphabetisierung), die den Intellekt (den Kopf), die Affekte (das Herz) und die Aktion (die Hände) einbezieht und in Einklang bringt“.

Die klassische Forma Mentis sei das, sagte der Papst weiter – eine Geisteshaltung also.

„Und um dies zu erreichen, ist es notwendig, eine – wie ich es nennen würde – integrierende Alphabetisierung zu entwickeln, die es versteht, die Transformationsprozesse, die im Schoß unser Gesellschaften erzeugt werden, aufeinander abzustimmen.“

So könne das Individuum von der Beschränkung auf sich selbst bewahrt werden, argumentierte der Papst, und ein öffentlicher Raum gepflegt werden, der als „Bewusstsein“ notwendig ist, um eine Nation abzubilden, und Frieden zu sichern:

„Ohne das »Wir« eines Volkes, einer Familie, einer Nation und zugleich ohne das »Wir« der Zukunft, der Kinder und des Morgens; ohne das »Wir« einer Stadt, die »Mich« übersteigt und reicher ist als die individuellen Interessen, wird das Leben nicht nur immer mehr zerstückelt, sondern reicher an Konflikt und Gewalt.“

Die Universität stehe in diesem Sinn vor der Herausforderung, die „neuen Dynamiken  innerhalb ihres eigenen Lehrkörpers zu erzeugen, die jegliche Fragmentierung des Wissens
überwinden und zu einer wahrhaftigen universitas anregen sollen“, so der Papst.

„In Gemeinschaft vorankommen“

Von daher sei das zweite für dieses Haus des Studiums so wichtige Element: die Fähigkeit,  in Gemeinschaft voranzukommen, fuhr der Pontifex fort.

Er habe mit Freude von der Evangelisierungsbemühung der Universitätspastoral erfahren. Diese sei Zeichen einer jungen, lebendigen Kirche »im Aufbruch«, so der Pontifex. Mit Blick auf diese Aktivitäten sagte er weiter:

„Der »Missionar« kehrt nie als der Gleiche aus der Mission zurück; er erfährt den Vorübergang Gottes in der Begegnung mit so vielen Gesichtern.“

Solche Erfahrungen könnten dabei nicht vom universitären Geschehen getrennt bleiben: „Die klassischen Forschungsmethoden erfahren gewisse Grenzen, umso mehr, wenn es sich um eine Kultur wie die unsere handelt, die die direkte und unmittelbare Partizipation der Subjekte anregt“, so Franziskus wörtlich.

Die aktuelle Kultur erfordere jedoch „neue Formen, die geeignet sind, alle einzubeziehen, die das soziale Geschehen und daher das Bildungsgeschehen mitgestalten“.

Deshalb gelte es, „das Konzept der Bildungsgemeinschaft zu erweitern“, fuhr der Papst fort:

„Diese Gemeinschaft ist herausgefordert, nicht isoliert zu bleiben von den Erkenntnisweisen. (…) Es ist notwendig, dass der Erkenntniserwerb dazu befähigt, eine Interaktion zwischen dem Hörsaal und der Weisheit der Völker hervorzubringen, die diese gesegnete Erde mitgestalten. Eine Weisheit reich an Intuitionen, an »Geruchs-/Spürsinn«, den man nicht ignorieren kann (…) Auf diese Weise wird diese so bereichernde Synergie zwischen wissenschaftlicher Strenge und der Intuition des Volkes hergestellt werden.“

Das „Erkennen muss sich immer zum Dienst am Leben berufen fühlen und sich mit dem Leben konfrontieren, um weiter Fortschritte machen zu können“, so Franziskus. Von daher könne sich die Bildungsgemeinschaft nicht auf Hörsäle und Bibliotheken reduzieren.

„Der universitäre Dienst muss immer darauf abzielen, von Qualität und Exzellenz zu sein, die in den Dienst des nationalen Zusammenlebens gestellt werden. In diesem Sinn könnten wir sagen, dass die Universität zu einem Labor für die Zukunft des Landes wird, da es ihr gelingt, in ihrem Schoß das Leben und das Unterwegssein des Volkes aufzunehmen, indem sie jede antagonistische und elitäre Logik des Wissens überwindet.“

Eine alte Tradition der Kabbala erzähle, fuhr Franziskus an dieser Stelle fort, dass der Ursprung des Bösen in der Spaltung liege, die der Mensch verursache, „indem er vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse isst“. Auf diese Weise erlangte die Erkenntnis eine Vorherrschaft über die Schöpfung und unterwarf sie ihren Schemata und Wünschen, so der Papst im Redemanuskript unter Verweis auf Gershom Sholems Mystique Juive.

„Die latente Versuchung in jedem akademischen Umfeld ist wohl, die Schöpfung auf einige interpretative Schemata zu reduzieren und sie so des eigentlichen Mysteriums zu berauben, das ganze Generationen dazu bewegt hat, das unbedingt Notwendige, Gute, Schöne und Wahre zu suchen.“

Die Mission der Universität erweise sich daher „als eine prophetische“, so der Papst abschließend. Sie sei „aufgefordert, Prozesse zu schaffen, die die aktuelle Kultur erleuchten, indem sie einen erneuerten Humanismus vorstellen“ – es gehe darum, „Räume zu suchen, die mehr auf Dialog als auf Konfrontation zurückgreifen; Räume mehr der Begegnung als der Trennung; Wege der freundschaftlichen Auseinandersetzung“. (CNA Deutsch)

Chile: Papst trifft Missbrauchs-Opfer

Papst Franziskus hat am Dienstagmittag in Santiago de Chile eine „kleine Gruppe“ von Missbrauchs-Opfern getroffen. Das sagte Vatikansprecher Greg Burke am Dienstagabend vor Journalisten in der chilenischen Hauptstadt.

Stefan von Kempis – Santiago de Chile.

Die Gesprächspartner des Papstes seien Menschen gewesen, „die von Priestern sexuell missbraucht worden sind“, so Burke wörtlich. Franziskus habe sich nach dem Mittagessen in der Päpstlichen Nuntiatur „in strikt privatem Rahmen“ etwa eine halbe Stunde lang mit ihnen getroffen: „Niemand anderes war dabei, nur der Papst und die Opfer.“ Sie hätten ihm „von ihren Leiden erzählt“, und er habe „zugehört, gebetet und mit ihnen geweint“.

Weitere Details zu der Begegnung nannte der Vatikansprecher nicht. Prominent hatte der Papst bereits in seiner ersten Ansprache, der diplomatisch wichtigen Rede vor den Vertretern von Staat, Gesellschaft und Kirche, deutliche Worte über sexuellen Missbrauch gefunden. „Und hier kann ich nicht umhin, den Schmerz und die Scham zum Ausdruck zu bringen, die ich angesichts des nicht wieder gutzumachenden Schadens empfinde, der Kindern von Geistlichen der Kirche zugefügt worden ist“, sagte der Papst am Dienstagmorgen zum Applaus der Versammelten am Präsidentenpalast La Moneda in der Innenstadt von Santiago. Die Kirche müsse alles dafür tun, dass sich dies nicht wiederholen könne.

Nur der Papst und seine Gäste, niemand sonst

Das Treffen war nicht Teil des offiziellen Programms. Schon früher hat der Papst und vor ihm auch bereits Papst Benedikt bei Reisen Opfer sexueller Gewalt getroffen – immer (um die Opfer vor nicht gewollter Öffentlichkeit zu schützen) hinter verschlossenen Türen.

In Chile hatten besonders die Missbrauchstaten des Priesters Fernando Karadima für heftiges Aufsehen und einen starken Ansehensverlust der Kirche gesorgt. Immer wieder hatten Opfergruppen Papst Franziskus aufgefordert, bei seiner am Montag begonnenen sechsten Lateinamerika-Reise, die ihn durch Chile und Peru führt, auch mit Missbrauchs-Opfern zusammenzutreffen. Mehrere Priester aus Karadimas Umfeld sind in Chile Bischöfe geworden; besonders umstritten ist der Bischof von Osorno, Juan Barros.

Bischof von Osorno war eingeladen

Der Weihbischof von Santiago, Fernando Ramon Pérez, verteidigte am Dienstagabend vor Journalisten die Anwesenheit von Barros bei der Papstmesse vom Morgen sowie bei einer Begegnung des Papstes mit chilenischen Bischöfen am Nachmittag. Barros sei legitimer Bischof, darum sei es normal, dass er zu den Papst-Auftritten eingeladen worden sei. Eine Gruppe von Gläubigen aus Barros‘ Bistum ist nach Santiago gereist, um für eine Abberufung ihres Bischofs zu demonstrieren. Sie werfen Barros vor, er sei mutmaßlich über Karadimas üble Taten auf dem laufenden gewesen. (vatican news)

Der Besuch von Papst Franziskus in Chile belebt erneut Vorwürfe gegen diesen Bischof

SANTIAGO DE CHILE – Als Papst Franziskus seinen Besuch in Chile begann, äußerte ein Sprecher des Vatikans „größte Achtung“ für die Rechte der Demonstranten, die seit mittlerweile drei Jahren gegen die Ernennung eines Bischofs protestieren. Treffen werde sie der Papst jedoch nicht.

Damit wird die Kontroverse um Bischof Juan Barros Madrid von Osorno kaum enden, sagen Kirchenvertreter vor Ort: Schließlich haben auch dessen wiederholte Erklärungen, dass er nicht wusste, dass sein langjähriger Freund und Mentor, der Priester Fernando Karadima, Minderjährige psychisch und sexuell schwerst missbraucht hat.

„Ich habe nie etwas von diesen schweren Misshandlungen gewußt oder hätte mir diese vorgestellt, die dieser Priester gegen die Opfer verübt hat“, sagte Bischof Barros gegenüber der Agentur „Associated Press“.

Er habe auch selber „niemals solche schwer unehrliche Handlungen genehmigt oder daran teilgenommen“, so Barros weiter. Er sei ja zudem niemals von einem Gericht für solche Dinge verurteilt worden.

Im Januar 2015 ernannte Papst Franziskus Bischof Barros zum Oberhirten der Diözese Osorno in Südchile. Die Ernennung löste sofort scharfe Proteste aus. Mehrere Priester forderten den Rücktritt des neuen Bischofs. Dutzende Demonstranten, darunter auch Nicht-Katholiken, versuchten, seine Einführungsmesse am 21. März 2015 in der Kathedrale von Osorno zu verhindern und stören.

Tage später sagte Erzbischof Fernando Chomali Garib von Concepción, dass Papst Franziskus ihm gesagt habe, dass es „keinen objektiven Grund“ gäbe, dass der Bischof nicht installiert werden sollte.

Der Papst sei über die Situation auf dem Laufenden gehalten worden, so Erzbischof Garib.

Am 31. März 2015 veröffentlichte die Kongregation für die Bischöfe des Vatikans ebenfalls eine Erklärung, in der sie erklärte, dass das Büro „die Kandidatur des Prälates sorgfältig geprüft und keine objektiven Gründe gefunden habe, die Ernennung auszuschließen“.

Der damalige Apostolische Nuntius in Chile, Erzbischof Ivo Scapolo, sagte, dass alle Informationen über die Person Barros an Papst Franziskus weitergegeben worden seien. Die meisten Leute in der Kirche stünden hinter Barros, fügte der Nuntius hinzu.

Fakt ist: Jahrzehntelang war der heutige Bischof Barros ein Zögling und enger Freund von Fernando Karadima; der damals einflussreiche Priester aus Santiago förderte die Berufungen von etwa 40 Priestern — darunter die von Juan Barros.

Als Berichte über sexuellen Missbrauch und andere Skandale um Karadima immer wieder auftauchten, gehörte Bischof Barros zu den Priestern, welche die Vorwürfe öffentlich bestritten. Eine Zivilklage gegen Karadima wurde mit der Begründung abgewiesen, dass seine Taten verjährt seien.

Im Februar 2011 beendete dann die Kongregation für die Glaubenslehre ihre Untersuchung mit dem Urteil, dass der Priester erwiesenermaßen schuldig ist. Dem mittlerweile über 80 Jahre alten Mann wurde ein Leben in Zurückgezogenheit und Gebet verordnet. Karadima ist bis heute Priester.

Bischof Barros erklärte, er habe sich bereits vom Priester entfernt, bevor Anschuldigungen aufgetaucht seien. Begründung: Karadima sei „übellaunig“ geworden.

„Der Schmerz der Opfer schmerzt mich enorm, ich bete für diejenigen, die diesen Schmerz heute mit sich tragen“, teilte Barros 2015 in einem Brief an die Gläubigen der Diözese Osorno vor seiner Installation mit.

Am 6. Mai 2015, fünf Monate nach der Ernennung von Barros zur Diözese Osorno, wandte sich Diakon Jaime Coiro, Generalsekretär der chilenischen Bischofskonferenz, persönlich an Papst Franziskus und sagte ihm: Die Kirche in Osorno habe für ihn „gebetet und gelitten“.

„Osorno leidet, ja“, antwortete Papst Franziskus, „an Dummheit.“ „Die einzige Anklage gegen diesen Bischof wurde vor Gericht entkräftet“, so der Papst gegenüber Diakon Coiro in einem Video, dass die chilenischen „Ahora Noticias“ veröffentlicht haben: „Denken Sie mit Ihrem Kopf nach und lassen Sie sich nicht von den Linken an der Nase herumführen, die diesen Fall zusammengebastelt haben“, fügte der Papst hinzu.

Das sehen mehrere Missbrauchs-Opfer von Karadima anders.

Drei von ihnen werfen Barros vor, den überführten Täter gedeckt und dessen Verbrechen vertuscht zu haben – eine Darstellung, die von den offiziellen vatikanischen Ermittlungen nicht bestätigt wurde.

Der bekannteste dieser Ankläger, der ehemalige Seminarist Juan Carlos Cruz, lebt in den USA und hat als leitender Kommunikationsmanager für die Firma DuPont gearbeitet. Cruz wirft Karadima vor, ihn in den 1980er Jahren sexuell missbraucht zu haben, und hat wiederholt behauptet, Barros und andere Zöglinge Karadimas hätten von den Misshandlungen gewusst und seien sogar Zeuge davon geworden, so die „Associated Press“ (AP).

Am 11. Januar 2018 berichtete AP, dass ein vertraulicher Brief des Papstes an die Chilenische Bischofskonferenz vom 31. Januar 2015 die Besorgnis einiger chilenischer Bischöfe bezüglich der Ernennung anspricht. In diesem Schreiben erwähne der Papst auch, dass der Apostolische Nuntius 2014 Barros gebeten hatte, als Militärbischof der chilenischen Streitkräfte zurückzutreten und eine Auszeit zu nehmen, bevor er eine andere Verantwortung als Bischof übernehme.

In dem Brief des Papstes heißt es zudem offenbar auch, dass Barros darüber informiert worden sei, dass ein ähnliches Vorgehen für zwei weitere von Karadima ausgebildete Bischöfe geplant sei. Dies solle Barros aber nicht weitersagen. Barros habe jedoch, berichtet AP, „ein ernstes Problem“ geschaffen, als er diese beiden Bischöfe in einem Rücktrittscheiben als Militärbischof beim Namen nannte und damit „jede Chance verbaute“, diese Bischöfe aus den Kontroversen zu entfernen.

Ist die Berichterstattung von AP über diesen Papstbrief zutreffend?

Greg Burke, der Sprecher des Vatikans, lehnte es ab, sich zum Bericht der AP über den Brief von Franziskus zu äußern. Barros seinerseits teilte mit, er habe nichts von dem Brief gewußt.

Widerstand gegen Papstbesuch und Morddrohung

Papst Franziskus besucht derzeit Chile und anschließend Peru – seine 22. Auslandsreise dauert vom 15. bis zum 22. Januar. Seine Ankunft in Chile hat heftigen Widerstand hervorgerufen – nicht nur wegen der Kontroverse um Bischof Barros.

Mindestens sechs katholische Kirchen im Land wurden aus Protest des Besuchs angegriffen.

Drei katholische Kirchen in der Hauptstadt Santiago wurden am 12. Januar von unbekannten Tätern angegriffen oder verwüstet. Bei einem Anschlag mit einer Brandbombe in der Pfarrei St. Elisabeth von Ungarn hinterließen die Täter auch eine Morddrohung gegen den Papst.

„Papst Franziskus, die nächsten Bomben werden in Deiner Soutane sein“, sagte eine zurückgelassene Broschüre.

Zwei weitere Kapellen in der Stadt erlitten ebenfalls Schäden, einschließlich zerbrochener Fenster und Türen.

Weitere zurückgelassene Broschüren teilten mit: „Wir werden uns niemals der Herrschaft unterwerfen, die sie über unseren Körper, unsere Ideen und Handlungen ausüben wollen, weil wir frei geboren sind, unseren eigenen Weg zu gehen.“ Die Botschaften fordern zudem „Autonomie und Widerstand“ für die Mapuche, die größte indigene Gruppe des Landes. Viele Mapuche leben in der Region de la Araucanía, die Papst Franziskus ebenfalls besuchen wird.

Seit Chiles militärischer Eroberung im 19. Jahrhundert haben viele Mapuche-Gemeinschaften die Rückkehr von angestammtem Land, Respekt für ihre kulturelle Identität und manchmal Autonomie gekämpft.

Am Morgen nach den Anschlägen stürmte eine Gruppe von Demonstranten die Apostolische Nuntiatur von Chile, bevor die Polizei sie entfernte. (CNA Deutsch)

Roxana Miranda, Leiterin einer Aktivistengruppe, die gegen hohe Hypothekenzinsen protestiert, übernahm die Verantwortung für die Besetzung und sagte, dies sei durch Einwände gegen die Kosten des Papstbesuchs begründet. (CNA Deutsch)

Treffen mit dem Klerus: „Das Volk Gottes braucht keine Superhelden

Berufungen zum Priester- oder Ordensleben sind persönlich, aber immer auch Teil einer größeren Gruppe, es gibt keine „Selfie“-Berufungen. In einer langen Ansprache wandte sich Papst Franziskus an diesem Dienstag in der Kathedrale von Santiago an Priester, Ordensleute und Seminaristen.

Bernd Hagenkord SJ – Vatikanstadt.

Der niedergeschlagene Petrus, der Petrus der Barmherzigkeit erfährt, der verklärte Petrus: Die Person des Jüngers und Apostels stehe für beide Dimensionen, die persönliche und die Gemeinschaftliche, so der Papst, an der Geschichte vom Fischfang nach der Auferstehung (Joh 21:1-19) könne man sehen, was das bedeute.

Aus der Niedergeschlagenheit heraus

Da sei zunächst die Niedergeschlagenheit. Jesus war tot und obwohl einige dem Auferstandenen schon begegnet seien, habe dieses Ereignis so stark, dass sie Zeit brauchten, um das Geschehen zu verstehen. Dieser Tod habe „einen Sturm an inneren Kämpfen“ in den Herzen der Jünger ausgelöst. „Petrus hatte ihn verleugnet, Judas hatte ihn verraten, die anderen waren geflohen und hatten sich versteckt.“

“ Die größte aller Versuchungen ist, sich beim Nachgrübeln über die eigene Hoffnungslosigkeit aufzuhalten ”

Zeiten von solcher Niedergeschlagenheit hätten ihre eigenen Versuchungen, legte der Papst den Text aus. „Die Versuchung, über Ideen zu diskutieren, den Aufgaben nicht die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, sich zu sehr auf die Verfolger zu fixieren … Und ich glaube, die größte aller Versuchungen ist, sich beim Nachgrübeln über die eigene Hoffnungslosigkeit aufzuhalten“.

Ein Zustand der Unruhe

Etwas von dieser Niedergeschlagenheit lasse auch die Situation von Priestern und Ordensleuten in Chile erkennen. „Neben der Treue der großen Mehrheit ist auch das Unkraut des Bösen und als dessen Folge Skandale und Glaubensabfall angewachsen. Ein Zustand der Unruhe.“ Er wisse um den Schmerz, ausgelöst durch die Missbrauchsfälle, Schmerz vor allem wegen des Schadens und Leidens der Opfer und ihrer Familien und des betrogenen Vertrauens wegen. Schmerz dann aber auch, weil diese Missbrauchsfälle Misstrauen und Infragestellungen ausgelöst hätten, einen Mangel an Vertrauen.

„Ich weiß, dass ihr manchmal in der U-Bahn oder auf der Straße beschimpft worden seid und dass ihr an vielen Orten einen hohen Preis zahlen müsst, wenn ihr Priesterkleidung tragt“, so der Papst. „Aus diesem Grund schlage ich vor, dass wir Gott um die klare Einsicht bitten, die Realität beim Namen zu nennen, um die Kraft um Vergebung zu bitten und um die Fähigkeit zu lernen auf das zu hören, was Er uns sagt.“

Neue Situationen ohne Patentrezept

Die Gesellschaft verändere sich, auch Chile sei keine Ausnahme. Neue und unterschiedliche kulturelle Formen entstünden, die sich nicht an gewohnten Modelle anpassten. „Wir müssen uns bewusst sein, dass wir oft nicht wissen, mit diesen neuen Situationen umzugehen“, in jedem Fall sei ein Zurücksehnen nach einer angeblich guten Vergangenheit – den „Fleischtöpfen Ägyptens“ – der falsche Weg, das lasse vergessen, „dass das Gelobte Land vor uns liegt“. Die Kirche müsse die Welt sehen, wie sie sei, ob es nun gefalle oder nicht.

“ Wir müssen uns bewusst sein, dass wir oft nicht wissen, mit diesen neuen Situationen umzugehen ”

In den Worten des Evangeliums: Die Netze blieben leer, die Fischer kehren heim mit leeren Händen, niedergeschlagen, eine „Stunde der Wahrheit im Leben der ersten Gemeinde.“

Der Schwäche ins Gesicht sehen

Der Kirche könne dasselbe passieren wie damals Petrus und den Jüngern, „es gibt Momente, in denen wir nicht unserem Ruhm, sondern unserer Schwäche ins Gesicht sehen.“

Dem begegnet Jesus mit der Frage „liebst du mich mehr als diese?“ „Jesus tadelt nicht und verurteilt nicht. Sein einziger Wunsch ist es, Petrus retten. Er möchte ihn vor der Gefahr retten, in seiner Sünde eingeschlossen zu bleiben und auf der Verzweiflung aufgrund seiner Schwäche ‚herumzukauen‘.“ Es sei eine zerstörerische Einstellung, sich selbst zum Opfer zu machen und all das Gute zu vergessen.

“ Jesus tadelt nicht und verurteilt nicht. Sein einziger Wunsch ist es, Petrus retten. Er möchte ihn vor der Gefahr retten, in seiner Sünde eingeschlossen zu bleiben ”

Hier werde „ein Apostel geboren“, sagte der Papst, nur das Erbarmen Gottes hält ihn, bei allen Grenzen, Sünden und Versagen. „Wir sind als Männer und Frauen gesandt, die sich bewusst sind, dass ihnen vergeben worden ist. Das ist die Quelle unserer Freude.“ Eine verwundete Kirche könne die Wunden der Welt verstehen und zu heilen versuchen, sie stelle sich nicht in den Mittelpunkt und glaube nicht, perfekt zu sein. „Das Bewusstsein, das wir verwundet sind, macht uns frei“, denn „das Volk Gottes erwartet und braucht keine Superhelden.“

Die Pädagogik Jesu

Wahre Größe komme aus dem Dienst, so der Papst, das sei die „Pädagogik unseres Herrn“.

„Mit Blick auf den niedergeschlagenen und den verwandelten Petrus sind wir eingeladen, uns von einer niedergeschlagenen und hoffnungslosen Kirche in eine Kirche zu wandeln, die Dienerin der vielen Niedergeschlagenen ist, die Seite an Seite mit uns leben. Eine Kirche, die fähig ist, ihrem Herrn im Hungernden, im Gefangenen, im Dürstenden, im Heimatlosen, im Nackten, im Kranken zu dienen … (Mt 25,35).“ Das sei nicht etwa Bevormundung oder eine reine „Wohlfahrtsmentalität“, das sei Bekehrung des Herzens.

Die eigene und die gemeinschaftliche Berufung zu leben, dazu erneut „Ja“ zu sagen sei er gekommen. Das müsse allerdings im Realismus geschehen. Denn ein solcher Realismus stütze sich auf den Blick Jesu. (vatican news)

Papstreise nach Chile: „Die Mapuche freuen sich auf den Papst

Eigentlich hören wir von Anschlägen hie und da aus Mapuche-Kreisen gegen Kirchen und von Vorbehalten gegen den Papst. Doch die meisten Mapuche-Indigenen freuen sich auf Franziskus und werden ihn herzlich aufnehmen: das sagt uns Hector Vargas, Bischof von Temuco.

Gudrun Sailer – Vatikanstadt und Luca Collodi – Santiago de Chile.

Die Stadt im Süden Chiles steht als zweite Station – am Mittwoch – auf dem Programm des Papstes bei seiner Lateinamerikareise. „Papst Franziskus wollte in die Diözese in Araukanien im Süden Chiles kommen, weil wir hier Themen haben, für die der Papst sehr empfänglich ist“, sagt der Bischof im Gespräch mit Vatican News. „Hier leben viele Angehörige der Mapuche, sie sind die ursprünglichen Bewohner dieses Gebietes. Außerdem haben wir leider viel Gewalt in dieser Gegend. Es ist der ärmste Landstrich Chiles, und es gibt Probleme mit der Umweltverschmutzung, da denken wir sofort an die Anliegen des Papstes mit seiner Enzyklika Laudato Si. Kurz: wir haben soziale Herausforderungen, ethnische und ökologische – deshalb wollte, glaube ich, der Papst zu uns kommen.“

Täter gehören zu Ideologie-Gruppen

Angesprochen auf die Proteste in Chile gegen den Papst, auf die kurzzeitige Besetzung der Nuntiatur und die kleineren Brandattacken gegen Kirchen in den vergangenen Monaten sagte Bischof Vargas, die Täter gehörten zu „kleinen, stark ideologisierten Gruppen. Wir kennen sie gut.“ Attacken dieser Art widerspiegelten aber nicht das Empfinden der chilenischen Bevölkerung. „Es sind ganz wenige Personen, die ganz viel Lärm machen. Wir sind daran gewohnt, nicht nur rund um den Papstbesuch. Chile empfängt den Papst mit viel Zuneigung, und auch mit Glaube und Hoffnung.“

Viele Mapuche freuen sich auf den Papst

Namentlich auch viele Mapuche freuten sich auf den Gast aus Rom, erzählt der Bischof aus seiner Diözese. Neun von zehn Angehörigen dieser Volksgruppe sind seinen Worten zufolge getauft, es sei ein „sehr religiöses Volk“, diese Menschen seien ungefährlich. „Das Problem ist, dass es da auch Gruppen gibt, die [mit Gewalt] mehr Gerechtigkeit für das Volk der Mapuche fordern: das ist falsch, denn diese Aktionen haben unserer Region nur noch mehr Armut und mehr Leid gebracht.“ (vatican news)

Hintergrund: Brennende Kirchen und hoffnungsfrohe Besucher – Zum Auftakt der Chile-Reise

SANTIAGO DE CHILE – Brandanschläge auf Kirchen und Drohungen gegen Franziskus, aber auch freudige Hoffnung: Die 22. Apostolische Reise des Papst bringt den Papst bis Donnerstag dieser Woche nach Chile. Der Besuch wird vor allem wegen des Mapuche-Konflikts stark politisiert. Um sein eigenes Heimatland macht der Papst dabei erneut einen Bogen.

In Santiago de Chile haben kurz vor der Reise des Papstes Anschläge mit primitiven Bomben auf vier Kirchen die Stimmung fröhlicher Erwartung des Pontifex in der mit „Bienvenido“-Plakaten geschmückten Stadt erschüttert. Verletzt wurde niemand. Doch die Botschaft, welche die Brandstifter am Tatort hinterließen, war klar:

„Papst Franziskus, die nächsten Bomben werden in Deiner Soutane sein“.

In weiteren Schriften werfen die Täter Franziskus vor, er vertrete eine „ekelhafte Moral“. Man werde die angestrebte „Herrschaft über Körper, Ideen und Handlungen“ nicht annehmen und diese mit „dem Feuer der Schlacht in die Luft sprengen“.

„Das war eine feige Tat. Ich bin verärgert, gequält, weil das eine arme Gemeinde ist, die davon betroffen ist“, sagte der örtliche Pfarrvikar Marcelo Cabezas.

Der stellvertretende Innenminister, Mahmud Aleuy, besuchte die beschädigten Kirchen und sagte, die chilenische Regierung werde die Täter strafrechtlich verfolgen, wenn sie gefunden werden.

Was steckt hinter der Gewalt?

Es ist nicht das erste Mal, dass an Kirchen Feuer gelegt wird. In den letzten Jahren wurden in Chile immer wieder Kirchen und Kapellen als Zeichen politischen Protests in Brand gesteckt. Meist werden dahinter Aktivisten im Mapuche-Konflikt vermutet, und auch die jüngsten Brandstifter drohen nicht nur dem Papst, sondern schreiben über „Autonomie und Widerstand“ für die ethnische Minderheit.

Die Mapuche sind die größte indigene Gruppe des Landes. Viele von ihnen leben in der Region Araukanien, die Papst Franziskus während seiner Reise besuchen wird. Chile eroberte Araukanien zwischen 1861 und 1883; bis heute gibt es Spannungen zwischen der Regierung und dem Mapuche-Volk. Die Ureinwohner fordern die Rückgabe von Ahnenland, die Achtung ihrer kulturellen Identität und, in einigen Fällen, Autonomie. Mit rund 10 Prozent der Bevölkerung sind sie eine bedeutende Minderheit in Chile, das 15 Millionen Einwohner zählt.

Die Anliegen der Mapuche werden von der Kirche oft prominent unterstützt; dennoch haben Aktivisten offenbar entschieden, die Aufmerksamkeit auf den Papstbesuch zu nutzen – auch wenn dabei, wieder einmal, der Kirche geschadet wird.

In diesem Kontext ist auch die vorübergehende Besetzung der Apostolischen Nuntiatur zu sehen – die „Botschaft“ des Vatikans, in der Papst Franziskus am heutigen Montagabend ankommen und übernachten wird. Die chilenische Polizei hat inzwischen die Besetzer, Mitglieder der Gruppe „Andha Chile“, entfernt.

Die Erzdiözese Santiago veröffentlichte eine Erklärung, in der es hieß: „Wir sind tief betroffen von diesen Vorfällen, die dem Geist des Friedens widersprechen, der den Besuch des Papstes im Land belebt.“

Die Brand-Anschläge seien der Versuch, „Aufmerksamkeit zu erregen“, zitiert „Vatican Insider“ Pater Felipe Herrera, Sprecher der Vorbereitungskommission des Papstbesuchs. Es handle sich nicht um Terror-Anschläge, sondern Ausdruck sozialer Unruhe, so der Priester.

Argentinien kommt zum Papst

Unabhängig politischer Anliegen freuen sich viele Katholiken einfach auf den Besuch des Papstes – nicht nur in Chile und Peru, sondern auch Argentinien.

Dass Franziskus erneut einen Bogen um seine Heimat macht, ist für sie enttäuschend — viele tausend werden deshalb nach Chile kommen, schließlich sind auf der Südhalbkugel gerade Sommerferien.

Warum Franziskus seit seiner Wahl im März 2013 sein Heimatland vermeidet: Darüber wird immer wieder spekuliert. Schließlich war der Papst nicht nur mehrfach bereits in Südamerika – er könnte eigentlich zum sechsten Mal seine Heimat besuchen. Seine Vorgänger taten dies auch, wie die „New York Times“ gestern schrieb: Papst Johannes Paul II. kam 1979 in sein damals noch kommunistisch beherrschtes Heimatland Polen, weniger als ein Jahr nachdem er Pontifex wurde. Sein Nachfolger, Papst Benedikt XVI., kam bekanntlich mit seiner ersten Auslandsreise 2005 nach Köln zum Weltjugendtag, und besuchte 2006 seine Heimat Bayern.

Spekulationen über etwaige politische Gründe – etwa die Sorge, nicht politisch dort vereinnahmt zu werden – wurden auch noch durch Berichte angeheizt, dass die Argentinische Bischofskonferenz bereits fünf Mal Franziskus eingeladen habe. Was auch immer die Ursache sein mag: Für viele Argentinier bringt – bei aller Freude über diesen Besuch – dieser Umstand mit sich, dass sie schon auf die nächste Lateinamerika-Reise des Papstes hoffen – vielleicht schon im Jahr 2019.  (CNA Deutsch)