Während gegen ihn wegen Missbrauchs ermittelt wurde, dienten Seminaristen bei McCarrick

WASHINGTON, D.C. – Die Erzdiözese Washington hat bestätigt, dass Seminaristen als persönliche Assistenten von Erzbischof Theodore McCarrick dienten, während gegen den Erzbischof wegen des Verdachtes auf sexuellen Missbrauchs eines Teenagers ermittelt wurde.

Im Jahr 2011 zog McCarrick aus einem Pfarrhaus in ein Haus neben dem Priesterseminar des Institute of the Incarnate Word (IVE), einem religiösen Orden, in Chillum (Maryland), innerhalb der Erzdiözese Washington.

Nach Angaben zweier ehemaliger Seminaristen, die zu diesem Zeitpunkt auf dem Campus lebten, McCarrick in einem separaten Haus auf dem Gelände. Dieses hat McCarrick offenbar selber bezahlt, oder zumindest einen Kauf für seine Person arrangiert.

Das IVE wies McCarrick zunächst einen Priester zu, der ihm als Sekretär dienen sollte, sobald er auf dem Grundstück lebte.

Quellen bestätigen, dass der Priester beauftragt wurde, mit McCarrick im Haus zu leben.

Unterlagen der Erzdiözese Washington bestätigen, dass Priester diese Aufgabe erhalten haben, und ein Sprecher sagte gegenüber CNA, die Erzdiözese habe diese Rolle finanziell unterstützt habe.

Ehemalige IVE-Seminaristen erklärten gegenüber CNA, dass McCarrick erhebliche Anforderungen an das Personal und Lehrer stellte. So wurde CNA gegenüber geschildert, wie McCarrick sich nicht um den strengen Lebensstil des Ordens bemühte, sondern sein eigenes VIP-Menü im Refektorium serviert bekam, unabhängig davon, was die Priester und Seminaristen aßen.

Das Lehrpersonal und Verantwortliche des IVE waren, so CNAs Quellen innerhalb des Ordens, unzufrieden mit dem Arrangement. Sie realisierten aber, dass der liberal gesinnte McCarrick als eine Art informeller Schirmherr für den Orden fungierte, obwohl das Institut eher traditionell orientiert ist. McCarrick weihte häufig die Priester des Ordens, in Washington wie im Ausland, und half ihnen im Management der Kritik durch südamerikanische Bischöfe, darunter die von Erzbischof Jorge Bergoglio, dem späteren Papst Franziskus.

Das „Institut des Fleischgewordenen Wortes“ wurde 1984 in Argentinien von Pater Carlos Miguel Buela gegründet. Buela ist 2010 wegen des Verdachts auf sexuelles Fehlverhalten in den Ruhestand getreten. Im Jahr 2016 bestätigte der Vatikan, dass Buela jahrzehntelanger sexueller Übergriffe gegenüber volljährigen Seminaristen seiner Gemeinschaft schuldig war. Dem Priester wurde vom Vatikan verboten, mit Mitgliedern des IVE in Kontakt zu treten und öffentlich aufzutreten.

McCarricks Hilfe war für den Orden besonders wichtig, heißt es, als die Anschuldigungen gegen Buela ans Licht kamen. Doch wie Quellen gegenüber CNA betonen, hatte dessen Hilfe einen Preis, nach dem Motto: „Wer dankbar ist, hält die Klappe.“

Nach einiger Zeit zog der Orden den Priestersekretär, der McCarrick zugeteilt war, wieder ab mit der Begründung, dass geweihte Priester aktiven Dienst versehen sollten. McCarrick arrangierte, dass an seiner Statt zwei IVE-Seminaristen ihm als Assistenten dienen sollten: Diese Seminaristen lebten mit McCarrick in seinem Haus auf dem Campus und waren unter anderem dafür verantwortlich, ihn mit dem Auto zu chauffieren und auf Reisen zu begleiten.

Begehrt war der Job des Assistenten für McCarrick nicht, so ehemalige Seminaristen gegenüber CNA. In der Regel wurden jedes Jahr zwei neue Seminaristen damit beauftragt.

Ein ehemaliger IVE-Seminarist sagte gegenüber CNA, dass es zu Beschwerden über die Anforderungen McCarricks kam – auch wenn diese nicht sexueller Art gewesen seien – und dass der Rektor die Seminaristen warnte, sich nicht von McCarricks „weltlichen“ Vorlieben anstecken zu lassen.

Einige der Seminaristen, so die Quellen weiter, begleiteten McCarrick auf Reisen zu Freunden, darunter zu einem Strandhaus, obwohl nicht klar ist, ob es sich dabei um das Haus in New Jersey handelte, in dem ehemaligen Opfern zufolge der ehemalige Kardinal wiederholt sexueller Übergriffe begangen haben soll.

Bei mindestens einer Gelegenheit zwang McCarrick seine Assistenten, ihn in ein Kasino zu begleiten. Der Vorfall löste scharfe Beschwerden seitens der Seminaristen selber wie ihrer Lehrer aus. Auch die Ordensleitung in Rom wurde darüber informiert.

Die Erzdiözese von Washington erklärte gegenüber CNA, man habe nicht regelmäßig McCarricks Reisevorbereitungen überwacht. Auch der Umfang, zu dem Seminaristen des IVE am Leben McCarricks beteiligt worden, sei nicht bekannt gewesen.

McCarrick zog schließlich vom Campus des Seminars in ein von Ordensschwestern geführtes Altersheim.

Bistumsprecher Ed McFadden sagte CNA, dass McCarrick vom Campus des IVE Anfang 2017 „aus gesundheitlichen Gründen“ weggezogen sei. Ein ehemaliger Leiter des IVE sagte gegenüber CNA jedoch, dass Kardinal Donald Wuerl im Sommer von 2016 dem IVE mitgeteilt habe, dass er wünsche, dass McCarrick sein Haus auf dem Campus verlasse. Diese habe die Erzdiözese Washington dem Seminarrektor und dem Provinzial des Ordens mitgeteilt, so die Quelle weiter, die selber Zeuge des Vorgehens war.

Bis zum Sommer 2016 habe Wuerl sich mit dem Wohn-Arrangement seines Vorgängers nur wenig befasst, so die Quelle. Doch dann sei das IVE informiert worden, Wuerl wünsche, dass McCarrick weniger Aufsehen erregen sollte, und eher pensioniert denn aktiv auftreten.

Die Erzdiözese von Washington bestätigte diese Darstellung nicht. Vielmehr hieß es, dass Gespräche im Sommer 2016 zwischen dem IVE und der Erzdiözese eher McCarricks schlechte Gesundheit zum Thema gehabt haben würden.

Eine Quelle, die mit dem Fall vertraut ist, erklärte gegenüber CNA am 25. August, dass Wuerl im Sommer 2017 informiert worden sei, dass gegen McCarrick in New York wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs ermittelt werde. Die Quelle sagte weiter, dass Wuerl damals direkt mit McCarrick kommunizierte und ihn ermutigte, sich aus dem öffentlichen Dienst zurückzuziehen. Wie McCarricks Reise-Unterlagen und öffentlichen Auftritte zeigen, wurde diese Bitte ignoriert.

Selbst nach dieser Information waren zwei IVE-Seminaristen McCarrick als Assistenten zugeteilt, mit Wissen der Erzdiözese Washington –bis Ende Juni 2018 die Erzdiözese New York öffentlich mitteilte, dass es „glaubwürdige“ Aussagen und Beweise gebe, dass McCarrick in den 1970er Jahren einen Teenager sexuell missbraucht hat. In der Folge tauchten weitere Berichte auf, dass McCarrick angeblich jahrzehntelang Seminaristen und Priester sexuell genötigt haben soll.

Während die IVE-Seminaristen nach seinem Umzug nicht mehr bei McCarrick lebten, waren sie immer noch dafür verantwortlich, seinen täglichen Personalbedarf zu decken und mit ihm zu reisen.

Die Erzdiözese von Washington erklärte CNA, dass das IVE über die Anschuldigung gegen McCarrick informiert worden sei, sobald diese für glaubwürdig gehalten wurde: im Juni 2018.

McCarricks Arrangement mit dem IVE, einschließlich der Zuweisung von zwei Seminaristen, die bei ihm im Haus lebten und als sein persönlicher Stab fungierten, erscheint angesichts der Sanktionen, die laut Erzbischof Carlo Vigano von Papst Benedikt XVI. verhängt wurden, höchst unregelmäßig.

Wie CNA berichtete, war McCarrick offenbar vom päpstlichen Nuntius Erzbischof Pietro Sambi bereits früher angewiesen worden, ein anderes Seminar zu verlassen, in dem er gelebt hatte. McCarrick zog anschließend in ein Pfarrhaus, und von dort zog er dann auf das Grundstück des IVE.

Trotz der Beweise, dass die Erzdiözese die Renovierung des Pfarrhauses für McCarrick genehmigte, und der Angaben seitens des IVE, dass Wuerl eingriff, um McCarrick von diesem Grundstück zu verlegen, wurde CNA wiederholt von der Erzdiözese Washington gesagt, dass „Erzbischof McCarrick in der Regel seine eigenen Wohnvorkehrungen getroffen und die Erzdiözese von Washington nicht direkt einbezogen hat“.

Kardinal Wuerl hat auch bestritten, über die Sanktionen informiert worden zu sein, die Papst Benedikt XVI. auferlegt haben soll; und noch im Juli 2018 hat Wuerl ebenfalls bestritten, dass von Gerüchten über McCarricks sexuelles Verhalten gewusst zu haben, bis die Erzdiözese New York ihre Ermittlungen aufnahm. (CNA Deutsch)

Analyse: Bischöfe fordern Prüfung der Vorwürfe Viganos

WASHINGTON, D.C. ,- Patricia Heaton ist außer sich. Die Schauspielerin ist eine von vielen Katholiken in den USA, die mit Erstaunen, Empörung und zunehmend Zorn auf das reagieren, was sie als Scheinheiligkeit, Lügen und Doppelmoral von Kardinälen und Bischöfen wahrnehmen. Letztlich gerinnt es im Schweigen, die von mehreren Kommentatoren als „Omertà“ verurteilte, systematische Vertuschung inakzeptablen Verhaltens, bis hin zu Verbrechen und Missbrauch. Im Zeitalter von Twitter hat das Konsequenzen: Katholikin Heaton, vierfache Mutter, hat knapp 370.000 Follower. Wenn sie – haltlos, ja, unverschämt im Ton – den Papst auffordert, endlich den Rücktritt von Kardinal Donald Wuerl anzunehmen, unterstützen dies tausende Menschen:
Nun gut, werden einige sagen, das ist halt die Filterblase von Twitter. Doch das greift zu kurz. Die Krise spielt sich nicht nur in den sozialen Medien ab. Vor Kardinal Wuerls Residenz in Washington haben aufgebrachte Katholiken demonstriert, die auf Plakaten Aufklärung fordern. Auch sie verlangen, dass der Papst endlich den Rücktritt des – im Pennsylvania-Bericht schwer belasteten – Erzbischofs annimmt.
Öffentliche Termine nimmt Wuerl derzeit nur wenige wahr. Manche spekulieren gar, er verlasse das Land. Am Schild der nach dem Kardinal benannten High School haben erboste Menschen seinen Namen übersprüht– mittlerweile hat die Erzdiözese mitgeteilt, der Erzbischof wolle diesen auch dort nicht mehr haben. Über der Graffiti ist mittlerweile ein Blech geschraubt worden, dass den Namen verdeckt.
Mit Brettern und Schweigen wird diese Krise aber nicht gelöst. In den sozialen Medien schreiben entrüstete Beobachter: Wie lange will, wie lange kann das noch weitergehen? Wie viele Gläubige wenden sich enttäuscht und angeekelt von der Kirche ab?
Wuerls Verhalten als Nachfolger von Erzbischof Theodore McCarrick wirft weitere Fragen auf, und sie werden laut gestellt – sei es auf der Straße oder im Internet: Warum hat Papst Franziskus den Rücktritt Wuerls trotzdem immer noch nicht angenommen? Sollte Wuerl gehen, folgen dann weitere? Etwa die von Vigano genannten? Wie konnte McCarrick sogar Seminaristen als Assistenten haben, nachdem bereits gegen ihn ermittelt wurde?
Die für viele wohl wichtigste, zu klärende Frage ist diese: Was ist dran an den Vorwürfen des ehemaligen Nuntius in den USA?
Diese Frage ist wichtiger als die Motivation Viganos, so sehr diese zu analysieren ist, wie auch die Agenda mancher verbohrter Papst-Kritiker und -Unterstützer, die nun irrlichtern und Nebelkerzen werfen.
Jeder Journalist weiss: Natürlich spielt die Motivation eines Whistleblowers eine Rolle. Aber auch der Wahrheitsgehalt seiner Vorwürfe ist dringend zu prüfen, und das nicht nur, weil mehrere hochrangige Kirchenvertreter Vigano in Schutz genommen haben, darunter der Erzbischof von San Francisco, während mittlerweile sechs Bischöfe allein in den USA öffentlich fordern, dass Viganòs Behauptungen wirklich geprüft werden.
Nicht nur diese Bischöfe und die aufgebrachten Laien wissen: Den Opfern – wie auch den einfachen Katholiken – steht es zu, die Wahrheit zu erfahren. Und der Kirche steht es zu, sie vom „Schmutz“ – Franziskus benutzte in Dublin dafür ein anderes Wort – zu befreien.
Nun hat der Papst die Anschuldigungen bislang aber weder von sich gewiesen noch bestätigt, wie CNA Deutsch berichtete.
Diese Haltung mag man für nachvollziehbar halten. Ob sie sich durchziehen lässt, wird sich zeigen müssen: Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo von Galveston-Houston, hat betont, dass die Vorwürfe Viganòs „prompt und gründlich“ geprüft werden müssen.
Viganòs Brief werfe ein Schlaglicht der „Aufmerksamkeit und Dringlichkeit“ darauf, „wie die schwerwiegenden moralischen Mängel eines Bischofsbruders so lange geduldet werden konnten und sich als kein Hindernis für seinen Aufstieg erwiesen haben“, so DiNardo in seiner Erklärung.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz weiter: Er wiederhole die Einladung der US-Bischöfe an den Vatikan, mittels einer Apostolischen Visite in den Vereinigten Staaten der „Wahrheit auf den Grund zu gehen“.
DiNardo weiß, was man im Vatikan bislang ignoriert: Katholiken wie Patricia Heaton werden nicht locker lassen. Diesmal nicht. Zumal Reporter in den USA jetzt schon an der Residenz von Erzbischof McCarrick klingeln, und italienische Journalisten mit dem – aus Angst um seine Sicherheit – verreisten Viganò, der alle Vorwürfe gegen seine Person von sich weist, weitere Interviews führen.
In seiner Erklärung schreibt DiNardo denn auch, dass er „sehnsüchtig“ auf eine Audienz bei Papst Franziskus warte, um „seine Unterstützung für die Pläne der US-Bischöfe zu gewinnen“. Demnächst wird wieder Besuch aus den USA in Rom eintreffen.
(Letztes Update am 31. August mit jüngsten Informationen zum Fall McCarrick)
(CNA Deutsch)

Die Zeit der Buße ist jetzt! Ein Rückblick auf Dublin und Ausblick für die Kirche

Wenn ich an das Weltfamilientreffen in Dublin zurückdenke, breitet sich ein seltsames Gefühl in der Magengegend aus, irgendwo zwischen „Wehmut“ und „Bedrückung“.

Mit meinen Kollegen von EWTN und CNA bin ich eine Woche lang in Dublin gewesen, um von diesem kirchlichen Großereignis zu berichten. Es waren Tage, in denen wir mit einer solchen menschlichen Wärme und Herzlichkeit empfangen wurde, die so gar nicht zum dort vorherrschendem Wetter und den neuesten Nachrichten aus der Weltkirche passte.

Ich hatte diese „Weltfamilientreffen“ bislang nicht wirklich auf dem Radarschirm, doch immerhin war das in Dublin bereits das neunte seiner Art. Konzipiert sind diese Treffen als eine Art „Weltjugendtag für Familien“, bei dem sich vor allem junge Familien treffen sollten, um die Möglichkeit zu haben, miteinander zu beten, zu singen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Dazu gibt es Katechesen und ein umfangreiches Kinderprogramm. Abgerundet werden diese Treffen wie auch die Weltjugendtage durch den Besuch des Papstes.

Dennoch: In Dublin war alles eine Nummer kleiner, gemütlicher, oder — familiärer. Bis zum Freitag spielte sich alles auf einem recht überschaubaren Areal ab. Dazu gab es ein paar Hallen, in denen die Stände von verschiedenen katholischen Organisationen oder Ordensgemeinschaften waren oder Podien und Vorträge abgehalten wurden. In einem anderen Bereich spielte sich das Kinderprogramm ab. Dort gab es mehrere Zelte mit Möglichkeiten zum Spielen. Auch der YouCat war mit einem großen Zelt vertreten.

Ab es war nicht so, dass die irische Hauptstadt in diesen Tagen von einer Masse an katholischen Familien überschwemmt wurde. Besonders deutlich wurde es dann, als beim eigentlichen Höhepunkt – der Ankunft des Papstes – die Luftaufnahmen zeigten, dass der Papst stellenweise durch fast menschenleere Straßen fuhr und auch beim Empfang im Croke Park Stadium große Lücken klafften. Die Suche nach den Gründen für das Fernbleiben der Leute ist schwierig – schließlich können Abwesende nicht befragt werden.

Doch es lag eine eigenartige Stimmung über diesem Weltfamilientreffen. Auf der einen Seite war da unter vielen Teilnehmern diese unglaublich große Freude am Glauben, die beeindruckende Internationalität der Kirche, die es schaffte, selbst die größten Sprachbarrieren zu überwinden, und auch junge Familien als personifizierte Hoffnung und Zukunft der Kirche.

Auf der anderen Seite war da dieser lange, dunkle Schatten, der über Dublin lag. Die neuesten Berichte aus den USA und anderen Ländern über den Missbrauch und die systematische Vertuschung durch katholische Geistliche hatten vielen Besuchern des Weltfamilientreffens das brutale Leid der Opfer konkret vor Augen geführt.

Dass diese vertuscht und die Täter gedeckt wurden, bis hinauf in die höchste Kirchenspitze: Das ist mit der Rede von „unterdrückter Sexualität“, „Zölibat“ oder „bedauerliche Einzelfällen“ nicht geklärt, hörte ich immer wieder in Dublin. Viele fanden im persönlichen Gespräch ein deutliches Wort für die Verbrechen und deren Vertuschung: Sie nennen es diabolisch.

Papst Franziskus indes fand ein anderes Wort: „Kacke“.

Beim persönlichen Treffen mit einigen Opfern, so berichteten Teilnehmer, sei der Heilige Vater von den Schilderungen sehr erschüttert gewesen. Missbrauch, Vertuschung und Korruption, sagte er anschließend, seien „caca“. Zwar versuchte der anwesende Übersetzer den Vulgärausdruck noch zu umschreiben mit „das, was in der Toilette liegt“, doch die Botschaft kam an.

Mit großer Spannung war sein Besuch erwartet worden, immerhin war dies der erste Besuch eines Papstes auf der Insel seit fast 40 Jahren. Schon in den Tagen davor prügelten einige führende irische Medien auf ihn ein: Sie forderten endlich Durchgreifen und weitreichende Konsequenzen statt der oft gehörten Bitten um Vergebung und Sprüchen über „Null Toleranz“.

Der irische Regierungschef Leo Varadkar warnte den Pontifex sogar, dass es ein neues Verhältnis zwischen Staat und Kirche geben müsse, und das beim offiziellen Staatsempfang, wo sonst gerne Höflichkeiten ausgetauscht werden. Dass Franziskus ein „ganz anderes Irland“ vorfinden werde als noch Johannes Paul II. bei seinem Besuch 1979 war schon im Vorfeld klar geworden.

Irland sei jetzt ein „modernes, fortschrittliches“ Land, in dem jeder Mensch gleichberechtigt sei, so Varadkar. Nicht erwähnt wurden in der Lobeshymne auf die vom Staat geschaffene Gleichberechtigung all die ungeborenen Menschen, die sich nun einer neuen Bedrohung ausgesetzt sehen: Seit Anfang dieses Jahres sind Abtreibungen nun offiziell auch in Irland erlaubt.

Franziskus entzündete in der St. Mary-Kathedrale eine Kerze für all jene, die den Vergehen von geweihten Personen der Kirche zum Opfer gefallen sind. Er sprach ein öffentliches Schuldbekenntnis aus, bat wieder einmal mehrmals um Vergebung. Auch für die Vertuschung der Verbrechen.

All dies wurde von den Medien aufmerksam registriert, auch wenn besonders durch die Veröffentlichung des Vigano-Briefes (CNA Deutsch hat berichtet) der Papst selbst erneut in die Kritik geriet. Das Problem sei nicht allein der von Franziskus als Hauptgrund bezeichnete „Klerikalismus“, betonte beispielsweise unter anderem der Schweizer Weihbischof Marian Eleganti in einem Interview mit EWTN. Auch der Umgang mit Homosexualität im Klerus dürfe nicht ignoriert werden.

Ob die von vielen als unglücklich empfundenen Aussagen des Papstes auf dem Rückflug von Dublin nach Rom Grund zur Hoffnung auf lückenlose Aufklärung geben? Das darf bezweifelt werden.

Freunde aus Deutschland hatten mir geschrieben, es sei gut, dass EWTN vor Ort sei und wir die Möglichkeit hätten, jetzt nicht „immer nur über das Negative“ zu berichten. Jedoch: Es ging nicht anders.

Das Thema war allgegenwärtig. Ich verstehe jeden Einzelnen, der es satthat, jeden Morgen mit den neuen Enthüllungen über Missetaten der Kirche konfrontiert zu werden. Aber es muss jetzt eine Zeit der Reinigung anbrechen, in der der ganze Schmutz ans Tageslicht kommt. Um wieder Ostern werden zu lassen, muss die Kirche durch eine intensive Fastenzeit. Dann erst kann der Hausputz beginnen.

Viele hatten sich daran gestört, dass der Papst alle Gläubigen zur Buße, zum Fasten und Gebet angeregt hat, denn schließlich sähen sie es nicht ein, das mit auslöffeln zu müssen, was einige Kleriker „eingebrockt“ haben (um nicht bei Franziskus´ skatologischer Wortwahl zu bleiben). Aber: „Wenn ein Glied leidet, leiden alle anderen mit“.

Freilich ist die Frage noch ungeklärt, ob Franziskus von den Vorgängen um McCarrick wusste und inwieweit er einen Teil der Verantwortung an der Vertuschung trägt. Trotzdem war mein persönliches Highlight bei diesem Weltfamilientreffen seine Ankunft im Croke Park Stadium.

Wir hatten seit den Morgenstunden auf ihn gewartet, auch wenn das Stadion immer noch nicht komplett voll war. Als das Papamobil schließlich einfuhr und Applaus aufbrandete, wartete ich hochkonzentriert in meiner Kameraposition, um ein möglichst gutes Foto zu schießen. Plötzlich war der Papst in Sichtweite und der Applaus wurde zum wilden Begeisterungssturm.

Während ich den Auslöser betätigte, bemerkte ich, wie sich mehr und mehr meine Nackenhaare aufstellten und ich richtig Gänsehaut bekam. Es hörte auch nicht auf, als ich weiterrennen musste, um an der nächsten Ecke einen anderen Winkel auf das Papstmobil zu bekommen.

Ich wurde komplett ergriffen von der Begeisterung um mich herum. Diese Menschen da, sie jubelten nicht einem Jorge Bergoglio in Papstklamotten zu, nicht einer Kirche, die gerade ihren tiefsten menschlichen Sündensumpf offenbarte. Sie jubelten dem zu, was dieser Mann trotz allem repräsentierte: Einer Kirche, die ihre Wurzeln und ihre Zukunft woanders hat. In ihren Reihen laufen die größten Heiligen mit, aber auch große Sünder. Sie rettete das Leben vieler Menschen, aber viele verwechseln sie mit den Sündern, die zu ihr gehör(t)en, Schande und Schmerz verursacht haben.

Das mag pathetisch klingen. Dennoch: Selten wurde mir so wie in diesem Moment bewusst, dass Gott uns – Seiner Kirche – erneut eine Chance geben wird. Hoffentlich werden wir sie nutzen. Doch vor allem sollten wir jetzt bei denen sein, die so sehr verletzt worden sind; sie haben die Wahrheit verdient, die nur eine schonungslose Aufklärung bringen wird. (CNA Deutsch)

Kirchgänger leben länger: Harvardstudie empfiehlt Religion

CAMBRIDGE, MASSACHUSETTS ,- Frauen, die regelmäßig einen Gottesdienst besuchen, leben im Schnitt gesünder und länger als jene, die das nicht tun. Das hat eine Studie der Harvard-Universität ergeben. Als Konsequenz daraus empfehlen die Forscher, dass Ärzte Religion als Mittel für ihre Patienten erwägen sollten.

Der Befund der im JAMA Internal Medicine veröffentlichten Untersuchung zeigt, dass „wer mehr als einmal pro Woche an einem Gottesdienst teilnimmt, insgesamt eine um 33 Prozent niedrigere Sterberate hatte im Vergleich mit Frauen, die nicht Gottesdienste besuchten.“

Besonders für Herzkreislauf-Erkrankungen und Krebs hatten Frauen, die mehr als einmal pro Woche in den Gottesdienst höhere Überlebensraten als ihre Geschlechtsgenossinnen, so die Wissenschaftler.

Auch unter Berücksichtigung von Risikofaktoren wie Rauchen, Depression und Sozialhilfe-Unterstützung blieb dieser Zusammenhang bestehen, so die Studie.

„Religion und Spiritualität“, so das Resümee die Forscher, „kann ein unterschätztes Mittel sein, dass Ärzte mit ihren Patienten je nach Lage einsetzen könnten“.

Exklusiv für CNA in deutscher Sprache mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung von www.ChurchPOP.com (Erstveröffentlichung 24.5.2016)

(CNA Deutsch)

Vatikan erklärt, warum er Wort des Papstes über Homosexuelle entfernt hat

VATIKAN – Am gestrigen Montag erklärte eine Pressesprecherin des Vatikans, warum man das Wort „Psychiatrie“ in der Antwort von Papst Franziskus auf eine Frage zur Homosexualität in der Pressekonferenz vom Sonntag weggelassen habe. Es sei gewesen, um „die Gedanken des Papstes nicht zu verfälschen.“

Auf dem Rückflug von Irland nach Rom wurde Papst Franziskus gefragt, „was er dem Vater eines homosexuellen Kindes sagen würde?“

„Deine Frage ist klar: Was würde ich einem Vater sagen, der sieht, dass sein Sohn oder seine Tochter diese Neigung hat. Vor allem würde ich ihm sagen: Beten, bete. Nicht verurteilen, miteinander reden, verstehen, Platz machen für den Sohn oder die Tochter, ihnen Raum geben, damit sie sich ausdrücken können. Dann ist es auch wichtig, in welchem Alter sich diese Unruhe des Kindes manifestiert. Es ist eine Sache, wenn sich das als Kind bemerkbar macht, denn da gibt es viele Dinge, die man mit der Psychiatrie machen kann oder um zu sehen, wie die Dinge stehen; etwas anderes ist es, wenn das in Erscheinung tritt, wenn sie über 20 Jahre alt sind oder so…“ antwortete der Heilige Vater wörtlich, wie in der Tonbandaufnahme der Journalisten an Bord des Flugzeuges zu hören ist.

Am Montag jedoch veröffentlichte der Vatikan die offizielle Version der Pressekonferenz auf Italienisch und entfernte in dieser das Wort „Psychiatrie“ aus der Antwort des Papstes:

„Deine Frage ist klar: Was würde ich einem Vater sagen, der sieht, dass sein Sohn oder seine Tochter diese Neigung hat. Vor allem würde ich ihm sagen: Beten, bete. Nicht verurteilen, miteinander reden, verstehen, Platz machen für den Sohn oder die Tochter, ihnen Raum geben, damit sie sich ausdrücken können. Dann: In welchem Alter manifestiert sich diese Unruhe des Kindes? Das ist wichtig. Es ist eine Sache, wenn sich das als Kind bemerkbar macht, wo es viele Dinge gibt, die man tun kann, um zu sehen, wie die Dinge stehen; etwas anderes ist es, wenn das in Erscheinung tritt, wenn sie über 20 Jahre alt sind oder so…“ heißt es im offiziellen Text.

Die internationale Presse gab zuerst bekannt: „Papst Franziskus empfiehlt, Homosexualität bei Kindern mit einem Psychiater zu behandeln.“ Nach der Publikation der offiziellen Version berichtete sie dann, dass „der Vatikan den Papst zum Thema Homosexualität korrigiert.“

Angesichts dessen sagte die Vizedirektorin des Presseamts des Heiligen Stuhls, Paloma García Ovejero, zur Agentur AFP, dass das Wort entfernt wurde, „um die Gedanken des Papstes nicht zu verfälschen.“

„Wenn der Papst von ´Psychiatrie´ spricht, ist klar, dass er ein Beispiel für die verschiedenen Dinge geben wollte, die getan werden können“ erklärte sie.
Der Papst wollte nicht sagen, dass es sich „um eine psychiatrische Krankheit“ handle, so García Ovejero.

Übersetzt aus dem spanischen Original von Susanne Finner. (CNA Deutsch)

Kardinal Wuerl bestreitet, von Sanktionen gegen McCarrick gewusst zu haben

WASHINGTON -Kardinal Donald Wuerl hat einen Bericht dementiert, dass er über Sanktionen informiert war, die der Vatikan offenbar gegen seinen Vorgänger, Erzbischof Theodore McCarrick, verhängt hatte.

„Kardinal Wuerl erhielt keine Unterlagen oder Informationen vom Heiligen Stuhl, die sich auf das Verhalten von Kardinal McCarrick oder eines der von Erzbischof Vigano vorgeschlagenen Verbote seines Lebens und Dienstes beziehen“, sagte der Sprecher des Kardinals, Ed McFadden, gegenüber CNA.

Am 25. August (Ortszeit) veröffentlichte Erzbischof Carlo Vigano, von 2011 bis 2016 Apostolischer Nuntius in den Vereinigten Staaten, eine schriftliche Erklärung, in der er behauptet, dass Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009 oder 2010, nachdem er Berichte über fortwährendes sexuelles Fehlverhalten von McCarrick erhalten hatte, folgende Sanktionen angeordnet habe: Der Kardinal müsse das Priesterseminar, in dem er lebte, verlassen, ihm sei verboten, öffentlich die Messe zu feiern, an öffentlichen Versammlungen teilzunehmen, Vorträge zu halten, zu reisen, und er sei verpflichtet, ein zurückgezogenes Leben des Gebets und der Buße zu führen.

Vigano schreibt, es sei „absolut undenkbar“, dass Erzbischof Pietro Sambi, Nuntius zum Zeitpunkt der Verhängung der Sanktionen, Wuerl nicht über die Sanktionen gegen McCarrick informiert habe; McCarrick, lebte, wie Quellen vor Ort bestätigten, damals in Washington im Priesterseminar Redemptoris Mater.

„Ich selbst habe das Thema mehrmals gegenüber Kardinal Wuerl angesprochen, und ich brauchte gar nicht ins Detail zu gehen, denn es war mir sofort klar, dass er völlig Bescheid wusste“, schreibt Viganò weiter.

Der Erzbischof erwähnt auch einen spezifischen Vorfall: Er habe Wuerl gegenüber eine Anzeige angesprochen, in der um Berufungen geworben wurde. In dieser wurden junge Männer eingeladen, sich mit McCarrick zu treffen. Wuerl habe sofort gesagt, wer werde die Anzeige stornieren.

Wuerl bestreitet nicht, dass er mit dem Erzbischof über eine Berufsanzeige gesprochen hat. Allerdings, so McFadden, „vermutete Erzbischof Vigano, dass Wuerl spezifische Informationen hatte, die Wuerl nicht hatte.“

Auch wenn McCarrick aus dem Seminar Redemptoris Mater ausgezogen sein soll: McFadden teilte mit, dass „Kardinal Wuerl kategorisch bestreitet, dass er jemals Informationen über die Gründe für Kardinal McCarricks Auszug aus dem Priesterseminar Redemptoris Mater erhalten hat“.

Eine Quelle aus dem unmittelbaren Umfeld des Kardinals sagte gegenüber CNA, dass Wuerl den Eindruck gehabt habe, irgendetwas sei geschehen, weshalb McCarrick das Seminar verlassen habe. Doch weder McCarrick noch der Nuntius hätten mit ihm darüber gesprochen.

Vigano schildert dies anders: „Kardinal Wuerl, der sich der ständigen Misshandlungen durch Kardinal McCarrick und der Sanktionen, die ihm von Papst Benedikt auferlegt wurden, bewusst war, erlaubte ihm auch, in einem Priesterseminar in Washington D.C. zu wohnen, wodurch er andere Seminaristen einem Risiko aussetzte“.

McCarrick wurde am 20. Juni 2018 mit mehreren Sanktionen belegt, nachdem die Erzdiözese von New York eine Behauptung für glaubwürdig hielt, er habe in den 70er Jahren einen Teenager sexuell missbraucht. Seitdem wird behauptet, dass McCarrick während seiner jahrzehntelangen priesterlichen und bischöflichen Tätigkeit mindestens einen weiteren Teenager sexuell missbraucht hat und dass er junge Priester und Seminaristen sexuell gezwungen und angegriffen hat. Am 28. Juli wurde McCarrick’s Rücktritt vom Kardinalskollegium angenommen, und er erwartet einen Prozess im Vatikan.

Am 20. Juni 2018 suspendierte Kardinal Pietro Parolin auf Anweisung von Papst Franziskus den ehemaligen Kardinal McCarrick, nachdem eine Untersuchung der New Yorker Erzdiözese einen Vorwurf des sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen als „glaubwürdig und begründet“ beurteilte. Seitdem sind mehrere weitere Vorwürfe bekannt geworden, wie CNA Deutsch berichtete.

Eine Quelle, die mit der Causa McCarrick eng vertraut ist, sagte gegenüber CNA, dass Wuerl, als er darüber informiert wurde, dass gegen McCarrick wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch ermittelt wurde, darum bat, dass McCarrick sich aus der Öffentlichkeit zurückziehe. McCarrick habe sich jedoch geweigert. Die Quelle sagte weiter, dass es Wuerl kirchenrechtlich nicht erlaubt sei, McCarrick die Ausübung des Dienstes in der Erzdiözese Washington zu verbieten, und dass McCarrick auch Aufforderungen anderer Verantwortlicher abgelehnt habe, Reisen oder öffentliche Auftritte in ihren Diözesen zu vermeiden.

Die „Zeugenaussage“ von Erzbischof Vigano besagt, dass Wuerls „jüngste Äußerungen, er wisse nichts davon, obwohl er anfangs schlauerweise auf die Entschädigung der beiden Opfer verwies, absolut lächerlich sind. Der Kardinal lügt schamlos.“

Viganos Erklärung zufolge hat McCarrick jahrzehntelang Einfluss auf Persönlichkeiten im Vatikan ausgeübt, und besonderen Einfluss auf Papst Franziskus gehabt. Weiter behauptet der ehemalige Nuntius, McCarrick habe einige der jüngsten Bischofernennungen des Papstes eingefädelt, darunter die von Kardinal Blase Cupich zur Erzdiözese Chicago 2014 und die von Kardinal Joseph Tobin zur Erzdiözese Newark 2016.

Der Brief des Erzbischofs fordert Franziskus auf, „seine Fehler einzuräumen“ und „den Kardinälen und Bischöfen ein gutes Beispiel zu geben, die McCarricks Missbrauch vertuschten, und mit ihnen allen gemeinsam zurückzutreten“.

Der Vatikan hat bislang nicht auf Viganos Behauptungen reagiert. (CNA Deutsch)

Ehemaliger Nuntius erhebt schwere Vorwürfe gegen Papst im Fall McCarrick

Erzbischof Carlo Maria Viganò fordert Franziskus zum Rücktritt auf, behauptet: Der Papst habe Benedikts Sanktionen aufgehoben und McCarrick gedeckt, zum Berater gemacht.

VATIKAN – In einer elfseitigen schriftlichen Zeugenaussage hat ein ehemaliger Apostolischer Nuntius in den Vereinigten Staaten mehrere hochrangige Prälaten der Mittäterschaft bei der Vertuschung der Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen Erzbischof Theodore McCarrick beschuldigt und behauptet, dass Papst Franziskus von den Sanktionen wusste, die Papst Benedikt XVI. gegen den damaligen Kardinal McCarrick verhängt hatte. Franziskus habe diese aber aufgehoben.

Erzbischof Carlo Maria Viganò, 77, der von 2011 bis 2016 als Apostolischer Nuntius in Washington D.C. diente, schrieb, dass Benedikt in den späten 2000er Jahren gegen „Kardinal McCarrick ähnliche Sanktionen verhängt hatte, wie sie ihm jetzt von Papst Franziskus auferlegt wurden“ und dass Viganò persönlich Papst Franziskus von diesen Sanktionen im Jahr 2013 erzählt habe.

Erzbischof Viganò behauptet in seiner schriftlichen Erklärung zudem, dass Papst Franziskus „weiterhin McCarrick gedeckt“ habe und nicht nur „die Sanktionen, die Papst Benedikt gegen ihn verhängt hatte, nicht berücksichtigte“, sondern McCarrick auch zu „seinem vertrauten Berater“ machte: Der ehemalige Erzbischof von Washington habe den Papst dabei beraten, eine Reihe von Bischöfen in den Vereinigten Staaten zu ernennen, darunter die Kardinäle Blase Cupich von Chicago und Joseph Tobin von Newark.

Erzbischof Viganò teilt in seiner Zeugenaussage mit, sein „Gewissen gebiete“ ihm, die Wahrheit bekannt zu machen, da „die Korruption die Spitze der Hierarchie der Kirche erreicht hat“. Zum Abschluss seiner Erklärung fordert er Papst Franziskus und all jene, die an der Vertuschung von Erzbischof McCarricks Missbrauch beteiligt waren, zum Rücktritt auf.

Am 20. Juni 2018 suspendierte Kardinal Pietro Parolin auf Anweisung von Papst Franziskus den ehemaligen Kardinal McCarrick, nachdem eine Untersuchung der New Yorker Erzdiözese einen Vorwurf des sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen als „glaubwürdig und begründet“ beurteilte. Am selben Tag erfuhr die Öffentlichkeit, dass die Erzdiözese Newark und die Diözese Metuchen in New Jersey drei Anschuldigungen wegen sexuellen Fehlverhaltens McCarricks gegenüber erwachsenen Männern erhalten hatten. Seitdem haben Medien über Jahrzehnte langes Fehlverhalten und wiederholten Missbrauch berichtet. Unter den Opfern: Ein Jugendlicher, drei junge Priester oder Seminaristen und ein Mann, den McCarrick ab dem Alter von 11 Jahren missbraucht haben soll, wie CNA Deutsch berichtete.

Laut Viganò hatte Papst Benedikt XVI. bereits früher Sanktionen gegen McCarrick verhängt, die denen von Kardinal Parolin ähneln. „Der Kardinal sollte das Seminar, in dem er lebte, verlassen“, so Viganò, „es war ihm auch verboten, öffentlich die Messe zu feiern, an öffentlichen Versammlungen teilzunehmen, Vorträge zu halten, zu reisen, mit der Verpflichtung, sich einem Leben des Gebets und der Buße zu widmen“. Viganò dokumentierte nicht das genaue Datum, sondern erinnerte sich, dass die Sanktionen bereits 2009 oder 2010 verhängt worden seien.

Bereits Jahre vor den Maßnahmen Benedikts gegen McCarrick hatten die Vorgänger von Erzbischof Viganò in der Nuntiatur – die Erzbischöfe Gabriel Montalvo und Pietro Sambi – den Heiligen Stuhl „sofort“ darüber informiert, als sie von Erzbischof McCarricks „schwerwiegend unmoralischen Verhalten gegenüber Seminaristen und Priestern“ erfahren hatten, so der pensionierte italienische Vatikan-Diplomat.

Viganò zufolge hat Erzbischof Montalvo den Vatikan erstmals im Jahr 2000 alarmiert und darum gebeten, dass der Dominikaner-Pater Boniface Ramsey die Vorwürfe in einem Brief an Rom bestätigt. Im Jahr 2006, so Viganò, habe er persönlich, als Delegierter für päpstliche Vertretungen im Staatssekretariat, ein Memo an seinen Vorgesetzten, Kardinal Leonardo Sandri, geschrieben und vorgeschlagen, gegen McCarrick „ein Exempel zu statuieren“, das eine „medizinische Funktion“ haben könnte, um zukünftigen Missbrauch zu verhindern und eine „sehr ernsthafte Skandalisierung der Gläubigen“ zu minimieren.

Er stützte sich dabei auf eine Anklageschrift, die Erzbischof Pietro Sambi dem Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone übermittelt hatte, in der ein des Missbrauchs schuldiger Priester Vorwürfe gegen McCarrick von „großer Heftigkeit und Abscheulichkeit“ erhoben hatte, einschließlich „verderblicher Verhaltensweisen“ und der „frevelhaften Feier der Eucharistie“

Doch laut Viganò wurde sein Memo ignoriert und bis Ende der 2000er Jahre wurde nichts unternommen – eine Verzögerung, von der Erzbischof Viganò behauptet, dass sie auf das Konto der Komplizenschaft der Staatssekretäre unter Johannes Paul II. und Benedikt XVI., geht: der Kardinäle Angelo Sodano und Tarcisio Bertone.

Erzbischof Viganò erklärt weiter, dass er im Jahr 2008 ein zweites Memo geschrieben habe, diesmal an Kardinal Sandris Nachfolger als Sostituto im Staatssekretariat, Kardinal Fernando Filoni. Dieses enthielt eine Zusammenfassung der Untersuchungen von Richard Sipe, einem Psychotherapeuten und Spezialisten für klerikalen sexuellen Missbrauch, welches Sipe selber Benedikt in Form einer Erklärung geschickt habe. Viganò sagte, dass er das Memo beendete, indem er gegenüber seinen Vorgesetzten „wiederholte, dass ich es für notwendig hielt, so schnell wie möglich einzugreifen, indem man McCarrick den Kardinalshut abnimmt“.

Wiederum, so der Viganò, stieß seine Bitte auf taube Ohren und er schreibt, er sei „sehr bestürzt“ gewesen, dass beide Memoranden ignoriert wurden, bis Sipes „mutige und verdienstvolle“ Aussage „das gewünschte Ergebnis“ habe.

„Benedikt tat, was er tun musste“, sagte Erzbischof Viganò gegenüber dem „National Catholic Register“ vom 25. August, „aber seine Mitarbeiter – der Staatssekretär und alle anderen – haben es nicht so umgesetzt, wie sie es hätten tun sollen, was zu der Verzögerung führte.“

„Sicher ist,“ schreibt Viganò in seinem Zeugnis, „dass Papst Benedikt gegen McCarrick die oben genannten kirchenrechtlichen Sanktionen verhängte und dass sie ihm vom Apostolischen Nuntius in den Vereinigten Staaten, Pietro Sambi, mitgeteilt wurden“.

Der „National Catholic Register“ hat von unabhängiger Seite bestätigt bekommen, dass Benedikt die Vorwürfe gegen McCarrick auf jeden Fall bekannt waren: Der emeritierte Papst erinnere sich daran, Kardinal Bertone angewiesen zu haben, Maßnahmen zu ergreifen, auch wenn er sich nicht mehr an die genauen Einzelheiten erinnere.

Im Jahr 2011, kurz nach seiner Ankunft in Washington D.C., habe er persönlich die Sanktionen gegen McCarrick diesem noch einmal mitgeteilt, so Erzbischof Viganò. „Der Kardinal, der kaum verständlich murmelte, gab zu, dass er vielleicht den Fehler gemacht hatte, mit einigen Seminaristen in seinem Strandhaus im selben Bett zu schlafen, aber er sagte dies, als ob es keine Bedeutung hätte“, erinnert sich Viganò in seiner Zeugnisaussage

In seiner schriftlichen Erklärung schildert Viganò dann seine Einschätzung, wie McCarrick trotz der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen im Jahr 2000 zum Erzbischof von Washington D.C. ernannt werden konnte und wie seine Vergehen vertuscht wurden. Seine Aussage beschuldigt die Kardinäle Sodano, Bertone und Parolin und er besteht darauf, dass mehrere weitere Kardinäle und Bischöfe sehr wohl Bescheid wussten, darunter Kardinal Donald Wuerl, McCarricks Nachfolger als Erzbischof von Washington D.C.

„Ich selbst habe das Thema mehrmals gegenüber Kardinal Wuerl angesprochen, und ich brauchte gar nicht ins Detail zu gehen, denn es war mir sofort klar, dass er völlig Bescheid wusste“, schreibt Viganò.

Ed McFadden, ein Sprecher der Erzdiözese Washington, sagte gegenüber CNA, dass Wuerl kategorisch abstreitet, dass McCarrick vom Vatikan in seinem öffentlichen Wirken sanktioniert worden sei.

In der zweiten Hälfte von Viganòs Zeugenaussage geht es vor allem darum, was Papst Franziskus über McCarrick wusste, und wie der Pontifex handelte.

Erzbischof Viganò beschreibt ein Treffen mit Kardinal McCarrick im Juni 2013 in Sanctae Marthae, der Residenz des Papstes, bei der McCarrick ihm gegenüber „in einem Ton irgendwo zwischen zweideutig und triumphierend: ‚Gestern hat mich der Papst empfangen, morgen fliege ich nach China'“. Mit anderen Worten: Franziskus habe das von Benedikt verhängte Reiseverbot aufgehoben (ein weiterer Beweis hierfür ist ein Interview, das McCarrick dem – mit dem Register nicht zu verwechselnden – „National Catholic Reporter“ im Jahr 2014 gab).

Bei einem privaten Treffen einige Tage später, so Erzbischof Viganò, habe Papst Franziskus ihn gefragt: „Wie ist Kardinal McCarrick so?“, worauf Viganò antwortete: „Er verdarb Generationen von Seminaristen und Priestern und Papst Benedikt befahl ihm, sich zu einem Leben des Gebets und der Buße zurückzuziehen.“ Viganò fährt fort: Er glaube, dass der Zweck der Frage des Papstes gewesen sei „herauszufinden, ob ich ein Verbündeter von McCarrick war oder nicht“.

Es sei „klar“, dass seit der Wahl von Papst Franziskus McCarrick, jetzt befreit von allen Sanktionen, sich frei genug gefühlt habe, ständig zu reisen, Vorträge und Interviews zu geben, so Viganò.

Darüber hinaus fügt der Erzbischof hinzu, McCarrick sei „Königsmacher für Ernennungen in der Kurie und den Vereinigten Staaten“ geworden, „und der meistgehörte Berater im Vatikan für die Beziehungen zur Obama-Regierung“.

Viganò behauptet weiter, dass die Ernennungen von Kardinal Cupich nach Chicago und Kardinal Joseph Tobin nach Newark „unter anderem von McCarrick eingefädelt wurden“. Er sagte, dass keiner der Namen von der Nuntiatur vorgelegt wurde, deren Aufgabe traditionell darin besteht, der Kongregation für die Bischöfe eine Namensliste oder Terna vorzulegen. Er fügte hinzu, dass auch die Ernennung von Bischof Robert McElroy nach San Diego „von oben“ eingefädelt und nicht durch den Nuntius vorgeschlagen worden sei.

Der pensionierte italienische Diplomat bestätigt auch die Berichte des „National Catholic Registers“ über Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga und dessen Vertuschungsgebaren in Honduras und sagte, der Papst „verteidigt seinen Mann“ bis zum „bitteren Ende“, trotz der Anschuldigungen gegen ihn. Dasselbe gelte für McCarrick, so Viganò.

„Er [Papst Franziskus] wusste spätestens seit dem 23. Juni 2013, dass McCarrick ein Serientäter war“, sagte Erzbischof Viganò, aber obwohl Franziskus dies wusste, „deckte er ihn bis zum bitteren Ende“.

„Erst als er durch den Artikel über den Missbrauch eines Minderjährigen gezwungen wurde, wieder aufgrund der Berichterstattung der Medien, ergriff er Maßnahmen [gegen McCarrick], um sein eigenes Image in den Medien zu retten“, betont Viganò.

Der ehemalige amerikanische Nuntius wirft Papst Franziskus vor, „auf das Mandat verzichtet, das Christus Petrus gegeben hat, um die Brüder zu bestätigen“, und fordert ihn auf, „seine Fehler einzuräumen“ und „den Kardinälen und Bischöfen ein gutes Beispiel zu geben, die McCarricks Missbrauch vertuschten, und mit ihnen allen gemeinsam zurückzutreten“.

Gegenüber Journalisten sagte Erzbischof am 26. August, seine Hauptmotivation dafür, nun seine schriftliche Aussage zu machen sei, „das Leiden der Opfer zu beenden, neue Opfer zu verhindern und die Kirche zu schützen: Nur die Wahrheit kann sie frei machen“.

Er sagte auch, er wolle „mein Gewissen vor Gott von meiner Verantwortung als Bischof der Weltkirche befreien“ und fügte hinzu, dass er ein „alter Mann“ sei, der Gott „mit einem reinem Gewissen“ gegenüberstehen wolle.

„Das Volk Gottes hat das Recht, die volle Wahrheit auch über seine Hirten zu erfahren“, sagte er. „Sie haben das Recht, sich von guten Hirten führen zu lassen. Um ihnen vertrauen und sie lieben zu können, müssen sie sie offen, in Transparenz und Wahrheit kennen, wie sie wirklich sind. Ein Priester sollte immer ein Licht auf einer Kerze sein, überall und für alle.“

Dieser Artikel wurde aus dem englischen Original übersetzt und redigiert. Die Erstfassung erschien ursprünglich in der CNA-Schwesterzeitung „National Catholic Register„. (CNA Deutsch)

Papst verurteilt in Irland das Versagen der Bischöfe in Missbrauchsskandalen

Franziskus sagt, er teilt die Empörung der Menschen über die verantwortlichen Würdenträger – Appell an Bewusstsein für eine Völkerfamilie, zu der auch Flüchtlinge gehören.

UBLIN – Die Wut über das Versagen der Bischöfe in den weltweiten Missbrauchsskandalen ist gerechtfertigt, und er selber teile die Empörung der Gläubigen: Das hat Papst Franziskus zum Auftakt seines Besuchs des Weltfamilientreffens in Irland gesagt.

„Was die Schwächsten betrifft, so kann ich nicht umhin, den schweren Skandal anzuerkennen, der in Irland durch den Missbrauch junger Menschen durch Mitglieder der Kirche verursacht wurde, die für ihren Schutz und ihre Bildung verantwortlich sind“, so der Pontifex am 25. August 2018 im Schloss von Dublin.

„Das Versäumnis der kirchlichen Autoritäten – Bischöfe, Ordensoberhäupter, Priester und andere -, diese abscheulichen Verbrechen angemessen anzugehen, hat zu Recht Empörung hervorgerufen und bleibt eine Quelle des Schmerzes und der Schande für die katholische Gemeinschaft“. Er fügte hinzu: „Ich selbst teile diese Gefühle.“

Wie schon in seinem Brief an das Volk Gottes zur Missbrauch- und Vertuschungskrise knüpfte Franziskus in seiner – immer wieder vom Manuskript abweichenden – Rede demonstrativ an die Leistungen seines Vorgängers im Kampf gegen Missbrauch an. Papst Benedikt XVI. habe nicht nur gefordert, „dass als Antwort auf diesen Vertrauensbruch Maßnahmen ergriffen werden, die »wirklich dem Evangelium gemäß, gerecht und effektiv« sind (vgl. Hirtenbrief an die Katholiken in Irland, 10)“, sagte der argentinische Pontifex nun in Dublin, und fuhr fort:

„Sein freimütiges und entschlossenes Eingreifen dient weiterhin als Ansporn für die Bemühungen der kirchlichen Verantwortungsträger, die Fehler der Vergangenheit zu beheben und strenge Regeln zu erlassen, um sicherzustellen, dass sie sich nicht wiederholen“.

Was Franziskus selber tun wird, der ja als Bischof von Rom die entscheidende Verantwortung für den Umgang mit dieser Krise schultert, um diese anzupacken und hoffentlich dauerhaft zu lösen: Das war bereits vor seiner Ankunft zur Schlüsselfrage des Weltfamilientages geworden.

Ausgelöst durch Skandale in den USA, Chile, Honduras, Australien und anderen Ländern, ist die Krise auch und gerade in Irland ein brennendes Problem, weil auf der einst so katholischen Insel das Vertrauen in die Kirche massiv erschüttert worden ist.

Missbrauchs-Opfer, Kardinäle und viele andere haben gefordert, dass schuldige Kardinäle und Bischöfe ihr Amt verlieren und in schweren Fällen laisiert werden müssen. Wenn nötig, müsse auch das Kirchenrecht aktualisiert werden, forderte etwa Marie Collins, wie CNA Deutsch berichtete.

In seiner Rede im Schloss von Dublin erinnerte Franziskus an die Rolle von Familien – die ja Anlass seiner Reise nach Irland sind – und sprach über das Thema, dass ihn wie wenig andere am herzen liegen: die Migrationskrise. Auch Flüchtlinge seien Teil der „Vielvölkerfamilie“ der Welt, so der Papst.

„Wie notwendig wäre in allen Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens die Wiedererlangung des Bewusstseins dafür, dass wir eine wahre Völkerfamilie sind!“

Die Flüchtlinge seien dabei die „vielleicht beunruhigendste“ Herausforderung für das Gewissen, sagte Franziskus. (CNA Deutsch)

Eleganti: Krise der Kirche muss schonungslos aufgeklärt werden (Bericht und Video)

Weihbischof fordert im EWTN-Interview unter anderem ehrlichen Umgang mit Homosexualität und Frage einer ‚Subkultur‘: ‚Wäre, glaube ich, blind zu leugnen, dass wir da nicht ein Problem haben in der Kirche‘.

DUBLIN – Eine schonungslose, unabhängige Aufklärung der Ursachen der Missbrauch- und Vertuschungskrise, auch mit Blick auf die Frage nach einer angeblichen „homosexuellen Subkultur“ in der Kirche: Das hat Weihbischof Marian Eleganti OSB von Chur gefordert.

Der Schweizer Würdenträger sprach mit dem katholischen Fernsehsender EWTN.TV am Rande des Weltfamilientreffens in Dublin.

Mit Blick auf die Krise der Kirche könne man nun „gar nicht genug ehrlich und wahrhaftig sein“, so Eleganti in einem weitreichenden Interview mit Pia Cagianut und Robert Rauhut.

Auch Bischöfe und Papst müssten eine unabhängige Untersuchung aushalten, um Ausmaß und Ursachen der Krise aufzudecken und zu heilen, forderte der Schweizer Hirte. Dabei dürfe man nicht ignorieren, dass die Homosexualität im Missbrauchsskandal der Kirche eine Rolle spiele, so der langjährige Jugendbischof, der gleichzeitig betonte, wie wichtig und positiv es sei, dass mittlerweile Menschen mit homosexuellen Neigungen mit großem Respekt angenommen und nicht gerichtet würden.

Auf die Frage von Pia Cagianut, welche konkreten Konsequenzen die Kirche aus der Krise ziehen müsse, die zuletzt der Missbrauchsbericht aus Pennsylvania ausgelöst habe, antwortete Eleganti: „Wie in allen Dingen: Sie muss in der Wahrheit sein“. Schließlich habe bereits Jesus gesagt, dass alles was verborgen ist, ans Licht komme

„Ich stehe immer vor Gott, auch wenn ich ganz verborgen lebe. Und so wie ich im Verborgenen lebe, so muss ich auch ans Licht kommen.“

Wo dies in der Kirche nicht der Fall war, so Eleganti weiter, müsse diese geschaffen werden, betonte der Benediktiner und Bischof.

„Sonst gibt es keine Heilung“.

Manchmal müsse eine „große hässliche Wunde“ eben auch platzen und „durch die Offenlegung der Wunde können die Ärzte dann nach Heilmitteln suchen. Das kann wehtun. Und diesen Prozess muss die Kirche durchstehen“, sagte der Hirte gegenüber EWTN.

„Man kann jetzt gar nicht genug ehrlich und wahrhaftig sein.“

Auf die Frage, wie das konkret so umgesetzt werden könne, damit Laien wieder Vertrauen schenken können, sagte der Weihbischof, unabhängige Personen müssten alles untersuchen, auch „wie die Netzwerke waren, warum man das gedeckt hat, warum nicht kommuniziert, nicht gehandelt wurde.

„Wir müssen objektive Kommissionen schaffen“. Nicht die Institution könne sich selber untersuchen: „Das ist zu wenig glaubwürdig.“

„Wir alle müssen das aushalten“, so Eleganti, „auch die Bischöfe, auch der Papst“.

Es sei „sicher eine große Reinigung und eine innere Erschütterung“, doch diese sei notwendig und es sei allemal besser, dass die Dinge jetzt offenbar werden, und dass eine Reinigung geschieht“.

Johannes Paul II. habe im Jahr 2000 von der Reinigung des Gedächtnisses der Kirche gesprochen, von den Sünden der Kirchengeschichte, fuhr Eleganti fort, „und so eine Reinigung passiert jetzt auch mit den Sünden der jüngsten Kirchengeschichte in diesem jetzt wirklich sehr schmerzlichen Zusammenhang, dessen Ausmaß wahrscheinlich wir alle unterschätzt haben“.

Auf die Frage von Robert Rauhut, welche Rolle dabei aus seiner Sicht eine „homosexuelle Subkultur“ spiele – diese hatte unter anderem Bischof Robert Morlino von Madison in einem Hirtenbrief scharf kritisiert – sagte Weihbischof Eleganti: „Da ist sehr sehr viel geschehen seit den [19]68ern; wenn ich zurückdenke, wie sich da die Einstellung gegenüber der Homosexualität liberalisiert, verändert hat“.

Es sei „sehr positiv, dass wir alle Menschen, mit großem Respekt annehmen und jedem Menschen begegnen, ohne zu richten“, betonte Eleganti. Schließlich müsse man jeden Menschen in seiner Würde achten. „Und dass Menschen sich nicht verstecken müssen. Das finde ich positiv. Aber der Skandal, der Missbrauchskandal zeigt halt doch: Es hängt mit der Homosexualität zusammen“, so der Weihbischof.

„Wenn man die Ergebnisse anschaut, in Pennsylvania, mit den 300 Priestern, muss man, habe ich gelesen, doch sagen: 90 Prozent stehen in einem direkten Zusammenhang mit einer homosexuellen Veranlagung und Neigung“, fuhr Eleganti fort. Es seien primär Heranwachsende, Teenager, Seminaristen gewesen, die Opfer dieser Übergriffe waren.

Der Weihbischof wörtlich gegenüber EWTN: „[E]s wäre, glaube ich, blind zu leugnen, dass wir da nicht ein Problem haben in der Kirche mit der Homosexualität, und dass die Homosexualität da eine Rolle spielt.“

Auch Papst Franziskus habe vor kurzem gesagt, dass Menschen mit einer tiefsitzenden homosexuellen Neigung nicht ins Priestertum, nicht ins Seminar aufgenommen werden sollten. „Solche Aussagen müssten auch zur Kenntnis genommen werden“, so Eleganti.

Hier der Video-Ausschnitt des Interviews zum Thema bei EWTN.TV:

(CNA Deutsch)

Franziskus wird in Dublin voraussichtlich auch ehemalige Opfer von Missbrauch treffen

Analyse: Nach dem Papstbrief hoffen viele Katholiken auf Konsequenzen aus der Krise – Doch nur eine Umverteilung von Macht wird das eigentliche Problem nicht lösen.

VATIKANSTADT – Wenn Papst Franziskus am kommenden Wochenende nach Dublin fliegt, zum Abschluss des Weltfamilientreffens, dann wird das Hauptaugenmerk darauf gerichtet sein, wie er die schwere Krise anpackt, welche die Missbrauch- und Vertuschungsskandale ausgelöst haben.

Das liegt zum einen daran, dass sexuelle Gewalt, unmoralisches Fehlverhalten und dessen Vertuschung bislang nicht nur in den USA, Chile, Honduras oder Australien ans Tageslicht gekommen ist, sondern auch und gerade Irland selber davon betroffen ist.

Mehr noch: Wenige Gesellschaften sind wohl so geprägt von ihrem Verhältnis zur krisengebeutelten Kirche wie die irische.

Einige Missbrauchsopfer forderten sogar, dass Papst Franziskus überhaupt nicht nach Irland kommen sollte, und mehrere Boykott-Initiativen waren in den vergangenen Wochen in sozialen Medien gestartet worden.

Auch zwei prominente US-Kardinäle haben ihre Teilnahme am Treffen wegen der Krise abgesagt, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, wie CNA Deutsch berichtete.

Marie Collins: „Nichts gegen Papstbesuch“

Doch die prominente Expertin Marie Collins, selber Opfer von Missbrauch, sagte gegenüber der Website „Crux„, sie habe nichts gegen den Besuch von Franziskus in Irland, oder dass Katholiken Events mit dem Pontifex besuchen.

Was der Papst jedoch zu sagen habe: Dem werde sie besondere Aufmerksamkeit schenken.

Für Irland, „das in den letzten 20 Jahren durch Enthüllungen über klerikalen sexuellen Missbrauch verwüstet wurde“ sei es „extrem wichtig“, dass Franziskus das Thema nicht ausgerechnet ignoriere, wenn er die einst so katholische Insel besucht, so die irische Katholikin zu „Crux“.

Es gehe nicht um Entschuldigungen, betonte Collins, sondern darum, nun auch zu handeln.

Marie Collins war eines von zwei Missbrauchsopfern, die 2014 in die Päpstliche Kommission für den Schutz Minderjähriger – als Gründungsmitglied – berufen wurde. Im März 2017 gab sie bekannt, sich aus dem Gremium zurückzuziehen: Aus Frust über die „mangelnde Kooperation in der Kurie“, wie CNA Deutsch berichtete.

Papst Franziskus wird sich wahrscheinlich in Irland mit Opfern treffen, kündigte Vatikansprecher Greg Burke gestrigen am Dienstag an. Der Pontifex wolle den Opfern zuhören, und zwar privat, ohne dass Einzelheiten veröffentlicht werden, hieß es.

Das mögliche Treffen würde dem gleichen Muster folgen wie das Treffen von Franziskus mit Opfern von Missbrauch in Chile während seines Besuchs im Januar 2018.

Reaktionen auf Papstbrief

Die Reise des Papstes zum Weltfamilientreffen folgt der Veröffentlichung seines Briefs „an das Volk Gottes“, in dem Franziskus unter anderem zu Gebet, Fasten und Buße aufrief und einen „Klerikalismus“ als Hauptproblem beschreibt.

Doch Bischöfe werden nicht einmal erwähnt, wie unter anderem Petra Lorleberg in einem Gastkommentar kritisierte. Und wie sie fordert Ulrich Waschki auf dem Portal der Deutschen Bischofskonferenz, es müssten nun auch „Rücktritte und Amtsenthebungen von Bischöfen, die Missbrauchstäter – aus welchen Gründen auch immer – gedeckt haben“ folgen.

Der Jurist und Theologe Markus Büning, selber ehemaliges Missbrauchsopfer, zog aus Konsequenz über den Brief von Franziskus seine Unterstützung des Papstes zurück, wie mehrere Medien berichteten, darunter Maike Hickson auf „Lifesite News“.

Bischof Stephan Ackermann von Trier, Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz, würdigte, dass das Schreiben aus seiner Sicht auch für Deutschland aufrüttelnd sei.

Gleichzeitig werde sicher die Frage gestellt werden, warum der Brief an das ganze Volk Gottes gerichtet sei, „wo doch die Schuld und Verantwortung in erster Linie bei den Priestern, den Bischöfen und Ordensoberen“ liege, so Bischof Ackermann.

„Spricht der Papst nicht allzu leicht in der Wir-Form und nimmt damit diejenigen in der Kirche mit in Haftung, die aufgrund des skandalösen Verhaltens von Priestern selbst eher zu den Leidtragenden gehören? Der Brief wird sich diese Frage gefallen lassen müssen.“

Auf die Gefahr hin, grob zu vereinfachen: Zwei grundsätzliche Fragen werden von Kommentatoren aus dem gesamten katholischen Spektrum immer wieder aufgeworfen.

Erstens die grundlegende nach dem Umgang mit sexuellem Fehlverhalten, egal ob durch Bischöfe, Priester oder Seminaristen, und zweitens die dringende nach echten Konsequenzen für die Vertuscher und stillen Mitwisser.

Hier ist der Papst aus Sicht mehrerer Beobachter unter doppeltem Zugzwang, nicht zuletzt weil einige seiner engsten Berater und von ihm geförderten Personen von Skandalen betroffen sind – und auch Franziskus selber, zumindest im Fall Chiles, bereits eingeräumt hat, „schwere Fehler“ gemacht zu haben.

Der Zugzwang ist doppelt, insofern einerseits die große Mehrheit – von Opfern wie Marie Collins oder Markus Büning über weltliche, nicht auch nur annähernd der Kirchennähe verdächtige Medien wie die „New York Times“ oder der „Guardian“ bis hin zum kompletten Spektrum katholischer Stimmen, mit Ausnahme einiger, weniger – vom Papst konkrete Schritte erwarten und nicht verstehen, warum diese bislang ausbleiben.

Andererseits aber versuchen Papstgegner und Partisanen partikularer Interessen natürlich, sich des Themas zu bedienen, um ihre jeweilige Agenda zu befeuern. Dies könnte sowohl dem Papst als auch der Kirche weiteren, völlig vermeidbaren Schaden zufügen. Und einige Zauderer werden schnell merken, dass man manche Dominosteine nicht vor ihrem Umfallen bewahren kann.

Umgekehrt betrachtet freilich ist diese Krise potentiell immer noch eine gewaltige Chance für alle Gläubigen, nicht nur den Papst, der eigentlichen Ursache auf den sündhaften Leib zu rücken: der Gottlosigkeit, die all dem zugrunde liegt. Es ist diese „galoppierende Apostasie„, auf die auch Kardinal Burke deutlich hingewiesen hat, und zu deren Heilung Franziskus aufruft, wenn er zu Buße, zu Gebet und Fasten ermutigt.

Dazu bedarf es jedoch einer Einsicht: Dass Macht allein, oder die Umverteilung von Verantwortung, allein das Problem eben nicht lösen kann oder wird. Wie Professor Chad Pecknold auf Twitter schreibt:

„Wenn sich alles um ‚Macht‘ und nicht um Wahrheit dreht, ist es unvermeidlich, dass jedes Problem ‚lösbar‘ sein wird, indem behauptet wird, es gäbe entweder zu viel oder zu wenig Macht, was stets eine Umverteilung der Macht erfordert. So vermeiden die Mächtigen die Wahrheit.“

(CNA Deutsch)