Es wäre endlich mal eine schöne Nachricht geworden: Beinahe hätte die Terrorgruppe „Islamischer Staat" IS fast alle in der Region Hassaké in Syrien entführten Christen freigelassen. Der Deal war schon perfekt – doch dann kam etwas dazwischen, erklärt der päpstliche Nuntius in Damaskus, Erzbischof Mario Zenari. „Seit Tagen waren die Verhandlungen für die Freilassung von 52 christlichen Familien abgeschlossen, die Freilassung sollte binnen fünf Tagen grüppchenweise erfolgen. Aber bevor die letzten drei Busse, die wie immer vom IS eskortiert wurden, das vereinbarte Ziel erreichten, gerieten sie in einen Hinterhalt; und soweit ich weiß, haben sie daraufhin weitere Personen aus drei Dörfern zu Geiseln genommen, um ihren Rückzug zu decken."
Der Vertreter des Papstes in der syrischen Hauptstadt deutet an, dass jetzt wieder mit dem „Islamischen Staat" verhandelt wird. „Ich bin nicht darüber auf dem Laufenden, wie sich die Verhandlungen entwickeln. Aber ich will hoffen, dass die Vernunft siegt. Es ist nicht das erste Mal, dass Zivilisten als menschliche Schutzschilde eingesetzt werden."
Vor zwei Wochen waren über 250 Christen im Norden Syriens – am Fluss Khabur nahe der türkischen Grenze – von der Terrormiliz aus ihren Dörfern verschleppt worden; die jüngste Operation hat, bevor sie abgebrochen wurde, immerhin ein paar Dutzend Familien wieder die Freiheit verschafft. Wahrscheinlich waren es kurdische Kämpfer, die den Hinterhalt gelegt hatten. Die Nachrichtenagentur Asianews behauptet, für die Freilassung einer ersten Gruppe von 19 entführten Christen sei ein Lösegeld von umgerechnet rund 1.500 Euro je Person bezahlt worden.
Derweil geht der Bürgerkrieg in Syrien weiter, intensiv und mit wechselnden Fronten und Gruppen. „In den letzten Wochen hat sich der Konflikt verschärft – auch hier in Damaskus, mit Granateneinschlägen. In ein paar Tagen tritt Syrien, leider, ins vierte Bürgerkriegs-Jahr ein; hier steht unverändert Block gegen Block, alle Rufe nach einem Ende der Gewalt stoßen auf taube Ohren." Mit einiger Ironie kommentiert der Erzbischof von Damaskus aus, dass europäische Länder, zuletzt Großbritannien, versuchen, Dschihadisten an der Ausreise in Richtung Syrien oder Irak zu hindern. „Man könnte sagen: Da schließt man den Stall, wenn die Kühe schon alle weggelaufen sind… Aber dieser Zufluss von Dschihadisten von außen, vor allem aus dem Kaukasus und aus benachbarten arabischen Ländern, hat Syrien sehr geschadet. Diese Leute kennen nicht die Realität des Landes, auch nicht den Beitrag der Christen; den Zustrom dieser Dschihadisten zu stoppen, ist also ein dringender und nötiger Schritt." (rv)
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