Zuwachs aus Deutschland an der römischen Kurie: Der aus dem Erzbistum Köln stammende Priester Michael Kahle verstärkt ab sofort die vatikanische Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Vor wenigen Tagen hat der 42-jährige gebürtige Solinger seinen Dienst an der Behörde angetreten und fühlt sich dort, wie er im Interview mit Radio Vatikan verrät, außerordentlich herzlich aufgenommen. Gudrun Sailer sprach mit Michael Kahle und wollte zunächst von ihm wissen, wofür genau er in der Liturgie-Kongregation zuständig sein werde.
Kahle: „Aus Deutschland stammend für den deutschen Sprachraum. Denn die Muttersprache ist unter anderem das, was man als große Gabe mit in die Kongregation hineinbringt. Die vielen Schreiben und Dokumente, die aus den einzelnen Teilkirchen nach Rom kommen, müssen übersetzt werden, Fragen müssen behandelt werden, und dazu gehört natürlich auch immer eine Einschätzung, wie die Kirche in Deutschland mit gewissen liturgischen Fragen umgeht. Und dazu möchten die Verantwortlichen hier in Rom auch gerne die Einschätzung eines Priesters haben, der aus diesem Bereich kommt.“
Radio Vatikan: Damit es dann nicht geschieht, dass aus Rom etwas in die Ortskirche zurückgespielt wird, was mit der Ortskirche wenig zu tun hat?
Kahle: „Damit eine Einschätzung da ist: wie sind liturgische Feiern einzuschätzen, wie sind sie zu bewerten, so würde ich das sehen.“
Radio Vatikan: Die Arbeit der Kongregation ist an die Weltkirche gerichtet, es geht nicht um Gottesdienste und Sakramente im Vatikan, sondern überall sonst auf der Welt – es ist ein Dienst nicht für eine Diözese, nicht für eine Teilkirche, sondern für die Weltkirche. Nun gibt es in den verschiedenen Ortskirchen teils voneinander abweichende Regelungen, so wie es auch mehrere verschiedene Mess-Riten gibt. Was kann man da, wenn man aus Deutschland kommt und an dieser Kongregation wirkt, lernen?
Kahle: „Es ist immer wichtig zu schauen, dass die Kirche wirklich eine Weltkirche ist und dass die Liturgie das uns alle Verbindende ist, denn darin drücken wir unseren gemeinsamen Glauben an den dreifaltigen Gott aus. Ich glaube, das gemeinsame Blicken auf die eine Liturgie der Kirche, nach der sich alle ausrichten, das ist das, was man hier in Rom vor allem lernen kann. Das ist auch die große Chance, die die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung wahrnimmt, nämlich die einzelnen Ortskirchen immer wieder zurückzubinden an die eine Liturgie der Kirche.“
Radio Vatikan: Sie sind, aus Solingen gebürtig, Priester des Erzbistums Köln und waren lange Domzeremoniar in Köln. Beim Deutschlandbesuch von Papst Benedikt XVI. im September 2011 waren Sie Koordinator für die Papstgottesdienste. War es Ihr wacher Blick für die Liturgie, auch die päpstliche, die Sie für Ihre neue Aufgabe in Rom prädestiniert hat?
Kahle: „In der Reihe der Erkenntnis bin ich der letzte gewesen, als der Kölner Erzbischof [Kardinal Rainer Maria Woelki] mir gesagt hat, dass der Heilige Stuhl darum bittet, dass ich nach Rom komme, um die Nachfolge von Monsignore Stephan Hünseler anzutreten, der im vergangenen Jahr zu Gott heimgerufen worden ist. Ich kann Ihnen nicht sagen, welche einzelnen Punkte entscheidend gewesen sind, dass da Wahl auf mich gefallen ist, ich glaube aber, dass es der Dienst an der Liturgie im Hohen Dom von Köln gewesen ist, über mehr als sechs Jahre, an der Seite von Kardinal Joachim Meisner und dem Kölner Domkapitel, dass das sicher ein vorbereitendes Element gewesen ist, und natürlich auch die Beziehung, die ich während des Papstbesuches und in der Vorbereitung der Liturgien des Papstbesuches knüpfen konnte, dass das sicherlich auch eine Rolle gespielt hat.“
Radio Vatikan: Welche Auswirkungen, welchen Einfluss hat die Art und Weise, wie die Päpste ihre eigenen Liturgien feiern, auf die liturgische Sensibilität von Gläubigen heute, gerade auch in Deutschland?
Kahle: „Ich glaube, dass das einen großen Einfluss hat. Gerade wenn Gläubige aus den Ortskirchen nach Rom kommen, um mit dem Nachfolger Petri den Gottesdienst zu feiern, ist das ein Moment höchster Bereitschaft und Sensibilität, liturgische Formen nocheinmal wahrzunehmen und zu praktizieren und mit dem Nachfolger Petri in die Anbetung Gottes zu kommen. Und deshalb verwundert es nicht, dass Papst Franziskus beim Dienstantritt von Kardinal Sarah in der Gottesdienstkongregation diesem mit auf den Weg gegeben hat, die Arbeit von Papst Benedikt XVI. in diesem Bereich fortzusetzen. Denn Papst Benedikt ist es ja gewesen, der in besonderer Weise darauf aufmerksam gemacht hat: die Liturgie der Kirche, vor allem die Feier der Heiligen Messe, ist der höchste Akt der Anbetung Gottes. Und diese Sensibilität versuchen wir auch in der Gottesdienstkongregation weiter im Volk Gottes, in den Teilkirchen auszubreiten und dafür zu sensibilisieren.“
Radio Vatikan: Registrieren Sie – etwa in Deutschland – heute ein eher verflachendes oder ein gerade neu erwachendes Interesse an Liturgie?
Kahle: „Ich glaube, dass gerade die junge Generation ein hohes Interesse an liturgischen Formen, an der Feier der Liturgie mitbringt – vor allem auch im klassischen Bereich. Und dass hier ein würdevoller Gottesdienst vielen jungen Menschen eine große Hilfe ist in ihrer Begegnung mit Gott. Von daher glaube ich, dass das Interesse an der Feier der Liturgie immer weiter wächst.“
Radio Vatikan: Rom ist Ihnen nicht neu, Sie haben hier studiert und waren im deutsch-ungarischen Priesterseminar, haben hier 2001 die Priesterweihe empfangen. Zurück nach Rom zu gehen – war das ein geheimer Wunsch?
Kahle: „Ich persönlich habe nicht damit gerechnet, weil ich bin nach der Zeit als Domvikar einige Jahre Direktor im Collegium Albertinum und damit für die Priesterausbildung zuständig gewesen, und ich habe mit keinem Gedanken in dieser Zeit damit geliebäugelt, wieder nach Rom zurückzukehren. Von daher ist es für mich wirklich eine große Überraschung gewesen, als der Kölner Erzbischof mir das mitteilte, dass der Heilige Stuhl darum bat, dass ich nach Rom zurückkomme. Für mich eine große Überraschung und Neuheit.“
Radio Vatikan: Hoffentlich auch eine freudige Überraschung?
Kahle: „Auch eine freudige Überraschung!“
Radio Vatikan: Mit Interesse habe ich gehört, dass Sie in jungen Jahren Profisportler waren und als Schwimmer an den deutschen Meisterschaften teilgenommen haben. Finden Sie, die sportliche Praxis könnte bei den Priestern und auch den Laienbediensteten im Vatikan mit mehr Anreizen versehen werden?
Kahle: „Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass in einem gesunden Körper auch ein gesunder Geist herrscht! Deshalb finde ich den Sport gerade auch für einen Priester etwas ganz Wesentliches, und vor allem wenn man den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt, ist es wichtig, sich Orte und Zeiten zu suchen, an denen man sich auch sportlich betätigen kann. Ich bin zur Zeit noch am Suchen, weil es in Rom nicht ganz einfach ist. Die Schwimmbäder sind nicht dergestalt, dass man da Sport treiben kann, die Parks laden nicht wirklich zum Laufen ein, aber vielleicht wird sich die eine oder andere Möglichkeit ergeben, auch hier in guter Weise Sport treiben zu können!“ (rv)
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