Schüsse und Explosionen gibt es auch fünf Tage nach den schrecklichen Attentate in Paris weiter. In den frühen Morgenstunden an diesem Mittwoch wurden nach einem Polizeieinsatz mindestens fünf Verdächtige im Pariser Vorort St. Denis verhaftet. Sie würden nun vernommen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Während der Razzia hatte sich eine Frau in die Luft gesprengt. Einer Augenzeugin zufolge dauerte der Schusswechsel über eine Stunde; nach Angaben französischer Medien gab es mindestens einen weiteren Toten.
Kardinal Parolin: Legitim, Aggressor zu stoppen
Geschockt reagieren etliche Kardinäle auf die Nachrichten aus der französischen Hauptstadt. Die Attentate seien „absolut zu verurteilen“, sagt im Gespräch mit Radio Vatikan der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin.
„Der Heilige Stuhl betont, wie es ja auch schon Papst Franziskus mehrmals getan hat, dass es legitim ist, einen ungerechten Aggressor zu stoppen. Wie jedoch die internationale Staatengemeinschaft am besten vorgehen sollte, das muss gemeinsam geklärt werden. Ein Staat hat aber das Recht, seineBürger zu v erteidigen. Andererseits muss ein Staat auch dafür einstehen, dass ein Klima des Vertrauens und des Dialogs entsteht. Das sind Lösungsansätze, die man sicher nicht in kurzer Zeit erfüllen kann, doch sie sind wichtig für eine künftige Welt in Frieden.“
Niemand könne heute ausschließen, dass weitere Anschläge in Europa oder spezifisch im Vatikan verübt werden könnten, so Parolin weiter. Sicherheit werde im Vatikan großgeschrieben, aber dies bedeute nicht, Panik zu schüren. Das gelte auch für die Papstreise nächste Woche in die afrikanischen Länder Kenia, Uganda und vor allem Zentralafrikanische Republik, so Parolin. „Die drei Etappen sind fix. Die letzte – also Zentralafrikanische Republik – werden wir kurzfristig vor Ort noch abklären“, sagt der Kardinalstaatssekretär.
Kardinal Müller: Vorurteile überwinden
Für den Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, handelt es sich bei den Anschlägen in Paris um einen „Moment, der alle sehr bedrückt“. Auf Facebook sagte er wörtlich:
„Manchmal wird dann gesagt, das ist ein religiöser Hintergrund für Gewalt, aber in Wirklichkeit ist ja Religion die Verbindung zu Gott – zu Gott, der uns Menschen erschaffen hat, der uns liebt, der uns zu Brüdern und Schwestern macht. Er ist der Gott des Lebens und der Liebe und der Wahrheit, und er ist absolut dagegen, dass wir Menschen uns gegenseitig umbringen und uns sogar noch auf seinen Namen berufen.“
In einer solchen Lage sei es wichtig, dass alle zusammenstünden, „dass wir alle Feindschaften gegeneinander, alle Vorurteile überwinden“, so Kardinal Müller weiter. „Dass wir verstehen: Wir sind Brüder und Schwestern vor Gott. Auch die Unterschiede im Glauben müssen dazu führen, dass wir uns wechselseitig noch mehr verstehen lernen, wechselseitig helfen, dass wir aber als Christen auch besonders diesen Weg der Zuneigung, der Solidarität und der Liebe miteinander gehen. Dazu möchte ich alle einladen, dass wir uns darauf besinnen, dass Jesus Christus gekommen ist zu uns Menschen. Er ist der Sohn Gottes, er hat unser menschliches Leben geteilt; er hat auch so viel erlitten, ja am Ende hat man ihn sogar ans Kreuz geschlagen als einen Verbrecher, als einen Aufrührer gekreuzigt; aber er ist von den Toten auferstanden und hat uns Menschen Hoffnung gegeben, und daraus leben wir in unserem christlichen Glauben. Das ist der Weg, den wir gehen: der Weg der Liebe und der Verständigung, der Überwindung des Leidens und nicht des Zufügens von Leid anderen Menschen gegenüber.“
Kardinal Marx: Gegen Gewaltspirale
Mit Blick auf Paris warnt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, vor einer Gewaltspirale. Gewalt werde nicht durch Gewalt überwunden, sagte Marx in Freising, bevor er zum Ad Limina-Besuch nach Rom reiste. Dies bedeute nicht, dass man sich nicht verteidigen dürfe, doch die Gewalt der Verteidigung werde nie die Erlösung bringen. Rettung gebe es nur durch die Kraft der Liebe. Marx äußerte sich in einer Predigt zur Jugendkorbinianswallfahrt im Freisinger Mariendom am Wochenende. (rv)
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