Korruption und die Rolle der freien Presse, AIDS und Kondome, religiöser Fundamentalismus auch in der katholischen Kirche und ein Rückblick auf die schönsten Momente der Afrikareise – auf eine breite Palette von Themen ging Papst Franziskus bei seiner Pressekonferenz während des Rückfluges von Bangui nach Rom ein, eine Stunde lang beantwortete er Fragen. Anders als bei den Besuchen in Asien und in Kuba und den USA hatte es keine Konferenzen bei den Flügen zwischen den Ländern gegeben. Eine Zusammenfassung der Themen:
Vatileaks und Korruption
In Uganda hatte Papst Franziskus davon gesprochen, dass es überall Korruption gebe, auch im Vatikan. Nun stünden dort aber Journalisten vor Gericht. Bei der Pressekonferenz wurde er nun gefragt, wie er die Rolle der freien Medien einschätze, Korruption zu bekämpfen.
„Die freie Presse – kirchlich oder nichtkirchlich, auf jeden Fall aber professionell – ist wichtig, denn die Anklage der Ungerechtigkeiten und der Korruption ist eine gute Aufgabe.“ Die Frage war mit einem Hinweis auf Vatileaks eingeleitet worden. „Die professionelle Presse muss das ihre tun, ohne in die üblichen Sünden zu verfallen,“ fuhr Papst Franziskus fort. „Die Desinformation, also nur die halbe Wahrheit zu sagen, die Verleumdung, die es in unprofessionellen Medien gibt, die nur andere beschmutzen wollen, und die Diffamierung, die den Ruf von Menschen schädigt. Das sind die drei Defekte, welche die Professionalität der Medien schädigen. Wir brauchen aber diese Professionalität.“
Noch einmal Vatileaks 2: Wie es denn sein könne, dass im Reformprozess für den Vatikan Menschen eingestellt wurden, die dann Dokumente weiter gegeben hätte. „Ich glaube, es wurde ein Fehler gemacht“, antwortete der Papst. Die Richter würden nun genau untersuchen, was geschehen sei. „Für mich war das keine Überraschung. Mir hat das nicht den Schlaf geraubt. Denn das hat letztlich gezeigt, was für Arbeit bereits von der Kardinalskommission K9 geleistet wurde.“
Das Thema sei aber nicht neu, fügte der Papst an. Bereits 2005 habe der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger vor dem Tod von Johannes Paul II. vom Schmutz in der Kirche gesprochen, „wir haben ihn damals gewählt, weil er die Sachen angesprochen hat.“
„Ich danke Gott, dass Lucrezia Borgia nicht mehr lebt“, scherzte der Papst auf die Frage, was er denn jetzt genau tun wolle. Um dann hinzuzufügen „Wir werden mit den Kardinälen und der Kommission weitermachen mit dem Aufräumen.“
AIDS in Afrika
Es gebe bereits viel Hilfe für Menschen, die HIV infiziert seien, allein in Uganda habe es im vergangenen Jahr aber dennoch 135.000 neue Infektionen gegeben, Kenia sei noch schlimmer dran, AIDS sei die Todesursache Nr. 1 der Jugend Afrikas, so wurde eine weitere Frage eingeleitet. Nun habe der Papst selber Erkrankte getroffen, selber aber wenig dazu gesagt. Ob es nicht Zeit sei, die Haltung der Kirche zur Frage des Gebrauchs von Kondomen zu überdenken, auch wenn diese nicht die einzige Lösung seien, sie trügen aber auf jeden Fall zur Prävention bei.
„Die Frage ist zu klein“, antwortete der Papst. „Ja, das ist eine Methode, die Morallehre der Kirche steht in diesem Punkt vor einer Perplexität. .. Diese Frage lässt mich daran denken, was Jesus denen geantwortet hat, die ihn einmal gefragt haben ‚Meister, darf man am Sabbat heilen?’ Unterernährung, Unterernährung, Sklavenarbeit, Mangel an Trinkwasser, das sind die echten Probleme. .. Die große Ungerechtigkeit ist die soziale Ungerechtigkeit, die Gerechtigkeit auch der Umwelt und der Ausbeutung.“ Ihm gefalle es nicht, in kasuistische Fragen einzusteigen, wenn die Menschen sterben, weil sie kein Wasser haben oder Hunger. „Ich würde nicht fragen, ob es erlaubt ist, am Sabbat zu heilen, ich würde der Menschheit sagen ‚macht Gerechtigkeit’. Und wenn alle geheilt sind und es keine Ungerechtigkeit mehr gibt, dann können wir auch über den Sabbat sprechen.“
Religiöser Fundamentalismus
Von einer französischen Journalistin wurde der Papst auf den Fundamentalismus angesprochen, der eine Gefahr darstelle, wie zuletzt in Paris. Ob er denn der Meinung sei, dass die religiösen Würdenträger sich mehr in die Politik einmischen sollten.
„Politik machen, nein“, so der Papst, es folgte aber ein großes Aber. „Mit der Verkündung der Werte, der echten Werte, macht man auch Politik.“ Die Geschwisterlichkeit unter den Menschen sei ein sehr großer Wert. „Ich benutze mal ein Wort, dass mir eigentlich nicht gefällt: Toleranz. Es ist aber nicht nur Toleranz, sondern Freundschaft.“ Der Fundamentalismus sei eine Krankheit, die es in allen Religionen gäbe. Auch die katholische Kirche habe Fundamentalisten, und nicht wenige. Sie glaubten, die Wahrheit zu besitzen und schädigten andere. Das müsse man bekämpfen. „Der religiöse Fundamentalismus ist nicht religiös, denn Gott fehlt.“
Mit den Muslimen könne man einen Dialog führen, es gebe viele Werte, die sie mit Christen teilten. „Man kann eine Religion nicht abschaffen, weil es einige oder mehrere Gruppen von Fundamentalisten gibt“, so Papst Franziskus. Auch die Christen müssten für ihre eigenen Extremismen und Fundamentalismen um Entschuldigung bitten, der Papst sprach unter anderem die Gräuel des dreißigjährigen Krieges an. Nach seinem Moscheebesuch habe er im Papamobil gemeinsam mit Imam eine Runde zwischen den Menschen gedreht, Dialog sei möglich, so der Papst.
Paris und das Klima
„Jetzt oder nie“: ob die an diesem Montag beginnende Konferenz COP21 zu Klimafragen ein Erfolg sein werde, wisse er nicht, so der Papst auf eine weitere Frage, aber eine Alternative habe die Welt nicht mehr. „Wie sind am Rand zum Selbstmord, um ein hartes Wort zu gebrauchen. Ich bin sicher, das fast alle Teilnehmer an der Konferenz das wissen und etwas tun wollen.“ Er habe Vertrauen, dass COP21 ein Erfolg werde.
Afrikareise
Es gab aber auch einige rückblickende Fragen zur Reise. Aus Kenia kam eine Frage nach der Begegnung mit den Menschen, die über Ausschluss von Wirtschaft und Gesellschaft klagen. Was sei sein Eindruck und was seine Gefühle gewesen, lautete die Frage.
80 Prozent des Reichtums der Welt sei in den Händen von nur 17 Prozent der Bevölkerung, habe er gehört. Er wisse nicht, ob diese Statistik ganz präzise sei, aber sie spreche von einem ökonomischen System, das den Götzen Geld ins Zentrum gerückt habe. „Ich habe Schmerz gespürt, einen großen Schmerz.“ Er berichtet von seinem Besuch im einzigen Kinderkrankenhaus von Bangui, wenn nicht sogar der ganzen Zentralafrikanischen Republik. „Dort sterben die meisten Kinder, weil sie Malaria haben oder unterernährt sind. Ich will nicht predigten, aber der Herr hat das Volk immer dafür gescholten, dass es Götzen angebetet hat. Götzendienst bedeutet, seinen Personalausweis als Kind Gottes verloren zu haben und sich einen Götzen nach eigenem Maß geschaffen zu haben.“ Wenn sich die Menschheit nicht ändere, dann würden sich das Elend und die Armut fortsetzen.
„Was denkt sich der kleine Prozentsatz der Menschen, die 80 Prozent des Reichtums der Welt in Händen halten?“ fragte er rhetorisch. „Das ist kein Kommunismus, das ist die Wahrheit, und die ist nicht einfach einzusehen.“
Afrika sei immer ausgebeutet worden von anderen Mächten, Afrika sei ein Opfer. Aus Afrika seien die Sklaven nach Amerika verkauft worden. Es gebe großen Reichtum im Kontinent, aber man denke nicht daran, die Länder wachsen zu lassen. „Afrika ist ein Märtyrer der Ausbeutung“, so der Papst.
Eindrucksvolle Momente
Gefragt nach dem eindrucksvollsten Moment seiner Reise berichtete er von der großen Menge von Menschen, die gefeiert hätten, auch wenn die Mägen leer gewesen seien. „Afrika hat mich überrascht. Ich weiß ja, dass Gott überrascht, aber auch Afrika überrascht.“ Es habe so viele gute Momente gegeben, aber er habe sehen können, dass die Menschen den Besuch geschätzt hätten und einen Sinn für ein Willkommen hätten, „sie waren glücklich, besucht zu werden.“
Jedes Land habe seinen eigenen Charakter gezeigt, fuhr Papst Franziskus fort. Kenia habe seine Moderne gezeigt, Uganda sei das Land der Märtyrer, gleich welcher Konfession. In der Zentralafrikanischen Republik sei es der Wunsch nach Frieden, Versöhnung und Verzeihung gewesen.
Weitere Reisen
Die nächste Reise geht nach Mexiko, die genauen Daten stünden nicht fest, aber das sei der Plan. Auch über andere Länder, etwa eine Rückkehr nach Brasilien nach Aparecida, sprach er, da gebe es aber keine Pläne. Ob er irgendwann nach Afrika zurück kommen komme, wisse er nicht, er sei ja ein alter Mann. Er denke auch daran, zum 101. Gedenken an die Massaker an den Armeniern zu fahren. „Den Patriarchen habe ich es jedenfalls versprochen.“
(rv)
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