In knapp drei Wochen geht Papst Franziskus auf seine nächste Auslandsreise: Vom 24. bis zum 26. Juni bereist er Armenien, ein Land, in dem „der erste Völkermord des Jahrhunderts stattgefunden“ hat, wie der Papst selbst sagte. Auch der Deutsche Bundestag hat letzte Woche das Massaker der ottomanischen Truppen 1915 an den christlichen Armeniern in einer umstrittenen Bundestagsresolution als Völkermord gebrandmarkt. Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reichs sprach von einer historischen Fehlentscheidung des deutschen Parlaments.
Umso wichtiger in diesen Tagen der aufflammenden Diskussion ist jedoch der Geist der Versöhnung, den man sich von der Papstvisite in dem Land verspricht. Nareg Naamo ist der Rektor des päpstlichen armenischen Kollegs in Rom. Er hofft im Interview mit Radio Vatikan darauf, dass der Papst mit seinem Besuch einen wichtigen Beitrag zum Frieden in der gesamten Region leisten kann.
„Bei seinen Besuchen hat man immer wieder sein Charisma beobachtet, das im Geist, aber auch menschlich Veränderungen hervorruft. Und der Papst wird ja auch einen Friedensbesuch abstatten, nicht nur in Armenien, sondern in den kommenden Monaten auch in Georgien und in Aserbaidschan, zwei Länder, die keine guten Beziehungen zu Armenien haben – insbesondere Aserbaidschan. Deshalb erhoffen wir uns von diesem Besuch viele Früchte….“
Die Menschen in Armenien sind dem Papst dankbar, erzählt der Geistliche, dankbar nicht erst seit gestern. Vor gut einem Jahr, am 12. April 2015, feierte Franziskus zum 100-Jahrtag des Massakers an armenischen Christen im Petersdom eine Messe im armenischen Ritus. Im Zug der damit verbundenen Begegnungen luden der Staatspräsident und die Oberhäupter der katholischen und apostolischen armenischen Kirche den Papst in ihr Land ein.
Auch die ökumenischen Beziehungen der katholischen zur apostolischen armenischen Kirche könnten wichtige Impulse erhalten, ist sich Rektor Naamo sicher: „Unserem Volk, das in den vergangenen Jahren sehr aufgrund seines Glaubens, seiner Treue zur katholischen Kirche gelitten hat, wird sein Besuch einen Hauch von Hoffnung geben, einen Hauch von Liebe: Er ist der Vater, der seine Kinder besucht. Wir wissen sehr gut, dass die armenische apostolische Kirche, auch wenn sie nicht mit Rom uniert ist, der katholischen Kirche sehr nahe ist: sie hat viele Märtyrer, Theologen und Kirchenlehrer hervorgebracht, insbesondere letztes Jahr mit der Anerkennung des Heiligen Gregor von Narek als Kirchenlehrer durch Papst Franziskus.“ Alle diese Gaben, die die katholischen Kirche auch den nicht mit ihr unierten Kirchen schenke, ließen große Hoffnungen für das ökumenische Leben im Land zu. Doch es gebe noch zahlreiche andere Probleme des konkreten täglichen Lebens, die den Papst erwarteten, so der Rektor:
„Es ist ein historischer Besuch für uns Armenier, aber auch ein Besuch, der viele Themen vereinigt: sei es religiöser, ökumenischer oder vor allem auch politischer Natur. Die Region, die der Heilige Vater besuchen wird, wurde vor einigen Jahren von einem schlimmen Erdbeben getroffen, das tausende Todesopfer forderte und viel Schaden anrichtete. Bis heute gibt es zahlreiche Obdachlose. Deshalb ist der Besuch des Papstes sehr wichtig auf politischer und internationaler, aber auch auf menschlicher und religiöser Ebene.“ (rv)
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