Hat sich der Papst am Sonntagabend das Endspiel der Fußball-Europameisterschaft angesehen? Nein, wahrscheinlich nicht. Aber einen Kardinal haben wir ausfindig gemacht, der hat das Spiel gesehen und ist auch noch Portugiese. Klar, dass sich der emeritierte Kurienkardinal José Saraiva Martins darüber freut, dass seine Landsleute mit ihrem 1:0 in Paris den Titel geholt haben.
„Für mich als Portugiesen war das natürlich etwas sehr Wichtiges. Eine riesige Freude! 2004 sind wir Zweite geworden und haben im Finale gegen Griechenland verloren. Darum ist dieser Sieg jetzt für uns, schon rein menschlich gesehen, etwas sehr Wichtiges; denn Sport hat in Portugal einen besonderen Platz bei den Menschen, und Fußball steht für große, soziale und menschliche Werte. Wir haben ja im Fernsehen gesehen, wie ausgelassen die Portugiesen sowohl in Frankreich als auch in der Heimat nach diesem Sieg über Frankreich gejubelt haben.“
Was Saraiva Martins am Fußball besonders anziehend findet? Die Antwort passt zu einem Kardinal, der im Vatikan lange für das Thema Selig- und Heiligsprechungen zuständig war – und für die Anerkennung von Wundern. „Es gibt keine eiserne Logik im Fußball; alles kommt darauf an, wie das Spiel auf dem Platz läuft. Viel Unvorhergesehenes spielt hinein; oft verlieren Mannschaften, die sehr gut spielen, trotzdem das Match, und die, die nicht so toll gespielt haben, gewinnen.“
Was nicht bedeutet, dass die Portugiesen am Sonntagabend nicht so besonders gespielt hätten – im Gegenteil. Der Kardinal verweist darauf, dass seine Landsleute trotz Ronaldos Verletzung den Pokal geholt haben. „Der beste Spieler der Mannschaft musste schon fast zu Beginn des Spiels das Feld verlassen – eine sehr schwerwiegende Angelegenheit. Und trotzdem hat die Mannschaft mit geballter Willenskraft weitergespielt und gewonnen! Das hat gezeigt, dass diese Mannschaft auch ohne Ronaldo von hohem Wert ist.“
Und das lehrt uns etwas Wichtiges, findet der emeritierte Kurienkardinal: „Ein solcher Sport ist eine kollektive, keine individuelle Angelegenheit. Da kann dann auch mal der beste Spieler ausfallen, so wie es diesmal passiert ist – was zählt, ist das Ensemble der Spieler. Es ist nicht X oder Y, die ein Spiel gewinnen, sondern die Mannschaft als solche.“ (rv)
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