Ignoranz beim Thema Sterben ist immer schädlich: Erzbischof Vincenzo Paglia, neu ernannt. Leiter der Päpstlichen Akademie für das Leben, zieht Bilanz zum Thema der letzten Dinge des Lebens. In einem Buch, das den aus dem Sonnengesang des Franziskus von Assisi entnommenen Titel „Schwester Tod“ trägt, wirft Paglia einen überaus kritischen Blick auf dem Umgang mit Leid und Sterben: Euthanasie sei eine Art Fundament des modernen Denkens geworden, schreibt der Erzbischof. Das Buch ist noch vor seiner Ernennung in die neue Aufgabe entstanden, betrifft aber seinen jetzigen Aufgabenbereich.
Er wolle für die Begleitung von sterbenden Menschen werben, so Paglia. „In einer Zeit, in der die Einsamkeit so etwas wie eine Krankheit geworden ist, welche die gesamte Gesellschaft erfasst hat, sind Tod und Leben bitter geworden, und sie werden noch bitterer, wenn sie nicht begleitet werden.“ Es sei so etwas die die große Selbstlüge der westlichen Welt, so Paglia und setzt die Begegnung dagegen. „Niemand ist eine Insel, wir sind alle niemals nur allein wir selbst, sondern immer auch gemeinsam mit anderen. Wir müssen das Bewusstsein einer ‚Communio’, einer Gemeinschaft für eine Gesellschaft wieder gewinnen, die über-individualistisch, über-technisch und letztlich über-einsam geworden ist.“
Es sei geradezu revolutionär, in einer Gesellschaft, die Menschen vereinsamen lasse und wegwerfe, diese aufzunehmen und sich um sie zu kümmern, das habe man nicht zuletzt bei Mutter Teresa sehen können. „Von daher ändert sich die Welt, von da her endet die Unmenschlichkeit. Ich glaube fest: wenn ein Weggeworfener geliebt wird, dann beginnt genau da das Paradies.“
Paglia plädiert mit Papst Franziskus unter anderem dafür, die Bindungen zwischen den Generationen wieder zu stärken und das Sterben nicht vor Kindern zu verheimlichen. Denn aus dem Umgang mit dem Tod sei viel zu lernen, so etwa die zentrale Bedeutung menschlicher Bindungen, die „wichtiger sind als Karriere, Geld und materielle Reichtümer“.
Zu diesen Überzeugungen passe seine neue Aufgabe im Vatikan sehr gut, so Paglia, den Papst Franziskus nicht nur zum Präsidenten der Päpstlichen Akademie für das Leben gemacht hat, sondern auch zum Großkanzler des Päpstlichen Instituts Johannes Paul II. für Studien zu Ehe und Familie.
„Meine Aufgabe lässt sich so übersetzen, dass ich dem Bewusstsein der Gläubigen und auch der Nichtglaubenden helfen soll zu verstehen, dass der Auftrag Gottes an uns in der Wirklichkeit der Grenzen, der Peripherien beginnt und in den Dramen, welche diese Peripherien kennzeichnen. Die Theologie vom Leben und übrigens auch die von Ehe und Familie muss sich die Hände schmutzig machen an der Realität des Lebens. In diesem Sinn bittet Papst Franziskus die Theologie und die Pastoral darum, nicht einfach nur die Konzepte zu putzen – wenn ich das so sagen darf – sondern zu helfen, Leben zu retten.“ (rv)
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