Papst an neue Kardinäle: Vorsicht vor Virus der Polarisierung

KonsistoriumDie katholische Kirche hat 17 neue Kardinäle: in einem feierlichen Gottesdienst überreichte der Papst an diesem Samstag, einen Tag vor der Schließung des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit, das rote Birett und mahnte sie, sich nicht vor Polarisierungen und Feindseligkeiten leiten zu lassen. Nach der Feier fuhren Franziskus und die 17 neuen Kardinäle in den Vatikanischen Gärten zum ehemaligen Kloster Mater Ecclesiae, wo der emeritierte Papst Benedikt XVI. wohnt. Dieser wird auch am Sonntag bei der Schließung der Heiligen Pforte von St. Peter nicht kommen, ließ der Vatikan verlauten.

Einzig der 87jährige Sebastian Koto Khoarai, emeritierter Bischof von Mohale’s Hoek im Lesotho, war nicht in Rom anwesend. Der Oblaten-Missionar ist der erste Kardinal aus dem Königreich Lesotho.

In seiner Predigt beim Ordentlichen Öffentlichen Konsistorium – wie die Kardinalskreierungsfeier heißt – ging der Papst auf das Tagesevangelium nach Lukas (Lk 6,27-36) ein, bei dem es um die sogenannte „Feldpredigt“ Jesu geht. Die Kardinäle als Kirchenmänner seien wie die Apostel dazu berufen, „sich auf den Weg“ zu machen und dem Aufruf Jesu zu folgen, barmherzig „wie es auch euer Vater ist“ zu sein.

Liebt, tut Gutes, segnet und betet

Vier Ermahnungen seien hierbei wichtig, fuhr Franziskus fort: Liebt, tut Gutes, segnet und betet. „Ich denke, dass wir über diese Aspekte alle einer Meinung sein können und dass sie uns auch als vernünftig erscheinen“, sagte der Papst. Es seien vier Handlungen, „die wir leicht verwirklichen mit unseren Freunden, mit den Menschen, die uns mehr oder weniger nahe stehen, nahe im Hinblick auf Zuneigung, Geschmack und Gewohnheiten“.

Aber so einfach ist es dann doch nicht, vor allem wenn man die eigentliche Zielgruppe nimmt, die Jesus angibt: Wie es in der Bibel geschrieben steht, soll man die eigenen Feinde lieben und jenen Gutes tun, die einen hassen. Man soll jene segnen, die einen verfluchen und für jene beten, die einen misshandeln.

Ihm sei bewusst, so der Papst, dass dies nicht selbstverständlich sei. Instinktiv sei man eher versucht, die Feinde zu verfluchen oder zu diskreditieren. „In vielen Fällen versuchen wir, sie zu ,verteufeln´, mit dem Ziel, eine ,heilige´ Rechtfertigung zu haben, um sie uns vom Halse zu schaffen“, so der Papst wörtlich.

Die Feindesliebe sei aber jener Ort, wo „die Quelle unserer Freude“ entspringe, denn im Herzen Gottes gebe es keine Feinde. „Wir richten Mauern auf, bauen Barrieren und stufen die Menschen ein. Gott hat Söhne und Töchter, und zwar nicht, um sie sich vom Leibe zu halten“, erläuterte der Papst. Selbst jener, der Gott ablehnt, wird vom Herrn geliebt.

Wir leben in einer Zeit der Polarisierung

Weiter ging Franziskus auf die gegenwärtige Zeit ein und die Schwierigkeit, die Problemkomplexe und Fragen auf Weltebene anzugehen. „Wir erleben eine Zeit, in der in unseren Gesellschaften die Polarisierung und die Ausschließung als einzige Möglichkeit zur Lösung von Konflikten seuchenartig wieder aufleben“, betonte der Papst. Ein Unbekannter oder ein Flüchtling werde auf diese Weise rasch als Bedrohung wahrgenommen, ja sogar als Feind eingestuft. Und das nur, weil der Andere eine andere Hautfarbe, Bräuche oder Glauben hat. „Und ohne dass wir es merken, macht sich diese Logik in unserer Lebens-, Handlungs- und Vorgehensweise breit. Dann beginnen alle und alles den Beigeschmack der Feindschaft zu haben“, erläuterte der Papst.

Die Verschiedenheit wird zur Feindseligkeit, die Bedrohung wandelt sich in Gewalt um. Und noch schlimmer wird es, wenn Gleichgültigkeit herrscht. „Wie viele Situationen der Unsicherheit und des Leidens werden durch diese Zunahme der Feindschaft unter den Völkern, unter uns, ausgesät! Ja, unter uns, in unseren Gemeinschaften, unseren Priesterkollegien, unseren Versammlungen“, hob der Papst hervor und sprach vom „Virus der Polarisierung“, der das Denken, Fühlen und Handeln befallen kann. Die verschiedenen Herkunft der neuen Kardinälen zeigten trotz der Unterschiede, dass „nichts von alledem“ sie zu Feinden mache, „im Gegenteil, es ist einer unserer größten Reichtümer“, fügte Franziskus an. (rv)