Christen sind nach wie vor die am meisten verfolgte Glaubensgemeinschaft der Welt – und die Zahlen sind im Vergleich zum Vorjahr nochmals signifikant angestiegen. Dies geht aus dem neuesten Weltverfolgungsindex von Open Doors hervor, den die Hilfsorganisation an diesem Mittwoch vorgestellt hat. Demnach leiden derzeit über 200 Millionen Christen unter Verfolgung. Wir haben mit dem Geschäftsführer von Open Doors, Markus Rode, gesprochen.
Den tatsächlichen Grad der Verfolgung zu messen, sei natürlich schwierig, sagt Rode uns. Open Doors stellt den Betroffenen, aber auch vor Ort tätigem institutionellem Personal 80 Fragen: „Da untersuchen wir fünf Lebensbereiche von Christen: Können sie ihren Glauben als Privatmensch leben? Wie sieht es aus in der Familie, in der Gesellschaft, im kirchlichen Leben und, letztlich, das Leben im Staat. Aus diesen Fragen ergibt sich ein Bild über den Grad der Verfolgung. Dann haben wir noch einen sechsten Bereich, den wir dazu nehmen, nämlich die Anzahl der Gewalttaten, die wir registrieren. Daraus ergibt sich ein Index-Wert, der letztlich versucht, den Grad der Verfolgung zu greifen.“
Vor neun Jahren hatte Open Doors seine neue Methodik zur Messung der Verfolgung eingeführt und mit einer differenzierteren Herangehensweise die damals kursierende Zahl von 200 Millionen Verfolgten um etwa die Hälfte reduziert. Der Grund: Open Doors nahm sich Land für Land vor, um so weit als möglich nahe an der Realität der Menschen vor Ort zu bleiben, anstatt für alle Gläubigen die gleichen Bedingungen anzunehmen. In diesem Jahr wurde nun aber erneut die 200 Millionen-Marke überschritten. Für den Anstieg nennt Rode drei Ursachen: „Das eine ist der arabische Frühling. Den haben wir natürlich damals nicht gehabt. Das heißt, wir mussten jetzt sehen, dass es gerade im Nahen Osten eine Massenvertreibung von Christen gegeben hat. Genauso die islamistische Ausweitung dieser Netzwerke, wie Boko Haram, IS, al-Shabaab, die nicht nur innerhalb ihrer Länder tätig wurden, sondern jetzt richtige internationale Netzwerke gebildet haben und den Druck auf Christen verstärkt haben, sind eine wesentliche Triebkraft der zunehmenden Verfolgung. Und dann kommt noch eines hinzu, und das ist in den Medien und insgesamt in der Öffentlichkeit gar nicht so wahrgenommen worden, nämlich der religiös motivierte Nationalismus in Asien.“
Besonders weit vorne im Weltverfolgungsindex liegen Nordkorea und islamische Länder. „In diesen Ländern erleben wir einen sehr extremen Islam. Besonders hart verfolgt sind jetzt immer mehr diejenigen, die vom Islam zum christlichen Glauben konvertieren. Das heißt, eine eigentlich übersehene Gruppe von Christen, die sehr stark wächst in den letzten Jahren, die der Konvertiten, steht nun unter besonderem Druck, weil der Abfall vom Islam ein todeswürdiges Verbrechen ist.“
Mit dem Weltverfolgungsindex will Open Doors den verfolgten Christen eine Stimme geben und ihnen zu helfen. „Natürlich ist das, was verfolgte Christen besonders brauchen, das Gebet. Sie sagen an erster Stelle: Bitte betet für uns, damit unser Glaube nicht aufhört. Und an der Stelle sind wir gefordert als Christen zu beten, aber natürlich auch in Projekten die Christen Vorort zu unterstützen und ihnen zu helfen, dass sie zumindest wissen, sie sind nicht vergessen und sie werden nicht im Dunkel gelassen. Das ist unser Ziel.“ (rv)
Du musst angemeldet sein, um kommentieren zu können.