Einige sahen es kommen, nun ist es soweit: In Mali ist es zu einer Fusion von drei islamistischen Terrorgruppen gekommen, die fortan gemeinsam arbeiten wollen und Al Kaida die Treue geschworen haben. Am vergangenen Donnerstag haben die Gruppen Ansar Dine, al-Mourabitoun und Al Kaida im islamischen Maghreb die „Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime“ gegründet. Ihr Anführer ist der Tuaregrebell Iyad Ag Ghali; er hatte die Terrororganisation Ansar Dine mitbegründet.
Schlechte Nachricht für ein Land, das seit dem Friedensabkommen von 2015 Schwierigkeiten hat, eine Regierung zu etablieren und Frieden zu garantieren. Einer der wichtigsten und personalaufwändigsten Einsätze der Bundeswehr findet derzeit in der Region statt – die zu einem Großteil in der nördlichen Provinz Gao stationierte MINUSMA-Operation sieht den Einsatz von bis zu 1000 deutschen Soldaten vor, um die Friedenssicherung im Land zu unterstützen. An diesem Montag sollte nun ein weiterer Meilenstein im Friedensprozess stattfinden: eine Übergangregierung sollte in der wichtigen, ebenfalls nördlich gelegenen Region Timbuktu ihre Arbeit aufnehmen; die regionale Hauptstadt ist von schweren Armeefahrzeugen umringt, um Anschläge zu verhindern. Doch bis zur Stunde kommt es in Timbuktu dennoch zu Zusammenstößen und Feuergefechten, die eine Einsetzung der Regierung bislang verhindern. In der Region lodern trotz des Friedensabkommens und der internationalen Präsenz immer wieder Konflikte zwischen Tuareg und Regierungstruppen, auch sind dort die drei Terrororganisationen, die nun unter einem gemeinsamen Namen firmieren, besonders aktiv.
Luigi Serra ist der ehemalige Präsident der Fakultät für arabisch-islamische Studien im Mittelmeerraum an der neapolitanischen Universität Orientale. Er erklärt im Interview mit Radio Vatikan: „Das ist eine Allianz, die nicht überraschend kommt, aber brandgefährlich ist. Denn es handelt sich hier nicht um Friedensaktivisten, sondern um eine Allianz zwischen Dschihadisten und Terroristen. Die Gefahr besteht, dass auch Boko Haram sich anschließen könnte, um das Land noch weiter zu destabilisieren. Sicher ist, dass die geopolitischen, sozialen und wirtschaftlichen Szenarien in Mali und auch in den angrenzenden Gebieten des Niger und Tschad durch dieses Abkommen in diesem konkreten Moment alarmiert sind.“
Auffallend ist der Zeitpunkt der Allianz zwischen den Terrororganisationen. Denn diese kommt nun gerade in einem Moment, in dem Regierungstruppen und ehemalige Tuareg-Separatisten im Norden des Landes gemeinsam patrouillieren – eine weitere Übereinkunft des Friedensabkommens von 2015. Das sieht auch Serra so: „Dieser Beginn der gemeinsamen Patrouillen könnte einen Schritt bedeutet haben, der darauf zielt, dem Territorium eine Form der Reglementierung, der Sicherheit zu geben. Das steht in offensichtlichem Widerspruch zu den Zielen und den Systemen des Kampfes der Dschihadisten.“
Eine Antwort auf diese aus den Augen der Terroristen konkrete Gefahr konnte nicht lange auf sich warten lassen. Doch wie uneins sich die ethnische Gruppe der Tuareg untereinander letztlich ist, zeigt auch die Tatsache, dass einige von ihnen sich dem Regierungsbündnis angeschlossen haben, andere wiederum der terroristischen Allianz, in der Hoffnung, die verlorenen Gebiete wieder unter Kontrolle bringen zu können. Wie tragfähig nun auch der Zusammenschluss der ehemals konkurrierenden terroristischen Vereinigungen tatsächlich sein wird, das kann nur die Zukunft zeigen.
Hintergrund
Bereits am vergangenen 18. Februar hätte die Regionalregierung Timbuktus eingesetzt werden sollen, doch einige Unterzeichner des Friedensabkommens hatten ihr Veto eingelegt. Noch bis zu diesem Montag kam es in Timbuktu zu Protesten von Gegnern des designierten Regionalpräsidenten Boubacar Ould Hamadi. Er ist Mitglied der Nationalen Bewegung für die Befreiung des Azawad, einer ehemaligen Tuareg-Rebellentruppe, die im Jahr 2012 das Territorium zu einem unabhängigen Separatstaat ausgerufen hatte. Im Jahr 2013 wurde der selbst ernannte Staat wieder malischem Gebiet einverleibt, die Zusammenstöße zwischen Rebellen und Regierungstruppen blieben. Im Jahr 2015 wurde ein Friedensabkommen zwischen den Streitpartnern geschlossen. Das Abkommen sieht vor, dass die Regionen Malis bis zu den Wahlen durch Übergangsregierungen geführt werden. Während dies in anderen Regionen bereits der Fall ist, konnte die staatliche Gewalt in der Region von Timbuktu noch nicht wieder etabliert werden, was den islamistischen und separatistischen Terrororganisationen vor Ort in die Hände gespielt hat. (rv)
Du musst angemeldet sein, um kommentieren zu können.