Der italienische Erzbischof Bruno Forte verteidigt Papst Franziskus gegen Häresie-Vorwürfe. Jene Kritiker, die den Papst mutmaßlicher Irrlehren bezichtigten, hätten ihn überhaupt nicht richtig verstanden, sagte der Erzbischof von Chieti und namhafte Theologe laut einem Bericht der katholischen Tageszeitung „Avvenire“ vom Dienstag.
Die Unterzeichner der am vergangenen Wochenende im Internet veröffentlichten „Zurechtweisung“ des Papstes seien eine „absolute Minderheit“. Sie hätten Franziskus‘ Schreiben zu Ehe und Familie vom April 2016 „nicht in seiner Tiefe erfasst, sondern missverstanden“. Ihr „Angriff“ sei „schwerwiegend“: „eine Manipulation, ein Vorurteil, eine Operation gegen den Papst und gegen die Kirche“. Forte war Sondersekretär der Bischofssynode zu Ehe und Familie in den Jahren 2014/2015. In dieser Funktion war er auch an deren Abschlusserklärung beteiligt.
Das Papstschreiben „Amoris laetitia“ zu Ehe und Familie vom April 2016 habe „die Kirchenlehre nicht geändert“, betonte der Theologe. Vielmehr antworte es „einfach auf eine seelsorgliche Frage“, speziell was wiederverheiratete Geschiedene betreffe. „Es ist gewiss, dass Gottes Liebe diese Menschen nicht verlässt.“ Wie die Kirche nun konkret Gottes Liebe in den „Lebenslagen solcher verletzter Familien“ ausdrücken könne, sei eine notwendige Frage und „seelsorglich absolut legitim“, wird der Erzbischof zitiert.
„Positionen, die den Glauben verlassen“
Mit den Kritikern geht Forte hart ins Gericht: Wer dieses Anliegen von „Amoris laetitia“ ignoriere und „um jeden Preis Positionen einnehmen will, die den katholischen Glauben verlassen“, zeige ein „von Vorurteilen eingenommenes Verhalten und schottet sich gegenüber dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils ab, den Papst Franziskus verkörpert“, so der frühere Theologieprofessor. Wer die Kirche liebe und dem Papst als Nachfolger Petrus treu sei, könne ein Dokument wie die „Zurechtweisung“ nicht unterzeichnen.
Ebenfalls im „Avvenire“ weist auch der Theologe Giuseppe Lorizio von der Päpstlichen Lateran-Universität die „Zurechtweisung“ zurück. Die sieben Sätze, die die Autoren des Textes unter Häresie-Verdacht stellten, „stehen so gar nicht im Papstschreiben“; diese Art des Zitierens sei somit „intellektuell unredlich“. Es gehe nicht „darum, den Papst zu verteidigen“, vielmehr richte sich der Angriff letztlich „auf das Evangelium“ und auf „eine ganze Tradition, die vom Trienter Konzil herkommt und die die Unterzeichner des Dokuments offenbar nicht kennen“. Das Trienter Konzil habe schließlich in Kapitel 12 des Dekrets über die Versöhnung formuliert, dass niemand sich der Gnade Gottes völlig sicher sein könne. „Das bedeutet, dass keiner sich, was die Gnade betrifft, in einer Lage der Sicherheit befindet. In diese Tradition schreibt sich der Papst mit „Amoris laetitia“ ein.“
„Statische, nicht dynamische Vorstellung von Gnade“
Die Autoren des anti-päpstlichen Dokuments hätten „eine automatische und statische Vorstellung von Gnade“; dabei sei diese in Wirklichkeit „dynamisch“. Zum Streit um eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion bemerkt Lorizio, Eucharistie dürfe „nicht nur als Nahrung für die schon Vollkommenen“ gesehen werden: „Die Eucharistie ist auch die Wegzehrung unserer Schwäche.“
Spöttisch reagiert der Theologe auf eine Passage des Dokuments, die von einer „ewigen Disziplin“ im Bereich der Sakramente spricht. „Was heißt hier ewig? Die Sakramentendisziplin kommt vom Trienter Konzil. Und was ist mit den 1.500 Jahren davor?“ Dass Christen unter Anleitung eines Bischofs oder Priesters sich auf einen Weg der Buße und der Unterscheidung machten, sei keine Erfindung von Papst Franziskus: „Das hat es in der Tradition der Kirche immer schon gegeben!“ Die Tageszeitung „Avvenire“, die von der Italienischen Bischofskonferenz herausgegeben wird, nennt das im Internet veröffentlichte Dokument in ihrer Schlagzeile eine „anti-päpstliche Manipulation“.
Hintergrund
Die Unterzeichner des in mehreren Sprachen publizierten Dokuments vertreten die Ansicht, Franziskus habe „auf direkte oder indirekte Weise“ häretische Standpunkte zu Ehe, Moral und Sakramentenlehre gefördert. Zentraler Auslöser für den Vorstoß ist das Schreiben „Amoris laetitia“ von 2016. Unterschrieben ist die Erklärung von 62 Laien und Klerikern, unter ihnen der deutsche Schriftsteller Martin Mosebach, der frühere Chef der Vatikanbank IOR Ettore Gotti Tedeschi sowie der Generalobere der lefebvrianischen Priesterbruderschaft Pius X., Bernard Fellay als einziger Bischof. (rv)
Zur Website: Correctio filialis de haeresibus propagatis
Du musst angemeldet sein, um kommentieren zu können.