Weit über hunderttausend Menschen haben an diesem Sonntag auf dem Petersplatz am österlichen Mittagsgebet des Papstes teilgenommen. Die italienische Bischofskonferenz und mehr als sechzig katholische Verbände hatten zum Kommen aufgerufen, um angesichts der kirchlichen Missbrauchsskandale Solidarität mit Benedikt XVI. zu zeigen. Auch namhafte Politiker ließen sich in der festlich gestimmten Menge sehen. „Heiliger Vater, du bist nicht allein“ oder „Zusammen mit dem Papst“ – Slogans dieser Art waren auf Transparenten zu lesen; über der „Piazza San Pietro“ stiegen Luftballons in Vatikanfarben zum grauen Himmel auf.
„Ich danke euch für diese schöne und sponane Demonstration des Glaubens und der Solidarität“, sagte der Papst vom Fenster seines Arbeitszimmers aus. „Ihr zeigt damit eure Nähe zum Papst und zu euren Priestern, damit wir mit erneuerter Spiritualität und Moral immer besser der Kirche dienen können, dem Volk Gottes und allen, die sich voll Vertrauen an uns wenden.“
Benedikt griff mit einem ungewöhnlichen Nachdruck in der Stimme die Worte auf, die er vor kurzem bei seinem Besuch in Portugal für die Missbrauchsskandale gefunden hatte: Dabei hatte er vor Journalisten gesagt, es gehe hier zu einem großen Teil um einen Angriff auf die Kirche, aber aus ihrem Inneren heraus.
„Der wahre Feind, den es zu fürchten und zu bekämpfen gilt, ist die Sünde und das Böse, das manchmal leider auch Mitglieder der Kirche ansteckt. Wir leben in der Welt, sind aber nicht von der Welt; wir Christen haben keine Angst vor der Welt, müssen uns aber hüten vor ihren Versuchungen. Wir sollten die Sünde fürchten und uns darum so gut wie möglich in Gott verankern, um stark im Guten, in der Liebe und im Dienst zu sein… Mögen uns die Versuchungen, die der Herr zulässt, dazu drängen, unseren eigentlichen Weg mit stärkerer Radikalität und Kohärenz fortzusetzen, und beten wir für die Bekehrung der Herzen. Danke!“
Den deutschsprachigen Pilgern und Besuchern sagte der Papst: „Das gemeinsame Gebet mit so vielen Gläubigen hier auf dem Petersplatz ist ein sichtbarer Ausdruck unserer Einheit in der Kirche, die Jesus Christus gestiftet hat. Wie Maria und die Apostel im Abendmahlssaal bitten wir in diesen Tagen vor Pfingsten um den Heiligen Geist, den Beistand, den der Herr seinen Jüngern verheißen hat. Er schenke uns neu die Fülle seiner Gaben, damit wir das Geheimnis der Liebe des Vaters und des Sohnes immer tiefer erkennen und fähig werden, am Werk der Erlösung mitzuarbeiten. Euch allen wünsche ich einen gesegneten Sonntag.“
Vor dem Mittagsgebet des Papstes hatte der italienische Kardinal Angelo Bagnasco auf dem Petersplatz einen Gottesdienst gehalten. Dabei wurde nicht nur für den Papst, sondern vor allem für die Opfer von Missbrauch durch Kirchenleute gebetet. Bagnasco leitet die italienische Bischofskonferenz. In seiner Predigt rief er zu Busse und Erneuerung in der Kirche auf. (rv)
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