Die diesjährigen Christbäume sind in Rom ein bevorzugtes adventliches Streitthema. Zu Recht? Christine Seuss – Vatikanstadt/Rom.
Der Römer ist bekannt dafür, dass er sich gerne aufregt und über alles Mögliche beschwert – Grund genug dazu hat er natürlich auch in dieser chaotischen Stadt, die weithin als unregierbar gilt. Doch die Polemik, die in diesen Tagen durch die Medien fegt, hat auch für römische Verhältnisse Übergröße. Sogar der renommierte britische „Guardian“ hat sich des Problems bereits angenommen.
Es geht um den Weihnachtsbaum der Gemeinde Rom, der seit einigen Tagen die zentrale Piazza Venezia ziert – oder eben nicht ziert, wenn man den zahlreichen Kritikern Recht geben möchte, die dem Baum mittlerweile den Spottnamen „Spelacchio“ (zu Deutsch etwa „Ohne Fell“) verpasst haben. In der Tat kränkelt der Baum, nach seiner Aufstellung hat er sichtlich Nadeln gelassen, und manch einer will bereits seinen klinischen Tod diagnostiziert haben. Der Fall „Spelacchio“ hat es sogar vor den Rechnungshof geschafft. Der italienische Verbraucherschutzverband Codacons hat Anzeige wegen der Verschwendung öffentlicher Gelder erstattet – rund 50.000 Euro sollen es sein, die die notorisch klamme Stadt Rom für die Südtiroler Fichte hingelegt hat. Die Firma, die den Baum geliefert hat, weist alle Anschuldigungen von sich: Der Baum sei gesund in Rom angekommen, an seinem Dahinsiechen sei allenfalls die Behandlung vor Ort schuld.
In die nicht sehr weihnachtliche Polemik schleicht sich nun auch der sehnsüchtige Blick auf den nicht weit entfernten Vatikan ein. Die polnische Prachttanne auf dem Petersplatz wurde am 7. Dezember feierlich zum ersten Mal beleuchtet. Sie strebt gesunde 28 Meter hoch zum Himmel und hat unter ihrem reichen Schmuck bisher nichts vom grünen Nadelkleid eingebüßt. Die Römer haben mit ihrem schnellen Mundwerk auch für den vatikanischen Weihnachtsbaum längst den passenden Namen gefunden: „Rigoglio“, was in etwa mit „in Saft und Kraft stehend“ übersetzt werden kann.
“ Und ,Rigoglio´ ist gesund und munter angekommen. Und vor allem lebend! ”
Die Frage, wie es denn dieser Baum geschafft habe, die doch viel längere Reise aus dem nordpolnischen Masuren bis nach Rom unbeschadet zu überstehen, heizt die Debatte weiter an – und die polnische Übersetzerin Olivia Piotrowska, die die Arbeiten begleitet hat, erteilte bereitwillig Auskunft zum „Geheimrezept“ der polnischen Holzfäller: Drei Tage lang hätten sie den Baum nach dem Fällen mit konservierenden Maßnahmen auf den Transport vorbereitet, eine spezielle Schutzfolie habe verhindert, dass er durch die Vibrationen des Motors und den Unebenheiten der Straßen beschädigt werden könne.
Mit dem 20 Meter hohen Baumriesen reisten auch zwei Dutzend weitere kleine Bäume, die – wohlgemerkt gratis – in den verschiedenen vatikanischen Palästen verteilt worden sind. Die einzigen Probleme, mit denen sie auf dem zwölf Tage dauernden Weg durch halb Europa konfrontiert worden seien, erzählt die Übersetzerin, seien die Sicherheitskontrollen rund um den Petersplatz gewesen. Doch nach Überwinden der Sicherheitssperren sei alles wie geschmiert gelaufen: „Und ,Rigoglio´ ist gesund und munter angekommen. Und vor allem lebend!”, so der kleine Seitenhieb gegen die italienischen Kollegen. (vatican news)
Du musst angemeldet sein, um kommentieren zu können.