„Der Vatikan riskiert den Bankrott", „Das Oberste Gericht der USA verweigert dem Vatikan die Immunität", „Grünes Licht für Millionen-Entschädigungen an USA-Missbrauchsopfer", oder: „Wird der Papst vorgeladen?" Das sind nur einige der Schlagzeilen, wie es sie in den letzten Tagen in der italienischen und in der US-Presse gegeben hat. Hintergrund ist die Entscheidung des Obersten Gerichts in den USA, sich zu einem Appell des Vatikans nicht zu äußern. Der Vatikan wollte eine Klage in Oregon zu Fall bringen, die den Heiligen Stuhl für kirchliche Missbrauchsfälle in den USA verantwortlich macht. Jetzt bleibt der Casus also doch beim Bezirksgericht in Oregon. Wir sprachen mit dem Vatikan-Anwalt in den USA, Jeffrey Lena.
„Also, was das Risiko eines Vatikan-Bankrotts betrifft: Diese Hypothese ist völlig unfundiert. In der ersten Instanz geht es noch um Jurisdiktionsfragen und nicht um Verantwortung für den konkreten Fall. Also, keine Gefahr in dieser Hinsicht. Und auch wenn es dann mal um Verantwortung gehen wird, muss man wissen, dass die Gesetze dazu sehr streng sind; in diesem Fall steht das noch nicht einmal auf der Tagesordnung. Außerdem: Es stimmt nicht, dass das Oberste Gericht dem Vatikan die Immunität verweigert hat. Das Oberste Gericht hat lediglich entschieden, sich mit dem Problem gar nicht erst zu befassen. Das ist keine Verweigerung der Immunität, es ist überhaupt kein Kommentar zu unserer Position. Und dann: „Grünes Licht für Entschädigungen" – nein, so ein grünes Licht gibt es nicht. Wir reden doch gerade erst nur über Jurisdiktions-Kompetenz in Missbrauchsfällen. Und dass der Papst oder Kardinäle verhört werden sollten, ist gänzlich ohne Fundament. Ich habe zwar keinen Zweifel, dass es einen Vorstoß in diesem Sinne geben wird – aber das Recht schützt uns. Der Heilige Stuhl ist nicht in den konkreten Missbrauchsfall von Oregon verwickelt, der Priester, um den es geht, kann nicht als Angestellter des Heiligen Stuhls angesehen werden – und dennoch ist natürlich das Opfer in diesem Fall ein wirkliches Opfer, das müssen wir auch anerkennen. Es hat Dinge erlitten, die kein Kind erleiden sollte, und es gibt gar keinen Zweifel, dass dieser Mann als Kind von einem Priester missbraucht worden ist. Dafür muss jemand zahlen – aber das ist der Orden, zu dem der Priester gehörte und der ihn damals versetzt hat."
Inwiefern kann die Entscheidung des Obersten Gerichts Folgen für andere Missbrauchs-Prozesse in den USA haben? Kommt es jetzt zu einer Lawine neuer Klagen gegen den Vatikan?
„Ich kann das nicht ausschließen. Was das Oberste Gericht im konkreten Fall von Oregon entschieden hat, betrifft einen sehr begrenzten Fall, das deckt nicht alle anderen Fälle ab. Es gibt derzeit eine Klage in Wisconsin, der so genannte Fall Murphy – dieser Fall kommt derzeit nicht weiter. Und dann gibt es einen Prozess in Kentucky, wo darüber verhandelt wird, ob der Bischof von Louisville ein Angestellter des Heiligen Stuhls ist… eine genauso unfundierte These. Also, im Moment gibt es nur diese beiden Fälle. Aber es kann natürlich sein, dass es jetzt noch zu einem oder zwei weiteren Prozessen kommt. Ich glaube allerdings nicht, dass die mehr Erfolg hätten als die, die im Augenblick laufen." (rv)
1 Kommentar “Vatikan: „Kein Bankrott-Risiko“”
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