Die Deutsche Bischofskonferenz hat an diesem Dienstag in Trier die neuen Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche vorgestellt. DBK-Missbrauchsbeauftragter Bischof Stephan Ackermann stellte die Regelungen in Trier der Presse vor. Die Leitlinien treten an diesem Mittwoch, dem 1. September 2010, in Kraft.
Die Neuerungen wurden von den Bischöfen als „Fortschreibung" der Leitlinien von 2002 ausgewiesen. Sie zielen auf eine abgestimmtere Vorgehensweise und klären genauer Zuständigkeiten im Falle sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen durch Geistliche und kirchliche Mitarbeiter. Dabei wird auch katholischen Rechtsträgern, die nicht in diözesaner Zuständigkeit stehen – also vor allem Ordensgemeinschaften – empfohlen, die Leitlinien zu übernehmen.
Zuständiger für Verdachtsfälle und Meldepflicht
Erste große Neuerung ist die Vorschrift einer Ernennung eines oder mehrerer Zuständiger für Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch, die nicht der Bistumsleitung angehören. Diese Zuständigen nehmen Hinweise auf Missbrauchsfälle entgegen und machen eine erste Bewertung. Weiterhin informieren sie den zuständigen Diözesanbischof bzw. bei Ordensangehörigen den Ordensoberen. Zusätzlich dazu soll vom jeweiligen Diözesanbischof, dessen Verantwortung insgesamt unberührt bliebt, ein ständiger Beraterstab eingerichtet werden. Diesem Stab sollen Fachleute aus dem Bereich der Pychiatrie, Pychotherapie und Juristen angehören. Anders als im Fall des Missbrauchszuständigen können dieser Gruppe auch Kirchenvertreter angehören.
Eine zweite große Neuerung betrifft die aktive Prävention: Mitarbeiter im kirchlichen Dienst sind verpflichtet, dem Beauftragten Hinweise auf mögliche Missbrauchsfälle unverzüglich zu melden.
Meldung bei Staatsanwaltschaft und dem Heiligen Stuhl
Erhärtet sich nach Gesprächen mit dem mutmaßlichen Opfer und Täter der Missbrauchsverdacht, werden die Informationen an die staatliche Strafverfolgungsbehörde bzw. andere zuständige Behörden weitergegeben. Rechtliche Verpflichtungen anderer kirchlicher Organe bleiben unberührt. Die Meldepflicht bei der Staatsanwaltschaft entfällt nur, wenn dies das Opfer ausdrücklich wünscht.
Parallel dazu wird ein kirchenrechtliches Verfahren eingeleitet; bei bestätigtem Missbrauchsverdacht informiert der Diözesanbischof den Apostolischen Stuhl, der über das weitere Vorgehen entscheidet. Der Diözesanbischof kann den mutmaßlichen Täter bis dahin vom Dienst frei stellen und leitet andere Maßnahmen ein, um weitere Missbrauchsfälle zu verhindern.
Opferhilfen und Konsequenzen für den Täter
In dem Papier ist von seelsorglichen und therapeutischen Opferhilfen, allerdings nicht von finanziellen Entschädigungen die Rede, diese sollen laut Bischof Ackermann weiterhin Gegenstand des Runden Tisches sein. Angebot und Vermittlung der Hilfen erfolgen in enger Mitarbeit mit dem zuständigen Jugendamt oder anderen Fachstellen. Erwiesene Missbrauchstäter sollen nicht mehr in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der kirchlichen Arbeit eingesetzt werden. Das gilt auch, so eine weitere Neuerung, für alle ehrenamtlich tätigen Personen im Bereich der Kirche.
Es wird in dieser Neufassung also zuerst der Anwendungsbereich der Leitlinien ausgeweitet: Alle Mitarbeiter im kirchlichen Dienst, nicht nur Priester, sind von ihnen erfasst. Die Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden wurde präzisiert, ebenfalls die strukturelle Zuordnung der Ansprechpersonen in den Bistümern. (rv)
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