Kommt die belgische Kirche bald wegen der Entschädigungen für Missbrauchsopfer in finanzielle Schwierigkeiten? Am Montag haben die Bischöfe und Ordensoberen im Land allen Missbrauchsopfern, die dies wünschen, Entschädigungen angekündigt. Es gehe darum, „die Würde der Opfer wiederherzustellen", so das Statement, in dem aber keine konkreten Summen genannt werden. Die Bischöfe gehen damit auf den Vorschlag einer Parlamentskommission ein. Sie wollen auch, wie von der Kommission gewünscht, eine Art Schiedsgericht einsetzen, das sich mit verjährten Missbrauchsfällen beschäftigen soll. Wir fragten den Missbrauchsbeauftragten der belgischen Bischofskonferenz, Bischof Guy de Harpigny von Tournai, wie genau diese „Schiedsrichter" vorgehen sollen.
„Das wissen wir im Moment noch nicht. Wir haben vier Experten, die uns Bischöfe und Ordensoberen beraten; sie haben sich schon mit den zwei Experten des Abgeordnetenhauses getroffen, und da ist eine gemeinsame Abmachung in Arbeit. Das wird ziemlich schnell gehen!"
In den USA haben die Entschädigungen für Missbrauchsopfer mehr als ein Bistum in den finanziellen Ruin getrieben. Zeichnet sich jetzt auch in Belgien dasselbe Szenario ab?
„Nicht unbedingt. Einige Opfer von Missbrauch wollen keine Entschädigung – wir haben ja dann doch ziemlich viele von ihnen getroffen –, sondern sie wollen vor allem ein Eingeständnis des Vorgefallenen von seiten der Kirche."
Der Bischof wird ein wenig ungehalten, wenn man ihn fragt, wie weit er bei schon gekommen ist in seinen Begegnungen mit Opfern:
„Wie meinen Sie das: Wie weit sind Sie? Jeder Bischof empfängt Missbrauchsopfer, die um eine Begegnung bitten – das tun wir schon seit einigen Monaten! Da wird über das gesprochen, was geschehen ist, vor langer Zeit oder auch vor kurzem… und wenn es vor kurzem war, lenken wir das sofort auch in Richtung Justiz. Ich frage die Missbrauchsopfer auch jedes Mal bei solchen Begegnungen, was sie konkret von mir jetzt erwarten, und da antworten mir viele: Eine geistliche Heilung. Bis jetzt hat mich niemand um Entschädigung gebeten!"
Aber das könnte sich jetzt ändern, das weiß auch der Bischof von Tournai: Womöglich ermutigt das Statement der Bischöfe vom Montag manches Opfer nunmehr dazu, finanzielle Forderungen zu stellen. Und dann könnte es in manchen belgischen Bistümern finanziell etwas enger werden. Aber de Harpigny findet:
„Das ist egal. Das Leiden der Opfer ist unendlich wichtiger als alles Nachdenken über Geld oder Immobilien. Jetzt geht es wirklich vor allem darum, dem Leiden der Opfer zu begegnen, zuzuhören, um was sie uns bitten – und ansonsten wird man sehen…" (rv)
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