Mit eindringlichen Worten hat Papst Benedikt XVI. die Auflösung der Familie in Europa angeprangert. Beliebigkeit und Materialismus bedrohten die grundlegenden Werte der Gesellschaft, so Benedikt XVI am Sonntag Morgen. Bei einer Messe im Hippodrom der Hauptstadt Zagreb waren Gläubige aus dem ganzen Land angereist, über 1000 Priester und 60 Bischöfe nahmen an der Feier teil, 500 Sänger bildeten den liturgischen Chor. Benedikt appellierte in seiner Predigt, sich mutig für den Schutz der Familie und des Lebens einzusetzen.
„Leider müssen wir feststellen, dass sich – speziell in Europa – eine Säkularisierung ausbreitet, die zu einer Ausgrenzung Gottes aus dem Leben und zu einer zunehmenden Auflösung der Familie führt. Eine Freiheit ohne Verpflichtung gegenüber der Wahrheit wird absolut gesetzt; als Ideal pflegt man den individuellen Wohlstand durch den Konsum materieller Güter sowie durch flüchtige Erlebnisse, wobei die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen und die tiefsten menschlichen Werte vernachlässigt werden. Die Liebe wird auf eine gefühlsselige Gemütsbewegung reduziert und auf die Befriedigung instinktiver Triebe, ohne dass man sich darum bemüht, dauerhafte Bindungen gegenseitiger Zugehörigkeit aufzubauen, und ohne ein Offensein für das Leben. Wir sind berufen, dieser Mentalität entgegenzuwirken!"
Neben dem Wort der Kirche sei das Zeugnis und der Einsatz der christlichen Familien von entscheidender Bedeutung:
„Euer konkretes Zeugnis, besonders um die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens von der Zeugung bis zu seinem natürlichen Ende zu betonen, den einzigartigen und unersetzlichen Wert der auf die Ehe gegründeten Familie und die Notwendigkeit gesetzlicher Maßnahmen zur Unterstützung der Familien in ihrer Aufgabe, Kinder zu zeugen und zu erziehen. Liebe Familien, seid mutig! Gebt nicht jener säkularisierten Mentalität nach, die das Zusammenleben als Vorbereitung oder sogar als Ersatz für die Ehe propagiert! Zeigt mit eurem Lebenszeugnis, dass es möglich ist, wie Christus ohne Vorbehalte zu lieben, dass man keine Angst haben muss, einem anderen Menschen gegenüber eine Verpflichtung einzugehen! Liebe Familien, freut euch über die Elternschaft! Das Offensein für das Leben ist ein Zeichen für das Offensein gegenüber der Zukunft, für Vertrauen in die Zukunft, so wie die Achtung der natürlichen Moral den Menschen befreit, anstatt ihn zu beeinträchtigen! Das Wohl der Familie ist auch das Wohl der Kirche."
Am Schluss betete der Papst das Regina Caeli und grüßte bei der Gelegenheit auch die deutschsprachigen Teilnehmer des Gottesdienstes:
„Liebe Familien, habt keine Angst! Der Herr liebt die Familie und ist ihr nahe!"
Großer Applaus brandete während der Papstmesse auf, als Benedikt XVI. beim Regina-Coeli-Gebet seine Grüße in albanischer Sprache vorlas. Vorher rief er zur Teilnahme am VII. Weltfamilientreffen im Juni 2012 in Mailand auf. Benedikt XVI. kündigte an, selbst in die norditalienische Metropole kommen zu wollen.
Ebenfalls beim Regina-Coeli-Gebet wies der Papst auf die gleichzeitig mit der Messe in Zagreb stattfindende aktuelle Seligsprechung von Juan Palafox y Mendoza (1600-1659) hin. Ort der Seligsprechungsfeier am Sonntagvormittag war Burgo de Osma in Spanien. Palafox, Bischof von Puebla und von Ciudad de Mexico, sei ein "Mann von umfassender Bildung und tiefer Spiritualität, ein großer Reformer, ein unermüdlicher Hirte und ein Verteidiger der Indios" gewesen, betonte Benedikt XVI. Die von Palafox gegründete "Biblioteca Palafoxiana" in Puebla, die 42.000 Bücher und Handschriften umfasst, ist eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler Lateinamerikas und steht unter Schutz der UNESCO.
Am Nachmittag feiert der Papst in der Kathedrale einen Gottesdienst mit Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Laienvertretern. Anschließend will er dort am Grab des seligen Kardinals Alojzije Stepinac (1898-1960) beten, eines Märtyrers der kommunistischen Verfolgung. Am Abend kehrt das Kirchenoberhaupt nach Rom zurück. (rv)
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