Papst Benedikt XVI. macht den Kroaten Mut für Europa. Zugleich erinnert er sie daran, dass sie selbst ein reiches kulturelles Erbe vorzuweisen haben, mit tiefen christlichen Wurzeln. Das kann nach Vatikansprecher Federico Lombardi ein wichtiger Effekt der Pastoralreise des Papstes nach Kroatien sein. Lombardi zieht zu den Treffen des Papstes mit Vertretern aus Politik, Religion und Zivilgesellschaft am ersten Reisetag eine sehr positive Bilanz. Der tiefe Willen des Landes, in der gesamten Region zu Frieden und Stabilität beizutragen, sei deutlich geworden, sagte er Anne Preckel vor Ort am Abend des ersten Tages der Papstvisite.
Pater Lombardi, welche Bilanz ziehen Sie vom ersten Tag der Papstreise?
„Natürlich eine sehr positive Bilanz. Ich glaube, dass der Papst Kroatien liebt und er kennt das Land ja auch schon von vergangenen Reisen als Kardinal. Er empfindet die Persönlichkeit der Kroaten als frohe Persönlichkeit. Er ist zufrieden und fühlt sich zu Hause. Und ich glaube wirklich, dass die Atmosphäre an diesem Tag (Samstag) durch Freundlichkeit geprägt war und auch durch Dankbarkeit. Dankbarkeit eines Volkes, das sich oft in seiner Geschichte durch den Heiligen Stuhl und durch die Päpste unterstützt gefühlt hat. Vor allem vor 20 Jahren, als Kroatien unabhängig wurde und der Heilige Stuhl sehr schnell das auch anerkannt hat. Damit war Kroatien Beispiel für andere Länder, die auch unabhängig wurden."
Der Papst hat auch die christlichen Wurzeln Kroatiens angesprochen… Sind die nach der langen Zeit des Kommunismus verschüttet?
„Wir fühlen, dass die christlichen Wurzeln der Geschichte Kroatiens lebendig und tief sind. Das haben auch die Leute, die am Samstag im Zagreber Nationaltheater gesprochen haben, deutlich gemacht. Die Kultur dieses Landes ist zum großen Teil eine Kultur christlichen Ursprungs. Und das hat seine besondere Wirkung auch auf das Bild des Landes: Die Menschen haben von der Kultur des Landes eine Vorstellung wie der Jesuit und Philosoph Ruggiero Giuseppe Boscovich: Das war ein guter Priester und auch Wissenschaftler, der die Synthese von Glauben und Wissenschaft sehr gut gelebt hat. 3.30 Und wenn der Papst in Kroatien von christlichen Wurzeln spricht, dann spricht er von etwas, was den Leuten familiär ist, sie verstehen, was das bedeutet. Und ich glaube, dass sie sich auch verantwortlich fühlen, das weiterzubringen. Auch im Gespräch mit dem kroatischen Präsidenten und der kroatischen Premierministerin haben Kardinalstaatssekretär Bertone und der Papst über Erziehung der Jugend und Familie gesprochen – das sind gemeinsame Probleme der Gesellschaft und der Kirche. Und es sind Probleme, für die man zusammenarbeiten kann und muss. Ich glaube, das war der Sinn dieses Tages."
Welchen Eindruck hatten sie von der Gebetsvigil?
„Bei der Gebetsvigil (heute) hat die Jugend mit ihren Gesängen und ihrem Enthusiasmus erklärt, dass sie im Glauben und in der Kirche auch ihre Zukunft sieht. Sie wollen im Glauben wachsen, auch wenn sie ganz normale junge Leute sind, auch wenn sie heute in Europa leben. Aber sie fühlen sich in der Kirche gut und tief verwurzelt und haben den Papst gern. Er ist ein Freund, jemand, der ihnen den Weg zeigen kann. Und sie wollen ihn auch weiter begleiten auf dem Weg zum Weltjugendtag in Madrid und zu weiteren Begegnungen mit jungen Leuten. Die Kirche ist auch jung und hat eine Zukunft."
Der Papst hat betont, dass Kroatien von je her zu Europa gehörte – historisch und kulturell. Weiter sprach er vom Gewissen als Orientierung für Zivilgesellschaft und Demokratie. Was heißt das für Kroatien konkret?
„Das hat eine allgemeine Bedeutung und gilt nicht nur für Kroatien, sondern für alle. In diesem Sinne glaube ich, dass die Papstrede im Nationaltheater deshalb so gut angenommen wurde, weil so etwas in Kroatien vielleicht besser verstanden wird. Das Problem der objektiven Werte, an denen das Gewissen sich orientieren muss, das ist etwas, das der Papst immer wieder erwähnt: Er hat sehr oft von den Gefahren des Subjektivismus gesprochen, und er will uns die Werte der Wahrheit und der Güte wirklich zeigen als etwas, das gemeinsam gesucht werden muss. Und das Gewissen ist nicht nur ein persönliches Gewissen, sondern etwas, das im Dialog mit den anderen nach Wahrheit und Güte sucht. In diesem Sinne kann man auch eine Gesellschaft gründen, die zusammensteht und nicht zerfällt."
Man kann nicht darüber hinwegsehen: Es gab in der letzten Zeit viel Wirbel um Kroatien – die EU-Beitrittsverhandlungen, das Kriegsverbrecherurteil… Hat der Papstbesuch da doch auch einen politischen Effekt?
„Ja, ich glaube, dass der Papst ganz klar gesagt hat, dass er das kroatische Volk ermutigen will, dass es weiter geht in die Richtung des Beitritts in die europäische Gemeinschaft – ohne Angst und mit dem Willen, einen eigenen Beitrag zu geben. Jedes Volk hat seine Probleme, wir müssen immer unseren Weg finden und auch die Werte, an die wir glauben und behaupten. Wir müssen sie dem anderen als etwas Wichtiges vermitteln. Und das ist es, was der Papst den Kroaten sagt: Ihr habt eine große und wichtige Geschichte, ihr habt große und positive Werte, ihr habt eine tausendjähriges Kultur. Sie haben viel zu geben für die europäische Gemeinschaft. Gebt das ohne Angst und mit der Sicherheit, dass ihr etwas Positives zu geben habt. In diesem Sinne hat der Papst ganz klar eine Ermutigung geben wollen. 10.33 Und der Präsident war auch sehr dankbar darüber. Denn Kroatien erlebt gerade einen nicht einfachen Moment, es gibt keine große Begeisterung für Europa – auch in Kroatien, wie in vielen anderen Ländern. Da muss man wieder Motivation und Willen finden."
Der Heilige Vater hat von der Religion als Kraft des Friedens gesprochen – steht auch diese Reise, wie bei Papst Johannes Paul II, im Zeichen der Versöhnung?
„Ich war beeindruckt, wie viel der Präsident Ivo Josipovic in seiner ersten Rede am Flughafen von Versöhnung gesprochen hat, als er den Papst begrüßte. Das fand ich sehr gut und sehr positiv. Das heißt, dass Kroatien durch den Präsidenten zeigt, dass es aufmerksam ist für die Notwendigkeit, immer wieder Versöhnungsarbeit zu leisten und tiefe Wurzeln für den Frieden zu finden. Und der Papst erbringt dazu natürlich seinen Beitrag. Er hilft immer und allen, das Gemeinsame zu sehen. Und in seiner Rede im Nationaltheater hat er von den Religionen gesprochen als einer Kraft für den Frieden, weil sie mit den Blick auf den Schöpfer für die Menschheitsfamilie sorgen. Und da ist natürlich ein Fundament des Friedens und der Brüderlichkeit unter den Völkern. Und die Anwesenheit der Religionsvertreter von orthodoxer, jüdischer und muslimischer Seite war sicher ein Zeichen – wir haben alle gesehen und gehört, wie die Leute geklatscht haben, als der Papst genau diese Vertreter der verschiedenen Konfessionen und Religionen begrüßt hat. Kroatien ist in der Mehrheit katholisch. In diesem Sinne ist die Ökumene nicht das brennende Thema. Aber die Begegnung war ein Zeichen der Gemeinschaft und hat eine Rolle für den Frieden." (rv)
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