Deutsche Bischofskonferenz: Bilanz des Vorsitzenden zur Vollversammlung

In Fulda ist an diesem Freitag die Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz zu Ende gegangen. Die Ergebnisse wurden an diesem Nachmittag der Presse vorgestellt.

Papstbesuch
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zog vor Journalisten auf der Schluss-Pressekonferenz zunächst mal eine positive Bilanz des Papstbesuches: Er sei „wahrhaft historisch" gewesen.

„Ohne übertreiben zu wollen, möchte ich sagen: Die Tage mit Papst Benedikt XVI. waren ein Ereignis für ganz Deutschland und haben großes Interesse auf nationaler und internationaler Ebene ausgelöst. Der Besuch des Heiligen Vaters hat die Einheit der Kirche gezeigt und gestärkt. Der Papst fühlt sich getragen durch die deutschen Bischöfe."

Die Bischöfe hätten sich ausführlich mit den Ansprachen des Papstes in Deutschland beschäftigt; sie wollten die „wertvollen Impulse" aufnehmen.

„Es mutet allerdings teilweise grotesk und verwunderlich an, wenn jetzt bereits einige genau kontrollieren wollen, ob sich die deutschen Bischöfe an das halten, was der Heilige Vater gesagt hat; dabei wollen sie selber bestimmen, was er gesagt hat."

Beim Treffen mit der evangelischen Kirche in Erfurt habe sich Benedikt XVI. „auf den Reformator Martin Luther zu bewegt", aber vor einem „kurzschlüssigen Ökumeneverständnis" gewarnt.

„In aller Deutlichkeit: Das wirklich Große an der ökumenischen Begegnung war, dass sie stattgefunden hat und vor allem, dass sie an diesem Ort stattfand. Wer hätte vor 50 Jahren gedacht, dass jemals ein Papst die Schwelle des Klosters überschreiten würde, in dem Martin Luther Mönch gewesen ist?"

Die Rede Benedikts XVI. im Freiburger Konzerthaus habe „einen kräftigen Impuls für die Bestimmung des Weges der Kirche" gegeben, so Erzbischof Zollitsch. Sie bedeute aber keineswegs, dass der Papst „der Kirche in Deutschland einen Rückzug aus dem öffentlichen Engagement anraten wolle".

„Wortwahl und Gedankenführung weisen nicht darauf hin, dass er von der Kirche in Deutschland eine grundstürzend neue Verfassung erwartet. Ihm geht es um die richtige Verbindung von christlichem Weltdienst aus dem Glauben und christlicher Kritik und Distanz gegenüber der modernen Welt mit ihren vielen Defiziten und Fragen. In diesem Zusammenhang spricht er von der Abschaffung von „Privilegien", ohne damit die kurzschlüssige, antikirchliche Verwendung dieses Wortes als eines Kampfbegriffs fördern zu wollen."

Papst Benedikt XVI. habe alle Christen ermutigt, „die Gesellschaft im Geist Jesu Christi zu prägen und sich so mitten hinein in die Fragen und Sorgen der Menschen von heute zu begeben". Die Kirche solle dabei „zu mehr Einfachheit und Eindeutigkeit finden und sich nicht auf falsche Stützen verlassen".

„Im Klartext: Der Papst spricht nicht von der Abschaffung des Kirchensteuersystems. Es handelt sich dabei auch nicht – wie fälschlicherweise behauptet wird – um Privilegien der Kirche, sondern um die institutionelle Ausgestaltung der Religionsfreiheit."

Der Papst habe auch keineswegs „zur Ablösung der Staatsleistungen" an die deutsche Kirche aufgefordert. „Wir verstellen uns der Debatte aber nicht", so Zollitsch wörtlich: Schon heute träfen die Kirche und einzelne Bundesländer immer wieder Absprachen über Änderungen einzelner Staatsleistungen. Die Verfassung gehe von einer Ablösung der Staatsleistungen aus, doch seien damit „sehr erhebliche Kostenverpflichtungen" verbunden.

„Die Kirche wird sich Lösungen nicht verschließen, wenn diese ausgewogen sind. Die Entscheidung liegt bei den betroffenen Bistümern. Konkrete Überlegungen gibt es gegenwärtig nicht."

Gespächsprozess
Ein weiteres Thema der Beratungen der Bischofskonferenz war der Gesprächsprozess in der deutschen Kirche. Zollitsch kündigte an, dass dazu Mitte September 2012 eine weitere „Jahreszusammenkunft" stattfinden wird, diesmal mit dem Thema „Unsere Verantwortung in der freien Gesellschaft". Zwar habe Benedikt in seinen Redetexten in Deutschland den Gesprächsprozess nicht direkt angesprochen. Trotzdem gelte:

„Durch die Reise von Papst Benedikt fühlen wir uns zur Fortsetzung dieses Weges gestärkt. Zu Recht warnt der Papst vor zu vielen Strukturen, um gleichzeitig daran zu erinnern, dass wir bei allem Nachdenken und Handeln uns auf den Kern des Glaubens und der Glaubensverkündigung konzentrieren sollen."

Fragen der Seelsorge
Die Journalisten in Fulda sprachen den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz auch auf sein Interview in der Wochenzeitung „Die Zeit" in diesem Sommer an. Darin hatte er noch vor dem Kommen des Papstes mehr Barmherzigkeit in der Seelsorge gewünscht, vor allem mit Blick auf Katholiken, die geschieden und wiederverheiratet sind. Zollitsch stellte dazu klar:

„Ich habe nie die Unauflöslichkeit der Ehe in Frage gestellt. Wer das hineininterpretiert in meine Äußerungen, der interpretiert etwas Falsches hinein! Ich gehe selbstverständlich von der Unauflöslichkeit der Ehe aus, und ich sehe dann, wenn vierzig Prozent der Ehen in Deutschland leider scheitern, dass wir damit eine pastorale Aufgabe haben. Wir werden an der Frage dranbleiben und das auch beim nächsten Ständigen Rat miteinander besprechen." (rv)