Die formalen Ermittlungen gegen den inhaftierten päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele werden noch mindestens bis Ende der Woche dauern. Das hat Vatikansprecher Pater Federico Lombardi an diesem Dienstag bei einem Pressebriefing vor Journalisten erklärt. Neben dem Kammerdiener seien im Zug der Ermittlungen „mehrere andere Personen" angehört worden, aber es gebe vorerst keine weiteren Verhaftungen.
„Im Zug der Vorerhebungen ist als Delikt schwerer Diebstahl formuliert worden. Es gab aber bisher keine Erhebungen über die Motivation, die Schwere des Delikts, die Absichten. Es handelt sich noch nicht einmal um einen regulären Strafprozess, geschweige denn ein Urteil. Wir sind immer noch in der Untersuchungsphase."
Gabriele habe sich in den sechs Jahren, die er als Kammerdiener des Papstes wirkte, immer korrekt verhalten, es habe niemals Anzeichen für gegenteiliges Verhalten gegeben, sagte Lombardi. Der unerlaubte Besitz der vertraulichen Dokumente – zu deren Art und Umfang Lombardi aufgrund des Prozessgeheimnisses keine Angaben machen wollte – sei andererseits „eine objektive Tatsache".
„Wir sind alle entsetzt. Man hätte sich eine solche Lage nicht leicht vorstellen können. Man muss ihm zuhören, was er zu sagen hat, und das wird ja eben getan. Deshalb ist es so wichtig, dass er seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit erklärt hat. Es handelt sich ja nicht um einen simplen Einbruchsdiebstahl."
Etliche der ins Kraut schießenden Spekulationen wies der Vatikansprecher in dem Briefing zurück, etwa, dass gegen fünf Kardinäle „ermittelt" würde. Die Affäre „Vatileaks" sei jedenfalls „eine Prüfung, eine schwere Prüfung für den Papst und die Kurie", so Pater Lombardi wörtlich. Jeder könne sehen, dass es sich „um schwerwiegende Dinge" handle, die auch nicht erst mit der Verhaftung des Kammerdieners begannen.
„Der Papst ist Zeuge einer Angelegenheit, die ihn von ganz nah betrifft; es ist eine schmerzliche Angelegenheit. Und es gibt den Wunsch, Klarheit zu schaffen, die Wahrheit zu finden. Das gilt nicht nur für die Verhaftung Paolos. Der Papst hat Mitte März die Kardinalskommission [zur Untersuchung des „Dokumentenschwundes“] eingesetzt, ein nicht alltäglicher Vorgang. Das heißt, der Papst war sich bewusst, dass es hier eine gründliche Aufklärung und Bewertung der Vorgänge brauchte. Sicher, die letzte Episode ist für ihn besonders leidvoll, weil sie eine ihm nahestehende und von ihm geschätzte Person betrifft."
Leiter der Kardinalskommission ist der spanische Opus Dei-Kardinal Julian Herranz, der früher den päpstlichen Rat für Gesetzestexte leitete, ein ausgewiesener Fachmann für Justizfragen also. Die Kardinäle setzten ihre Arbeit mit Anhörungen fort, sagte Lombardi; sie arbeiteten mit dem Vatikangericht, das die Ermittlungen führt, und mit der Gendarmerie zusammen, wenngleich sie andere Kompetenzen und Aufträge hätten. Ob eine Zusammenarbeit mit der italienischen Justiz nötig wird, weil auch nach italienischem Gesetz Straftaten vorliegen, werde der Verlauf der Ermittlungen zeigen. Lombardi stellte ein weiteres Pressebriefing für den morgigen Mittwoch in Aussicht. (rv)
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