Angesichts der Kreise, die die sogenannte Vatileaks-Affäre zieht, bekräftigen viele italienische Kardinäle in den Medien ihre Treue zu Papst Benedikt. „Lassen wir den Papst in Ruhe – er wird nicht zurücktreten, warum sollte er auch": Das erklärte Kardinal Ersilio Tonini in einem Zeitungsinterview. „Ich verstehe nicht, warum derzeit irgendwelche Schlaumeier mit Dreck werfen", so der Kardinal wörtlich. Allerdings könne er in der ganzen Angelegenheit auch „nichts Tragisches erkennen, keinerlei Drama". Zu den Berichten, der Kammerdiener des Papstes habe Briefe von Benedikts Schreibtisch kopiert und an Journalisten weitergegeben, sagte der frühere Erzbischof von Ravanna: „Also, ein bißchen Dummheit ist da mit Sicherheit auch im Spiel."
Kardinal Peter Turkson vom Päpstlichen Friedensrat gab gegenüber der italienischen Nachrichtenagentur ansa zu bedenken, die Auswahl von Mitarbeitern sei immer eine heikle Sache, da gehe es dem Vatikan wie anderen Regierungen. Der aus Ghana stammende Kardinal widersprach Analysen dieser Tage, im Vatikan sei eine Art Machtkampf zwischen italienischen Mitarbeitern im Gang. Es stimme nicht, dass es zuviel Italiener an der Kurie und im Kardinalskollegium gebe.
Kardinal Gianfranco Ravasi vom Päpstlichen Friedensrat erklärte, es gebe nicht zu leugnende Probleme im Vatikan, das sei „manchmal unvermeidlich". Er bedaure aber, dass in den Medien derzeit „ein Bild vom Heiligen Stuhl vermittelt wird, das nicht der Realität entspricht". Kardinal Francesco Coccopalmerio vom Päpstlichen Rat für Gesetzestexte gibt sich zuversichtlich, „dass die Kirche aus dieser Prüfung gereinigt hervorgehen wird". Kardinal Antonio Maria Vegliò vom Päpstlichen Migrantenrat spricht von einem „Moment der Trauer und des Durcheinanders"; er hoffe, dass die Untersuchungen „schnell zur Wahrheit vorstoßen". Allerdings sei der Vatikan „ein Schiff, das immer dazu imstande ist, geradeaus zu fahren".
Der deutsche Kardinal Walter Brandmüller wies gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" darauf hin, dass es schon immer in der Kirchengeschichte Geheimnisverrat und die Verbreitung geheimer Dokumente gegeben habe. So seien während des Ersten Vatikanischen Konzils 1870/71 Geheimpapiere in deutschen Publikationen wiedergegeben worden. Im 13. Jahrhundert habe sogar der französische König Philipp der Schöne einmal eine päpstliche Bulle gefälscht, um Papst Bonifaz VIII. zu diskreditieren. Brandmüller leitete früher das Päpstliche Komitee für Geschichtswissenschaften.
Der Leiter des Vatikanischen Pressesaals, Jesuitenpater Federico Lombardi, nahm „Vatikleaks" zum Anlaß einer richtiggehenden Medienoffensive. Den dritten Tag in Folge stellte er sich an diesem Donnerstag auf einer Pressekonferenz den Fragen von Journalisten zu den Irrungen und Wirrungen von „Vatileaks". Die formellen Ermittlungen gegen den Kammerdiener des Papstes halten allerdings noch an, bisher wisse man noch nicht viel, weitere Verhaftungen gebe es auch nicht. (rv)
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