Eigentlich hatte der Papst eine Friedensdelegation nach Damaskus schicken wollen. Daraus wurde wegen der Kämpfe in der syrischen Hauptstadt nur eine Ein-Mann-Friedensmission in den Libanon. Aber Kardinal Robert Sarah, der Sondergesandte Benedikts XVI., stellte bei seinen Gesprächen mit Politikern in Beirut fest, dass viele Menschen angesichts des blutigen Konflikts in Syrien Hoffnungen in den Vatikan setzen.
„Die Behörden denken, dass der Heilige Stuhl doch die Möglichkeit studieren könnte, diesen Krieg zu stoppen", so Sarah im Gespräch mit Radio Vatikan. „Der Heilige Vater hat eine Stimme, die auf der internationalen Bühne von großer Autorität ist, und vielleicht würden seine Interventionen, seine Appelle an die Großmächte doch gehört, um den Krieg zu beenden – und zwar nicht mit Gewalt, sondern auf dem Verhandlungsweg. Die Mehrheit derer, mit denen ich in Beirut gesprochen habe, setzen auf ein Eingreifen des Papstes. Als Benedikt XVI. beschloss, eine Delegation nach Syrien zu schicken, hat das sein Engagement für einen Verhandlungsfrieden in Syrien gezeigt. Es geht dem Heiligen Vater um eine politische Lösung, mit allen streitenden Parteien um einen Verhandlungstisch versammelt. Also: Hoffnung darauf, dass die Kirche mehr tut für ein Ende dieses Krieges."
Denn die Kämpfe haben schon genug Elend über Unschuldige gebracht, so Sarah. Der Kardinal, der das Päpstliche Hilfswerk Cor Unum leitet, hat sich in der Nähe der Grenze nach Syrien auch mit Flüchtlingen getroffen und ist erschüttert von ihrem Leid.
„Diese vielen Menschen in den Lagern zu sehen, ohne Wasser oder Strom, ohne Hygiene und mit dem Winter, der schon vor der Tür steht, es wird ja schon kalt, es regnet – das war sehr bewegend. Eine muslimische Frau, die vollkommen verschleiert war, fing an zu weinen, als ich mit ihr sprach. Ich fragte sie: Warum weinst du?, und sie antwortete: Weil Sie mich wie einen Menschen behandeln. Ich fühle mich auf einmal wieder wie ein Mensch."
Nach seiner Rückkehr aus dem Libanon hat Kardinal Sarah aufmerksam die Berichte verfolgt, dass die syrische Opposition auf einer Konferenz in Doha, im Katar, eine neue, einheitliche Plattform gegründet hat.
„Wir hoffen, dass diese Vereinigung auf Seiten der Opposition vielleicht einen Schritt hin zu Verhandlungen bedeutet. Denn bisher wusste man nicht so genau, mit welchen Oppositionellen sich denn eigentlich verhandeln ließe, es gab zu viele verschiedene Gruppen und Fraktionen. Also, aus meiner Sicht ist das ein Schritt nach vorne – aber ich würde schon zögern, wenn ich sagen müsste, ob das jetzt wirklich ein rundum positiver Schritt ist. Immerhin: Wir haben jetzt eine neue Lage, die eventuell zu einer Suche nach Frieden beitragen könnte. Jetzt gibt es wenigstens identifizierbare Verantwortliche, mit denen man reden kann."
Der aus Guinea stammende Kardinal hofft, dass sich jetzt auch die syrische Regierung unter Baschir al-Assad bewegt.
„Sie haben ja gehört, dass der syrische Präsident gesagt hat, er wolle in Syrien sterben. Er ist, glaube ich, entschlossen, gegebenenfalls Verhandlungen aufzunehmen – aber auch nicht mit irgendjemandem. Wenn sich das Regime jedenfalls zu Verhandlungen entschließt, dann ist einiges möglich. Ich hoffe, dass auch die internationale Gemeinschaft in diesem Sinne ein bisschen helfen kann."
Direkte Kontakte zu syrischen Rebellen habe er während seines Besuchs im Libanon nicht gehabt, sagt Kardinal Sarah.
„Es war nicht mein Ziel, Kontakt zu Rebellen oder auch zur Regierung von Herrn Assad aufzunehmen. Ich glaube auch nicht, dass man viele Rebellen im Libanon treffen könnte – aber jedenfalls war das nicht mein Ziel, Politik zu machen. Selbst wenn es Möglichkeiten zu einer entsprechenden Kontaktaufnahme gegeben hätte: Das war nicht die Mission, die mir der Heilige Vater aufgetragen hatte!" (rv)
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