Vor Vertretern des Kirchengerichtes der „Sacra Rota Romana“ ist Benedikt XVI. an diesem Samstag auf Fragen des kirchlichen Eherechtes eingegangen. In seiner traditionellen Eröffnungsrede zum kirchlichen Gerichtsjahr trat der Papst für die Ehe zwischen Mann und Frau als wesentliche Zelle der kirchlichen Gemeinschaft ein und betonte die wesentliche Bedeutung des Glaubens für die kirchlich gültige Ehe. Ehe-Annullierungen bilden den Hauptzuständigkeitsbereich der Rota Romana, das zweithöchste Gericht des Apostolischen Stuhls. Kirchlich geschlossene Ehen können laut Kirchenrecht nur unter bestimmten Voraussetzungen „annulliert“ werden, Scheidungen sind ausgeschlossen.
Der Glaube an Gott, unterstützt durch die göttliche Gnade, ist wesentlich für die gegenseitige Hingabe und Treue der Eheleute, so der Papst über die Voraussetzungen einer gelingenden und wahrhaftigen Ehe im katholisch-christlichen Sinne. Die Ablehnung Gottes und der „heiligen Dimension“ des Ehebundes führt laut Papst zum „tiefen Ungleichgewicht“ in der Beziehung und „begünstigt ein falsches Verständnis der Freiheit und der Selbstverwirklichung“. Das Ausweichen vor Leid, Egoismus und reine Selbstbezogenheit des Menschen seien weitere Folgen.
Die heutige, von einem ethischen und religiösen Relativismus geprägte Kultur tue sich schwer mit dem Gedanken einer lebenslangen Bindung. Darin sehe sie einen Widerspruch zu Freiheit und Selbstverwirklichung. Es herrsche eine Mentalität, dass man Verbindungen jederzeit unterbrechen können müsse, führte der Papst. Das sei auch eine Ursache für die Krise von Ehe und Familie.
Die natürliche Ehe als „Vertrag zwischen Nicht-Getauften“ – Benedikt XVI. macht hier eine Abgrenzung zur Ehe als Sakrament – sei zwar nicht frei von Werten wie Treue oder „anderen Vermögen, die von Gott, dem Schöpfer, kommen“, so der Papst. Allerdings untergrabe ein Sich-Verschließen vor Gott oder die Ablehnung der „heiligen Dimension“ der Ehe letztlich die Gültigkeit derselben im kirchlichen Sinn, weil wesentliche Merkmale der Ehe grundlegend abgelehnt würden.
Eine der Voraussetzungen für die Gültigkeit der kirchlichen Ehe ist der so genannte „Ehekonsens“, der eine Eheschließung auf Grundlage des freien Willens einschließt, sich lebenslang gegenseitig zu schenken und anzunehmen. Ein Ehekonsens ist zum Beispiel nicht gegeben, wenn ein Partner zur Eheschließung gezwungen wird. Er ist auch nicht gegeben, wenn der geforderte Ehekonsens nur simuliert wird.
Die Sacra Rota Romana muss bei Ehe-Annullierungsverfahren u.a. prüfen, ob eine solche Simulation vorliegt. Laut Kirchenrecht liegt eine Simulation vor, wenn einer der Partner wesentliche Voraussetzungen der kirchlichen Ehe wie die Offenheit für das Leben, die Einheit und die Unauflöslichkeit der Ehe ausschließt. Sie liegt auch vor, wenn geheiratet wird, ohne das Wohl des anderen zu wollen.
Die Ausführungen Benedikt XVI. vor der Rota Romana richteten sich in diesem Zusammenhang auf die Frage des Glaubens als eine Bedingung für die Gültigkeit der Ehe. Das Wohl der Eheleute könne in bestimmten Fällen durch Abwesenheit des Glaubens gefährdet werden, und damit aus dem Ehekonsens selbst ausgeschlossen werden, so der Papst – zum Beispiel bei „falschen Auffassungen“ von Treue oder von der Gleichwertigkeit der Eheleute. Wenn also auch Konsens der Partner über Wohl, Nachkommenschaft, Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe bestehe, sei dies nicht unbedingt eine Garantie für die Gültigkeit der Ehe im christlich-katholischen Sinne, könnte man hier den Vorstoß des Papstes zugespitzt auf den Punkt bringen. Mit anderen Worten und frei übersetzt: Wer nicht glaubt, geht auch ungültig in die Ehe ein.
Einer wahrhaftige Ehe im christlichen Sinne liegen Bekenntnis und Nächstenliebe zu Grunde, erinnerte der Papst weiter. Dies gelte für das gemeinschaftliche Leben und umso mehr für die Ehe.
Darüber hinaus ging der Papst auf den Aspekt der Unauflöslichkeit der Ehe ein: Verlassene und geschiedene Partner, die keine neue Verbindung eingingen, seien Beispiel christlicher Kohärenz und Treue – sofern sie von der Unauflöslichkeit der Ehe ausgingen, so Benedikt XVI., der hier auf Ausführungen seines Vorgängers Johannes Paul II. über Ehe und Familie Bezug nahm.
Seit 2011 Kompetenzen der Rota im Bereich Ehe-Annullierung komplett
Die römische Rota urteilt über die Gültigkeit kirchlicher Eheschließungen und ist dabei letzte Berufungsinstanz der einzelnen Diözesangerichte. Das Gericht übt für den Papst die ordentliche Gerichtsbarkeit aus. Im September 2011 hatte der Papst der Rota mit dem Motu proprio „Quaerit semper – Er bemüht sich immer“ weitere Kompetenzen übertragen, darunter auch im Bereich der Ehe-Annullierung. So kann das Gericht seit dem Motu Proprio geschlossene, aber „nicht vollzogene“ Ehen für ungültig erklären. (rv)
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