An diesem Samstag endet der „Vorhof der Völker" in Marseille: Drei Tage lang ging es in der französischen Stadt um den Dialog zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen, mit einem Schwerpunkt auf der Begegnung von Humanismus und Religion. Im Zentrum standen die Schriftsteller Albert Camus und Paul Ricœur. Am Donnerstag ging es in einer Konferenz um Camus' Werk „Die Pest". Der Präsident des Päpstlichen Kulturrates, Gianfranco Ravasi, war vor Ort mit dabei. Im Gespräch mit Radio Vatikan berichtet er, was er mit Albert Camus verbindet:
„Ich muss sagen, dass ich eine persönliche Beziehung zu Camus habe, denn in einem meiner aufwändigsten Werke zur Exegese, meinem Kommentar zu Hiob, gibt es ein Kapitel, das sich gerade der ,Pest' von Camus widmet. In diesem Roman des französischen Agnostikers gibt es eine schwierige Debatte über das Verhältnis von Gott und dem Bösen. Es scheint, als würde sich mit dem ,Vorhof der Völker' hier etwas wiederholen, was in Camus' Roman geschildert wird: Nämlich der dialektische Schlagabtausch zwischen der Romanfigur Dr. Rieux, der ein atheistischer Arzt ist, und dem Jesuitenpater Paleoux. Der Arzt ist schockiert und verwirrt, weil ein Kind an der Pest stirbt. Der Jesuitenpater versucht hingegen, die transzendenten Gründe zu sehen, die dieses Ereignis rechtfertigen können."
Es ist übrigens kein Zufall, dass es gerade beim „Vorhof der Völker" in Marseille in diesen Tagen um Camus und um die Pest ging, erklärt Kardinal Ravasi, der am Freitag das Hochfest des Heiligsten Herzen Jesu in der Basilika Sacré Cœur feierte:
„Die Feier zum Hochfest des Heiligsten Herzens Jesu verbindet sich mit einem historischen Ereignis, dass den Marseillern sehr am Herzen liegt: Es geht um die große Pestepidemie, die sich im Jahr 1720 wie ein Leichentuch über der Stadt ausbreitete. Die sogenannten ,échevins’, die Schreiber kümmerten sich damals darum und sie waren genau hier, wo man später die Sacré Cœur-Basilika errichtete. Aus diesem Grund wird der ,Vorhof der Völker' den wir jetzt hier in Marseille veranstalten aus einem Aspekt der bürgerlichen Religiosität vor Ort auch ,parvis du coeur’ genannt, also ,Vorhof der Herzen'."
Am Freitag wurde aber nicht nur das Hochfest gefeiert, der „Vorhof der Völker" widmete sich an diesem Tag auch dem zweiten Schriftsteller, dem christlichen Philosophen Paul Ricœur. Am letzten Tag des Dialogs zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen in Marseille, also an diesem Samstag, steht hingegen die Jugend im Zentrum – mit einer neuen Ausgabe des „Vorhofes der Kinder".
Hintergrund:
Die Idee zum „Vorhof der Völker" hatte Papst Benedikt XVI.: Im Jahr 2009 machte er sich in seiner Weihnachtsansprache vor der Römischen Kurie für einen vertieften Dialog mit dem Atheismus stark. Zuständig für die Organisation des „Vorhof der Völker", der an jeweils unterschiedlichen Orten veranstaltet wird, ist der Päpstliche Kulturrat. (rv)
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