Der Vatikan hat US-amerikanische Medienberichte zurückgewiesen, Kardinal Joseph Ratzinger habe als Leiter der Glaubenskongregation einen Missbrauchsfall in der Erzdiözese Milwaukee „verheimlicht". Father Lawrence Murphy soll zwischen 1950 und 1974 an einer Gehörlosenschule rund hundert Kinder missbraucht haben. Die Vergehen von Pater Murphy seien der Glaubenskongregation erst 1996 gemeldet worden, stellte Vatikansprecher Federico Lombardi an diesem Donnerstag in einer Erklärung klar. Hintergrund der Anschuldigungen ist die Behauptung der Zeitung „The New York Times" von diesem Mittwoch, aufgrund kirchlicher Vorschriften sei eine Weiterleitung des Falls an die staatlichen Behörden untersagt gewesen. Der Vorgang sei 1996 nach Rom gemeldet worden, so Pater Lombardi weiter, weil mit ihm auch ein Verstoß gegen das Beichtgeheimnis verbunden war. Mit Blick auf das Alter und die angeschlagene Gesundheit des Geistlichen habe der Vatikan dann auf eine kirchliche Strafe, etwa die Versetzung in den Laienstand, verzichtet. Rom habe die Erzdiözese Milwaukee gebeten, geeignete Maßnahmen gegen den Geistlichen zu verfügen, der damals bereits in Klausur lebte und vier Monate später starb. – Eine Meldepflicht für alle Missbrauchsfälle an die vatikanische Glaubensbehörde war erst im Jahr 2001 auf Drängen Ratzingers für die Weltkirche verfügt worden. (rv)
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