„Der Papst warnt vor einer Liberalisierung von Drogen": Über dieses Thema berichten Online-Ausgaben großer brasilianischer Zeitungen an diesem Donnerstag besonders ausführlich. Sie stützen sich dabei auf die Papstrede im Franziskus-Krankenhaus von Rio am Mittwoch. „Der Papst bezog sich da wohl auf Politiker wie die früheren Präsidenten Brasiliens, Fernando Henrique Cardoso, Kolumbiens, Cesar Gaviria, und Mexikos, Ernesto Zedillo", schreibt „O Globo". „Diese Politiker treten für eine Freigabe leichter Drogen ein mit dem Argument, dass der vor allem von den USA vorangetriebene Anti-Drogen-Krieg nicht funktioniert." Dem widerspreche nun aber Franziskus, der Drogenhändler außerdem mit scharfen Worten als „Händler des Todes" bezeichnet habe. Franziskus setze im Kampf gegen Drogen eher auf „größere Gerechtigkeit, bessere Ausbildung" und mehr Chancen für junge Leute.
In der „Folha de Sao Paulo" kommen brasilianische Experten zu Wort, die die Position des Papstes beklagen: „Wahrscheinlich verwechselt Franziskus Liberalisierung in diesem Bereich mit Liberalismus und Anarchie allgemein", so die Soziologin Julita Lemgruber. Ein Leitartikler der „Folha" nennt Franziskus` Äußerung einen Schuß vor den Bug progressiver Brasilianer, die eigentlich gedacht hätten, dass dieser Papst mit vielen bisherigen Positionen der Kirche brechen werde. Bergoglio sei zwar nicht Ratzinger und wirke „viel aufgeschlossener für den Dialog", aber er stehe nun mal an der Spitze einer eher konservativen Kirche und werde sicher „keine Dogmen über den Haufen werfen". „Dieser Papst ist Pop, ma non troppo", zu deutsch: aber nicht im Übermaß.
„O Dia" urteilt, die Pilger von Rio erlebten diese Tage mit Verkehrschaos und Regenschauern als „Mittelding zwischen Himmel und Hölle". Die Zeitung zitiert einen 18-Jährigen mit den Worten: „Das alles gibt ein ruinöses Bild von Brasilien ab. Wie soll das denn erst bei der Fußball-Weltmeisterschaft und bei der Olympiade werden?" Das „Extra"-Blatt, in vielem etwa der deutschen „Bild"-Zeitung vergleichbar, schildert, mit welcher Hingabe Menschen der Kälte und dem Regen trotzten, um einen Blick auf Franziskus werfen zu können. Eine Reportage stellt eine Gruppe junger katholischer Lesben und Schwulen namens „Diversidade Católica" (Katholische Vielfalt) vor; sie nehme an einigen Weltjugendtags-Veranstaltungen in Pfarreien teil und wolle auch am Sonntag zur Papstmesse kommen.
„O Estado de Sao Paulo" fühlt sich durch Franziskus an frühere Besuche von Papst Johannes Paul II. erinnert. Der polnische Papst, der als konservativ gegolten habe, und der argentinische Papst, der vielen progressiv scheine, hätten viel gemeinsam, so ein Kommentar. Allerdings komme Franziskus „viel milder und freundlicher" daher als der „auftrumpfende" und „beschwörende" Johannes Paul. „Und keiner kann sich vorstellen, dass Franziskus hier an einem Weltjugendtag teilnimmt, ohne von der Krise der Arbeitslosigkeit und der Chancenlosigkeit von Jugendlichen zu reden. Doch genau das hat Johannes Paul II. damals getan." Immerhin, der polnische Papst habe viel besser Brasilianisch gesprochen als der neue Papst aus dem Nachbarland Argentinien.
„O Globo" bietet ein Interview mit Kardinal Odilo Scherer von Sao Paolo. Dieser betont, dass Papst Franziskus „den Glauben der Kirche in keiner Weise verändern" werde, dass sich die Kirche unter dem neuen Pontifikat allerdings stärker den Armen annähere. Das Abwandern vieler Katholiken zu Evangelikalen und Freikirchen habe „viele Gründe" und sei nicht nur diesen charismatischen christlichen Gruppen zuzuschreiben, so Scherer. (rv)
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