120 Minuten Papst: Während seines Rückfluges von Rio de Janeiro nach Rom stellte sich Papst Franziskus zwei Stunden lang den Fragen der mitreisenden Journalisten. Es kamen viele der in der Kirchen strittigen Themen auf den Tisch, gleich in der ersten Frage ging es um die vom Papst angestrebte Kurienreform, danach um das Frauenpriestertum und um die Gerüchte um eine Lobby von Homosexuellen im Vatikan. Wir fassen kurz die Inhalte der Antworten des Papstes zusammen:
Frauenpriestertum
Frauen dürfen nach Worten von Papst Franziskus auch in Zukunft nicht Priesterinnen in der katholischen Kirche werden: „Diese Tür ist geschlossen, Johannes Paul II. (1978-2005) habe diese Frage in „definitiver Form" entschieden. Zugleich forderte Franziskus eine stärkere Beteiligung von Frauen in der katholischen Kirche. Frauen dürften nicht nur auf ihre Rolle als Mutter reduziert werden, sagte er. Es gehe auch nicht nur darum, dass Frauen Caritas-Direktorinnen oder Katechetinnen würden. Man müsse weiter gehen und eine „profunde Theologie der Frau" entwickeln, so der Papst. Auf die in der Journalistenfrage angesprochene Öffnung des Diakonenamtes für Frauen ging der Papst nicht ein.
Homosexualität im Vatikan: „Wer bin ich, ihn zu verurteilen?"
Papst Franziskus hat sich ebenfalls zu Berichten über eine „Homosexuellen-Lobby" im Vatikan geäußert. Er selbst habe im Vatikan noch keinen Beweis gefunden, in dem stehe, dass jemand homosexuell sei, sagte der Papst am Montag auf dem Rückflug von Brasilien. „Man sagt, es gebe solche Personen". Nicht eine Person mit homosexueller Veranlagung sei das Problem, sondern die Bildung einer Lobby. Jede Art von Seilschaft sei schlecht, sagte der Papst. Über einen Homosexuellen, der Gott suche und guten Willens sei, könne er nicht den Stab brechen: „Wer bin ich, ihn zu verurteilen", sagte der Papst. Die katholische Lehre verbiete eine Diskriminierung von Homosexuellen und fordere deren Integration, betonte Franziskus unter Verweis auf den Katechismus der katholischen Kirche.
Reisepläne
Papst Franziskus nahm auch zu Reiseplänen stellung: Er wolle 2014 Reisen ins Heilige Land und nach Asien aufbrechen. Der orthodoxe Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., wolle sich mit ihm in Jerusalem treffen, sagte der Papst auf dem Rückflug von Brasilien am Montag vor Journalisten. Anknüpfungspunkt sei die historische Begegnung zwischen Paul VI. und dem Patriarchen Athenagoras vor 50 Jahren in Jerusalem. Israel habe ihn bereits eingeladen, sagte Franziskus. Eine zweite Reise könnte nach den Worten des Papstes nach Asien führen. Benedikt XVI. habe eine Reise auf diesen Kontinent nicht mehr geschafft, sagte Franziskus. Einladungen von den Regierungen der Philippinen und Sri Lankas lägen vor. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei aber noch nichts entschieden, so das Kirchenoberhaupt.
Franziskus und Benedikt
Mit Benedikt XVI. in der Nachbarschaft zu leben, ist für Papst Franziskus, wie „einen Opa zu Hause zu haben". Wenn er ein Problem oder Fragen habe, könnte er seinen Vorgänger einfach anrufen und fragen, sagte Franziskus auf dem Rückflug von Brasilien am Montag vor mitreisenden Journalisten. Benedikt XVI. sei für ihn dabei wie ein Großvater, der als Weiser von seiner Familie verehrt und geliebt werde. Franziskus widersprach Ansichten, es gehe nicht, dass im Vatikan zwei Päpste lebten. Gelegentlich lade er seinen 86-jährigen Vorgänger zu Terminen oder Unternehmungen ein. So habe Benedikt XVI. unlängst mit ihm an der Einweihung eines Denkmals in den Vatikanischen Gärten teilgenommen.
Keine Sicherheitsbedenken in Rio
Abschließend zog Papst Franziskus eine positive Bilanz seiner ersten Auslandsreise: „Es war eine schöne Reise, die mir geistlich gut getan hat", so Franziskus auf dem Rückflug von Brasilien am Montag vor Journalisten. Er sei ziemlich müde, aber die Freude der Brasilianer habe ansteckend gewirkt, sagte der 76-Jährige. Sicherheitsbedenken angesichts seiner engen Kontakte mit Menschenmassen relativierte der Papst: „Sicherheit heißt, sich einem Volk anzuvertrauen". Das Risiko, dass ein Verrückter ein Attentat verübe, bestehe immer; „aber es gibt ja schließlich auch den Herrn". In Rio de Janeiro habe es keinen einzigen Zwischenfall gegeben, betonte Franziskus. „Alles war spontan, und ich konnte ohne gepanzerte Autos den Menschen nahe sein."
Papst ist Papst
Papst Franziskus räumte auch mit einer verbreiteten Ansicht auf: Er verzichtet nicht auf den traditionellen Leitungsanspruch für die Weltkirche. Dass er seine Eigenschaft als Bischof von Rom in den Vordergrund stelle, bedeute nicht, dass er sich nur als „primus inter pares" (Erster unter Gleichen) verstehe, so Franziskus. „Bischof von Rom" sei einfach sein erster Titel, aus dem sich die anderen ergäben. Nachdem Franziskus sich bei seinem ersten Auftritt unmittelbar nach seiner Wahl als ‚Bischof von Rom’ vorgestellt hatte und diese Selbstbezeichnung seither auffallend oft verwendete, war von Medien gemutmaßt worden, dies bedeute möglicherweise einen Verzicht auf den rechtlichen Sonderstatus unter den Bischöfen, den sogenannten Jurisdiktionsprimat.
Heiligesprechung Johannes Pauls II. voraussichtlich im April
Papst Franziskus will seinen Vorgänger Johannes Paul II. voraussichtlich im April nächsten Jahres heiligsprechen. Das kündigte Franziskus am Montag auf dem Rückflug von Brasilien vor mitreisenden Journalisten an. Den definitiven Termin werde er noch mit dem zuständigen Präfekten der Heiligsprechungskongregation, Kardinal Angelo Amato, klären. Das ursprünglich avisierte Datum am kommenden 8. Dezember sei mit Blick auf das Wetter in dieser Jahreszeit verworfen worden, so der Papst. Zu einem früheren Alternativtermin am 24. November bleibe wenig Zeit. Zur Auswahl steht laut Franziskus noch der 27. April 2014. Auf dieses Datum fällt der sogenannte Barmherzigkeitssonntag, ein Gedenktag, der von Johannes Paul II. eingeführt wurde. (rv)
Du musst angemeldet sein, um kommentieren zu können.