Scharfe Kritik aus dem eigenen Land erfährt US-Präsident Barack Obama mit seinen Militärschlags-Plänen gegen den syrischen Machthaber Bashar al-Assad. Die US-Bischöfe haben sich in einem offenen Brief an Außenminister John Kerry gewandt und von ihm das Erwirken eines Waffenstillstandes gefordert. Politische Verhandlungen seien die einzige denkbare Lösung für Syrien, heißt es in dem von Bischof Richard Pates unterzeichnete Brief. Pates leitet in der US-Bischofskonferenz das „Komitee für internationale Gerechtigkeit und Frieden". Zwar „verabscheuen" die US-Bischöfe die „grässlichen Angriffe durch chemische Waffen", rufen jedoch zugleich auch dazu auf, einen erneuten „Zusammenstoß der Waffen" durch den von den USA angestrebten Militärangriff zu verhindern. Nur der Begegnung und dem Dialog könne es gelingen, Hoffnung auf eine Lösung der Syrienfrage zu wecken, nie aber dem Waffenkonflikt, stellen die Bischöfe klar. Die USA sollten sich gemeinsam mit anderen Regierungen darum bemühen, dass in Syrien die Waffen ruhen und die gesamte Bevölkerung eine Zukunft erhalte, in der Menschenrechte und Religionsfreiheit respektiert werden. Der Weg dazu führe nur über „ernsthafte Verhandlungen, unparteiische und neutrale humanitäre Hilfe sowie Aufbau einer Gesellschaft, die alle Bürger – auch Christen und andere Minderheiten – in ihren Rechten berücksichtigt", heißt es in der Erklärung.
Einen umgehenden Stopp der Waffenlieferungen nach Syrien hat der Patriarch der mit Rom unierten Melkiten, Gregorios III. Laham, gefordert. Dass die „Rote Linie" des Chemiewaffen-Einsatzes überschritten wurde, sei erst durch die Aktivitäten der fundamentalistischen Salafisten und durch den Import von „Waffen, Geld, Militär, Geheimdienst-Mitarbeitern und Kriminellen" möglich geworden. „All dies ist viel gefährlicher als die chemischen Waffen, die wir selbstverständlich auch kategorisch ablehnen", erklärte der in Damaskus residierende höchste griechisch-katholische Würdenträger im Nahen und Mittleren Osten am Mittwoch gegenüber dem Hilfswerk „Kirche in Not". Schon vor einigen Monaten hatte Gregorios im EU-Parlament erklärt, die syrischen Waffenlieferungen an die Rebellen kämen dem „Selbstmord" gleich, „weil niemand diesen Krieg gewinnen kann". Schon heute gebe es dafür in der Region „zu viele Waffen". Würde weiterhin – durch einen Militärschlag oder weitere Waffenimporte – auf Gewalt gesetzt, fördere man damit bloß ein völliges Entgleisen der Situation. „Die Konfliktparteien werden einander bis zum bittersten Ende bekämpfen", mahnte der Patriarch. Ein westlicher Militärangriff auf das Assad-Regime würde aus Gregorios` Sicht „Hass, Kriminalität und Fundamentalismus" anheizen, sogar ein Flächenbrand „nach dem Vorbild eines Weltkrieges" sei denkbar.
Auch der Rat maronitisch-katholischer Bischöfe warnt vom Libanon aus vor einem westlichen Eingreifen im benachbarten Syrien. Ein Militärschlag der USA würde dramatische Auswirkungen auf die ganze Region haben und Instabilität hervorrufen, so die Bischöfe. An der Begegnung am Sommersitz des maronitischen Patriarchen nahm auch der libanesische Premierminister Najib Miqati teil.
Der armenisch-katholische Patriarch von Zilizien, Katholikos Nerses Bedros XIX. Tarmouni, zählt in einer Erklärung von Beirut einige Punkte gegen einen westlichen Militärschlag auf. Die Folgen eines solchen Schlages wären aus seiner Sicht „nicht kalkulierbar", und „frühere Erfahrungen aus dem Irak, Afghanistan und Serbien" sprächen gegen allzu überstürzte Entscheidungen. Die Karte des Dialogs mit der syrischen Regierung sei außerdem noch nicht genug ausgespielt worden. Der Katholikos fährt fort: „Und schließlich, meine Herren, haben Sie auch an die möglichen Todesopfer und an die Zerstörung durch einen Militärschlag gedacht? Oder an den Massen-Exodus von Syrern, zu dem er führen würde?" Man müsse vorher nachdenken und nicht „hinterher bereuen".
Der Vatikan hat derweil das Diplomatische Corps zu einem Informationstreffen über die Friedensinitiative des Papstes für Syrien eingeladen. Am Donnerstagvormittag will das Staatssekretariat den beim Heiligen Stuhl akkreditierten Botschaftern den Sinn des Gebetstages für einen Frieden in den Krisenregionen der Welt erläutern. Das vatikanische Staatssekretariat und mehrere vatikanische Dikasterien sind mit Bischofskonferenzen und christlichen Gruppen weltweit in Kontakt, um sie zur Beteiligung an Franziskus` Initiative zu ermuntern. Vatikansprecher Federico Lombardi erklärte gegenüber Journalisten, der Vatikan feile noch am genauen Ablauf der römischen Gebetswache mit dem Papst. (rv)
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