Universitäten sollen Lehrstätten sein, in denen eine Kultur des Nächsten gedeiht. Das sagte Papst Franziskus bei einer Begegnung mit Kulturschaffenden an der theologischen Fakultät von Cagliari. In besonderer Weise sollten Universitäten zur gelebten Solidarität erziehen. Es war ausdrücklich keine „akademische Vorlesung", die der Papst seinem Auditorium bieten wollte, sondern „einige laut gedachte Überlegungen, die von meiner Erfahrung als Mensch und als Hirte der Kirche ausgehen". Franziskus meditierte über die Jünger von Emmaus und ihre Enttäuschung nach dem Tod Jesu.
„Ein ähnliches Gefühl finden wir in unserer heutigen Lage: die Enttäuschung, aufgrund einer wirtschaftlichen Krise, die auch eine ökologische, eine moralische und eine Erziehungskrise ist. In den letzten vier Jahrhunderten waren die grundlegenden Sicherheiten, die das Leben der menschlichen Wesen ausmachen, niemals so erschüttert wie in unserer Epoche. Ich denke an die Umweltverschmutzung, die soziale Unausgewogenheit, an die schreckliche Macht der Waffen, an das wirtschaftliche System, an die Entwicklung und das Gewicht der Medien und des Transports. Es ist eine Änderung, die die Art und Weise betrifft, in der die Menscheit ihre Existenz auf der Welt voranbringt."
Wie ist mit dieser Krise umzugehen? Die Emmaus-Jünger versuchten es, so Franziskus, mit der Flucht aus der Realität, sie verließen Jerusalem. Dieser versuchte Rückzug sei auch angesichts der genannten Krise zu verzeichnen, es sei die Haltung des Pilatus, der sich „die Hände wusch": pragmatisch, aber den Schrei nach Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Verantwortung ignorierend.
Die rechte Weise, der Krise zu begegnen, sei nicht die Flucht, schärfte der Papst den Kulturschaffenden ein. Es gehe darum, Wege der Hoffnung zu suchen und zu finden, die neue Horizonte eröffneten. Wertvoll sei hierbei gerade die Universität, ein Ort der Erarbeitung und der Weitergabe von Wissen, ein Ort der Gewissensbildung und ein Ort der „Unterscheidung".
„Die Unterscheidung ist nicht blind, noch improvisiert: sie stützt sich auf ethische und spirituelle Kriterien und stellt die Frage nach Gut und Böse. … Unterscheidung bedeutet nicht Flucht, sondern bedeutet, die Wirtklichkeit ernsthaft und ohne Vorurteile zu lesen."
Die Universität sei auch der privilegierte Ort, eine Kultur des Dialogs zu fördern, „die Differenzen und Pluralismen nicht einebnet … und sie auch nicht extremisiert und zum Anlass von Spaltung macht, sondern sie für die konstruktive Auseinandersetzung öffnet." Hier betrat Franziskus ein Themenfeld, das seinem Vorgänger Benedikt XVI. sehr am Herzen lag. Franziskus formulierte:
„Haben Sie niemals Angst vor der Begegnung, dem Dialog, dem Autausch … Haben Sie keine Furcht, sich auch den Horizonten der Transzendenz zu öffnen, der Begegnung mit Christus, oder die Beziehung mit ihm zu vertiefen. Der Glaube schränkt den Raum der Vernunft niemals ein, sondern öffnet sie zu einer ganzheitlichen Sichtweise des Menschen und der Wirklichkeit und schützt vor der Gefahr, den Menschen auf „menschliches Material" zu reduzieren." (rv)
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