Ein Kongress über die Frau in der katholischen Kirche hat an diesem Donnerstag im Vatikan begonnen. Anlass ist der 25. Jahrestag des Apostolischen Schreibens „Mulieris Dignitatem" von Johannes Paul II., auf Deutsch: „Die Würde der Frau". Papst Franziskus hat jüngst eine „neue Theologie der Frau" angeregt. Wie diese aussehen könnte, darüber werden nun zwei Tage lang Fachleute der Theologie, Philosophie, Erziehungs- und Geschichtswissenschaft, des Journalismus und der Medizin aus 25 Ländern wohl auch debattieren. Organisiert hat den Frauenkongress der päpstliche Laienrat. Die Leiterin der dort angesiedelten Abteilung Frau, Ana Cristina Villa Betancourt, sagte uns:
„Mulieris Dignitatem" ist nicht nur das erste Dokument des ganzen päpstlichen Lehramtes, das sich ausschließlich der Frage der Frau widmet. Es ist auch deshalb so wertvoll, weil es die christliche Anthropologie – die Lehre vom Menschen – auf besonders nachvollziehbare Weise darstellt. Eine Art Leuchtturm, der Licht auf immer dringender auftauchende Fragen wirft."
Es gibt noch viel zu tun, um die Analysen des Dokuments umzusetzen, sagt die Kolumbianerin und erwähnt die kontinuierlichen Hinweise des Papstes. Mehrmals hat Franziskus die Kirche als „Mutter" dargestellt, und zu Maria Himmelfahrt hat er seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, die Kirche möge die wichtige Rolle der Frau besser verstehen lernen.
„In ,Mulieris dignitatem‘ hat Johannes Paul II. festgehalten, dass Gott den Menschen in besonderer Weise der Frau anvertraut, und zwar wegen ihrer besonderen Fähigkeit zur Liebe und zur Mütterlichkeit. Die Mütterlichkeit ist eine weibliche Dimension, die in allen Feldern zum Ausdruck kommen soll, in denen die Frau überhaupt präsent ist."
Ana Cristina Villa Betancourt nennt ein Beispiel:
„In den zurückliegenden 25 Jahren seit Erscheinen des Schreibens ist die Präsenz von Frauen in allen Dimensionen der Gesellschaft gestiegen. Das ist ein Reichtum, ein Schritt nach vorn, und sehr zu begrüßen. Wir wollen aber darauf drängen, dass die Frau dort mit ihrer spezifischen Rolle als Frau akzeptiert wird. Vielleicht hat uns die Gesellschaft zu sehr abverlangt, auf unsere Weiblichkeit zu verzichten, um besser in eine bestimmte Wettbewerbsmentalität zu passen."
In seinem Interview mit der Jesuitenzeitschrift hatte Papst Franziskus gesagt, es sei mehr weiblicher Genius an jenen Stellen der Kirche nötig, wo wichtige Entscheidungen fallen. Hier nochmals der ganze betreffende Passus in offizieller Übersetzung:
„Die Räume für eine wirkungsvollere weibliche Präsenz in der Kirche müssen weiter werden. Ich fürchte mich aber vor einem ›Machismo im Rock‹, denn Frauen sind anders strukturiert als Männer. Die Reden, die ich über die Rolle der Frau in der Kirche höre, sind oft von einer Männlichkeits- Ideologie inspiriert. Die Frauen stellen tiefe Fragen, denen wir uns stellen müssen. Die Kirche kann nicht sie selbst sein ohne Frauen und deren Rolle. Die Frau ist für die Kirche unabdingbar. Maria – eine Frau – ist wichtiger als die Bischöfe. Ich sage das, denn man darf Funktion und Würde nicht verwechseln. Man muss daher die Vorstellung der Frau in der Kirche vertiefen. Man muss noch mehr über eine gründliche Theologie der Frau arbeiten. Nur wenn man diesen Weg geht, kann man besser über die Funktion der Frau im Inneren der Kirche nachdenken. Der weibliche Genius ist nötig an den Stellen, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden. Die Herausforderung heute ist: reflektieren über den spezifischen Platz der Frau gerade auch dort, wo in den verschiedenen Bereichen der Kirche Autorität ausgeübt wird."
„Solche Äußerungen sorgen für Unruhe", merkt Ana Cristina Villa Betancourt an.
„Es fehlt vielleicht an Dialog an den Stellen, an denen die Entscheidungen fallen. Es fehlt auch an Dialog zwischen Männern und Frauen, obwohl dieser in den Dokumenten der Kirche ja immer angeregt wird."
Johannes Paul betonte in seinem Schreiben die Gleichheit der Würde von Mann und Frau aus christlicher Sicht und vertiefte eine anthropologische Grundwahrheit: Der Mensch „existiert immer nur als Frau oder als Mann", heißt es in „Mulieris Dignitatem". Die heute verbreitete so genannte Gender-Mentalität stellt diese Grundwahrheit in Frage. Aus ihrer Sicht ist Mannsein oder Frausein ein rein gesellschaftliches Konstrukt. Auch darum wird es in dem vatikanischen Kongress gehen, ebenso wie um das Selbst- und das Fremdbild von Frauen 45 Jahre nach der „sexuellen Revolution".
Vor fünf Jahren veranstaltete der Päpstliche Laienrat bereits einmal einen Kongress über die Rolle der Frau in der Kirche; es war der 20. Jahrestag von „Mulieris dignitatem". Einige Teilnehmerinnen zeigten sich damals im Anschluss enttäuscht über den Grundton der Veranstaltung. Der Neuaufbruch mit Papst Franziskus lässt auch sie hoffen. Franziskus empfängt die Teilnehmerinnen des Kongresses am Samstag in Audienz. (rv)
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