Fünfzig Jahre Dialog der katholischen Kirche mit dem Islam: Kardinal Jean-Louis Tauran hat die beachtliche bereits zurückgelegegte Wegstrecke gewürdigt. Die wirklich bedeutenden Schritte des Dialogs mit dem Islam sind dabei laut Tauran die Begegnung an der Basis, vor Ort.
„Denn der interreligiöse Dialog spielt sich nicht hier im Vatikan ab, sondern in den Ortskirchen. Sehr wichtig sind auch große Begegnungen wie die Friedenstreffen von Assisi. Mittlerweile haben wir regelmäßigen Kontakt mit verschiedenen Dioalogeinrichtungen in Libyen, Ägypten und bald, wie ich hoffe, im Irak. Das alles schafft ein neues Klima, und ich denke, dass alle Gläubigen zusammenstehen müssen, um zunächst ihren eigenen Glauben zu leben – und in der Folge zu verstehen und zu respektieren, dass jemand, der anderes glaubt als ich, nicht notwendigerweise ein Feind ist, sondern ein Partner, ein Pilger zur Wahrheit so wie ich selbst."
Vor einem Jahr öffnete in Wien ein Zentrum für interreligiösen Dialog seine Pforten, bei dem der Heilige Stuhl Beobachterstatus hat: das Zentrum König Abdallah Ben Abdelaziz für den interreligiösen und interkulturellen Dialog, kurz Kaiciid. Es ist eine Gründung Österreichs, Spaniens und vor allem Saudi Arabiens, dessen König Namensgeber der Einrichtung ist. Tauran sprach sich dafür aus, „diesen Kanal zu nutzen", um bestimmte Situationen zu lösen, ohne Furcht, auf Hindernisse zu stossen. Gleichzeitig fügte Tauran hinzu:
„Ich bin ein realistischer Mann. Das Baby beginnt zu laufen, man muss es unterstützen."
Anfang nächster Woche wird das Kaiciid in Wien eine Konferenz ausrichten, die darauf zielt, den jungen Generationen ein objektives, ehrliches und richtiges Bild des anderen zu vermitteln. Bildungsminister aus mehreren Ländern werden daran teilnehmen.
Einige kritische Beobachter halten den christlich-islamischen Dialog für eine Einbahnstraße: Nur der christliche Part bewege sich. Es sei richtig, stimmt Tauran zu, dass die meisten Dialoginitiativen bisher von Christen ausgingen. Der Kardinal weist aber auch auf das Dokument namens „Common Word" hin, jenen Brief islamischer Gelehrter, der nach Papst Benedikts missverstandener Regensburger Rede entstand, in der Benedikt über Glaube und Vernunft nachdachte.
„Das war das erste Mal, dass eine Initiative von den Muslimen ausging, das muss man anerkennen. 38 Islam-Gelehrte, die dann zu 138 wurden, schrieben dem Papst jenen Brief; sie legten die Prinzipien des Islam dar und wünschten sich mehr gegenseities Verständnis und eine Beziehung zwischen Islam und Christentum, die sich auf die Liebe Gottes und des Nächsten stützt. Frucht dieser lobenswerten Initiative war die Schaffung eines islamisch-christlichen Forums, das heute noch besteht. Auch wenn es sehr kompliziert ist: Man muss sich treffen, einander in die Augen blicken und sehen, dass man am Ende viele Dinge gemeinsam hat."
Der Weg sei noch lang, sagte der Sekretär des Dialogrates, Miguel Angel Auyuso Guixot, „aber mit Papst Franziskus geht dieser Weg in Dialog und Freundschaft weiter". Tauran erzählt:
„Papst Franziskus ist als Erzbischof Bergoglio zu mir gekommen und hat mich gebeten, ihm eine gute Ausbildungsstätte für Islam-Studien für einen Priester aus Buones Aires zu nenen. Er wollte jemanden in seiner Diözese, der mit Muslimen zu sprechen versteht und sich sachlich auskennt. Das bezeugt sein Interesse. Im übrigen hat Franziskus von Beginn seines Pontifikates an diesen Aspekt des interreligiösen Dialogs betont. Es gibt keine Alternative zum Dialog."
Der Präsident des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog äußerte sich am Dienstag bei der Präsentation eines Buches von 2.000 Seiten, in dem sämtliche 909 päpstliche Dokumente zum
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