In der Jerusalemer Altstadt herrscht an diesem Karfreitag Ausnahmezustand: Zehntausende sind seit den frühen Morgenstunden in den engen Gassen der Via Dolorosa unterwegs, um am Ort des Geschehens den Kreuzweg zu meditieren. Sehr meditativ geht es dabei allerdings nicht zu – vor allem da dieses Jahr ja Orthodoxe und Westkirchen gleichzeitig feiern. Gabi Fröhlich berichtet für Sie aus der Heiligen Stadt:
Menschen mit Kreuzen und Ikonen überall, griechisch-Orthodoxe, Katholiken, Protestanten, Äthiopier – auf der Via Dolorosa drängen sich die Gläubigen. Genau hier stammt die alte Tradition des Kreuzwegs her, auf vierzehn Stationen den Leidensweges Jesu nachzugehen – von seiner Verurteilung bis zur Kreuzigung und Grablegung.
Die israelische Polizei hat ihre Einheiten in der Altstadt auf 2.500 Mann aufgestockt, um die Menschenmassen zu kanalisieren – aber heute bleibt es ruhig. Der Weg zur Grabeskirche führt bergauf – vor allem ältere Menschen kommen da ins Schwitzen. In der Grabeskirche selbst ist die katholische Liturgie zur Passion Jesu übrigens bereits in den frühen Morgenstunden gefeiert worden, auf dem Golgotha-Hügel.
Eingestimmt auf den Karfreitag hatten sich die Katholiken bereits am Vorabend bei der Gebetswache in der Getsemani-Kirche. Man musste sich allerdings entschlossen durch entnervte Autofahrer und plappernde Gruppen vor der Kirche drängen, um dort in die wirklich gesammelte Atmosphäre einzutauchen. Vor allem junge Menschen hatten sich in der gestopft vollen Kirche versammelt. Sie wollten der Aufforderung des angstvollen Jesus an diesem Ort nachkommen: Bleibt hier, um mit mir zu wachen.
In der Kirche Sankt Peter vom Hahnenschrei herrschte zu dieser Zeit noch besinnliches Schweigen. Stille Beter hatten sich in dem tiefen Verließ eingefunden, wo der Hohepriester Kajaphas Jesus gefangen gehalten haben könnte. Die antike Steintreppe draußen war von Kerzen erleuchtet. Munter wurde es dann jedoch, als die Kerzenprozession der arabischen Pfarrei Jerusalems vom Getsemani herauf gezogen kam.
Singend und betend waren die Teilnehmer auf ihrem Weg zum Zionsberg auch auf tausende ultra-orthodoxer Juden gestoßen, die wegen des Pessachfestes zur Klagemauer strömten. Auch wenn die Begegnung auf beiden Seiten etwas Unsicherheit auslöste – alles blieb entspannt.
An diesem Karfreitagabend findet in der Grabeskirche übrigens noch die traditionelle Grablegungsfeier der Franziskaner statt: Ein Christus-Corpus wird unter feierlichen Gesängen vom Kreuz abgenommen, gesalbt und in die Kapelle mit dem Grab Jesu getragen. Davon hören Sie dann mehr in unserer morgigen Nachrichtensendung. (rv)
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