Eine beispiellose religionsübergreifende Initiative gegen Menschenhandel hat an diesem Montag im Vatikan begonnen. Der Heilige Stuhl, die islamische Al-Azhar-Universität in Kairo und die Anglikanische Kirche wollen gemeinsam gegen moderne Sklaverei in allen ihren Formen vorgehen. Sie gründeten zu diesem Zweck gemeinsam mit einer einschlägigen australischen Stiftung, der „Walk Free Foundation“, ein Aktions-Netzwerk mit dem Namen „Global Freedom Network“. In der gleichzeitig abgegebenen gemeinsamen Erklärung heißt es wörtlich: „Die körperliche, wirtschaftliche und sexuelle Ausbeutung von Männern, Frauen und Kindern verurteilt 30 Millionen Menschen zur Entmenschlichung und Verwahrlosung. Jeder Tag, an dem wir diese Situation länger hinnehmen, tun wir unserer gemeinsamen Menschlichkeit Gewalt an und beleidigen das Gewissen aller Völker“.
Beleidigung für das Gewissen aller Völker
Die Unterzeichner laden „alle Gläubigen und ihre Religionsführer, alle Regierungen und Menschen guten Willens“ dazu ein, dem „Global Freedom Network“ beizutreten und ihre Anstrengungen gegen Menschenhandel zu bündeln. Unter Menschenhandel verstehen die Unterzeichner – also: der Heilige Stuhl, die Al-Azhar-Universität, die Anglikanische Kirche und die australische Stiftung – ausdrücklich auch alle Unterformen wie Zwangsprostitution, Zwangsheirat und Leibeigenschaft, den Missbrauch von Kindern zur Arbeit, als Soldaten und in der Porno-Industrie sowie „jede andere Form moderner Sklaverei und Menschenhandels“.
Das Netzwerk werde „Instrumente des Glaubens“ nutzen, heißt es in der Erklärung weiter: Gebet, Fasten und Nächstenliebe. An einem gemeinsamen Gebetstag werden demnach Katholiken, Muslime, Anglikaner und alle anderen Menschen guten Willens weltweit für die Opfer des Menschenhandels und ihre Freiheit beten.
Sieben Handlungsfelder
Für das erste Jahr ihres Bestehens hat die religionsübergreifende Initiative sieben eng umrissene Handlungsfelder ausgemacht. Man wolle alle Glaubensgemeinschaften und auch politisch Verantwortliche dazu einladen, ihre Versorgungsketten und Investitionen zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sie moderne Sklaverei ausschließen. Dieselbe Aufforderung soll an 50 Großkonzerne gehen, deren Vorstandsvorsitzende praktizierende Gläubige und Menschen guten Willens sind. Auch sollten die Religionsgemeinschaften ihre jeweiligen Jugendabteilungen mobilisieren und diese mit entsprechenden Projekten betrauen. In Familien, Schulen, Universitäten und Orden sollte das Sprechen über Menschenhandel ermuntert sowie Methoden gelehrt werden, wie man Menschenhandel erkennt und anzeigt. Die letzten beiden Punkte sind eminent politisch: Das interreligiöse Netzwerk gegen Menschenhandel lädt 162 Regierungen der Welt, die Menschenhandel öffentlich ablehnen, dazu ein, einen globalen Fonds zur Abschaffung der Sklaverei zu gründen; das Ziel sind 30 Unterschriften von Regierungschefs bis zum Ende des laufenden Jahres. Der letzter Punkt des Aktionsplans ist: die G20-Staaten dazu einladen, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu verurteilen und den Globalen Fonds öffentlich zu unterstützen.
Ein Anfang und ein Versprechen
„Unsere Welt muss von diesen schrecklichen Übel und Verbrechen gegen die Menschlichkeit befreit werden“, heißt es abschließend in der gemeinsamen Erklärung. Diese sei gleichzeitig „ein Anfang und ein Versprechen: Die Opfer der modernen Sklaverei und des Menschenhandels werden nicht vergessen und ignoriert sein: alle werden ihre Geschichte erfahren“. (rv)
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