Kurienkardinal Kurt Koch hat ein mutigeres Eintreten aller Kirchen für verfolgte Christen in der Welt gefordert. „Ich glaube, wir schweigen zu viel“, sagte Koch, der am Heiligen Stuhl für die Ökumene verantwortlich ist, in einem Interview mit der Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano“ von diesem Sonntag. Die „Ökumene des Leidens“, von der Papst Franziskus spreche, sei „das tiefste und geistlichste Fundament“ des gemeinsamen Eintretens der Kirchen gegen Christenverfolgung. Das gelte gerade für die Ursprungsländer des Christentums in Nahen Osten, „wo die Christen fliehen und in gezwungen werden, wegzugehen, weil sie ermordet werden, wenn sie bleiben“. Es sei „traurig zu sehen, wie nur die leeren Gebäude bleiben und nicht die Menschen“. In Syrien lasse sich aber auch beobachten, wie die Verfolgung die Christen vereine.
Als derzeit schwierigste Herausforderung der Ökumene mit der Orthodoxie benannte Koch die Lage in der Ukraine. Das orthodoxe Patriarchat in Moskau beschuldige die katholische Kirche, nicht klar zwischen Glaube und Politik zu unterscheiden, sagte der Kardinal. Eine Verständigung über die Vorrangstellung des Papstes unter den übrigen Bischöfen ist nach seiner Ansicht gegenwärtig die vordringlichste Aufgabe im katholisch-orthodoxen Dialog. „Wir müssen eine Ausübung des Primats wiederfinden, die auch für andere Kirchen gelten kann“, sagte der Ökumene-Chef des Heiligen Stuhles. Der Primat des Bischofs von Rom sei nach wie vor das größte Hindernis für die Ökumene. Als „großen Schritt nach vorne“ in dieser Frage wertete Koch das Abschlussdokument der Zusammenkunft der internationalen katholisch-orthodoxen Kommission 2007 im italienischen Ravenna. Darin werde auch von orthodoxer Seite festgehalten, dass die Kirche auf lokaler, regionaler und universaler Ebene einen „Ersten“ brauche.
Die katholische Kirche muss nach Kochs Ansicht verstärkt den Dialog mit Pfingstkirchen und evangelikalen Gruppen suchen. Als mittlerweile zweitgrößte christliche Gemeinschaft nach der katholischen Kirchen seien diese eine „wichtige Herausforderung für die Zukunft“. Pfingstkirchen bildeten neben Katholiken, Orthodoxen und Protestanten heute einen „vierten Typ“ innerhalb des Christentums. Koch äußerte sich überzeugt, dass Franziskus im Verhältnis zu Pfingstkirchen und Evangelikalen „manche Tür wird öffnen können, die bisher verschlossen ist“. (rv)
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