Die Internationale Dialogkommission der katholischen und orthodoxen Kirchen konnte auf einer gemeinsamen Sitzung in Amman keinen Konsens über ein Papier zur Frage des Primats und der Synodalität finden: Der Entwurf zu Grundfragen der Kirchenverfassung fand bei den siebentägigen Gesprächen offenbar keine allgemeine Zustimmung. Den gemeinsamen Vorsitz des Treffens in Jordanien hatten der Vertreter des Ökumenischen Patriarchats, Metropolit Ioannis (Zizioulas) und der vatikanische Ökumene-Verantwortliche, Kardinal Kurt Koch. Trotz der Divergenzen in Amman sieht der Schweizer Kurienkardinal im Gespräch mit Radio Vatikan dennoch Fortschritte in der Verständigung.
„Der allergrößte Fortschritt ist aus meiner Sicht, dass alle Beteiligten bereit und auch willens sind, den Dialog weiterzuführen. Das ist nicht ganz einfach. Es war jetzt beispielsweise nicht möglich, mit einem Dokument an die Öffentlichkeit zu gehen. Das Vorbereitungsdokument, das zur Diskussion stand, wurde vor allem von orthodoxer Seite abgelehnt. Dann haben wir uns entschieden, ein neues Dokument zu erarbeiten und zwar über die wichtigsten Elemente des Hauptthemas von Synodalität und Primat im ersten Jahrtausend. Das wurde jedoch als nicht reif beurteilt. Nächstes Jahr soll nun ein neues Koordinierungskomitee den Text vertiefen und verbessern, um dann eine neue Plenarversammlung einzuberufen, sodass wir diesen Text zu Ende führen können.“
In zwei Jahren werde vor allem für die orthodoxen Kirche ein „heikles Jahr“ sein, so Kardinal Koch. Denn für 2016 ist das Panorthodoxe Konzil geplant. Deshalb werde die katholisch-orthodoxe Großversammlung kaum vor 2017 stattfinden, fügte der Ökumene-Verantwortliche an.
„Ich hoffe sehr, dass das Panorthodoxe Konzil überhaupt stattfinden wird, denn die Plenarversammlung hat uns gezeigt, wie viele Differenzen unter den orthodoxen Kirchen bestehen. Wir haben vielleicht mehr Differenzen unter den Orthodoxen als zwischen den Orthodoxen und Katholiken. Wenn die orthodoxen Kirchen auf einer Panorthodoxen Synode zu einer größeren Einheit unter sich finden, wird das auch eine große Hilfe für die Fortsetzung unseres Dialogs sein.“
Bedenken und Kritik kam in Amman vor allem von russisch-orthodoxer Seite. Dies ist kein Novum: bereits beim Treffen in Ravenna von 2007 gab es Vorbehalte aus Moskau. Die damalige Kritik werde auch heute noch eingebracht, so Kardinal Koch.
„Das Hauptproblem des Ravenna-Dokuments ist aus russisch-orthodoxer Sicht der Paragraph über die universale Ebene im Blick auf das Verhältnis von Synodalität und Primat. Sie akzeptieren einen Primat auf universaler Ebene, aber nur in einem pragmatischen und nicht in einem theologischen Sinn. Das ist für uns Katholiken eine schwierige Herausforderung, weil der Petrusdienst nicht einfach etwas rein administratives und pragmatisches ist. Da müssen wir eindeutig mehr Konsens finden. Aber ich darf ehrlich sagen, dass wir eine gute Zusammenarbeit mit der russisch-orthodoxen Delegation in Amman hatten.“
Metropolit Hilarion sei bereit gewesen, im Redaktionskomitee für den neuen Text mitzuarbeiten, gab Koch bekannt. Der Vertreter aus Moskau habe angeregt, den Konsenstext zu Ende zu führen.
„Was bei ihm aber immer wieder durchscheint, ist diese ungeheure Kritik an der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine. Da hat er auch immer wieder deutlich gesagt, dass der sogenannte Uniatismus – also die mit Rom unierten Kirchen – eine Wunde im Leib Christi seien. Da muss ich ihm natürlich widersprechen: die eigentliche Wunde ist die Trennung der Kirche zwischen Ost und West. Der Uniatismus ist eine Konsequenz dieser Wunde. Wenn wir das Problem des Uniatismus lösen wollen, dann müssen wir die Einheit finden.“
Am Rande der Vollversammlung war Metropolit Hilarion auch bilateral aktiv. So konferierte er mit dem Präfekten der vatikanischen Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardo Sandri, über die unterschiedliche Bewertung der Rolle der griechisch-katholischen Kirche im russisch-ukrainischen Konflikt. (rv)
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