„Redet bitte offen!“, hat Papst Franziskus die Synodenväter vor einer Woche, zu Beginn ihrer Beratungen im Vatikan, gebeten. Und tatsächlich ist hinter den verschlossenen Türen der Synodenaula in den letzten Tagen offenbar Klartext zum Thema Ehe- und Familienpastoral gesprochen worden. Zum Beispiel am Montag, nach der Vorstellung des Zwischenberichts, der so genannten „Relatio post disceptiationem“.
Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki von Posen, spricht auch gegenüber Radio Vatikan ganz offen seine Bedenken aus: Der Zwischenbericht sei für viele Bischöfe nicht akzeptabel, er entferne sich von der Lehre des hl. Johannes Paul II. und lasse eine klare Vision vermissen; stattdessen hätten gar Spuren einer gegen die Ehe gerichteten Ideologie Eingang in den Text gefunden.
„Geht es bei dieser Synode darum, Familien in Schwierigkeiten pastoral zu unterstützen, oder etwa darum, Einzelfälle zu studieren? Unser erstes Ziel sollte es doch sein, die Familienseelsorge zu unterstützen und nicht, sie zu beschädigen, indem wir auf schwierige Situationen eingehen! Diese Situationen existieren zwar, aber betreffen doch nicht den Kern des Familiären, und das darf uns doch nicht von der Notwendigkeit ablenken, die normalen, einfachen und gängigen Familien zu unterstützen, die nicht so sehr ums Überleben als um ein Festhalten an der Treue kämpfen.“
Zweifel am Begriff der „Gradualität“
Gadecki äußert auch Zweifel am Begriff der „Gradualität“, der im Zwischenbericht auftaucht. Man könne doch die Ehe ohne Trauschein „nicht als graduellen Schritt auf dem Weg zur Heiligkeit darstellen“, beanstandet der Erzbischof. Überhaupt fänden sich wesentliche Elemente der katholischen Sicht von Ehe und Familie nicht in der „Relatio“ wieder.
„An dem Dokument ist interessanter, was es verschweigt, als was es sagt. Natürlich kann man über Sonderfälle sprechen. Aber in erster Linie sollten wir doch die Wahrheit präsentieren! Ein Punkt erwähnt die Möglichkeit, dass homosexuelle Paare Verantwortung für Minderjährige übernehmen – als ob das etwas Akzeptables wäre. Das ist einer der Irrtümer des Textes: statt die Treue und die Familienwerte zu ermutigen, nimmt er die Dinge einfach so hin, wie er sie vorfindet. Das vermittelt den Eindruck, als sei die Lehre der Kirche bisher unerbittlich gewesen – und als ginge man jetzt stattdessen dazu über, Barmherzigkeit zu lehren.“ (rv)
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