Der Begriff, der das Papstjahr 2014 wahrscheinlich am besten charakterisiert, ist der der „Kultur der Begegnung“. In allen Begegnungen, bei allen Reisen, bei der Synode wie auch bei der Reform der Kurie könne man sehen, wie wichtig Papst Franziskus diese Kultur sei. Das sagt im Bilanzinterview mit Radio Vatikan der Pressesprecher des Papstes, Pater Federico Lombardi. „Der Papst hat eine Haltung und eine Weise, anderen Menschen zu begegnen, in der er sich selber ganz einbringt und den anderen dazu bringt, dasselbe zu tun“, so der Jesuitenpater. „So kann man sich wirklich tief begegnen, und so können auch Wege und Initiativen beginnen, sie sonst vielleicht blockiert waren oder sind, und das in einer Beziehung, die nicht nur formal oder oberflächlich ist.“
Lombardi nennt die ökumenischen Begegnungen und Gebete, die Bewegung zwischen den USA und Kuba, die Reisen nach Korea und ins Heilige Land, aber auch den genuinen Auftrag der Kirche, den Glauben zu verkünden: Überall sei diese Art des Papstes sichtbar geworden. Es sei allerdings nicht ganz einfach, einige wenige Worte oder Themen zu finden, um das Jahr zusammen zu fassen, so Lombardi weiter. Da gäbe es vieles zu nennen. Aber:
„Zu den wichtigsten Dimensionen des Pontifikates in diesem Jahr gehört sicherlich der interreligiöse Dialog; in der Türkei hat er das realisiert, wie auch zum Beispiel bei der Reise nach Albanien und beianderen Gelegenheiten. Mir scheint, dass dem Papst die Situation vor allem des Islam in der modernen Welt bewusst ist und dass er konstruktive Beziehungen sucht, vor allem durch Dialog, wo er möglich ist. Dazu gehört auch das Verurteilen des Missbrauchs des Glaubens durch die Gewalt.“
Bischofssynode: Nachdenken über das wirklich Wichtige
Zu den wichtigen und vielleicht unterschätzten Ereignissen des Jahres gehörten die selig bzw. heilig gesprochenen Päpste des 20. Jahrhunderts, Johannes XXIII., Johannes Paul II. und Paul VI. Hier habe sich vor allem die Aktualität des Zweiten Vatikanischen Konzils gezeigt. Medial sichtbarer dagegen sei die Bischofssynode gewesen und das Thema Familie, das dort behandelt wurde.
„Das ist eine mutige Aufgabe, denn der Papst hat hier Themen auf den Tisch gelegt, die schwierig und delikat sind. Aber es ist notwendig, dass darüber gesprochen wird. Wir wünschen dem Papst von ganzem Herzen, dass es ihm gelingt, die Kirche in Richtung eines Nachdenkens über die wirklich wichtigen Dinge zu bringen, wenn es um die Familie geht – ohne sich von anderen Themen, die vielleicht wichtig sind, aber nur am Rande, ablenken zu lassen. Diese können polemisch werden, ohne die wirklich wichtigen Punkte zu betreffen, nämlich wie wir als Christen diesen wichtigsten Teil des Lebens leben.“
Natürlich habe der Papst auch sein wichtigstes Anliegen 2014 fortgeführt, in ganz verschiedenen Ereignissen, Ansprachen und Begegnungen: Die Aufmerksamkeit für die Armen und die leidenden Menschen. Hier habe es einen besonderen Fokus gegeben. „Nehmen wir zum Beispiel die Friedensbotschaft des Papstes für das kommende Jahr gegen die neuen Formen der Sklaverei: Zu diesem Thema gibt es viele Initiativen des Vatikan, der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, der Ordensgemeinschaften, gegen den Menschenhandel und gegen andere Formen der Gewalt und der Sklaverei heute. Ich würde sagen, dass dem Papst hier eine Mobilisierung der Kirche gelungen ist und darüber hinaus eine Mobilisierung anderer Menschen guten Willens, genau zu diesem Thema.“
Reformen beginnen im Herzen
Ein weiteres Anliegen, das ihm bereits bei seiner Wahl mitgegeben wurde, sei ebenfalls weitergeführt worden: die Reform der römischen Kurie. Besonders durch die Ansprache beim Weihnachtsempfang mit ihrer Aufzählung der „fünfzehn Krankheiten“ sei die zentrale Bedeutung dieser Reform noch einmal betont worden, so Lombardi. Der Papst wolle eine „Kirche im Aufbruch“, und dazu solle die Kurie eine Hilfe sein. „Mir scheint es hier besonders wichtig, zu betonen, dass für den Papst das Herz jeder Reform im Inneren liegt: Die Reformen beginnen sozusagen im Herzen. ‚Reform’ ist ein ständiges Thema des christlichen Lebens und darf nicht nur oberflächlich blieben, bloß organisatorisch.“ Natürlich dürfe man dabei aber die Wichtigkeit der Strukturreform nicht unterschätzen, die sei auch 2014 weiter gegangen. Es brauche allerdings noch Zeit für die Reflexion und für weitere Beratungen.
Was ist es, was für den Papstsprecher das vergangene Jahr am besten beschreibt? Es ist die vom Papst immer wieder beschworene Kultur der Begegnung. „Hinter dem Begriff der ‚Kultur der Begegnung’, den ich zu Beginn selber unterschätzt habe, findet sich das auf den anderen Zugehen, und das in vielen Dimensionen: der religiösen, der geistlichen, aber auch der ökumenischen und politischen. Es ist eine der Charakteristiken dieses Pontifikates.“ (rv)
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