Bald neue Heilige und Selige

Die Heiligsprechung zweier deutscher Ordensfrauen rückt näher. Es handelt sich um die Mystikerin Anna Schäffer und um die Missionarin Barbara Cope. Die vatikanische Heiligsprechungskongregation erkannte in beiden Fällen jeweils eine medizinisch nicht erklärbare Heilung als Wunder an, das auf ihre Fürsprache gewirkt wurde. Benedikt XVI. veröffentlichte an diesem Montag insgesamt 23 Dekrete über Wunder, die seine Anerkennung finden.

Die 1838 in Heppenheim geborene Barbara Cope hatte auf der Hawaii-Insel Molokai 35 Jahre lang Leprakranke gepflegt. Die Ordensfrau vom Dritten Orden des Heiligen Franziskus wuchs als Kind deutscher Auswanderer in New York auf und wurde später als „Mother Marianne of Molokai" bekannt. Cope wurde im April 2005 seliggesprochen.

Die im bayerischen Mindelstätten geborene Anna Schäffer war mehr als 20 Jahre lang schwer krank und litt an starken Schmerzen. Die Mystikerin führte mit zahlreichen Personen einen Briefwechsel über religiöse Fragen. Seit 1910 stellten sich an ihrem Körper Wundmale ein, die den Wundmalen Christi glichen.

Zum ersten Mal wird auch ein Priester aus dem vatikanischen Staatssekretariat selig gesprochen. Es ist Luigi Novarese aus dem nördlichen Piemont. Novarese kümmerte sich während des Zweiten Weltkriegs im Auftrag von Papst Pius XII. um Verfolgte. Nach seinem Ausscheiden aus dem Staatssekretariat widmete er sich ganz dem Einsatz für Kranke und Leidende; er starb 1984.

Erstmals wird auch erstmals die Heiligsprechung einer Indianerin aus den USA möglich. Es ist Caterina Tekakwitha, geboren in den heutigen USA, gestorben 1680 in Kanada. Die Entscheidung des Papstes sorgt dafür, dass bald auch weitere Opfer des Spanischen Bürgerkrieges selig gesprochen werden: Insgesamt wurden am Montag Wunder auf die Fürsprache von 63 Ordensleuten, einem Priester und einem Laien anerkannt, die allesamt 1936 im Erzbistum Madrid von antiklerikalen Milizen hingerichtet wurden.

Der Diözesanpriester Nicola Rusca, der 1563 im schweizerischen Thusis ermordet wurde, ist jetzt vom Papst als Märtyrer anerkannt; außerdem bestätigte Benedikt XVI. den „heroischen Tugendgrad" der deutschen Ordensfrau Maria Julitta, geboren 1882 in Uissigheim, gestorben 1966 in Würzburg. (rv)

Papst trifft Religionsführer aus Israel: Hintergründe

Es ist nicht das erste Mal, dass Religionsführer aus Israel in dieser Zusammensetzung mit Benedikt XVI. zusammenkommen. Die Premiere gab es im Mai 2009, erklärt Pater Norbert Hofmann, der im Päpstlichen Einheitsrat verantwortlich zeichnet für das Gespräch mit dem Judentum.

„Man muss sehen, dass der Papst bei seinem Besuch in Nazareth diese Gruppe schon einmal getroffen hat, und das ist gleichsam der Rückbesuch in den Vatikan. Diese Gruppe möchte zeigen, dass Religion nicht Teil des Konflikts in Palästina-Israel ist, sondern Teil der Lösung dort sein soll. Die Religionen und die christlichen Konfessionen wollen beweisen, dass sie friedlich zusammenleben können, um so ein Modell, ein Beispiel abzugeben."

Hier werde „Friedfertigkeit vorexerziert", ergänzt Israels Vatikanbotschafter Mordechai Lewy – und kann sich eine Spitze nicht verkneifen: „Das müsste man auch in den Nachbarregionen nachmachen!" In einem Statement fordern die Religionsführer den ungehinderten Zugang zu Heiligen Stätten im Heiligen Land, ein Punkt, über den sich Pater Hofmann freut:

„Es ist immer Massgabe des Heiligen Stuhls gewesen, die Heiligen Stätten besuchen zu können: Die Freiheit zu diesen Heiligen Stätten ist ein ganz wesentlicher Punkt, den wir immer wieder gefordert haben. Und wie jetzt herauskommt, ist das eigentlich allen Religionen wichtig, dass diese Heiligen Stätten besucht werden können; da wollen sie zusammenarbeiten."

Einer aus der Gruppe der Religionsführer stellte sich den Journalisten nach der Begegnung mit Benedikt als „Widersprüchlichkeit auf zwei Beinen" vor: Elias Chacour ist Palästinenser, aber Christ, aber israelischer Staatsbürger. Und deutsch kann der katholisch-melkitische Erzbischof von Nazareth und Galiläa auch. Er sagte uns:

„Normalerweise kommen die Juden allein, die Moslems allein, die Christen allein zum Heiligen Vater, und jeder sagt, was er will. Wir haben entschieden, alle zusammen zum Heiligen Vater zu kommen, um alle öffentlich in Anwesenheit des Heiligen Vaters unseren Glauben an Frieden und Gerechtigkeit auszudrücken."

Schön und gut – aber kann das dann auch Rückwirkungen auf die jüdisch-muslimisch-christliche Gemengelage in Israel und Palästina selbst haben?

„Warum nicht? Israel ist nicht bloß ein Land – das sind Menschen! Die haben gelitten, und die haben Angst heute, genau wie die Palästinenser. Beide Seiten hoffen auf Frieden und Menschenwürdigkeit. Die Juden sind Menschen wie Sie und ich, die brauchen das, wie wir Palästinenser das brauchen!"

Man könne heute nicht mehr pauschal sagen: Diese Seite ist gut und die andere besteht aus Terroristen, so wie viele das vor siebzig Jahren behauptet hätten:

„Juden waren schmutzige Juden – aber das war nicht wahr, das war falsch! Heute werden die Palästinenser als ein Volk der Terroristen dargestellt… nicht als ein terrorisiertes Volk. Dabei wäre das die Wahrheit."

„Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, um im Heiligen Land für eine gerechtere Gesellschaft zusammenzuarbeiten", verspricht das Statement der Religionsführer von diesem Donnerstag. (rv)

Stammzellforschung im Vatikan

Der Heilige Stuhl ermuntert zur – ethisch unbedenklichen – Forschung an adulten Stammzellen. Zu diesem Zweck debattieren ab diesem Mittwoch Ärzte, Theologen, Politiker, Unternehmer und auch Patienten im Vatikan über die Perspektiven dieses Forschungszweiges. Das sehr breite Spektrum an Teilnehmern ist Absicht, erklärt Kardinal Gianfranco Ravasi, der Präsident des päpstlichen Kulturrates, an dem auch eine Abteilung „Forschung und Glaube" beheimatet ist.

„Wenn wir über medizinische Phänomene reden, handelt es sich in Wirklichkeit nie um bloß medizinische, bloß biologische, bloß technische Fragen. Es handelt sich vielmehr um symbolische Fragen, die über die einfache Physiologie weit hinausgehen. Die Notwendigkeit einer umfassenderen kulturellen Sichtweise liegt in der Natur der Sache selbst. Die große Wissenschaft schreitet heute voran, indem sie mehrere Stimmen einbezieht und sich nicht auf die Technik beschränkt."

Stammzellforschung gibt es heute in zwei großen Strängen. Die Untersuchungen an embryonalen Stammzellen sind aus kirchlicher Sicht ethisch bedenklich, weil dabei der Embryo als beginnendes menschliches Leben zerstört wird. Anders bei adulten Stammzellen: Diese stammen beispielsweise aus Nabelschnurblut, die Untersuchung an ihnen ist also nicht „verbrauchend", wie es heißt. Überdies
scheinen die Ergebnisse an Forschungen an adulten Stammzellen vielversprechender als jene an embryonalen Stammzellen. Allerdings wird die Studienlage immer komplexer. Der Kongress im Vatikan will nicht zur Vertiefung und Verwirrung beitragen, sondern hat im Gegenteil zum Ziel, die verschiedenen Disziplinen miteinander ins Gespräch zu bringen, sagt Tomasz Trafny, der Verantwortliche für „Forschung und Glaube" am päpstlichen Kulturrat:

„Der Kongress ist ein Versuch, eine derart komplexe Wissenschaft einem Publikum zugänglich zu machen, das den engen Kreis der Fachleute übersteigt. Das ist ein schwieriges Unterfangen. Ziel ist es, einen Kommunikationskanal zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Fachkreisen und dem großen Publikum zu öffnen."

Als Mitveranstalter hat sich der Vatikan die Unterstützung eines US-amerikanischen biopharmazeutischen Konzerns gesichert, NeoStem. Geschäftsführerin ist Robin Smith, sie sagte bei der Vorstellung des Kongresses:

„Heute gibt es mehr als zwölf Millionen Krebskranke auf der Welt, 346 Millionen Diabetiker und 583 Millionen Menschen mit Immunschwächen. Hinter diesen Statistiken sind reale Menschen und viele Hoffnungen. In einer nicht zu fernen Zukunft werden wir dazu in der Lage sein, mit adulten Stammzellen menschliche Gewebe herzustellen, um beschädigte Organe zu reparieren. Und das, ohne einen Embryo zu zerstören."

Dass der Vatikan für den Kongress mit einem kommerziellen Unternehmen zusammenarbeitet, erläuterte Trafny mit dem Hinweis, dass beide Seiten an der ethisch einwandfreien adulten Stammzellenforschung interessiert sind. Die meisten Universitäten und Institute schieden als Kooperationspartner aus, weil sie auch mit embryonalen Stammzellen arbeiten, hieß es. (rv)

Vatikan/Niederlande: „Der Heilige Stuhl ist keine wirtschaftliche oder militärische Macht“

Das sagte Papst Benedikt an diesem Freitag bei einer Audienz für den neuen Botschafter der Niederlande. Doch die „moralische Stimme" des Vatikans habe „beträchtlichen Einfluss in der Welt", so der Papst weiter. Und wörtlich: „Einer der Gründe dafür ist gerade eben, dass der Heilige Stuhl nicht auf politische oder wirtschaftliche Interessen eines Nationalstaats oder auf die Wählerwünsche einer politischen Partei Rücksicht nehmen muss." Der Heilige Stuhl spreche auf internationaler Ebene „nicht von konfessioneller oder pragmatischer Warte" aus. Stattdessen orientiere er sich an „Vernunft und Natur als Quellen von Normen". Die „universell anwendbaren Prinzipien", die sich daraus ergäb, seien „so real wie die physischen Elemente der Umwelt". (rv)

Irland: Regierung antwortet dem Vatikan

Die Regierung hat positiv auf die Antwort des Vatikans auf den Cloyne-Report reagiert. Der Heilige Stuhl hatte Anfang September detailliert Vorwürfe zurückgewiesen, dass er irische Bischöfe in der Vergangenheit zum Vertuschen von Missbrauchsfällen ermuntert habe. Ein Statement der Regierung, die Mitte Juli schwere Vorwürfe gegen den Vatikan erhoben hatte, begrüßt das ausführliche Schreiben aus dem Vatikan. Allerdings sei die Regierung unter Ministerpräsident Enda Kenny weiterhin der Ansicht, ein Brief des Nuntius aus dem Jahr 1997 sei „von einigen Mitgliedern des Klerus als Vorwand genutzt worden, um sich einer vollen Kooperation mit den staatlichen Behörden zu entziehen". Das Statement erläutert, die scharfen Bemerkungen von Regierungsmitgliedern aus Dublin in Richtung Rom spiegelten „akkurat" den „öffentlichen Ärger einer überwältigenden Mehrheit des irischen Volkes über das Versagen der katholischen Kirche Irlands und des Heiligen Stuhls" beim Umgang mit Missbrauchsfällen wider. „Es ist die Hoffnung der Regierung, dass trotz der außergewöhnlichen Meinungsunterschiede doch Lehren aus dem furchtbaren Versagen der Vergangenheit gezogen worden sind." Dublin setze künftig „auf vollständigste Kooperation mit dem Heiligen Stuhl und der katholischen Kirche in Irland". Irland müsse „ein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche" sein; alle, die in diesem Bereich Verantwortung trügen, seien „vollkommen dem irischen Gesetz und seinen Anforderungen unterworfen". In seiner Erklärung hatte der Vatikan auch seinen „Abscheu gegenüber den pädophilen Verbrechen" in kirchlichen Kreisen Irlands in der Vergangenheit ausgedrückt und „schwere Versäumnisse" der Kirche beim Umgang mit Missbrauchsfällen eingeräumt. (rv)

Vatikan: Was Bischöfe lernen können

Es ist mittlerweile eine gute Tradition geworden: Neu ernannte Bischöfe aus aller Welt kommen nach Rom, um zu lernen, um Erfahrungen auszutauschen und nicht zuletzt auch um mit „älteren" Amtsbrüdern zu sprechen. Unter den zum diesjährigen Kurs als Refernt Eingeladenen ist der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx. Sein Thema an diesem Donnerstag war die Leitungsaufgabe des Bischofs. Dabei geht es zwar auch um die Theorie, so Marx im Interview mit Radio Vatikan. Ihm geht es aber vor allem um Berichte aus der persönlichen Praxis.

„Ich finde, dass es sehr wichtig ist, dass man bei aller guten Theorie auch davon erzählt, wie man es selber macht und wie man von dem, was vielleicht nicht gelungen ist, lernen kann. Ich möchte jedenfalls den Bischöfen auch sagen, dass man als Bischof noch viel zu lernen hat."

Viele Neubischöfe kommen mit Leitungserfahrungen in ihr Amt, die eine Pfarrei betreffen, keine größeren Einheiten. Marx weist aber darauf hin, dass der Kern ähnlich ist: Es ist der Umgang mit Menschen. Man müsse mit vielen Menschen zusammen arbeiten können, mit Konflikten umgehen können und sie auf ein Ziel hin orientieren. Gleichzeitig bringe das Amt aber tatsächlich auch völlig neue Elemente mit sich …

„weil ein Bischof viel stärker in der Gesamtöffentlichkeit des Bistums steht und auch in der Öffentlichkeit der Gesellschaft. Da braucht es eine Zeit, sich einzuarbeiten, erst recht, wenn man als Fremder in eine Diözese kommt. Ich selber habe das ja zweimal erlebt und weiß, was es heißt, in einer großen Diözese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, die miteinander auch den Weg gehen, mit dem Bischof zusammen. Denn alleine kann man ein Bistum nicht leiten."

Es brauche immer die Mitarbeit anderer, vor allem der Priester. Insgesamt sei viel Engagement des Gespräches, des Zuhörens und des gemeinsamen Suchens nach Zielen nötig. Was das Bischofsamt im letzten Jahr vor allem geprägt hat, war die Diskussion und der Umgang mit dem Missbrauch. Auch hieraus hat Kardinal Marx einiges an Erfahrungen gezogen, Dinge, die er auch den neuen Bischöfen weitergeben will:

„Auf jeden Fall aktiv zu handeln, authentisch und deutlich die klare Linie der Aufklärung zu fahren; ein offenes Verhältnis zu den Medien haben, die sehr aufmerksam sind, manchmal natürlich auch nicht wohlwollend, das ist klar, aber das muss man eben wissen. Da ist einiges, was man auch den Bischöfen weitergeben kann, denn natürlich wird es immer Konflikte und Probleme mit Priestern geben – nicht nur in der Frage des Missbrauchs –, da sollte man im Gespräch und in der Vereinbarung, was man von einem Priester erwartet, sehr deutlich und konsequent handeln und nicht diffus." (rv)

Vatikanisches Geburtstagskind: Die Audienzhalle wird 40

Der Vatikan feiert in diesem Sommer ein ganz besonderes Geburtstagskind: Die Audienzhalle des Papstes wird 40 Jahre alt. Wer sie von Audienzen her kennt, vermutet hinter diesem Betonbau zunächst einmal nicht viel, dabei ist sie aber gebautes Zweites Vatikanisches Konzil.
Die Halle, nach seinem Architekten Sala Nervi oder ihrem Erbauer Aula Paulo VI. genannt, verkörpert die Ideen der Begegnung und der Gemeinschaft. So sieht es der Publizist Conny Cossa, der sich eingehend mit dem Bau befasst und ein Buch über den Bau des Architekten Pier Luigi Nervi geschrieben hat. Er sieht vor allem die Grundidee der Pastoralkonstitution des Konzils, Gaudium et Spes, von Papst Paul VI. dort verwirklicht:

„Er wollte keine klassische Audienzhalle wo Leute hinkommen um jemandem zuzuhören oder jemanden vorbeiziehen zu sehen, sondern er wollte eine Art Plattform, wo Kommunikation möglich ist. Viele Leute kennen diese Audienzhalle von Nervi, es waren ja bereits über 15 Mio Menschen bei Audienzen in der Halle. Im ersten Augenblick glaubt man, dass es ein typischer Theaterraum ist: Man hat das Publikum, dann gibt es ein par Stufen und eine Bühne und auf der Bühne ist der Papstthron. Aber die Halle ist in Wirklichkeit viel komplexer.
Der Fußboden der Halle ist natürlich zum Bereich des Papstthrones hin geneigt, er ist aber auch zur Mitte hin geneigt. Wenn sie als Pilger in der Halle sind, sehen sie nicht nur perfekt und ohne Blickhindernisse den Papst, sie sehen auch alle anderen Leute, die in der Halle sind. Sie haben zum einen dieses Gemeinschaftsgefühl mit der Masse, und sie haben das Gefühl, dass sie dem Papst sehr nahe sind, weil sie ihn direkt sehen können.
Diese doppelt geneigte Gestaltung der Halle ist sehr wichtig. Für Paul VI. war dieses ganze Konzept von Dialog von Kirche und Welt extrem wichtig."

Insgesamt passen bis maximal 12.000 Menschen in die Halle, so Cossa. Aber es ist kein Raum, der nur dazu dient, Massen unterzubringen. Der Raum entwickelt eine eigene Form der Veranstaltung, ein eigenes Ritual. Die Audienz, wie wir sie heute kennen mit Begrüßung, Lesung und Katechese, entsteht erst mit Paul VI. und drückt aus, was der Papst und seine Nachfolger beabsichtigen. So ist die Halle gebaute Veränderung.

„Es war sicher eine große Revolution, dass bereits unter Papst Johannes XXIII. die Audienz zu einem Event für alle wurde. Die ürsprünglichen Audienzen waren nicht für jedermann. Man brauchte besondere Genehmigungen und es war recht kompliziert, den Papst als lebendiges Wesen zu treffen und ihn zu sehen. Die klassischen Audienzen bis Johannes XXIII. fanden in verschiedenen Räumen im Apostolischen Palast statt, die je nach Anlass auch gewechselt wurden, da gab es keine festgelegten Regeln. Es war auch der ganze Ablauf der Audienz sehr flexibel. Die ältesten Aufzeichnungen aus dem 19. Jahrhundert gehen davon aus, das die Audienz ein Moment ist, wo Pilger oder prominente Besucher – Pilger sind damals ausschließlich prominente Besucher – den Papst treffen können und ihm den Ring küssen können. Das ist der Höhepunkt der Audienz.
Es war noch gar nicht üblich, dass in diesen frühen Audienzen der Papst Ansprachen hielt und die Audienz als Plattform für Botschaften verwendet hat.
Papst Pius XII. hat begonnen, bei Audienzen Botschaften aus dem Stehgreif an die Menschen zu richten. Diese wurden recht oft, weil sie die direkte Aussage des Papstes waren, von Journalisten rezipiert und kamen dann auch in die Medien."

Und damit entsteht eine neue Form der Audienz, die sich im Gebäude links neben dem Petersdom auch baulich verwirklicht. Einen Raum, wie es ihn so im Vatikan überhaupt noch nicht gegeben hat.

„Es ist auffällig, wenn sie sich die Audienzhalle anschauen: Es ist zwar zum einen ein spiritueller Ort, es ist aber trotzdem kein Sakralort. Es wurden dort nie Gottesdienste zelebriert, es gibt keinen Altar und die Glasfenster sind auch abstrakt.
Es gab ganz kurz einmal den Gedanken, dass Chagall die Fenster gestalten sollte. Chagall hat dann Themen für die Fenster vorgeschlagen und fand dann aber die vehemente Opposition von Nervi, der befürchtet hat, dass zum einen die Fenster von Chagall von seinem eigenen Werk ablenken, aber auch, dass bildliche Darstellungen von der Audienz und vom Wort ablenken. In der Audienzhalle geht es hauptsächtlich um das Wort."

Die beiden Urheber – Papst Paul VI. und der Architekt Pier Luigi Nervi – trafen sich in ihren Ideen. Nervi dachte ähnlich wie der Papst, so Cossa, was wohl auch für die Auswahl gerade dieses Architekten gesprochen hat.

„Für Paul VI. war Bauen von Anfang an etwas, was ihm wichtig war, weil er immer gedacht hat, dass Bauen, aber auch Erschaffen, also auch der künstlerische Aspekt, eigentlich so eine Art des Verständnisses von Gott ist, vom Göttlichen – Beten ist vielleicht das falsche Wort. Durch das Erschaffen, das Bauen, durch das künstlerisch tätig sein, hat man die Möglichkeit, etwas zu verstehen, was über den Dingen steht.
Nervi ist wenige Jahre älter als der Papst. Sie hatten sicherlich eine gemeinsame Basis an Werten und an Erfahrungen. Nervi war wahrscheinlich der einzige internationale Star der italienischen Architekturszene damals. Nervi hat in New York gebaut, Nervi hat in Sydney gebaut, Nervi hat in Montreal gebaut. Nervi war ein ganz großer damals und man kannte Nervi.
Nervi hatte eine inhaltliche Ähnlichkeit mit der Philosophie Pauls VI. Er war eigentlich Ingenieur. Für ihn war das ganze eine Art aktive Philosophie. Er glaubte, dass die perfekten Formen bereits existieren. Es gibt sie, irgendwo, im Himmel, man muss sie nur pflücken. Wenn man im Entwurfsprozess den Kräften der Statik folgt, dann wird das, was man dadurch erreicht, automatisch schön und durch das, was man baut, wird eine Art göttliche Poesie sichtbar. Alles, war gebaut wird, ist ein Symbol für das, was über den Dingen steht.
Das sind beides Personen einer Zeit des Überganges, einer Zeit des Wechsels. Sie waren zum einen den Traditionen verhaftet, aber andererseits standen sie mit einem Bein in der Zukunft. Beides sind Persönlichkeiten des Wandels."

Und das Ergebnis dieses Wandels wird in diesem Sommar 40 Jahre alt. Die Aula Paulo VI., die Audienzhalle des Vatikan. (rv)

Vatikan: Endlich wieder schwarze Zahlen

Der Heilige Stuhl hat im Jahr 2010 ein Plus von 9,8 Millionen Euro erwirtschaftet. Das teilte das Vatikanische Presseamt an diesem Samstag mit. Einnahmen von rund 245 Millionen Euro stehen im Haushalt für das vergangene Geschäftsjahr Ausgaben in Höhe von gut 235 Millionen Euro gegenüber.

Im Vorjahr musste der Kardinalsrat für Wirtschaftsfragen für die Zentralverwaltung der Weltkirche noch ein Minus von vier Millionen Euro bekannt geben. Die weltweite Wirtschafts- und Finanzsituation sei jedoch weiterhin ein Faktor für „Unsicherheit und Instabilität", teilte das zuständige Gremium mit. Der größte Teil der Ausgaben entfiel den Angaben zufolge auf die päpstlichen Ministerien und Organe des Heiligen Stuhls, die „auf ihre besondere Weise zum pastoralen Dienst des Papstes in der Weltkirche" beitragen. In den vergangen Jahren wurden hier besonders die Medien, darunter Radio Vatikan, genannt.

Gewinne auch im Vatikanstaat
Große Gewinne verzeichnet der Vatikanstaat im Geschäftsjahr 2010 nach Millionenverlusten in den vergangenen Jahren: Die Bilanz weist ein Plus von rund 21 Millionen Euro auf. Einen großen Beitrag zum Gewinn hätten die hohen Einahmen der Vatikanischen Museen geleistet. Die Zahl der Besucher steige stetig, so der Kardinalsrat. Der Etat des Vatikanstaats war mit Beginn des Haushaltsjahres 2010 neu geordnet worden. Die Wirtschaftsverantwortlichen hatten sich davon bereits einen „vertrauensvolleren Blick in die Zukunft" versprochen. Der Kardinalsrat betont in der aktuellen Erklärung zum Haushalt die wichtige Rolle des Vatikanstaates, der unter anderem für den Erhalt des Petersdomes oder der Sixtinischen Kapelle verantwortlich ist. Er betreue ein enormes „historisch-kulturelles Erbe der Menschheit".

Peterspfennig rückläufig
Der so genannte Peterspfennig brachte dem Heiligen Stuhl im vergangen Jahr 67,7 Millionen US-Dollar ein (umgerechnet derzeit 46,6 Millionen Euro). Die Spendengelder einzelner Gläubigen, der Diözesen und Ordenseinrichtungen sind den Angaben zufolge im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken – um 14,8 Millionen Dollar. Von der Vatikanbank IOR und anderen Einrichtungen erhielt der Heilige Stuhl 55 Millionen Euro zur Finanzierung der Aufgaben.

Zwei Drittel Laien
Die Personaldecke – höchster Kostenfaktor im Hauhalt des Heiligen Stuhles – ist den Angaben zufolge nahezu gleich geblieben. Der Leitung der Weltkirche beschäftigte 2010 2.806 Mitarbeiter, 44 mehr als im Jahr zuvor. In der Verwaltung des Vatikanstaates arbeiteten 1.876 Männer und Frauen, 15 weniger als im Vorjahr. Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten von Heiligem Stuhl und Vatikanstaat sind Laien.

Die Haushaltszahlen wurden nach den Beratungen des Kardinalsrat für die organisatorischen und wirtschaftliche Fragen des Heiligen Stuhls vorgelegt. Das Gremium tagte Donnerstag und Freitag unter Leitung von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone im Vatikan. Deutsches Mitglied ist der Kölner Kardinal Joachim Meisner Mitglied, er nahm an diesem Treffen jedoch nicht teil. (rv)

Vatikan: Neuer Untersekretär der Kleruskongregation ernannt

Papst Benedikt XVI. hat Antonio Neri zum Untersekretär der Kleruskongregation ernannt. Der 49-jährige Priester war bereits Mitarbeiter dieser Kurienbehörde. Der Untersekretär bekleidet nach dem Präfekten oder Präsidenten und dem Sekretär den dritten Rang in der Hierarchie eines päpstlichen Ministeriums. Neri stammt aus dem süditalienischen Catanzaro und lehrte bis zu seinem Eintritt in den Dienst des Heiligen Stuhls im Jahr 2008 an den Universitäten Bari und Lugano Kirchenrecht. Sein Studium absolvierte er an der Universität Bari, der römischen Lateran-Universität sowie der Universität Wien. An allen drei Hochschulen erwarb der 1991 zum Priester geweihte Italiener einen Doktortitel. In Bari wurde er im Fach Jura promoviert, in Rom im Kirchenrecht und in der österreichischen Hauptstadt in Theologie. Neri war zudem von 2003 bis 2008 Mitglied der „Europäischen Gesellschaft für Kirchenrecht" mit Sitz in Wien. (rv)