Turkson bei COP-21: „Wir dürfen nicht blind bleiben“

Kardinal TurksonDie ethische Orientierung für das Gemeinwohl und Solidarität müsse die Menschheit vereinen: „Wir dürfen nicht blind bleiben.“ Kurienkardinal Peter Turkson pochte in seinem Vortrag auf die Verantwortung aller Menschen. Der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden wies mehrmals auf die Bedeutung der Umweltenzyklika des Papstes hin und appellierte an alle Menschen: „Wir haben nur ein zu Hause, ein gemeinsames zu Hause, und wir müssen alle dafür sorgen.“ Der Klimawandel könne nicht von einzelnen Staaten limitiert werden. Die Herausforderungen, denen sich die Welt stellen müsse, seien „komplex“ und „erschreckend“, da neben vielen anderen Bereichen die Sektoren Finanzen, Technologie und Umweltwissenschaften zu berücksichtigen seien, so Turkson. Dialog könne Veränderungen und Vertrauen bei den Verhandlungen schaffen.

Der Vatikan hatte im Vorfeld der Klimakonferenz COP-21 in Paris mehrmals betont, dass die Erwartungen an den Gipfel hoch seien. Ein Scheitern der Konferenz wäre eine Katastrophe für die Menschheit, so Papst Franziskus. Eine Delegation des Heiligen Stuhls nimmt an COP-21 teil und bringt vor allem die Perspektiven aus Laudato si in die Diskussion ein. Die Umweltenzyklika wurde vom Papst dezidiert mit Blick auf den Klimagipfel geschrieben. Franziskus fordert, „die Auswirkungen des Klimawandels zu lindern, die Armut zu bekämpfen und die Menschenwürde zum Blühen zu bringen“. (rv)

Kardinal Turkson: Kirche solidarisch mit Volksbewegungen

Kardinal TurksonEine der wichtigsten oder zumindest öffentlichkeitswirksamsten Begegnungen bei dieser Lateinamerikareise von Papst Franziskus findet an diesem Donnerstagabend in Bolivien statt: Der Papst nimmt an einem internationalen Treffen der Volksbewegungen teil. Wenige Tage vor diesem Treffen hat sich der Vatikanvertreter Kardinal Peter Turkson mit den Zielen der Bewegungen solidarisch erklärt. Die Kirche anerkenne, schätze und fördere das politische Engagement der Volksbewegungen, unterstrich der Präsident des Päpstlichen Friedensrates beim Start der Konferenz am Dienstag im bolivianischen Santa Cruz. An dem Zweiten Welttreffen der Volksbewegungen in Bolivien nehmen schätzungsweise 1.500 Vertreter aus Lateinamerika und anderer Kontinente teil, darunter zahlreiche Bischöfe und andere Kirchenvertreter. Papst Franziskus tritt am Donnerstagabend vor die versammelten Vertreter und wird in einer Ansprache seine Sicht der Dinge darlegen.

Bereits im Oktober 2014 hatte der Papst Teilnehmer eines solchen Treffens der Volksbewegungen im Vatikan empfangen und über das Thema Solidarität gesprochen: „Das bedeutet, denken und aktiv werden für die Gemeinschaft und einstehen für die Prioritäten des Lebens, anstatt all das tun, was nur die Inbesitznahme von Gütern ist", so der Papst damals. Und weiter: „Solidarität bedeutet auch, dafür zu kämpfen, dass es keine Ungleichheiten und Armut oder Arbeitslosigkeit und Enteignungen gibt. Solidarität ist auch der Kampf um soziale Rechte und um die Rechte von Arbeitern.“ Es gehe bei diesen Volksbewegungen darum, die „Demokratien zu revitalisieren", so der Papst.

Das Thema jetzt beim Treffen in Bolivien sei dasselbe wir beim Treffen im Vatikan, betonte Kardinal Turkson im Interview mit Radio Vatikan. „Er kritisiert oft die Wirtschaft, die nicht richtig funktioniert, oder das internationale Finanzsystem. Das Thema des Ausschlusses von Menschen, um das es dabei geht, erinnert uns daran, dass, wenn es gelänge, all die Ausgeschlossenen ins Boot zu holen, die Welt viel besser wäre.“ Von den sieben Milliarden Menschen auf der Welt werden drei Milliarden in den „informellen Sektor“ sortiert, rechnet Kardinal Turkson vor. Sie seien weder ins Wirtschaftssystem noch in die Gesellschaft eingegliedert, zahlten auch keine Steuern. „Es gibt einen großen Teil der menschlichen Aktivität, der nicht anerkannt wird“, so Turkson. „Hierum geht es bei diesen Treffen, sie sollen Protagonisten, Verantwortliche für ihre eigene Zukunft werden.“

Das Treffen in Bolivien sei deswegen etwas Besonderes, weil der Präsident des Landes, Evo Morales, selber aus der Bewegung hervor gegangen sei. Man fühle sich also zu Hause, so Turkson. Morales hatte auch am ersten Treffen 2014 im Vatikan teilgenommen. (rv)

Im Vatikan: Hochrangige Konferenz gegen Menschenhandel

Kardinal TurksonDer Heilige Stuhl will dem internationalen Kampf gegen Kinderhandel und –ausbeutung neuen Schwung geben. Kardinal Peter Turkson vom Päpstlichen Friedensrat zählte am Montag die Herausforderungen in diesem Bereich auf: Organ- und Drogenhandel, Kinderprostitution, erzwungenes Betteln, Zwangsheirat, Kindersoldaten, Zwangsarbeit, Versklavung von Kindern durch Terrorgruppen. Der Kurienkardinal aus Ghana sprach in den Vatikanischen Gärten auf einer Konferenz, die von der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften und der schwedischen Botschaft beim Heiligen Stuhl ausgerichtet wird.

25 Jahre nach dem Inkrafttreten der UNO-Kinderrechte-Konvention diagnostiziert Kardinal Turkson, dass „alle internationalen Vereinbarungen und Aktionspläne, so notwendig sie auch sind, doch dem Kinderhandel noch kein Ende bereiten konnten“. Man müsse stärker an den Wurzeln des Problems ansetzen: Das seien erstens Armut und Unterentwicklung, zweitens bewaffnete Konflikte und Terrorismus, sowie drittens Korruption und „Wegwerfkultur“.

Die UNO-Konvention der Rechte von Kindern wurde am 20. November von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen. Der Heilige Stuhl ratifizierte sie (als einer der ersten Staaten) am 20. April 1990; knappe fünf Monate später trat sie in Kraft.

(rv)

Vatikan: Kardinal Turkson auf Ebola-Mission

Kardinal TurksonKardinal Peter Turkson, Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden reist für drei Tage nach Sierra Leone und Liberia. Das hat der Vatikan am Samstag in einer Aussendung bekannt gegeben. Kommenden Dienstag, den 16. Dezember 2014 reist er in Begleitung des Gesundheitsbeauftragten von Caritas Internationalis, Monsignor Robert Vitillo nach Sierra Leone um am darauf folgenden Donnerstag, den 18. Dezember 2014 nach Liberia weiterzureisen. Es sind zwei der drei Länder, die am schlimmsten von der Ebola Seuche betroffen seien, heißt es in der Aussendung. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) gebe es 18.000 Infizierte und Verdachtsfälle sowie mehr als 6.500 registrierte Todesfälle. Der Kardinal wolle mit seinem Besuch eine Botschaft der Hoffnung und Solidarität den Menschen vor Ort, der Kirche und dem Gesundheitspersonal bringen.

Die Auswirkungen dieser Epidemie gehen, laut Kardinal Turkson, weit über den Gesundheitssektor hinaus. Die bereits geschwächte Wirtschaft werde durch die Zwangsschließung von Firmen und Geschäften lahmgelegt. Die Gesellschaft sei an einer Schnittstelle angekommen: geschlossene Schulen, immer mehr schwangere Teenagern und ein Anstieg von Kleinkriminalität. Das seien nur einige Konsequenzen der Seuche und von vielen Jugendlichen ohne Tätigkeit. Viele Ebola-Waisen werden auch dann von restlichen Familienmitgliedern abgelehnt, selbst wenn sie als Ebola-frei bestätigt wurden. (rv)

Vatikan-Kardinal: Ursachen für Krieg liegen in der Politik

Kardinal TurksonIn ihrem jüngsten Wirtschaftsbericht hat die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) den Industrienationen einen Rüffel verpasst: Vor allem ihre Politik habe bei der Krise von 2008 zu einer finanziellen Notlage geführt, heißt es darin. Im Fall einer weiteren Krise wären vor allem ärmere Schichten und Länder beeinträchtigt.

Dass Armut und Benachteiligung zu blutigen Konflikten führen können, zeigt der unerbittliche Kampf um Ressourcen in den ärmeren Ländern der Welt. Dabei ist es aber häufig kein Rohstoffmangel, der Krieg verursacht, sondern die Politik. Darauf weist Kardinal Peter Turkson hin, der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden. Radio Vatikan sprach mit ihm am Rande der Präsentation des UN-Wirtschaftsberichtes in Rom. Der aus Ghana stammende Kurienkardinal sagte uns:

„Es sind Eigeninteressen, die Ressourcen in einen Grund für Konflikte verwandeln. Das passiert im Kongo, in der Region der Großen Seen. Durch die Bewegung von Kapital hat die Globalisierung zweifelsohne Entwicklung begünstigt. Innerhalb der Länder aber haben wir oft Situationen der Ungleichheit. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Es gibt Korruption und Vetternwirtschaft und eben auch schlechte Politik.“

Turkson spielt hier auf die Ausbeutung des rohstoffreichen Kongo an: Vom Verdienst aus dem Export an Holz und Bodenschätzen sieht die Bevölkerung des Landes kaum etwas, den Löwenanteil nehmen sich ausländische Firmen, die lukrative Geschäfte mit der Regierung machen. Kein Einzelfall, sondern eher die Regel für Afrika, so Kardinal Turkson:

„Ich kenne jemanden, der ein Buch darüber geschrieben hat, warum Afrika immer noch arm ist. Weil es eine gewählte Armut ist, ist seine Antwort. Seltsam, nicht wahr? Eine gewählte Armut heißt, dass die Regierungen Politiken anwenden, die in Wirklichkeit das Wachstum der Armut begünstigen. Es hängt also viel von den Regierungen ab: Man braucht eine gute Regierung, um Entwicklungsstrategien umzusetzen.“

Skeptisch äußert sich der Kardinal über Forderungen an Länder, „investorenfreundlich“ zu sein. Für die armen Länder der Welt bedeute dies in letzter Konsequenz nicht selten gnadenlose Ausbeutung, so Turkson:

„Das bedeutet, dass die Firmen, die in ein Land kommen, Handelsfreiheit und reduzierte Zölle erhalten. Das wird dann als ,investorenfreundliche Bedingungen‘ präsentiert. Ich denke aber, dass die Regierungen an dieser Stelle etwas Reife zeigen müssten: Wenn das Land danach arm zurückbleibt, ist das doch nicht ,investorenfreundlich‘. (…) In einigen Fällen haben wir es auch mit Verträgen zu tun, die vor langer Zeit geschlossen wurden und die immer noch gelten, obwohl die Lage heute anders ist.“

Ausbeutung und soziale Ungerechtigkeit führen unter extremen Bedingungen zu Zwist und Krieg – so liege der Schlüssel für den Frieden auch in der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung auf allen Ebenen, betont der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, der hier Papst Franziskus‘ Vorgänger Benedikt zitiert:

„Um Entwicklung zu erleichtern, müssen wir der Logik des Gebens, einer Art Unentgeltlichkeit, folgen. Man kann keinen dauerhaften Frieden ohne Entwicklung verwirklichen. Man muss all das mit Ethik betrachten: Ethik nicht nur des Gemeinwohls der Völker, eine Ethik auch des Friedens für diese Länder, ohne nur an unseren Vorteil zu denken. Die Einladung von Benedikt XVI. zu einer Logik der Unentgeltlichkeit ist wirklich essentiell: sie lädt uns ein, auf das Wohl der anderen zu schauen, die von diesen Ressourcen abhängen, um zu überleben.“ (rv)

Vatikan: Weitere Dikasterienleiter bestätigt

 Papst Franziskus nimmt in Kürze weitere Änderungen in der Zusammensetzung der Kurie vor. Dies teilte der Vatikan an diesem Dienstag mit. Am päpstlichen Laienrat bleiben der Präsident und der Sekretär nur noch bis zum Ende ihrer laufenden Amtszeit im Dienst. Das zweite fünfjährige Mandat des polnischen Kardinals Stanislaw Rylko läuft im nächsten Monat aus. Auch der Sekretär und damit „zweite Mann" des Laienrates, der deutsche Bischof Josef Clemens, befindet sich in seiner zweiten Amtszeit; sie endet in rund zwei Monaten. Sämtliche Mitglieder und Berater des Laienrates bleiben noch bis Ende des Jahres im Amt. Ähnlich sieht es beim Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden aus: Bis zum Auslaufen ihrer Amtszeit bleiben vorerst Kardinal Peter Kodwo Appiah Turkson als Präsident und Bischof Mario Toso als Sekretär im Dienst. (rv)

Kamerun: Kardinal Turkson kritisiert Profitgier

Kardinal TurksonKardinal Peter Turkson hat die Profitgier vieler Unternehmen kritisiert. Der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden sprach beim ersten afrikanischen Kongress des Verbandes christlicher Unternehmer und Unternehmerverbände (Uniapac) in Kamerun. Turkson betonte in seiner Ansprache, dass ein guter Geschäftsbetrieb möglich sei, wenn dieser auf der „Logik des Gebens und Schenkens" basiere. Dies bedeute, dass ein Unternehmen auch an die sozialen Konsequenzen seines Handelns denken müsse. Der Kurienkardinal aus Ghana kritisierte, dass sich stattdessen immer mehr Unternehmen ausschließlich an Strukturen der Finanzwelt orientieren würden. Dabei käme der Mensch oft zu kurz. Die „Logik des Gebens und Schenkens" aber vermenschliche und zivilisiere ein Unternehmen, so Turkson. Eine strikte Trennung zwischen religiösem Glauben und dem unternehmerischen Alltag dränge im Übrigen Menschen in leitenden Positionen hauptsächlich zu materiellem Erfolg. Abschließend rief der Kardinal die Unternehmer zur Solidarität mit denjenigen auf, denen es angesichts der Wirtschaftskrise schlecht ginge. (rv)

Kardinal Turkson: „Finanzwelt erwartet konkrete Maßnahmen gegen Krise“

Der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden will konkrete Schritte erarbeiten, um die Wirtschafts- und Finanzkrise zu überwinden. Dazu gab es an diesem Montag in Rom ein Kolloquium, an dem neben Vertretern des Rates auch Protagonisten der Finanz- und Bankenwelt teilnehmen. Ein Dokument aus dem Jahr 2011 zur Reform des Finanzsystems bildet die Grundlage; so der Hauptorganisator des Treffens, Kardinal Peter Turkson im Gespräch mit Radio Vatikan. Dieses Dokument sei ein Erfolg gewesen, weil bei der Vorstellung in Frankfurt sehr viele Bank- und Finanzleute positiv darauf reagiert hätten, erklärt der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden.

„Nun geht es um die zweite Runde. Diesmal geht es uns darum, über konkrete Schritte nachzudenken. Was sollen wir konkret tun, um diese Krise zu überwinden. Die Krise ist ja schon fast fünf Jahre alt. Aber es gibt keine Zeichen für ein Ende. Wir glauben, dass die Kirche mit ihrer Soziallehre etwas anzubieten hat. Das möchten wir nun in diesem Kolloquium vertiefen, um etwas Konkretes hervorzubringen."

Bei dem Dokument aus dem Jahr 2011 ging es auch um den Vorschlag einer internationalen Aufsicht, die die globale Finanzwelt kontrollieren würde. Dieser Gedanke wurde bereits zu Beginn des Kolloquiums an diesem Montag heftig diskutiert.

„Wir haben so viele Vorschläge bereits an diesem ersten Kolloquiumstag gehört. Einer hat beispielsweise vorgeschlagen, wir sollen ein weiteres Kolloquium in Washington durchführen, um mit den Leuten der Weltbank zu sprechen. Vielleicht ist das eine gute Idee, aber wir müssen ganz demütig unsere Vorschläge weiter durchdenken. Wenn aber Finanzleute wirklich den Wunsch einer internationalen Aufsicht haben, dann möchten wir mithelfen."

Auch Papst Franziskus gibt mit seinen bisherigen Äußerungen wichtige Impulse für Wirtschafs- und Finanzleute. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan die Präsidentin der österreichischen Justitia-et-Pax-Kommission, Ingeborg Gabriel. Franziskus stehe für Armut, Umweltschutz und Frieden.

Ich finde das sind ganz wichtige Anstöße, denn im Endeffekt sind wir als Kirche den Armen verpflichtet. Wir sind auch der Ökologie verpflichtet, was ja sehr oft mir der Armut einhergeht: Es sind die Ärmsten, die am meisten unter den ökologischen Problemen, die wir heute weltweit haben, leiden. Das müssen wir im Blick haben. Man muss auch immer wieder betonen: Wenn es uns nicht gelingt, das Finanzsystem, das Gemeinwohl dahingehend zu durchdenken, dass es denen hilft, die am meisten darunter leiden, dann verfehlen wir unsere Aufgabe als Ethiker und Katholiken."

Es sei wichtig, die Gründe für die Finanzkrise zu klären. Dies sei der erste Schritt, um Lösungen zu finden, so Gabriel.

„Was über weite Strecke passiert ist, ist die Abkoppelung des Finanzsystems von Fragen des nationalen Gemeinwohls aber auch teils des wirtschaftlichen Gemeinwohls. Die Realwirtschaft bekommt keine Kredite mehr. Hier ist also ein internationaler Finanzmarkt entstanden mit einem großen spekulativen Potential und einem Großmaß an Akteuren von mangelnder Verantwortung. Das hat starke Auswirkungen auf die Realwirtschaft und damit auch auf das Leben der Menschen. Hier können katholische Bankiers und christliche Wirtschaftsleute Brücken bauen, das ist unser Ziel." (rv)

Kardinal Turkson: Die „Macht“ der Kirche liegt im Dienen

Kardinal TurksonAls Benedikt XVI. den aus Ghana stammenden Kardinal Peter Turkson 2009 zu seinem „Friedensminister“ ernennt, wurde dies aufmerksam registriert. Turkson ist nicht der erste Schwarzafrikaner mit einem wichtigen Kurienamt. Doch der Leiter des „Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden“ hat im Vatikan eine Schlüsselfunktion im Gespräch mit der Gesellschaft. P. Max Cappabianca OP hatte jüngst Gelegenheit zu einem Interview mit dem Kardinal und früheren Erzbischof von Cape Coast in Ghana. Dabei betonte Turkson, dass die Kirche den Armen zu dienen habe:

„Als ich 2003 zum Kardinal ernannt wurde, die letzte Gruppe unter Johannes Paul II., haben deutsche Journalisten ein Interview mit geführt. Sie wollten es nennen „In den Fluren der Macht“. Damals habe ich gesagt: Dass wir uns nicht falsch verstehen: Für mich heißt Macht, die Fähigkeit zu dienen. Je mehr jemand zum Dienen in der Lage ist, desto „mächtiger“ ist er. Das scheint eigenartig, aber es ist wirklich so. Woher kommt die Macht Jesu? Er war mächtig, nicht weil er andere zu etwas hätte zwingen können, sondern weil er diente. Schon immer ist die Kirche vor allem von den armen Menschen unterstützt worden. Und deswegen ist die Grundlage der „Macht“ der Kirche die Nachfolge der einfachen und armen Menschen, denen die Kirche zu dienen hat. Das ist eine Erfahrung, die ich gemacht habe, als ich in Ghana war und das hat mich immer geleitet.“

Vom Fach her ist Turkson Bibelwissenschaftler. Da wird er schon mal leidenschaftlich, wenn es um die Predigt Jesu in der Synagoge von Nazaret geht als dieser die Worte des Propheten Jesaja auf sich: „Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze.“ Könnte man diese Worte als eine Regierungserklärung Jesu verstehen?

Regierungsprogramm Jesu?

Turkson zögert. Hier von einem „politischen Programm“ Jesu zu sprechen, sei irreführend. Es gehe vielmehr um seinen Anspruch als Sohn Gottes, in dem ein „anthropologisches Programm“ steckt: Der Mensch wird durch und mit Jesus aus dem Exil der Sünde geführt, zurück in die Freundschaft und Nähe Gottes. Nur – was heißt Sünde? Eher sprechen Menschen doch von Missständen wie Krieg, Hunger, Ausbeutung und Ungerechtigkeit. Ja, kontert Turkson, aber in den heutigen Krisen wird doch viel über Auswirkungen, aber wenig über Ursachen nachgedacht. Deswegen sei es seine wichtigste Aufgabe: die Krisen der globalisierten Gesellschaft im Licht des theologischen Menschenbildes zu lesen: Inwieweit kann die „Gottfähigkeit“ des Menschen ethisch fruchtbar gemacht werden?

„Alles Handeln hat eine Bedeutung für Gott“

Dies etwa war ein wichtiges Thema bei einer Tagung zur Finanzkrise im Jahr 2011 im Vatikan: Warum sind Menschen habgierig? Warum handeln sie verantwortungslos? „Es reicht nicht, nur über die Symptome zu sprechen, ohne die Ursachen in den Blick zu nehmen“, sagt Turkson. Stolz ist der Kardinal über die jüngste Veröffentlichung seines Büros: „Zum Unternehmer berufen! Eine Ermutigung für Führungskräfte in der Wirtschaft“ ist der Titel der Schrift, erarbeitet mit dem Bund Katholischer Unternehmer in Deutschland. „Berufung“ ist ein Schlüsselbegriff dieses Textes. Turkson: „Alles menschliche Handeln, auch das unternehmerische, hat eine Bedeutung für Gott. Deswegen muss man auch bei Führungskräften in der Wirtschaft von Berufung sprechen: Sie verantworten ihr Tun und werden zugleich von Gott dazu befähigt und bestärkt, an einer besseren Welt mitzubauen!“

Kardinal Turkson setzt bei dem an, was Menschen zunächst gut können. Deswegen geht es seiner Ansicht nach darum, die Sorgen und Nöte der Menschen zu teilen, so wie es die Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils sagt: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“

Werten des Evangeliums Gehör verschaffen

Dass diese Fragen im Vatikan nicht theoretisch bleiben, dafür sorgt der Kardinal. Schließlich war er 17 Jahre lang Erzbischof von Cape Coast. Das westafrikanische Ghana ist ein junges, dynamisches Land, das aber unter wirtschaftlicher Ungerechtigkeit zu leiden hat. Traditionell leben die Menschen von der Landwirtschaft, von der Fischerei oder dem Anbau von Kakao. Doch die Goldvorkommen in dem Land interessieren ausländische Konzerne. Einige wenige Einheimische erzielen durch den Abbau von Gold einen kurzfristigen Profit. Doch durch Zerstörung der Kakaoplantagen wird den Menschen dauerhaft die Existenzgrundlage entzogen.

Probleme der Globalisierung

Aber auch andere globale Probleme beschäftigen den Kirchenmann Tag für Tag. Ein wichtiges Thema in vielen Schwellenländern sei etwa der ökologische Raubbau zur Gewinnung von Biodiesel, berichtet er. Riesige Landflächen würden Kleinbauern weggenommen oder für lächerlich wenig Geld aufgekauft, ohne dass die Menschen vor Ort etwas davon hätten. Als weiteres Beispiel nennt Kardinal Turkson den Klimawandel und das Ansteigen der Meeresspiegel; die Bischöfe aus asiatischen Ländern und dem Pazifik seien darüber sehr besorgt. In vielen Ländern geschehe zu wenig, um Ungerechtigkeit, Raubbau, Klimawandel und andere Probleme zu lösen. Immerhin: Überall vor Ort seien Priester, Laien und Bischöfe engagiert und suchten das Gespräch mit Politikern und Unternehmern, um den Werten des Evangeliums Gehör zu verschaffen.

Sich von Jesus an die Hand nehmen lassen

Jedem, der an den Ungerechtigkeiten der Welt oder der Unzulänglichkeit seiner Kirche leidet, verrät der Kardinal seine eigene Strategie: Jesus vertrauen und sich von ihm an die Hand nehmen lassen, wie Petrus, der über das Wasser geht und aus Angst unterzugehen droht! Oder, mit einem Beispiel aus der Tierwelt: sich nicht bewegen wie eine Schildkröte, die den Kopf nach unten hält und beim kleinsten Hindernis anstößt und hängenbleibt. Sondern aufrecht stehen wie ein Pinguin, der den Kopf nach vorne ausstreckt, um weiter zu sehen und weiter zu gehen. Immerhin geht es doch um gute Nachrichten, um Heilung und um Freiheit. (rv)

Vatikan: Kardinal Turkson fordert Menschenrechte ein

Kardinal Peter Turkson fordert einen verstärkten weltweiten Einsatz für Menschenrechte. Der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden war an diesem Samstag in Krakau zu Besuch. Turkson hielt dort eine Rede vor der Internationalen Menschenrechts- und Bildungs-Konferenz. Ein wichtiger Punkt sei die Religionsfreiheit. Turkson beklagte, dass es in vielen Ländern immer wieder Gewalt gegen Religionsgemeinschaften zu beobachten gebe, vor allem Christen litten sehr darunter. Die Kirche bitte deshalb dringend darum, dass sich alle für den Schutz der Religionsfreiheit einsetzten, denn sie sei „der Inbegriff der Wahrheit". Papst Benedikt XVI. habe erklärt, dass in einem funktionierenden und modernen säkularen Staat religiöse und weltliche Dinge getrennt werden müssten. (rv)