Australien: Regierung führt Missbrauchskommission ein

Die Regierung in Canberra unter Leitung der Premierministerin Julia Gillard hat eine Kommission eingeführt, die Kindesmissbrauch bei staatlichen sowie anderen Institutionen untersuchen soll. Die australischen Bischöfe befürworten dieses Vorhaben. Dies sagte der Vorsitzende der australischen Bischofskonferenz, Erzbischof Denis Hart, an diesem Mittwoch gegenüber Radio Vatikan:

„Die Kommission soll Regierungsorganisationen, gesellschaftliche Organisationen und verschiedene Kirchen einbeziehen – darunter auch die katholische Kirche. Wir sind davon überzeugt, dass diese Kommission die Anliegen der Opfer unterstützen und die Arbeit der Kirche in diesem Bereich verbessern wird. So kann den Opfern geholfen werden und es können vor allem auch einheitliche und klare Regelungen für die Zukunft geschaffen werden. Das garantiert uns, dass wir uns zukünftig viel besser um das Wohl der Kinder kümmern können."

Die australische Kirche wolle in allen Bereichen mit der neuen Kommission zusammenarbeiten, so der Erzbischof von Melbourne:

„Wir sind überzeugt, dass dies ein Fortschritt für alle Australier ist. Die Fakten werden nicht mehr von verschiedenen Organisationen unterschiedlich bewertet werden. Und was noch wichtiger ist – wenn die Vorgehensweisen der verschiedenen Organisationen analysiert werden, haben wir eine bessere Ausgangsposition, um uns zukünftig als ganze Nation um unsere Kinder zu kümmern – und das ist unser Hauptziel."

Erzbischof Hart geht davon aus, dass die Kommission zur Aufarbeitung des Kindesmissbrauchs der katholischen Kirche auch helfen werde, ihre eigene Vorgehensweise dazu noch einmal genau zu überprüfen. Erst am Montag hatte die australische Bischofskonferenz in einem Statement bekannt gegeben, dass sie die traumatischen Erlebnisse von Kindern, die in der Obhut der Kirche gewesen seien, aufrichtig bedauere. Dies gelte auch für deren Familien. Es seien Fehler gemacht worden – für die man sich bei den Opfern und ihren Familien entschuldige. (rv)

Rom: Weihe des neuen australischen Pilgerzentrums

Der Papst weiht nächsten Mittwoch das neue australische Pilgerzentrum in Rom ein. Damit folgt Benedikt XVI. der Einladung des Erzbischofs von Sydney, Kardinal George Pell. Australische Katholiken, besonders die vietnamesische Gemeinde von Sydney, hatten das neue Pilgerzentrum mit ihren Spenden finanziert. An der Einweihung des Büros in der Nähe des Hauptbahnhofs Termini nehmen auch die australischen Bischöfe teil. Sie halten sich gegenwärtig zu ihrem Ad-Limina-Besuch in Rom auf, um dem Papst und der Kurie über die Lage ihrer Ortskirchen Bericht zu erstatten. (rv)

Vatikan/Australien: Bischof suspendiert

Papst Benedikt XVI. hat Bischof William M. Morris die pastorale Leitung des Bistums Toowoomba entzogen. Das teilte der Pressesaal an diesem Montag mit. Bischof Morris hatte sich 2006 in einem Hirtenbrief für die Priesterweihe für verheiratete Männer und für Frauen ausgesprochen. Am Sonntag hatte er allerdings erklärt, er sei missverstanden worden. Er wolle nicht „die Gemeinschaft mit der Kirche" brechen, so Morris. Über die Entscheidung des Papstes gab der Vatikan nichts Weiteres bekannt. (rv)

Australien: Aufgerieben von den Skandalen

 Papst Benedikt XVI. hat das Rücktrittsgesuch des Bischofs von Maitland-Newcastle, Michael John Malone, angenommen. Malone hat seit mehr als 15 Jahren der Diözese in der Nähe von Sydney vorgestanden, die in den letzten Monaten wegen Missbrauchsvorwürfe in die Schlagzeilen gekommen ist. Einigen Geistlichen der Diözese wird vorgeworfen, bereits vor Malones Zeit als Bischof Kinder missbraucht zu haben. Der 71-jährige Bischof hat den Papst um den Rücktritt gebeten, um früher in den Ruhestand gehen zu können. Malone hat bekannt gegeben, von dem Missbrauchskandal schwer mitgenommen und enttäuscht zu sein. Katholische Bischöfe müssen spätestens im Alter von 75 Jahren beim Papst um ihren Rücktritt ansuchen. (rv)

Australien: Keine Wahlempfehlung der Bischöfe

Am kommenden Samstag wird in Australien ein neues Parlament gewählt, traditionell auch ein Termin, zu dem sich die Bischöfe des Landes zu Wort melden. Was haben sie den australischen Wählern zu sagen? Das erklärt im Gespräch mit uns der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Philip Wilson von Adelaide:
 „Wir haben zuerst festgestellt, dass katholische Bischöfe den Menschen nicht vorschreiben, wen sie zu wählen haben. Aber während des Wahlkampfes schauen viele auf die Kirche auf der Suche nach einem Wegweiser bei wichtigen Themen. Wir ermutigen die Menschen in Australien ernsthaft, genau darüber nachzudenken, wem sie ihre Stimme geben."
Die Bischöfe nennen eine ganze Reihe von Punkten, die Australiens Katholiken für ihre Wahlentscheidung prüfen sollten. Da gehe es etwa um Fragen der Gesundheits- und Umweltpolitik, der sozialen Gerechtigkeit, der Flüchtlinge und der Erziehung. Eines dieser vielen Anliegen findet Wilson besonders wichtig:
„Einer der Punkte, den viele Menschen in den letzten Tagen so kurz vor den Wahlen angemerkt haben, ist das Schweigen der Politiker in den Debatten und im Wahlkampf über die Ureinwohner Australiens. Wir Bischöfe haben in unserem Statement betont, dass solange die am meisten benachteiligten unserer Ureinwohner aus dem Dritte-Welt-Lebensbedingungen herauskommen, in denen sie im Augenblick leben müssen, so lange sollten wir Australier beschämt sein. Wir müssen zusammenarbeiten, um die Lebensbedingungen dieser Menschen zu verbessern."
Nach jüngsten Umfragen könnte die konservative Opposition unter Tony Abbott am Samstag genügend Sitze erringen, um die sozialdemokratische Premierministerin Julia Gillard aus dem Amt zu drängen. Abbott tritt als Katholik auf, während die Premierministerin sich als Atheistin bezeichnet. Die umstrittensten Wahlkampfthemen waren Flüchtlingspolitik und generell Einwanderung. Abbott tritt dafür ein, die in Australien landenden Bootsflüchtlinge, meist aus Afghanistan und Sri Lanka, zurückzuschicken. Gillard will sie unter Aufsicht der UNO in einem Lager in Osttimor unterbringen, das nördlich von Australien liegt. Dieser Vorschlag war mit dem wirtschaftlich armen Nachbarland kaum abgesprochen und wurde von dessen Parlament bereits abgelehnt. Generell wünschen Australiens Wähler keinen großen Bevölkerungszuwachs, obwohl ihr Land zu den am dünnsten besiedelten Ländern der Welt gehört und seit Jahren ein umfassendes Einwanderungsprogramm betreibt.
In Australien herrscht Wahlpflicht. 14 Millionen Menschen sind am Samstag zum Urnengang aufgerufen. Dabei kommt den christlichen Stimmen ein besonderes Gewicht zu, glaubt Bischof Wilson.
„Ich denke, dass die Stimmen der Christen und der Katholiken wichtig sind, zum einen weil ein bedeutender Teil der Bevölkerung, nämlich 27 Prozent, Katholiken sind. Es ist wichtig, dass sie und die anderen Christen genau überlegen, wem sie ihre Stimme geben wollen. Und dann natürlich auch intelligent zu wählen, bestimmt nicht nur durch normale politische Überlegungen, sondern auch durch die Vision ihres Glaubens, die uns sagt, wie wir in dieser Welt leben wollen." (rv)

Essener Bischof: Kirche in der Krise

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat Vorwürfe zurückgewiesen, der Papst schweige zum Thema sexueller Missbrauch durch Geistliche. In der ARD-Talkshow „Anne Will“ meinte Overbeck am Sonntag Abend, an der Haltung Benedikts zum Thema Missbrauch könne es keinen Zweifel geben.
„Der Papst selber hat von Anfang an immer deutlich gemacht, dass es ihm darum geht zu sagen: Missbrauch ist ein Verbrechen, ist Todsünde, und wir müssen alles tun, um es aufzuklären. Wenn Sie allein lesen, was er während seines Pontifikats zu diesem Thema gesagt hat, ist seine Botschaft sehr eindeutig – bis hin zu seinen Gesprächen mit Missbrauchsopfern in Australien und in den USA.“

Overbeck unterstrich in der teilweise hitzigen Debatte, Benedikt XVI. übe „ein universales Amt für die ganze Kirche“ aus. „Das müssen auch wir Deutschen lernen“, so der Bischof. Es stimme allerdings, dass seine klare Botschaft gegen Missbrauch in Deutschland derzeit nicht gehört werde.
„Ich glaube, sie verfängt deswegen nicht, weil wir in eine Krise in der deutschen Kirche geraten sind, die sehr damit zu tun hat, dass Priester das Vertrauen der Menschen gebrochen haben: dadurch, dass sie sich durch sexuelle Taten an ihnen vergangen haben und damit ihre Macht mißbraucht haben, die dafür da ist, dass Menschen Vertrauen gewinnen. Wenn das nicht geschieht, haben wir als Priester und Bischöfe ein großes Problem – und dieses Problem haben wir zur Zeit.“

Auf die Frage, warum die Krise vor allem dem Papst angelastet wird, meinte Overbeck:
„Die wird dem Papst nicht alleine angelastet; er ist derjenige, der als Oberhaupt unserer Kirche der oberste Sprecher ist. Sie ist gleichzeitig eine Krise, die auch uns Bischöfen angelastet wird, und sie ist in vielfacher Weise eine Krise des Vertrauens in die vielen Priester, die gut ihren Dienst tun.“
Deutlich distanzierte sich der Essener Oberhirte von der Solidaritätsbekundung von Kardinal Angelo Sodano an die Adresse des Papstes. Der Dekan des Kardinalskollegiums hatte am Ostersonntag das – so wörtlich – derzeitige „Geschwätz“ zurückgewiesen. Overbeck dazu:
„Dafür ist die Sache viel zu ernst – dafür ist jedes Opfer ein Opfer zuviel… Ich habe für mich – weil mich auch Journalisten gefragt haben – deutlich gesagt, dass ich das für mich und unser Bistum in keinster Weise unterstütze. Wenn ich das italienische Wort für das, was mit „Geschwätz“ übersetzt wird, nehme, dann ist das auch ein „Vielreden“. Wenn das gemeint ist, dann ist es durchaus nicht ganz unwahr.“ (rv)