Pastorale Antworten auf neue religiöse Phänomene gesucht

New Age-Gruppen und Freikirchen erfordern neue pastorale Antworten von der katholischen Kirche. Das ist das Fazit einer Konferenz im Vatikan, an der am Donnerstag rund 40 Vertreter verschiedener vatikanischer Behörden und päpstlicher Universitäten auf Einladung des vatikanischen Dialograts teilnahmen. Bereits seit geraumer Zeit arbeitet der Päpstliche Rat für den interreligiösen Dialog mit den Vatikanbehörden für Mission, für Ökumene, Kultur und für die Neuevangelisierung in dieser Frage zusammen. Geleitet wurde die Tagung vom vatikanischen Dialogminister Kardinal Jean-Louis Tauran. Zu den Rednern zählten Kurienerzbischof Rino Fisichella, der über „die neuen religiöse Bewegungen und die Neuevangelisierung" sprach, sowie Gregoriana-Professor Michael Fuss, der „die Grenzen des Heiligen: Dialog und Gegenüberstellung von Glauben und Glaubwürdigkeit" thematisierte. (rv)

Interreligiöser Dialog: „Auf positive Weise desorientiert“

Kardinal TauranAlles in Ordnung zwischen Buddhisten und Katholiken? Es ist kaum bekannt, doch gibt es in einigen asiatischen Staaten, etwa auf Sri Lanka, durchaus ein Problem mit gewaltbereiten Buddhisten – Splittergruppen, die auf Moscheen und Kirchen losgehen. Insbesondere in den vergangenen Wochen haben sich derartige Fälle gehäuft. Umso wichtiger ist, dass die katholische Kirche sich auch mit Buddhisten um ein gutes Einvernehmen bemüht. Dem diente am Montag ein Kolloquium in Rom, das der Päpstliche Dialograt unter anderen mit italienischen Buddhisten ausgerichtet hat. Der Ratspräsident, Kardinal Jean-Louis Tauran, sagte uns:

„Das Wichtige ist doch, dass wir trotz der Schwierigkeiten davon überzeugt bleiben, dass wir Lösungen nur im Dialog finden, im Sich-Begegnen und im Bemühen um Verständnis für den anderen. Thema dieses Gesprächs mit Buddhisten ist der Zusammenhang zwischen innerem Frieden und Frieden in der Welt; überhaupt insistiert unser gesamter Dialog mit den Buddhisten sehr auf dem inneren Leben, und vielleicht ist das der Aspekt, der in der Welt heute am meisten gebraucht wird. Schon Blaise Pascal sagte: Das große Problem des Menschen ist, dass er nicht einfach in Frieden zuhause bei sich bleiben kann."

Das Ringen um den inneren Frieden ist aus der Sicht des Kardinals der wichtigste Berührungspunkt zwischen Christentum und Buddhismus. Zwar sei die „buddhistische Tradition sehr anders als die unsere" – trotzdem lasse sich einiges von ihr lernen:

„Ich habe vor kurzem von einem chinesischen Studenten gelesen, der in Europa studiert hat. Als er nach drei Jahren zurückging nach Peking, sagte er seinen Kommilitonen: Die sind da dermaßen frei, dass niemand sich um den anderen kümmert. – Das ist ziemlich traurig, aber ich glaube, diese Diagnose ist sehr wahr."

Dass der französische Kurienkardinal sich solchermaßen in Buddhisten hineinversetzt, freut den Präsidenten des italienischen Buddhistenverbands, Raffaello Longo. Er versucht ein Gleiches:

„Ich finde, der interreligiöse Dialog muss den Vertreter einer Religion dazu bringen, die Religion der anderen zu verteidigen! Mir ist das bei Vorträgen mehrmals passiert, dass ich die anderen Religionen verteidigt habe – wenn man so etwas macht, dann sind die Zuhörer auf positive Weise desorientiert." (rv)

Vatikan: Neue Mitglieder der Kommission für den Dialog mit dem Islam

Papst Benedikt XVI. hat an diesem Freitag neue Mitglieder der Kommission für den Dialog mit dem Islam ernannt. Darunter sind auch der deutsche Jesuitenpater Felix Körner, der als Professor an der päpstlichen Universität Gregoriana lehrt, und die Bamberger Islamwissenschaftlerin Rotraud Wieland. Die Kommission ist dem Rat für den interreligiösen Dialog zugeordnet und auch von dessen Präsidenten, Kardinal Jean-Loius Tauran, geleitet. (rv)

„Pakistanisches Mädchen kann nicht lesen und schreiben“

In den Fall Rimsah Masih schaltet sich jetzt auch ein Kardinal ein. Die elfjährige Christin mit Down-Syndrom ist in Pakistan wegen Blasphemie verhaftet worden; sie soll in einem christlichen Slum am Stadtrand von Islamabad Fragmente eines verbrannten Koran mitgeführt haben. Der französische Kurienkardinal Jean-Louis Tauran sagt zu dem Fall:

„Es handelt sich bei ihr um ein Mädchen, das weder schreiben noch lesen kann. Sie hat Müll aufgelesen, um zu überleben; dabei hat sie auch die Fragmente dieses Buches aufgesammelt, die sie im Abfall gefunden hat. Bevor man behauptet, dass ein heiliger Text geschändet worden sei, sollte man erst einmal die Fakten verifizieren!"

Es ist das erste Mal, dass ein hochrangiger Vatikanmann zu dem Fall Stellung nimmt. Papst Benedikt XVI. hat letztes Jahr öffentlich gefordert, Pakistan solle sein Blasphemiegesetz fallenlassen; das Gesetz gegen religiöse Beleidigung führt immer wieder zur Verhaftung oder Diskriminierung von Christen. Die pakistanische Regierung hatte den Aufruf des Papstes zurückgewiesen. Kardinal Tauran leitet den Päpstlichen Dialograt. In seinem Gespräch mit Radio Vatikan brach er erneut eine Lanze für die Religionsfreiheit:

„Religionsfreiheit ist aus unserer Sicht der Raum, wo der Mensch frei ist, um auf die grundlegenden Fragen eine Antwort zu finden. Außerdem geht es hier um den Platz, den die Religion in der Gesellschaft haben darf. Hier wird auch an die Rolle des Staates bei der Verteidigung der Menschenrechte gerührt; das Recht auf Religionsfreiheit ist so etwas wie die Grundlage für die anderen Menschenrechte." (rv)

Kardinal Tauran: „Lügen führen in der Diplomatie selten zum Ziel“

„Ein Diplomat, der lügt, kommt selten ans Ziel". Das hat der Präsident des päpstlichen Rates für Interreligiösen Dialog, Kardinal Jean-Louis Tauran, am Dienstagnachmittag im Rahmen einer Vatikanveranstaltung zum Thema „Diplomatie und Wahrheit" in Rom betont. Eine Diplomatie, bei der es um Dialog und Vertrauen geht, müsse dagegen im Dienste der Wahrheit stehen, unterstrich Tauran. Dann diene sie Frieden und gesellschaftlicher Harmonie und entwickle die Kraft, zwischen scheinbar unvereinbaren Positionen zu vermitteln und bis zu den Ursachen der Vorgänge vorzudringen, so der Vatikanvertreter, der selbst eine langjährige Erfahrung als Diplomat vorzuweisen hat.

Herausforderungen heutiger Diplomaten
In seinem Vortrag ging Tauran auch auf die neuen Herausforderungen ein, denen Diplomaten heute begegnen. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe sich mit dem Völkerbund und den Vereinten Nationen das Bewusstsein einer „globalen Ethik" herausgebildet. Für Menschen mit diplomatischer Verantwortung bedeute dies eine doppelte Verpflichtung: Sie seien ihren eigenen nationalen Regierungen verpflichtet, zugleich aber dem globalem Frieden und der Gerechtigkeit in der Welt. Das habe eine neue Autonomie beziehungsweise eine neue Verantwortung in das Berufsbild eingeführt, folgerte Tauran: ein Diplomat könne heute nicht mehr darauf verzichten, sich auch über „die Moralität der Politik seiner eigenen Regierung" ein Urteil zu bilden.

Sinn des Geheimnisses in der Diplomatie
Im Dunstkreis der Vatileaks-Affäre dürfte so mancher Besucher der Veranstaltung in Rom Anknüpfungspunkte zu den Vorgängen im Vatikan gesehen haben. Kardinal Gianfranco Ravasi, Präsident des päpstlichen Kulturrates, der den „Vorhof der Völker" ins Leben rief, nahm im Interview mit Radio Vatikan ein wichtiges Element der Diplomatie in Schutz: das Geheimnis.

„Das Geheimnis hat immer zwei Gesichter. Einerseits ist es sicher Synonym für Diskretion, das heißt also, es geht darum, in bestimmter Hinsicht Elemente zu hüten, die Provokationen und sogar eine Explosion auslösen können. Andererseits hat das Geheimnis eine negative Seite: es kann in einigen Fällen auch heißen, den Völkern eine Wahrheit zu vorzuenthalten, die aber notwendig ist, die zur Gewissensprüfung führt, zur Kritik und möglicherweise zur Veränderung einer Gesellschaft. Deshalb wandeln Diplomaten und Politiker immer auf einem extrem dünnen Grat." (rv)

Vatikan: Kardinal Jean-Louis Tauran ist in Nigeria

Dort hat sich der Leiter des Päpstlichen Dialogrates u.a. in Lagos mit Dialogverantwortlichen aus ganz Westafrika getroffen. Im Zentrum der Beratungen standen die Beziehungen zu Muslimen angesichts der steigenden islamistischen Gewalt gegen Christen in Nordnigeria. Tauran besuchte u.a. den Ort Kafanchan, wo es immer wieder blutige Zusammenstöße zwischen Christen und Muslimen gegeben hat, und führte in der Stadt Jos Gespräche mit Muslimen. In Sokoto suchte der aus Frankreich stammende Kardinal das geistliche Oberhaupt der nigerianischen Muslime auf und sprach auch mit dem Gouverneur über Sicherheitsprobleme der Christen. Tauran konnte in der Hauptstadt Abuja auch den nigerianischen Vizepräsidenten Alhaji Namadi Sambo, einen Muslim, treffen – allerdings nicht den Präsidenten selbst, den Christen Goodluck Jonathan. Am Samstag wird Kardinal Tauran in Rom zurückerwartet. (rv)

Kardinal Tauran: „Christen und Muslime teilen gleiches Schicksal“

Die Christen im Nahen Osten sind „Brüder der Muslime". Das betont Kardinal Jean-Louis Tauran im Interview mit dem arabischen Nachrichtensender „Al Jazeera". Tauran ist Präsident des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog und somit im Vatikan für das Gespräch mit den Muslimen verantwortlich. „Al Jazeera" ist der größte arabische TV-Sender mit Sitz in Doha. Das Interview wurde auf Englisch geführt. Es ist das erste Mal, dass ein Vatikanvertreter die Möglichkeit hat, sich direkt an ein arabisch-muslimisches Publikum wenden zu dürfen. Kardinal Tauran ging im Gespräch u.a. auf die Lage der Christen im Nahen Osten ein.

„Die Christen im Nahen Osten teilen dasselbe Schicksal mit all den anderen Mitbürgern ihrer Länder. Wo kein Friede herrscht, da kann es keine Zukunft geben. Leider sind aber viele Christen im Nahen Osten versucht, ihr Land zu verlassen. Das kann man vielleicht nachvollziehen, wenn man auf die Friedensgespräche schaut, die zwar fortdauern, aber deren Ende noch nicht in Aussicht steht. Die Christen denken dann an die Zukunft ihrer Kinder und suchen deshalb einen Ort, an dem sie in Sicherheit leben können."

Kardinal Tauran weist darauf hin, dass das Christentum im Nahen Osten bereits seit vielen Jahrhunderten existiert. Es sei deshalb eine Tragödie, wenn die Christen diese Region verlassen würden. Er glaube zwar nicht, dass es eine „koordinierte Kampagne" gegen die Christen im Nahen Osten und anderen vom Islam geprägten Ländern gebe, ist aber besorgt über das Entstehen einer „Zwei-Klassen-Gesellschaft" dort.

„Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob es eine solche koordinierte Kampagne gibt, aber ich sehe, dass beispielsweise im Irak viele Christen umgebracht werden und das gilt auch in vielen anderen Ländern im Nahen Osten. Jeden Tag berichten Zeitungen darüber. Man kann auch nicht leugnen, dass Christen oft gezielt angegriffen werden. Ich habe ja viele Jahre im Nahen Osten gelebt und ich habe erlebt, wie sich die Christen dort fühlen. Sie fühlen sich als Bürger zweiter Klasse in Ländern, in denen die Muslime in der Mehrheit sind."

Tauran sagt in dem Gespräch mit dem saudischen Journalisten Sami Zeidan, dass die Angriffe auf Christen nicht von den Regierungen oder politischen Gruppen ausgeführt würden. Vielmehr handele es sich um gezielte Angriffe einer bestimmten Fraktion. Tauran nennt hierbei fundamentalistische Gruppierungen. Der Vatikan sehe sich deshalb als „Verteidiger der Schwachen und Verfolgten".

„Das bedeutet konkret, dass wir vor allem denjenigen nahestehen, die wegen des Glaubens verfolgt werden. Wir sind ihnen im Gebet nahe. Der Heilige Stuhl ist vor allem im Bereich der diplomatischen Beziehung aktiv. Für das Heilige Land sind dann in diesem Zusammenhang die Pilgerfahrten besonders wichtig. Wir unterstützen diese, um den Christen dort zu zeigen, dass sie nicht alleine sind."

Kardinal Tauran weist auch darauf hin, dass die katholische Kirche sich nicht nur auf den Vatikan beschränkt. Deshalb sei die Arbeit der Ortskirche sehr wichtig, die täglich mit den Behörden und andersgläubigen Mitbürgern zu tun hat.

„Ich hoffe, dass der Arabische Frühling diese Beziehungen verbessern wird. Ursprünglich standen ja gute Absichten dahinter. Die Bewegung ist von jungen Leuten ausgegangen, die Würde, Freiheit und Arbeit suchen. Das sind Werte, die Christen und Muslime teilen. Aber hoffen wir, dass die Entwicklung auf einen Sommer hinführt, und nicht auf einen Winter. Die Werte, für die sie anfangs standen, sind solche, für die wir als katholische Kirche ebenfalls einstehen. Das sind aber auch Werte, die alle Menschen guten Willens auf der Welt teilen."

Tauran hoffe, dass sich die Menschen in den von der „Arabellion" geprägten Ländern wieder auf diese Werte zurückbesinnen.

„Hoffen wir, dass jene Politiker, die jetzt in den arabischen Ländern regieren, die Weisheit haben, für das Allgemeinwohl einzustehen. Wir leben im Jahr 2012 und es gibt das internationale Recht sowie die Menschenrechte. Das sind Grundpfeiler einer jeden Gesellschaft. Und dann dürfen wir nicht die Geschichte vergessen, die uns lehrt, dass Gewalt und Unterdrückung keine Lösung sind."

Religionen können nicht als „böse" Institutionen bezeichnet werden, sagt Tauran, als der Journalist von „Al Jazeera" ihn auf einige amerikanische Kirchenvertreter anspricht, die den Islam als „das schlimmste Übel" darstellen. Tauran weist darauf hin, dass es seit Jahrhunderten einen regen Dialog und Austausch zwischen Christen und Muslime gibt.

Im Hinblick auf die Situation im Heiligen Land äußerte sich der Präsident des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog vor allem über die Jerusalem-Frage:

„Wenn das Problem der Heiligen Stätten nicht angemessen gelöst wird, gibt es keinen Frieden im Nahen Osten. Der Heilige Stuhl hat als einziger immer wieder gesagt: Bitte, lasst dieses Thema nicht bis zur letzten Minute offen. Es handelt sich um eine sehr komplexe Frage, die mit Intelligenz und guter Kenntnis der Geschichte behandelt werden muss."

Der Vatikan trete für einen international anerkannten rechtlichen Status für jenen Teil von Jerusalem ein, in dem sich die Heiligen Stätten der drei monotheistischen Religionen befinden. Im „Al Jazeera"-Interview plädierte Kardinal Tauran zugleich auch für Respekt vor den heiligen Büchern der Religionen, die „Schätze der jeweiligen Gemeinschaften" seien.

„Ohne diesen Respekt entsteht ein „Dschungel", und was das bedeutet, zeigt beispielsweise die Verbrennung von Koran-Ausgaben in einem Truppenstützpunkt in Afghanistan."

Was die Angst vor dem Islam betrifft, so sei diese Angst auf „Ignoranz" zurückzuführen:

„Wenn man mit rechts orientierten Gruppen spricht, entdeckt man, dass sie niemals in den Koran hineingeschaut haben, niemals mit einem Muslim zusammengetroffen sind. Es bedarf einer großen Anstrengung, sie besser auszubilden. Es ist gelungen, den 'Clash of civilizations' zu vermeiden. Versuchen wir, auch den Zusammenprall der wechselseitigen Ignoranz zu vermeiden."

Europa müsse dazu aber vor allem wieder das Christentum kennenlernen. Denn das Problem sei der „religiöse Analphabetismus":

„Die Jugend kennt die Religion nicht mehr. Im muslimischen Bereich muss aber ebenfalls in der Schule über die anderen Religionen informiert werden. Es gibt in diesen Ländern Schulbücher, in denen die Christen nie Christen, sondern Ungläubige genannt werden. Das ist nicht gerecht."
(rv)

„Zusammenprall der Kulturen? Nein – der Ignoranz“

Im Oktober 2008 hatte es sich zum ersten Mal getroffen, das vatikanisch-islamische Gesprächsforum: entstanden nach einem Brief von Islamgelehrten, der wiederum auf die kontroverse „Regensburger Rede" des Papstes antwortete. Kontrovers und unter großem Medieninteresse gestartet, hat sich das Forum mittlerweile etabliert: In Jordanien ging es Ende November in die zweite Runde. Diesmal abseits der Scheinwerfer – dabei wurde es sogar von König Abdullah II. empfangen. Kardinal Jean-Louis Tauran hat eine Erklärung für das abflauende öffentliche Interesse:

„Wissen Sie – immer, wenn es etwas Neues gibt, hat man ein Echo. Das war aber das zweite Mal, und es wird auch ein drittes geben, und zwar in einem Land mit katholischer, christlicher Tradition; wir wissen noch nicht genau, wo. Was mich frappiert, ist: Kaum ist ein Treffen vorüber, denken alle schon über das nächste nach. Das bedeutet, dass diese Dialogstruktur als nötig und als positiv wahrgenommen wird. Ich halte das für wichtig: den Wunsch zum Gespräch wachzuhalten."

Vernunft, Glaube und menschliche Person – darüber unterhielten sich im jordanischen Al-Maghtis hochkarätige Katholiken und Moslems aus fast zwanzig Nationen drei Tage lang. Kardinal Tauran, der den vatikanischen Dialograt leitet, führte die katholische Delegation an. „Wir haben bisher den Zusammenprall der Zivilisationen vermeiden können; jetzt müssen wir den Zusammenprall der Ignoranz ebenfalls vermeiden. Oft rühren die Probleme nämlich von der Ignoranz her, und dazu braucht es solche Begegnungen."

Das vatikanisch-islamische Forum hat unversehens an Bedeutung gewonnen, seit im Frühjahr 2011 der Gesprächsfaden des Heiligen Stuhls zu al-Azhar abgerissen ist. Die Universität in Kairo, eine der wichtigsten Autoritäten im sunnitischen Islam, legte den Dialog auf Eis, nachdem Papst Benedikt zu explizit Religionsfreiheit in Ägypten gefordert hatte. Tauran meint dazu nur:

„Der Heilige Stuhl steht nicht am Ursprung dieser Meinungsverschiedenheit. Wir können dieses Problem also gar nicht von uns aus lösen, sondern nur durch Gespräch." (rv)

Vatikan: „Den Christen dabei helfen, im Nahen Osten zu bleiben“

Der Vatikanverantwortliche für das Gespräch mit dem Islam „kann verstehen, dass die Christen im Nahen Osten nicht gerade begeistert sind vom interreligiösen Dialog". Das sagte Kardinal Jean-Louis Tauran an diesem Wochenende in Rom. Oft fühlten sich die Christen in den mehrheitlich islamischen Ländern „als Bürger zweiter Klasse"; das führe sie in die Versuchung, sich von ihrer Umgebung abzuschotten. Aber der interreligiöse Dialog sei letztlich eine Hilfe für sie, „denn er wendet sich gegen Fremdenhass und Hass-Ideologien". Kardinal Tauran leitet den Päpstlichen Rat für den Dialog der Religionen. (rv)

 

Kardinal Tauran: Suche nach Wahrheit ist nicht nur Sache der Christen

„Assisi drei" ist im Anliegen gleich wie „Assisi eins" vor 25 Jahren. Das betont der päpstliche Verantwortliche für den interreligiösen Dialog, Kardinal Jean Louis Tauran. Am Tag vor der großen Pilgerfahrt der Religionen nach Assisi erinnert der französische Kardinal an die Worte, die Papst Benedikt am 1. Januar wählte, um das Treffen näher zu kennzeichnen: „Wer unterwegs zu Gott ist, kann nicht umhin, den Frieden zu vermitteln, wer den Frieden aufbaut, kann nicht umhin, sich Gott zu nähern", sagte Benedikt XVI. damals. Der Papst will mit Assisi drei Dinge erreichen, so Tauran im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Er will zeigen, dass es andere Wege als den bewaffneten Kampf gibt, um seine Rechte einzufordern. Das Gebet, das – jenseits der Verschiedenheit der Religionen – eine Beziehung mit einer höheren Macht ausdrückt, die unsere menschlichen Fähigkeiten übersteigt."

Zweitens:

„Indem der Papst das praktiziert, was allen spirituellen Familien gemeinsam ist, das Gebet, das Fasten und das Pilgern, zeigt er, dass die Religionen Faktoren des Friedens sind, dass der Frieden die Wahrheit voraussetzt, dass die Gläubigen und die Wahrheitssucher alle auf dem Weg zur Erleuchtung sind und dass die Suche nach Wahrheit nicht ausschließlich die Sache der Christen ist."

Drittens werde Assisi in der Ausführung leicht andere Akzente setzen:

„Was die Methode anlangt, wird man diesmal mehr Zeit fürs Nachdenken haben. Die Stille wird zum Gebet. Und die, die wir Agnostiker nennen, werden erstmals teilnehmen. Das ist das Neue an „Assisi drei"." (rv)