Das war ein guter Kerl; der tat, was er konnte, so schlecht war der nicht.“ So ähnlich sollten die Menschen sich später einmal seiner erinnern, hofft Papst Franziskus. Die Zeitung „La Vanguardia“ aus dem spanischen Katalonien veröffentlichte jetzt ein langes Interview mit dem Papst, das sie am Montag in Rom mit ihm geführt hatte – einen Tag nach den Friedensgebeten für den Nahen Osten in den Vatikanischen Gärten. In dem Gespräch äußert sich Franziskus auch zum Stand der Reformen im Vatikan und warnt mit Blick auf Katalonien vor Unabhängigkeitsbestrebungen, die mehr von „Abspaltung“ als von „Emanzipation“ geprägt seien. Hier einige Auszüge aus dem Interview. „Die verfolgten Christen sind eine Sorge, die mir als Hirte sehr nahe geht. Ich weiß sehr viel über Verfolgungen, kann aber aus Vorsicht nicht darüber sprechen, um niemanden vor den Kopf zu stoßen. Aber es gibt Orte, an denen es verboten ist, eine Bibel zu besitzen oder den Katechismus zu lehren oder ein Kreuz zu tragen.“ Die Gewalt im Namen Gottes prägt den Nahen Osten… „Das ist ein Widerspruch. Gewalt im Namen Gottes passt nicht in unsere Zeit. Das ist etwas Altes. Aus historischer Perspektive muss man einräumen, dass wir Christen sie zeitweise praktiziert haben. Wenn ich an den Dreißigjährigen Krieg denke, dann war das Gewalt im Namen Gottes. Heute ist das kaum vorstellbar, nicht wahr? Wir kommen manchmal aus religiösen Gründen zu sehr ernsten, sehr schwerwiegenden Widersprüchen. Fundamentalismus, zum Beispiel. Wir drei Religionen haben jeweils unsere fundamentalistischen Gruppen, klein im Verhältnis zum ganzen Rest.“ Wie denken Sie über den Fundamentalismus? „Eine fundamentalistische Gruppe ist gewalttätig, selbst wenn sie niemanden tötet und niemanden schlägt. Die mentale Struktur des Fundamentalismus ist Gewalt im Namen Gottes.“ Der Hebel für Veränderungen Manche sehen Sie als einen Revolutionär… „Für mich besteht die große Revolution darin, zu den Wurzeln zu gehen, sie zu erkennen und zu schauen, was diese Wurzeln uns heute zu sagen haben. Es gibt keinen Widerspruch zwischen revolutionär und zu den Wurzeln gehen. Vielmehr glaube ich, dass der Hebel, um wirkliche Änderungen herbeizuführen, die Identität ist. Man kann nie einen Schritt machen im Leben, wenn man nicht von hinten losgeht, wenn man nicht weiß, woher ich komme, wie ich heiße, welchen kulturellen und religiösen Namen ich trage.“ Sie haben oft das Protokoll gebrochen, um den Menschen nahe zu sein… „Ich weiß, dass mir mal etwas passieren kann, aber das liegt in den Händen Gottes… Seien wir realistisch, in meinem Alter habe ich nicht mehr viel zu verlieren.“ Warum ist es so wichtig, dass die Kirche arm und demütig ist? „Armut und Demut sind im Zentrum des Evangeliums, und das sage ich in theologischem, nicht soziologischem Sinn. Man kann das Evangelium nicht verstehen ohne die Armut, aber man muss sie vom Pauperismus unterscheiden.“ Was kann die Kirche tun, um die wachsende Ungleichheit zwischen Reichen und Armen zu reduzieren? „Es ist bewiesen, dass wir mit der Nahrung, die übrigbleibt, die Hungernden ernähren könnten. Wenn Sie Fotos von unterernährten Kindern in verschiedenen Teilen der Welt sehen, dann schlägt man die Hände über dem Kopf zusammen, das ist nicht zu verstehen! Ich glaube, wir sind in einem Weltwirtschaftssystem, das nicht gut ist… Wir haben das Geld in den Mittelpunkt gestellt, den Geldgott. Wir sind in den Götzendienst des Geldes verfallen… Wir schließen eine ganze Generation aus, um ein Wirtschaftssystem aufrecht zu erhalten, das nicht mehr zu ertragen ist. Ein System, in das Krieg führen muss, um zu überleben… Aber weil man keinen Dritten Weltkrieg führen kann, führt man eben regionale Kriege. Und was bedeutet das? Dass Waffen produziert und verkauft werden, und dadurch sanieren sich die Gleichgewichte der … großen Weltwirtschaften.“ Die Situation in Spanien Sind Sie besorgt über den Konflikt zwischen Katalonien und Spanien? „Jede Spaltung macht mich besorgt. Es gibt Unabhängigkeit aus Emanzipation und Unabhängigkeit aus Abspaltung. Unabhängigkeiten aus Emanzipation sind z.B. die amerikanischen, sie emanzipierten sich von den europäischen Staaten. Unabhängigkeiten von Völkern aus Abspaltung, das ist eine Zergliederung… Denken wir an das frühere Jugoslawien. Natürlich gibt es Völker mit so verschiedenen Kulturen, dass man sie nicht einmal mit Klebstoff aneinanderkleben kann. Der jugoslawische Fall ist sehr klar, aber ich frage mich, ob es in anderen Fällen so klar ist, bei anderen Völkern, die bis jetzt vereint gewesen sind. Man muss Fall für Fall studieren. Schottland, Padanien, Katalonien. Es wird gerechtfertigte und nicht gerechtfertigte Fälle geben, aber die Abspaltung einer Nation, ohne dass es vorher eine zwangsweise Einheit gab, so etwas muss man mit der Pinzette anfassen und Fall für Fall studieren.“ Die Friedensgebete für den Frieden in Nahost Die Gebete für Frieden im Vatikan waren nicht leicht zu organisieren, weil es dafür keinen Präzedenzfall gab. Wie fühlten Sie sich dabei? „Ich spürte, dass das etwas war, was uns alle übersteigt. Hier im Vatikan sagten 99 Prozent, dass das nicht klappen würde, und danach wuchs dieses eine Prozent immer mehr. Ich spürte, dass wir uns da zu einer Sache gedrängt sahen, die wir so noch nicht kannten und die allmählich dann Gestalt annahm. Es war überhaupt kein politischer Akt, das spürte ich von Anfang an, sondern ein religiöser Akt: ein Fenster zur Welt hin öffnen.“ Warum haben Sie entschieden, sich ins Auge des Taifuns zu begeben, also in den Nahen Osten? „Das wirkliche Auge des Taifuns war – wegen dem Enthusiasmus, den es da gab – der Weltjugendtag von Rio im letzten Jahr! Der Beschluss, ins Heilige Land zu reisen, kam zustande, weil Präsident Peres mich einlud. Ich wusste, dass sein Mandat in diesem Frühling auslief, und sah mich darum gewissermaßen dazu gezwungen, vorher zu fahren. Seine Einladung hat den Reisetermin beschleunigt. Ich hatte das eigentlich nicht so geplant.“ Sie sagen, dass in jedem Christen ein Jude steckt… „Es wäre wohl korrekter zu sagen, dass man sein Christentum nicht wirklich leben kann, wenn man seine jüdische Wurzel nicht anerkennt. Ich spreche vom Judentum im religiösen Sinn. Meiner Meinung nach muss der interreligiöse Dialog das angehen, die jüdische Wurzel des Christentums und die christliche Blüte aus dem Judentum heraus. Ich verstehe, dass das eine Herausforderung ist, eine heiße Kartoffel, aber als Brüder können wir das tun.“ Wir urteilen Sie über Antisemitismus? „Ich wüsste nicht zu erklären, wie er zustande kommt, aber ich glaube, er hängt im Allgemeinen sehr mit der Rechten zusammen. Der Antisemitismus pflegt in den rechten Strömungen besser Fuß zu fassen als in den linken, nicht wahr? Und so geht er weiter. Wir haben sogar Leute, die den Holocaust leugnen – ein Wahnsinn!“ Eines Ihrer Vorhaben ist es, die Vatikan-Archive zum Holocaust zu öffnen. „Das wird viel Licht in die Sache bringen.“ Papst Pius XII. Macht Ihnen Sorge, was man da entdecken könnte? „Was mir bei diesem Thema Sorgen macht, ist die Figur von Pius XII.: Dem armen Pius XII. haben sie wirklich alles Mögliche vorgeworfen. Aber man muss daran erinnern, dass er früher einmal als der große Verteidiger der Juden gegolten hat, er versteckte viele in den Klöstern Roms und anderer italienischer Städte, und auch in der Sommerresidenz Castel Gandolfo. Dort, im Zimmer des Papstes, in seinem eigenen Bett, wurden 42 Babys geboren, Kinder von Juden oder anderen Verfolgten, die sich dorthin geflüchtet hatten. Ich will damit nicht sagen, dass Pius XII. keine Irrtümer begangen hätte – ich selbst begehe auch viele –, aber man muss seine Rolle im Kontext der Epoche lesen. War es zum Beispiel besser, dass er schwieg oder dass er nicht schwieg, damit nicht noch mehr Juden getötet würden? Manchmal ärgert es mich auch ein bisschen, wenn ich sehe, wie alle gegen die Kirche und Pius XII. sprechen und dabei die Großmächte ganz vergessen. Wissen Sie, dass die Großmächte ganz genau das Eisenbahnnetz der Nazis kannten, auf dem die Juden in die KZs gebracht wurden? Sie hatten Fotos davon! Aber sie warfen keine Bomben auf diese Schienen. Warum? Darüber sollten wir auch mal sprechen!“ „Ich bin kein Erleuchteter“ Sie ändern viele Dinge. Wohin führen diese Änderungen? „Ich bin kein Erleuchteter. Ich habe kein persönliches Projekt unterm Arm, sondern ich führe aus, was wir Kardinäle vor dem Konklave auf den Generalkongregationen überlegt haben, als wir jeden Tag über die Probleme der Kirche diskutierten. Da sind Überlegungen und Empfehlungen entstanden. Eine sehr konkrete war, dass der künftige Papst ein Gremium von auswärtigen Beratern brauchte, die nicht im Vatikan wohnen.“ Sie haben daraufhin den Kardinalsrat gegründet… „Das sind acht Kardinäle aus allen Kontinenten und ein Koordinator. Sie treffen sich hier alle zwei oder drei Monate. Anfang Juli haben wir wieder vier Tage Sitzung, und wir führen die Änderungen durch, um die die Kardinäle uns bitten. Es ist nicht obligatorisch, dass wir das machen, aber es wäre unvorsichtig, nicht auf die zu hören, die Ahnung haben.“ Wie denken Sie über den Rücktritt von Benedikt XVI.? „Papst Benedikt hat eine sehr große Geste getan. Er hat eine Tür geöffnet, eine Institution gegründet, die der möglichen emeritierten Päpste… Ich werde dasselbe tun wie er, nämlich den Herrn bitten, dass er mich erleuchte, wenn der Moment kommt, und dass er mir sage, was ich tun soll, und das wird er sicher tun.“ Ich werde Sie nicht fragen, wem Sie bei der WM die Daumen drücken… „Die Brasilianer haben mich gebeten, neutral zu bleiben…“ (lacht) „und ich halte mein Wort, denn Brasilien und Argentinien sind immer Antagonisten.“ Übersetzung: Stefan Kempis, Radio Vatikan (rv)
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Katholikentag mit kontroversen Themen – Radio Vatikan ist vor Ort
Beim Katholikentag in Regensburg ist unsere Kollegin Christine Seuß mit dabei. Hier ihr Bericht.
„Mit Christus Brücken bauen“ ist das Motto des diesjährigen Katholikentages, der auf Einladung des ehemaligen Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller nach Regensburg kam. Er hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Kein Thema soll ausgeklammert, auch strittige gesellschaftliche und innerkirchliche Fragen sollen aufgegriffen werden. Die Diskussion um staatlich erlaubte Suizidbeihilfe, der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, oder die Schwangerenberatung mit Beratungsscheinausstellung sind dabei insbesonders zu nennen. Konflikte blieben hier auch im Vorfeld nicht aus. Der Verein „Donum Vitae“, der schwangere Frauen in Schwierigkeiten bei ihrer Entscheidung über die Fortführung der Schwangerschaft vor christlichem Hintergrund berät und – anders als die kirchlichen Beratungsstellen – im Anschluss einen Beratungsschein ausstellt, ist nach jahrelanger selbstverständlicher Präsenz in diesem Jahr beim Katholikentag durch den Regensburger Bischof ausdrücklich „geduldet“.
Doch genau das Motto „Mit Christus Brücken bauen“ soll in dieser und ähnlichen Fragen als Leitlinie für einen offenen und respektvollen Dialog dienen: Es werden zahlreiche Foren angeboten, in denen Betroffene von ihrer Situation berichten und Bischöfe und Laienvertreter miteinander ins Gespräch kommen wollen. Die durchgehende Möglichkeit zum Gebet – auch eine Wallfahrt wird angeboten – ergänzt sich mit Veranstaltungen zur Ökumene, der mit rund 100 Veranstaltungen ein breites Forum geboten wird. Aber auch aktuelle politische Fragestellungen wie die Folgen der Ukraine-Krise für die Europäische Union werden behandelt. Daneben finden sich auch ungewöhnliche Veranstaltungen wie „Katholisches Speed-Dating“, Kultur, Kabarett und Musik – insbesondere die Auftritte der weltberühmten Regensburger Domspatzen dürfen natürlich nicht fehlen.
Überhaupt ist das über 1000 Angebote umfassende Programm des Regensburger Katholikentages eindrucksvoll. Anders als bei anderen Katholikentagen üblich, sind Stände und Veranstaltungsorte dezentral in der gesamten Altstadt verteilt, so dass man sich diesen Katholikentag in besonderer Form „erlaufen“ kann. 30.000 Dauerteilnehmer werden erwartet, und die Veranstalter rechnen mit etwa 50.000 Tagesgästen, die sich allerdings vom momentan sehr regnerischen und kühlen Wetter nicht abschrecken lassen dürfen. Über 900 Journalisten haben sich für die Berichterstattung akkreditieren lassen, und 2200 Helfer sind unermüdlich im Einsatz.
Die Hoffnung ist berechtigt, dass das katholische Großereignis die innerkirchliche Diskussion, aber auch eine klare Positionierung der Katholiken innerhalb der Gesellschaft ein Stück weit unterstützen kann. Und vielleicht gelingt es sogar – warum nicht – die Ergebnisse des Katholikentages bis nach Rom zur Sitzung der Bischofssynode zur Familie im kommenden Herbst zu tragen.
Grußbotschaft des Papstes
Der Katholikentag war am Mittwochabend mit einer Feierstunde in Regensburg eröffnet worden. Trotz des strömenden Regens fanden sich zahlreiche Gläubige am Regensburger Dom ein, um an der Eröffnung des wichtigsten katholischen Großereignisses in Deutschland teilzunehmen. Neben dem Gastgeber, dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, hießen auch Bundespräsident Gauck, der ZdK-Vorsitzende Alois Glück und Papst Franziskus – in Form einer durch den Nuntius verlesenen Grußbotschaft – die Teilnehmer willkommen. Bis spät in den Abend waren die Teilnehmer in der Altstadt Regensburgs unterwegs, um den ersten Abend bei Begegnungen und Vorführungen auf den zahlreichen Bühnen im Zentrum ausklingen zu lassen. Am Donnerstagmorgen wurde im Regensburger Stadion der große Christi-Himmelfahrts-Gottesdienst mit eigens komponierten Musikstücken gefeiert. (rv)
Vatikan: Ein Radio-Vatikan-Mitarbeiter wird Bischof
Papst Franziskus hat Moses Hamungole zum Bischof von Monze im ostafrikanischen Sambia ernannt. Bisher leitet der 48-Jährige das Radio-Vatikan-Programm in Swahili und Englisch für Afrika. Erste Erfahrungen mit dem Radio hatte er als Leiter des Bistumssenders von Lusaka gemacht. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Mitarbeiter des Papstsenders zu Bischofswürden kommt. So ist zum Beispiel auch der derzeitige maronitische Patriarch des Libanon, Kardinal Béchara Raï, ein früherer Direktor eines RV-Sprachprogramms, in diesem Fall des Programms in arabischer Sprache. (rv)
EU: „Lunacek-Bericht spaltet Europa“
Das EU-Parlament hat mit großer Mehrheit den Antrag der österreichischen EU-Abgeordneten Ulrike Lunacek angenommen. 394 Befürworter, 176 Gegner sowie 72 Stimmenthaltungen: so lautet das Abstimmungsresultat. Der Lunacek-Antrag fordert in der EU eine Familienpolitik, die Ehe- und Familienrechte auf Homosexuelle ausweitet. Mit der Annahme des Berichts habe eine Lobby gewonnen, die Europa spaltet. Das ist das Fazit von Maria Hildingsson, Generalsekretärin der europäischen Vereinigungen katholischer Familienverbände. Im Gespräch mit Radio Vatikan erläutert Hildingsson, weshalb ihrer Meinung nach dieser Bericht „gefährlich“ für die Europäische Union sei.
„Dieses Thema ist sehr heikel, weil jedes EU-Land eine andere Familienpolitik betreibt und in allen Ländern sehr unterschiedliche Sensibilitäten vorherrschen. Wenn wir nach Osteuropa schauen, so müssen wir feststellen, dass es dort kein einziges Land gibt, das beispielsweise ein ähnliches Gesetz wie Frankreich hat.“
Die Generalsekretärin des Verbundes aller katholischen Familienvereine Europas kündigte für die nächsten Wochen eine Kampagne an. So soll mit Blick auf die EU-Wahlen im Mai eine Internet-Plattform entstehen, die die Familienfreundlichkeit der Politik aller Kandidaten und Kandidatinnen prüft. Überhaupt rät Hildingsson, in Fragen der Familienpolitik ganz auf Information und Aufklärung zu setzen. Vor der Abstimmung zum Lunacek-Bericht etwa seien etliche Abgeordnete nicht in rechter Weise über die Inhalte informiert worden.
„Im EU-Parlament war die Atmosphäre kurz vor der Abstimmung eigentlich sehr ruhig. Doch es gab eine starke Mobilisierung der Lobbys auf den sozialen Netzwerken wie Twitter. Das hat zu viel Unruhe und Unklarheiten bei etlichen EU-Abgeordneten geführt und viele haben dann doch für den Bericht gestimmt. Deshalb ist es meiner Meinung nach zu diesem Resultat gekommen.“ (rv)
Papst schränkt Vergabe von Ehrentiteln ein
Radio Vatikan berichtet unter Berufung auf das Internetportal "Vatican Insider" und der Nachrichtenagentur KNA:
"Papst Franziskus hat nach Informationen des Internetportals „Vatican Insider“ die Verleihung geistlicher Ehrentitel an Priester erheblich eingeschränkt. Laut dem Bericht vom Samstag hat der Papst zwei der bislang drei Rangstufen ganz abgeschafft. Betroffen seien der bislang ranghöchste Ehrentitel „Apostolischer Protonotar“ und der „Ehrenprälat seiner Heiligkeit“, dessen Träger im deutschen Sprachraum landläufig als „Prälat“ bezeichnet werden. Künftig werde nur noch der Ehrentitel „Kaplan seiner Heiligkeit“ vergeben, die bislang unterste Rangstufe. Im Deutschen werden diese Geistlichen als „Monsignore“ angeredet. Dieser Ehrentitel soll nach dem Bericht allerdings nur noch an verdiente Priester verliehen werden, die älter als 65 Jahre seien.
Die bereits vergebenen Ehrentitel behalten ihre Gültigkeit, schreibt „Vatican Insider“ unter Berufung auf einen Brief des Apostolischen Nuntius in Großbritannien an die Bischöfe des Landes. Die Ehrentitel werden auf Vorschlag des Ortsbischofs vom Papst verliehen. Sie haben rein repräsentativen Charakter. Das vatikanische Staatssekretariat habe die Nuntien aufgefordert, die neue Regelung den Bischöfen des jeweiligen Landes mitzuteilen.
Bereits kurz nach seinem Amtsantritt hatte Franziskus die Verleihung solcher Ehrentitel vorläufig ausgesetzt. Der Papst prangert immer wieder Karrieredenken und eine Fixierung auf Äußerlichkeiten unter Priestern an." (rv)
D: Kirche verfolgt den Verlauf der Koalitionsgespräche mit
Die katholische Kirche in Deutschland nimmt das Ringen der Politik um eine mögliche große Koalition genau in den Blick. „Wir beobachten alle Politikfelder, die jetzt auf dem Tisch liegen, von Mindestlohn über Familien- und Jugendpolitik bis hin zur Rüstungs- und Entwicklungshilfepolitik." Das sagt Karl Jüsten vom Katholischen Büro Berlin. Radio Vatikan traf ihn an diesem Freitag in Rom, wo der Geistliche an der ersten Vatikantagung für Parlamentsseelsorger teilnahm.
„Wir versuchen, die Ideen, die schon seit Jahren von der Kirche vertreten werden, mit einzubringen. Etwa in der Entwicklungspolitik, dass wir an den Milleniumszielen festhalten, etwa am Ziel zur Erreichung der Bekämpfung des Hungers und der Armutshalbierung. Wir treten nach wie vor auch in der Familienpolitik dafür ein, dass wir die Familien besser ausstatten, dass insbesondere den Familien besser ermöglicht wird, nach ihrem eigenen Lebensplan leben zu können: Da fordern wir etwa einen besseren Ausbau des Betreuungsgeldes. Wir könnten aber noch viele andere Politikfelder hinzufügen, wo wir darauf achten, dass da christliche Positionen sich wiederfinden."
Jüsten ist als Leiter des Katholischen Büros in Berlin die Kontaktperson der Bischöfe zur Bundespolitik; er hat protokollarisch den Rang eines Ministers. Wir fragten ihn, wie sehr die Stimme der katholischen Kirche derzeit in der deutschen Politik gehört wird.
„Wir haben ja ein sehr gutes Staat-Kirche-Verhältnis, und wir werden eigentlich zu allen Fragen, zu denen wir uns äußern wollen, auch gehört. Manchmal werden wir auch aufgefordert, zu bestimmten Fragen Stellung zu nehmen. Es ist nicht immer so, dass man hundertprozentig unserer Auffassung folgt, aber als beachtlich wird unsere Stimme doch sehr wahrgenommen, etwa im Bereich des Lebensschutzes, zuletzt bei der sog. Präimplantationsdiagnostik oder eben wenn es jetzt um die Migrationsfragen geht. Und da hilft uns natürlich auch, dass wir als Kirche vor Ort sehr gute Arbeit leisten und dass wir da natürlich auch eine besondere Expertise einbringen können, etwa wenn es darum geht, Flüchtlinge in unserem Land zu integrieren wie zurzeit die Syrer."
Womit Jüsten ein aktuelles Anliegen der beiden großen Kirchen in Deutschland aufgreift: Die katholische und evangelische Kirche fordern eine Verdopplung der Zahl der Syrienflüchtlinge, die Deutschland aufnehmen soll. Bislang war eine Aufnahme von nur 5.000 Kriegsflüchtlingen aus der Region zugesagt worden.
„Wir können ja nicht alleine Jordanien und der Türkei, den Nachbarländern Syriens, das Problem der Flüchtlinge überlassen! Sondern da muss Europa als Wertegemeinschaft auch zu seinen Werten stehen und den Menschen, die jetzt in diese Not geraten sind, auch konkret helfen. Es ist ja auch damit zu rechnen, dass die Syrer nach Beendigung der Kriegshandlungen auch wieder in ihr Land zurückwollen. Wir hoffen natürlich, dass diese Kriegshandlungen bald ein Ende haben…"
Von Bundesinnenminister Friedrich seien „ganz gute Signale" gekommen, dass Deutschland möglicherweise doch mehr Menschen aus Syrien aufnehmen wolle, so Jüsten: „Er verweist allerdings auf Europa, so dass wir jetzt die dicken Bretter bohren müssen und die Europäische Union davon überzeugen müssen, mehr zu tun."
Eine andere Forderung der Kirchen an die deutsche Politik betrifft Deutschlands boomende Rüstungsexporte. Dazu Jüsten:
„Beide Kirchen in Deutschland treten schon seit Jahren für eine sehr restriktive Rüstungsexportpolitik ein, und vor allem auch dafür, dass transparent gemacht wird, was mit Rüstung passiert. Grundlegend treten wir dafür ein, dass natürlich keine Waffen in Krisengebiete exportiert werden und dass wir sehr restriktiv in Deutschland damit umgehen."
Deutschland war zuletzt auch in die Kritik geraten, Chemikalien nach Syrien geliefert zu haben, wie sie in Chemiewaffen zu finden waren, die im Bürgerkrieg gegen die syrische Bevölkerung eingesetzt wurden. Hier müsse man folgende Frage stellen, so Jüsten:
„Sind das wirklich Produkte, die als Waffen oder als waffenfähiges Material exportiert wurden oder waren sie für etwas anderes gedacht? Das ist manchmal nicht so ganz einfach und nur holzschnittartig zu beantworten."
Müsste die deutsche Politik bei solchen Exporten besser darüber informiert sein, wozu solche Substanzen eingesetzt werden können – etwa in Bürgerkriegssituationen? Dazu Jüsten:
„Solche Art von Verfolgung können Politiker natürlich nicht machen, das müssen die entsprechenden Behörden tun, das müssen Geheimdienste tun, die Polizei, das müssen die Genehmigungsbehörden vor allem tun. Was für uns aber noch wichtiger ist, dass das Parlament aktiv in die Entscheidungen miteinbezogen wird, wohin welche Waffen exportiert werden. Bisher ist das alleine Sache der Regierung, bisher wird das Parlament erst sehr viel später informiert. Wir fordern eine enge Einbeziehung des Parlamentes, und da gibt er Koalitionsvertrag nun Einiges her, es wird etwas besser, aber noch nicht so gut, wie wir’s wirklich haben wollen: nämlich dass das Parlament wirklich mit einbezogen wird!"
Prälat Karl Jüsten ist seit März 2000 Leiter des Katholischen Büros Berlin. Das Büro gibt zum Beispiel Stellungnahmen ab zu Gesetzesvorhaben, die den Bereich Bioethik, Familie, Migranten und Religionsfreiheit betreffen. Jüsten ist auch Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, welche die deutsche Öffentlichkeit über Ziele, Institutionen und Aktivitäten der Vereinten Nationen informiert. (rv)
Ägypten: Sorge der Christen wächst
Unter den Ausschreitungen in Ägypten leiden auch die Christen: Fast 50 christliche Kirchen seien insgesamt in den vergangenen Tagen angegriffen worden oder in Flammen aufgegangen, darunter auch katholische und protestantische Gotteshäuser. Dies berichtet der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz Ägyptens, Pater Rafic Greiche nach Angaben der Nachrichtenagentur Agi. Und das ist noch nicht alles: Andere Quellen berichten, das auch Schulen, Klöster und Geschäfte von Christen immer häufiger angegriffen werden. Radio Vatikan hat mit dem Bischof von Gizeh, Antonius Aziz Mina, über die Lage vor Ort gesprochen:
„Die Sorge hier ist sehr groß. Das ganze Volk steht dicht beisammen, abgesehen von den Muslimbrüdern, die ein Jahr lang an der Macht waren und das schlimmste von sich zeigen. Laut den Statistiken haben sie nicht mehr als 7.000 Anhänger, aber jetzt kommt heraus, dass sie mit der terroristischen Al-Kaida in Verbindung stehen und auch mit der Hamas. Sie interessieren sich nicht für das Land und auch nicht für die Ägypter, ihnen geht es nur um die Interessen der Muslimbruderschaft. In den vergangenen Tagen wurden weit mehr als zehn Kirchen abgefackelt, katholische, orthodoxe und protestantische. Sie glauben, dass sie auf diese Weise die Christen in den Konflikt verwickeln können und sie versuchen, so Unruhe im Land zu sähen. Die Christen sind sich aber bewusst, dass ein Preis gezahlt werden muss für die Isolierung der Muslimbrüder und ihrer Fraktion, die keinerlei Kraft und Erfahrung in der Politik haben. Die einzige Kraft, die diese Gruppierung hat, ist terroristisch."
Die Christen seien im Gebet vereint, auch wenn die Lage vor Ort jeweils sehr unterschiedlich aussehe. Die Situation der Christen im Libanon, sei beispielsweise nicht mit der Lage der Christen in Ägypten, im Irak oder in Syrien vergleichbar, so Bischof Mina.
„In Ägypten ist die Präsenz der Christen groß, auch wenn sie zum Großteil nicht katholisch ist. Aber im Inneren stehen Katholiken, Orthodoxe und Protestanten eng zusammen. Sie haben die gleichen Ansichten und wir hören sie alle vereint rufen: ,Nein zum Terrorismus und dieser Gewalt!’ Dieses ,Nein’ ist sehr friedlich."
Die Hintergründe der Situation in Ägypten lassen sich nicht so einfach erkennen, meint Bischof Mina. Die Wahrheit habe immer viele verschiedene Gesichter. Er vermutet, dass es Leute gibt, die ein Interesse daran haben, die Muslimbrüder zu unterstützen. Ägypten spiele eine wichtige Rolle im Nahen Osten, und irgendwer wolle da wohl das Gleichgewicht stören. Einen Bürgerkrieg sieht der Bischof von Gizeh in seinem Land jedenfalls nicht:
„Hier herrscht kein Bürgerkrieg! Von Bürgerkrieg spricht man, wenn es zwei sehr klar trennbare Fraktionen gibt, die aufeinander treffen. Wenn diese Fraktionen friedlich wären, dann würde keiner irgendetwas sagen. Aber wir sehen hier Verbrennungen, Tortur, Mord und Zerstörung… Das ist kein Bürgerkrieg!" (rv)
Offline: Wartung der Webseiten von Radio Vatikan
Radio Vatikan: Am Mittwoch, dem 7. August, werden die Webseiten von Radio Vatikan von 19 bis 24 Uhr nicht erreichbar sein, wir bitten jetzt schon um Ihr Verständnis. (rv)
100 Tage Franziskus – ein Kommentar
Papst Franziskus ist am Freitag 100 Tage Papst – Anlass für Radio Vatikan, Rückschau zu halten. Lesen und hören Sie hier einen Kommentar von unserem Redaktionsleiter, Pater Bernd Hagenkord SJ.
Was ist so besonders an der 100? Sind 100 Tage anders als 93 oder 104? Für Journalisten wohl, dienen solche Daten doch einem ritualisierten Blick auf etwas Neues. In diesem Fall auf das Pontifikat Papst Franziskus.
Was können wir bei einem solchen Blick sehen? Zum einen, dass die häufig geäußerte Vermutung, das "Wirkliche" müsse noch kommen, nicht stimmt. Wir sehen einen Papst, der sein Verständnis von Amt ausübt, täglich und vor aller Augen. Bei den Menschen, für die Menschen und für die Kirche, die diese Menschen bilden.
Er hat die Symbolsprache des Amtes geändert und – wie seine letzten Vorgänger alle auch – Dinge weggelassen, die nicht mehr als Symbol dienen, sondern nur verwirren. Er kommuniziert direkt, baut keine Distanzen auf, spricht spontan und predigt frei. Es sind nicht "nur" Zeichen, die wir sehen, wenn wir die Massen von begeisterten Menschen und die Umarmungen, die Segnungen, das Anfassen, die Gespräche sehen, die Franziskus dort führt. Das ist der Papst, der Franziskus sein will.
Auch einige Themen hat er ganz klar benannt, in Ansprachen, Predigten und Gesprächen. Gegen die Selbstumkreisung der Kirche, gegen den Karrierismus, etc. Vor allem aber ist das alles ein "für": Gegen Selbstumkreisung bedeutet eine verkündende, freudige Kirche. In den Worten des Papstes: e bello, no? Gegen Karrierismus bedeutet eine großherzige Kirche und großherzige Christen. In den Worten des Papstes: è bello, no?
Aber trotz dieser Worte, die immer wieder Interesse und Faszination für diesen Papst wecken, ist es das "Gesamtkunstwerk" Papst, das so beeindruckend ist, und zwar von Tag Eins an. Sein Auftreten, Handeln, Spechen und seine Art, Bischof zu sein, passen zusammen. Durch sein Tun ist er ein Verkünder dessen, für den er steht.
In einer seiner ersten Predigten hat er den heiligen Franziskus zitiert: er forderte seine Franziskaner auf, "mit allem das Evangelium zu verkünden, und wenn nötig, dann auch mit Worten". Das ist es, was wir sehen, wenn mir nach 100 Tagen auf den Papst blicken. Und ich bin sicher, dass wir das bei all den anderen Gelegenheiten der Medienwelt auch sehen werden: nach 500, 1.000 oder sonst wieviel Tagen. (rv)
Syrien: Weihnachten zwischen Bomben und Gewalt
Für die Christen in Syrien ist das Weihnachtsfest in diesem Jahr von Angst und Gewalt überschattet. Die im Land gebliebenen Ordensleute sind für die Menschen da so gut es eben geht: In vielen Landesteilen fehlt den Menschen das Lebensnotwendige, immer wieder kommt es zur Gewalt, die Zivilbevölkerung lebt in Angst und Schrecken. Erst in diesen Tagen noch gerieten zwei christliche Dörfer in der Provinz Hama in die Mangel der Konfliktparteien. Der Franziskanerpater Ibrahim Sabah berichtet im Interview mit Radio Vatikan über die aktuelle Lage:
„Es ist in diesem Augenblick nicht leicht, von weihnachtlicher Freude zu sprechen. Den Menschen fehlt es an Brot, sie leiden Hunger und haben kaum Strom – der fällt an einigen Orten für 18 Stunden am Tag aus. Es gibt viele Familien ohne eine einzige Gasflasche, die können nicht einmal kochen! Alle Christen, die das Land nicht verlassen haben und in ihren Häusern bleiben wollen, leiden in diesem Moment. Es ist schwer für sie auch wegen der Angst vor Bomben und Explosionen. Wir Franziskaner begehen Weihnachten, das Mysterium der Menschwerdung Gottes, indem wir das Leiden der Menschen teilen: Die Brüder tun alles, was in ihrer Macht steht, um den Familien zu helfen.“
Die Franziskaner in Syrien, die mit ihren Mitbrüdern in Jordanien, im Libanon und auf Zypern zur Kustodie des Heiligen Landes gehören, haben dem Land trotz des Krieges bislang nicht den Rücken gekehrt; ebenso viele Ordensschwestern wie etwa die Mutter Teresa-Schwestern. Aufgrund der unsicheren Lage sind die Weihnachtsfeierlichkeiten in diesem Jahr teilweise vorgezogen worden, berichtet Pater Ibrahim. So habe man tagsüber gefeiert, um bei Anbruch der Dunkelheit wieder zu Hause zu sein. Doch auch angesichts dieser Situation lassen sich Ordensleute und Kirchenvertreter nicht entmutigen. Oder sie zeigen es nicht – denn wer wenn nicht sie müssen den Christen in Syrien jetzt Hoffnung geben? Der Leiter der Caritas Syrien und chaldäische Bischof von Aleppo, Antoine Audo of Aleppo, lanciert im Interview mit uns einen Friedensappell für sein Land:
„Seit zwei Jahren herrscht in Syrien kein Frieden mehr. Doch wir Christen finden jedes Mal Frieden und Freude wieder, wenn wir uns bewundernd vor das Jesuskind begeben. Wir leiden mit den Armen und versuchen, ihnen zu dienen. Christus hält Ängste und Schatten von uns fern. Weihnachten – Zeit des Friedens und der Freude!“ (rv)