Papst Franziskus wiederholt: In der Kirche gilt „Null-Toleranz-Prinzip“ für Missbrauch

VATIKANSTADT – In einer geschriebenen, aber nicht gehaltenen Rede hat Papst Franziskus am heutigen Donnerstag bekräftigt, dass die Katholische Kirche sich im Fall sexuellen Missbrauchs Minderjährige zum Null-Toleranz-Prinzip bekenne.

Die Rede des Papstes wurde an die Anwesenden der Kinderschutzkommission verteilt. Darin betont der Pontifex, „dass sexueller Missbrauch eine furchtbare Sünde ist“. Die Kirche wolle auf allen Ebenen entschieden gegen Täter vorgehen. Der Redetext betont:

„Die Hauptverantwortung liegt bei den Bischöfen, den Priestern und Ordensleuten, bei denen also, die vom Herrn die Berufung zu einem Leben des Dienstes empfangen haben. Zu diesem Dienst gehört auch der wachsame Schutz der Kinder, junger Leute und Erwachsener.“

Das Treffen mit dem Papst markierte den Auftakt der Vollversammlung der Päpstlichen Kommission am heutigen Donnerstag. Bis Sonntag werden die Mitglieder des Gremiums unter der Leitung des US-amerikanischen Kardinals Sean O’Malley eine Bilanz ihrer bisherigen Arbeit ziehen und nächste Schritte klären, auch in der Präventionsarbeit.

Neben dem Vorsitzenden, Kardinal O’Malley, sprachen heute auch zwei Mitglieder der Kommission, Schwester Hermenegild Makoro CPS und der Laie Bill Kilgallon über die Projekte der sechs Arbeitsgruppen der 2014 gegründeten Kommission. Aus dem deutschen Sprachraum ist in der Kommission der Jesuitenpater Hans Zollner vertreten.

Der Papst lobte die Arbeit der von ihm selber eingesetzten Kommission. Zum Abschluss erinnerte er an sein Bild der Kirche als Feldlazarett, in das man sich hinsetzen könne, anderen zuhören und mit ihnen „unsere Kämpfe und unseren Glauben an die Frohe Botschaft Jesu Christi teilen“, so Franziskus. Er vertraue fest darauf, dass die Kommission ein Ort bleibe, an dem weiter Stimmen der Opfer angehört werden. (CNA Deutsch)

Kommunikation nach Art des Papstes: „Er reduziert die Distanz“

Papst Franziskus ändert mit seiner Kreativität die Regeln und die Form von Kommunikation: Dario Viganò, Präfekt des Sekretariats für Kommunikation des Vatikan, betont die Wichtigkeit, sich dieser Kreativität anzuschließen und als Vatikan und als Kirche allgemein „Kommunikation neu zu lernen.“

„Er lässt die konventionelle Weise beiseite und nutzt Geschichten und Metaphern und stellt so ganz anders als das bisher der Fall war Verbindung zum Hörer, zum Nächsten her. Er reduziert die Distanz“, so Viganò. „Papst Franziskus macht aus dem Zuhörer einen Dialogpartner.“

Viganò erläutert diese Gedanken in diesen Tagen bei einem kirchlichen Kommunikations-Kongress in Brasilien, „Zur Kommunikation bilden” lautet das Thema der Tagung, Dario Viganò spricht dabei darüber, was Kommunikation in der Perspektive von Papst Franziskus bedeutet. Im Interview mit Radio Vatikan betont Viganò, dass Kommunikation auch für den Vatikan immer lokal bleibe. So etwa für Brasilien: „Mit allen Beteiligen in Brasilien überlegen wir, was es heute für die Kirche bedeutet, neu das kommunizieren zu lernen und für den Glauben Zeugnis abzulegen“, so der Leiter der Kommunikationsabteilung des Vatikan. Das könne man nicht zentral für alle leisten, dieser Gedanke sei Teil der Reform.

Digitale Kultur

Die digitale Kultur stehe bei dieser Reform eindeutig im Vordergrund, so der Verantwortliche für den Umbau der Vatikanmedien. „Vergessen wir nicht, dass die Weise, in der Papst Franziskus erzählt, immer ein ganz praktisches Ziel hat, er ist nie selbstbezogen, sondern provoziert auf einen Effekt im konkreten Leben hin.“ So bringe er die Frohe Botschaft von der Barmherzigkeit Gottes ins alltägliche Leben hinein.

Das gelte es nun in die Vatikanmedien hinein umzusetzen, ganz konkret: neue Formen zu entwickeln, um genau dort, im Alltag, anzukommen. „Wir haben die Hoffnung, noch in diesem Jahr ein neues Medien-Portal starten zu können“, berichtet Viganò. Dazu wird dann auch Radio Vatikan gehören. „Das wird dann ein multimediales und multi-sprachliches Portal sein. Auf der einen Seite wird uns das erlauben, kohärent über den Vatikan zu informieren, auf der anderen Seite wird das aber nicht einheitlich sein, sondern differenziert auf die Nutzer in den jeweiligen Ländern Rücksicht nehmen.“

Differenziert berichten

Viganò betont im Interview die Professionalität der Mitarbeiter, welche in dieser Reform engagiert sind, kündigt aber auch viele Weiterbildungen an, damit die Entwicklung nicht stehen bleibe. „Den Papst berichten, über seine Botschaft, seine Gesten, über die Arbeit des Vatikan und seiner Abteilungen und die weltweite Kirche“, das sei der Fokus der Vatikanmedien, wie sie neu aufgestellt würden. So könne man zu einem weltweiten kirchlichen Netzwerk von Information und Kommunikation beitragen, besser als das im Augenblick der Fall sei. Das könne dann auch die Buntheit der Kirche, das „Kaleidoskop“, zum Ausdruck bringen, sagt Viganò: „Die römische Kirche ist ja nicht die Synthese aller Kirchen: sie steht allen Kirchen in Liebe vor, wie es heißt, jede Ortskirche muss also sie selbst sein und bleiben, mit ihren Besonderheiten und auf einem gemeinsamen Weg.“

Bei allem Augenmerk für neue Medien und digitale Kultur dürfe man aber nie aus den Augen verlieren, dass der erste Schritt beim „Neulernen von Kommunikation“ nie ein technologischer sein kann. „Deswegen hat die Kommunikations-Reform, die wir derzeit im Vatikan unternehmen, den Menschen im Zentrum.“ (rv)

Papst Franziskus und seine fragwürdigen Personalentscheidungen

Der Papst hat Kraft seines Amtes in der Kirche höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt (CIC Can. 331). Er ist also schlicht und einfach höchste Autorität der Kirche. Der Primat des Papstes verhindert so gar, das irgend eine Person gegen Urteile oder Dekrete des Papstes ein Beschwerdeverfahren einleiten oder in Berufung gehen könnte (CIC Can. 333, § 3). Oder anders gesagt, der Papst kann von keiner anderen Instanz zur Verantwortung gezogen werden „Prima Sedes a nemine iudicatus“ (CIC Can. 1404).

Papst Franziskus (80) ist in der Amtsausführung seines Primats in vielen Dingen anders als seine Vorgänger in den vielen Jahrhunderten zuvor, allerdings werfen seine Personalentscheidungen immer wieder Fragen auf, geben dem Beobachter unlösbare Rätsel zu knacken, oder stehen in eklatantem Widerspruch zu bestehenden Dekreten und Richtlinien.

Der jüngste Fall: Gerhard Ludwig Kardinal Müller (69)

Am letzten Freitag eröffnete Franziskus im Rahmen einer Privataudienz Kardinal Müller, dass seine fünfjährige Amtszeit als Präfekt der Kongregation für die Glaubensfragen nicht verlängert werde. Müller hatte dieses Amt seit 02. Juli 2012 inne, nach dem Papst Benedikt XVI. ihn vom Bischofsamt in Regensburg nach Rom geholt hatte. Ein gefundenes Fressen für so manchen Journalisten. Man titulierte Müller, wie so häufig, als Hardliner und Scharfmacher. Laut eigener Aussage war Müller vollkommen überrascht von seiner Abberufung.

„Differenzen zwischen mir und Papst Franziskus gab es nicht“, sagte Müller der Mainzer „Allgemeinen Zeitung“. Der Papst habe aber beschlossen, ab sofort nur noch Amtszeiten von fünf Jahren zuzulassen. „Ich war der Erste, bei dem er das umgesetzt hat.“

Müllers eigene Aussagen sind sicherlich nicht anzuzweifeln. Die Art und Weise dieser Personalentscheidung ist nicht nur einzigartig in der Kirchengeschichte, sondern stellt in mehrfacher Hinsicht einen Affront dar. Man stelle sich bitte einmal vor, man selbst sei in einer hohen beruflichen Position und man erfährt am Freitag von seinem Chef das man am Montag seinen Posten nicht mehr anzutreten braucht. Allein diese Tatsache beweist, welche Führungsqualitäten Franziskus in Personalentscheidungen praktiziert. Die Krönung der Nichtverlängerung der Amtszeit ist dann noch die Aussage, ab sofort werden nur noch Amtszeiten von fünf Jahren zugelassen. Natürlich kann der Papst die Amtszeiten restriktiv mit fünf Jahren handhaben. Leitende Kardinäle, höhere Prälaten sowie Mitglieder und Konsultoren werden vom Papst ernannt und grundsätzlich für fünf Jahre berufen. Diese Berufung gilt übrigens nicht für den Kardinalstaatssekretär und die Mitglieder des Staatssekretariats, die Apostolische Kammer, die Apostolische Signatur und die Rota Romana. Diese fünf Jahresregel geht zurück auf Papst Paul VI. und dessen Motu proprio „Pro Comperto“ aus dem Jahr 1967. Man findet sie auch in der Apostolische Konstitution „PASTOR BONUS “ über die Römische Kurie von Papst Johannes Paul II. von 1988. Bisher wurden die Amtszeiten der Dikasterienleiter stillschweigend oder durch Veröffentlichung im Bulletin des Presseamts des Heiligen Stuhls um weitere fünf Jahre verlängert.

Diese unbekannte und neue Regel scheint Franziskus im stillen Kämmerlein im Gästehaus Santa Marta gefasst zu haben. Weder der Papst noch sein Staatssekretariat hat bis zum Fall Müller derartiges auch nur im Ansatz publik gemacht. Ein verantwortlicher Personalentscheider gibt modifizierte Regeländerungen bekannt, bevor sie zur Anwendung kommen und nicht mit der ersten Personalentscheidung. Auch ein Kardinal Müller hat das Recht von seinem Papst zu erfahren warum er nicht mehr gebraucht wird. Die Aussage mit der „sofortigen fünfjährigen Amtszeit“ ist eine schwache und fadenscheinige Begründung. Ist dieser Papst nicht Manns genug, Müller die Wahrheit ins Gesicht zu sagen? Bezeichnend waren an diesem Freitag auch die Reaktionen des deutschen Episkopats. Es gab nämlich keine einzige Stellungnahme! Nicht mal der Leiter der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Marx hatte auch nur ein Wort zu sagen. Soviel zur Kollegialität des Deutschen Episkopats.

Die nahe Zukunft wird zeigen wie Ernst es dem Papst mit dieser neuen Regelung wirklich ist. Der nächste Amtsverlust droht dem Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Kultur, Gianfranco Kardinal Ravasi (74) Anfang September diesen Jahres. Außer der Päpstliche Rat für die Kultur fällt vorher der Kurienreform zum Opfer.

Ernennung von Renato Raffaele Kardinal Martino (84) zum Kardinalprotodiakon

Der Kardinalprotodiakon ist der ranghöchste (d. h. dienstälteste) Kardinal im Ordo der Kardinaldiakone. Entscheidend ist hierbei, die Reihenfolge der Ernennung am Tag der Kreierung. Er ist somit „Primus inter Pares“ (Erster unter Gleichen) seiner Kardinalsklasse. Seine Aufgabe ist es, nach erfolgter Papstwahl von der Benediktionslogge der Peterskirche aus die Nachricht von der Wahl eines neuen Papstes der Öffentlichkeit mitzuteilen.

Am 21. Oktober 2013 endete die Amtszeit des damaligen Kardinalprotodiakons Kardinal Tauran. Die Geschichte dieses Kardinalsamtes reicht über 400 Jahre zurück und Päpste besetzten es immer zeitnah mit einem Nachfolger, nicht so Franziskus. Er lässt acht Monate verstreichen, bevor er einen Nachfolger ernennt und wirft die bis dato geltende Regelung kommentarlos über den Haufen. Er ernennt am 12. Juni 2014 Kardinal Martino, zum Zeitpunkt der Ernennung bereits 80 Jahre alt, zum Nachfolger von Kardinal Tauran. Martino konnte bereits bei seiner Ernennung die Aufgabe des Kardinalprotodikons überhaupt nicht wahrnehmen. Kardinäle über 80 Jahre haben kein Wahlrecht in einem Konklave und sind somit von der Papstwahl ausgeschlossen. Für den Fall eines Konklaves bestimmte Franziskus Kardinal Levada diese Aufgabe wahrzunehmen. Eigenartig war auch die Bekanntgabe des neuen Kardinalprotodiakons. Üblicherweise wird eine derartige Entscheidung des Papstes in einem Bulletin des Presseamtes des Vatikans veröffentlicht. Das ist aber unterblieben, lediglich Radio Vatikan hat am 12. Juni 2014 in einem Artikel mit der Überschrift „Konsistorium: Interne Kardinalsbeförderungen“ auf diese Veränderung im Kardinalskollegium hingewiesen. Die katholische Nachrichtenagentur kath.net bezeichnet einen Tag später in dem Artikel „Martino neuer Kardinal-Protodiakon“ Levada als Stellvertreter des Kardinalprotodiakons. Ein Stellvertreter für dieses Amt ist nirgends vorgesehen, weder im Kirchenrecht (CIC) noch in der Papstwahlordnung „Universi Dominici Gregis“ von 1996 und somit auch keine Erklärung für diese päpstliche Personalmaßnahme. Kardinal Levada wurde am 20.Juni 2016 zum Kardinalpriester (pro hac vice) erhoben und wurde selbst am 15. Juni 2016 80 Jahre alt. Dank dem Papst hat die Kirche bis zum heutigen Tag keinen Kardinalprotodiakon der die Aufgaben in einem künftigen Konklave wahrnehmen könnte.

Geschichte und Traditionen bedeuten Franziskus scheinbar nur wenig. Das ist nichts Neues. Kritiker bescheinigen ihm gerne, lieber dagegen zu sein, als sich an jahrhundertealte Traditionen zu binden. Beide Fälle, Kardinal Martino und Müller, bestätigen das eindrucksvoll. Der Primat des Papstes kann dafür aber keine Rechtfertigung sein.

Kardinal Müller hat sicherlich mehr als einmal dem Papst den Spiegel vorgehalten. Aber ist das nicht auch eine Aufgabe des Präfekten der Glaubenskongregation? Das Nachsynodale Apostolische Schreiben „Amoris laetitia“ ist seit seinem Erscheinen im März 2016 in aller Munde und auch in der Kritik. Selbst hohe Würdenträger der Kirche interpretieren es unterschiedlich. Müller hat mehrfach von „nicht überzeugenden“ Interpretationen gesprochen. So mancher Katholik hält die Zulassung zur Kommunion für Wiederverheiratete für einen nicht hinnehmbaren Verstoß gegen das Sakrament der Ehe. „Amoris laetitia“ sowie die Personalpolitik des Papstes so manchen Katholiken in Gewissenskonflikte gebracht und viele haben sich bereits von der Kirche abgewandt. Diese Entwicklungen hat an vorderster Front nicht der Priester in der Gemeinde, sondern Papst Franziskus zu verantworten. (vh)

„Zahl der Widersprüche ist beschränkt“: Was der FSSPX noch zur Versöhnung mit Rom fehlt

Interview mit Pater Franz Schmidberger, Regens des Priesterseminars der Piusbruderschaft.

ZAITZKOFEN – Nach der Beichte jüngst auch die Eheschließung: Mittlerweile können katholische Paare in Gottesdiensten der Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) ltig heiraten. Stimmen also Spekulationen in den Medien, dass die Piusbruderschaft schon bald in den Rang einer Personalprälatur erhoben wird? Was steht aus Sicht der Piusbrüder noch einer Versöhnung im Weg? Und: Was ist dran an dem Gerücht, dass Papst Franziskus in Fatima eine solche bekanntgeben will? Antworten von Pater Franz Schmidberger, Regens des Priesterseminars „Herz Jesu“ und ehemaliger Distriktoberer der Bruderschaft in Deutschland und Österreich.

PAUL BADDE: Herr Pater Schmidberger, in das Priesterseminar der Erzdiözese von München und Freising ist zuletzt, wie ich gehört habe, ein einziger Priesternachwuchskandidat eingetreten. – Wie sieht die Situation bei Ihnen im Priesterseminar „Herz Jesu“ von der Priesterbruderschaft Pius X. aus?

SCHMIDBERGER: Unser Seminar zählt im Augenblick 31 Seminaristen, von denen einer ein Pastoraljahr in einem Priorat in den USA verbringt. Die gute Hälfte von ihnen stammt aus dem deutschen Sprachraum, die andere Hälfte vor allem aus den Ländern des Ostens: Polen, Tschechien, Litauen, Russland und Ungarn. Im Herbst 2016 hatten wir 9 Eintritte, darunter vier Deutsche. Deshalb planen wir einen Erweiterungsbau. Natürlich gibt es auch immer den einen oder anderen Abgang, wie man dies bei einem lebendigen Organismus nicht anders erwarten kann. Schließlich geht es ja bei der Erneuerung der Kirche nicht um Quantitäten, sondern um die Heranbildung eines gut geschulten, frommen und seeleneifrigen Klerus. Und in diesem Sinn werden unsere jungen Leute, einmal zum Priester geweiht, unsere Stellungen im deutschen Sprachraum und in den Ländern des Ostens wesentlich stärken und festigen. Die Ausbildung in unserem Seminar könnte auch beispielhaft für andere Seminare sein. Um sich davon zu überzeugen, brauchen Sie nur unseren Seminarfilm anzuschauen.

BADDE: Wie erklären Sie diesen Unterschied und was bedeutet er für die Zukunft der Kirche in Deutschland?

SCHMIDBERGER: Die „Konzilskirche“ in Deutschland ist ein auslaufendes Modell. Von geistiger Konkursverwaltung zu sprechen ist nicht übertrieben. Man kann darum jedem jungen Mann, der zum Priestertum berufen ist, sagen: „Lass die Toten die Toten begraben; du aber, verkünde das Evangelium und arbeite für das Leben in den Seelen und für die Erneuerung der Kirche an Haupt und Gliedern.“

BADDE: Es ist immer wieder zu hören, dass eine vollständige Aussöhnung der Bruderschaft mit Rom kurz bevor stehe. Es würden nur noch letzte Unterschriften fehlen, sonst sei alles wohl vorbereitet. Was können Sie uns als sicher mitteilen?

SCHMIDBERGER: Was die zukünftige Struktur der Priesterbruderschaft St. Pius X. bei einer Anerkennung von Rom anbetrifft, so ist diese im Wesentlichen tatsächlich ausgearbeitet. Man wird aber noch über eine lehrmäßige Erklärung sprechen müssen, insbesondere bezüglich des II. Vatikanischen Konzils. Das Datum für eine endgültige Regelung liegt selbstverständlich in erster Linie bei der göttlichen Vorsehung, die alles lenkt und leitet. Es braucht eben viel Geduld, aber auch den festen Willen, mit Energie auf dieses Ziel hinzuarbeiten zum Wohle der ganzen Kirche.

BADDE: Als wir das letzte Mal – im Februar 2012 – miteinander sprachen, ließen Sie durchblicken, dass „die Zeit für Sie arbeite“ , trotz Ihres Zögerns vor Benedikt XVI, der Ihnen bis dahin so weit entgegen gekommen war wie noch kein Papst zuvor. Ein Jahr nach unserem Gespräch trat Benedikt als Papst zurück, den Sie mit Ihrem Erzbischof Williamson in die bis dahin schwerste Krise seines Pontifikats gestürzt hatten. Wie haben Sie damals auf die Nachricht des Rücktritts reagiert und was hat er in der Priesterbruderschaft bewirkt?

SCHMIDBERGER: Wir alle haben unter den inakzeptablen Äußerungen von Bischof Williamson gelitten. Natürlich sahen wir sehr wohl, wie die Feinde der Kirche diese benützt haben, um auf den Papst einzuschlagen, wie er dies ja auch selber in seinem Brief an die Bischöfe gesagt hat. Wir haben seinen Rücktritt bedauert, umso mehr, als er mit Summorum Pontificum der Kirche einen großen Dienst erwiesen und dann auch mit der Rücknahme des Exkommunikationsdekrets 2009 einen weiteren Schritt auf eine Normalisierung hin getan hat.

BADDE: Dennoch scheint die Zeit Ihrer Einschätzung von damals Recht zu geben – zumindest was die Annäherung der Bruderschaft mit Rom betrifft und umgekehrt. Was hat Papst Franziskus, das Papst Benedikt nicht hatte?

SCHMIDBERGER: Nicht die Zeit gibt uns Recht, sondern die Gnade Gottes in ihrem Wirken in der Zeit, die jene nicht verlässt, welche glauben, lehren und beten, wie die Kirche immer geglaubt, gelehrt und gebetet hat. Lesen Sie das demnächst erscheinende Buch von Prälat Georg May mit dem Titel „300 Jahre gläubige und ungläubige Theologie“; dann werden Sie die richtige Einschätzung bezüglich der heutigen Lage gewinnen.

Papst Franziskus hat zu unserer eigenen Überraschung uns gegenüber ein ausgesprochenes Wohlwollen. Andererseits hat er mit seiner Geringschätzung der Lehre in der Kirche viel Verwirrung gestiftet, aber wiederum auch der Konzilsideologie ein Ende bereitet. Und genau hier liegt die Möglichkeit zu einer Verständigung. Da der Papst an die Ränder geht, ist es logisch, wenn er jene nicht vergisst, die als treue Söhne der Kirche jahrelang marginalisiert worden sind.

BADDE: Gleichwohl tragen die wichtigsten Dokumente der Annäherung heute die Unterschrift Kardinal Müllers, der als Erzbischof von Regensburg Ihr schärfster Opponent in Deutschland war. In allem Streit scheint er die Konstante Ihrer Debatten geblieben zu sein. Wie deuten Sie dieses Paradox?

SCHMIDBERGER: Es ist vor allem der Papst und auch der Sekretär der Kommission Ecclesia Dei, Erzbischof Pozzo, die in einer echten Hirtensorge sich unsrer annehmen und einen jetzt schon 40 Jahre lange dauernden Konflikt beenden wollen. Wenn Kardinal Müller dieses Bemühen mitträgt, dann können wir uns darüber nur freuen. Vielleicht sind dem Kardinal auch in Rom die Augen für die Katastrophe in der Kirche aufgegangen und sucht er nach Verbündeten im Kampf gegen die Zerstörer.

BADDE: Vor sechs Jahren zitierten Sie vor mir die Ansprache von Papst Benedikt an die Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken vom 24. September 2011, wo er sagte: „Die eigentliche Krise der Kirche in der katholischen Welt ist eine Krise des Glaubens. Wenn wir nicht zu einer wirklichen Erneuerung des Glaubens finden, werden alle strukturellen Reformen wirkungslos bleiben.“ Und Sie kritisierten, dass durch das Konzil eben nicht der Geist der Kirche die Welt durchdrungen habe, sondern umgekehrt sei der Geist der Welt in die Kirche eingedrungen. Scheint der Prozess eines derart verstandenen „aggiornamento“ aber nicht gerade unter Papst Franziskus an sein Ziel zu kommen, der Ihnen nun die Türen in Rom weiter öffnet als jeder seiner Vorgänger? Erklären Sie uns bitte diesen Widerspruch.

SCHMIDBERGER: Wiederholen wir: Die Verwirrung in der Kirche ist groß, vielleicht größer als je zuvor in ihrer ganzen Geschichte. Wir erleben einen wahren Zusammenbruch in der Theologie, der Moral, der Disziplin, der Liturgie und der Spiritualität. Man darf ohne Übertreibung vom großen Glaubensabfall sprechen. Schlechte Ratgeber bieten dabei verderbliche Falschlösungen an, wie z.B. die Weihe von viri probati oder auch das Frauendiakonat. Gewiss darf man das Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche nicht übersehen, der sich menschlicher Werkzeuge bedient und vielleicht unsere Bruderschaft als die größte geschlossene religiöse Gruppe benützen will, die eben aus einem Guss heraus auf diesen Zusammenbruch antworten will und in einem bescheidenen Rahmen antworten kann. Jedenfalls haben wir ein Gesamtkonzept für eine wahre Neuevangelisierung.

Ohne vorbehaltlose Anerkennung der Konzilsdekrete wird die Bruderschaft des heiligen Pius X in der „una sancta catholica ecclesia“ keine Heimat finden, erst recht nicht, nachdem inzwischen auch die Konzilspäpste Johannes XXIII. und Paul VI. heilig und selig gesprochen worden sind, woran die Bruderschaft mit vernünftigen Argumenten des Glaubens nicht mehr rütteln kann. Bisher – so hatte es den Anschein – forderten Sie immer die Umkehr Roms. Ist inzwischen aber nicht auch die Bruderschaft umgekehrt und was können Sie uns dazu sagen?

Erzbischof Lefebvre hat im Konzil immer drei Teile unterschieden: Einen Löwenanteil, der mit der bisherigen Lehre der Kirche vollkommen übereinstimmt, einen zweiten Teil an Zweideutigkeiten, die dringend eines klärenden Wortes bedürfen, und schließlich eine verhältnismäßig beschränkte Zahl von Widersprüchen, die so nicht stehenbleiben dürfen, wie z.B. gewisse Aussagen im Dekret über den Ökumenismus oder in der Erklärung über die Religionsfreiheit. Natürlich ergibt sich hier ein Fragezeichen bezüglich der Kanonisation der zwei Konzilspäpste und auch Johannes Paul II. mit dem Skandal der Assisi-Treffen und daraus folgend der Diktatur des Relativismus. In diese Frage Licht zu bringen wird dann unter anderem die theologische Arbeit sein, die nach einer kirchenrechtlichen Anerkennung der Bruderschaft auf uns alle wartet.

BADDE: Nun verdichten sich die Gerüchte, dass Papst Franziskus die Priesterbruderschaft anlässlich seiner Reise nach Fatima wieder ganz in den Schoß der Mutter Kirche heimholen und die praktische Trennung beenden will. Was halten Sie von diesen Gerüchten?

SCHMIDBERGER: Wahrscheinlich ist hier eher der Wunsch der Vater des Gedankens oder des Gerüchtes.

BADDE: Fürchten Sie in dem Fall aber nicht eine enorme Zerreißprobe und mögliche Spaltung der Bruderschaft, weil ein nicht geringer Teil von Ihnen diesen Schritt womöglich nicht mehr mitmachen will – nach all den Jahren ihrer leidenschaftlichen Auseinandersetzung mit Rom?

SCHMIDBERGER: Bei einer Regularisierung unserer Beziehung zu Rom würde uns vielleicht der eine oder andere Mitbruder verlassen; viele werden es aber bestimmt nicht sein. Bei der Bischofskonsekration 1988 waren es 17. Jedenfalls sehe ich nicht die Gefahr einer Spaltung. (CNA Deutsch)

„Eine neue Dimension des politischen Aufstiegs des Papsttums“

VATIKANSTADT – „Der politische Aufstieg des Papsttums: Mobilisierung, Medien und die Macht der modernen Päpste“ war das nicht nur aus aktuellen Gründen spannende Thema einer Tagung am Campo Santo Teutonico.

Einer der Redner war der renommierte Autor und Vatikanist Ulrich Nersinger, bekannt auch aus mehreren Sendungen bei EWTN – Katholisches Fernsehen. Im Interview mit CNA sprach er über die Rolle von Papst Franziskus – und warum Eisenbahnen zeigen, dass die Kirche in Jahrhunderten denkt.

CNA: Herr Nersinger, leben wir in einem Zeitalter politischen Aufstiegs des Papsttums? Wie bewerten Sie das Motto der Tagung?

ULRICH NERSINGER: Zeitgleich zur Tagung fanden zwei Großereignisse statt: Das eine nur wenige Schritte von uns entfernt, das Zusammentreffen des Heiligen Vaters mit den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union; und einen Tag später der Besuch von Papst Franziskus in Mailand. Eine gelungenere Illustrierung und Aktualisierung des Themas, das der Tagung gegeben war, hätte man sich wahrhaftig nicht vorstellen können. In der Sala Regia des Apostolischen Palastes kam von sich aus – wohlgemerkt nicht geladen – die politische Führungsmanschaft unseres Kontinents mit dem Herrscher des kleinsten Staates der Erde zusammen, um von ihm Unterstützung für das Projekt Europa zu erhalten – man darf hier wohl zu Recht von einem fortdauernden, ja neue Dimensionen erreichenden politischen Aufstieg des Papsttums sprechen. Und in der vermutlich bedeutendsten Erzdiözese Norditaliens wurde der Welt – nicht nur der katholischen – überdeutlich vor Augen geführt, wie auch heute noch das Oberhaupt der Katholischen Kirche die Massen für sich zu mobilisieren vermag.

Wir haben es ja nicht nur mit „Soft Power“ zu tun – wie jüngst im Fall der Malteser geschehen. Wie sicher ist der Status des Vatikans, des Heiligen Stuhls auf dem internationalen Parkett heute?

Ihre Frage wurde mir auch auf der Tagung gestellt. So verwies man auf die Verletzbarkeit des neutralen Vatikanstaates im Zweiten Weltkrieg hin. Sowohl der Vatikanstaat wie auch der Heilige Stuhl – aus völkerrechtlicher Sicht sind dies zwei verschiedene Subjekte, wenn auch der „Chef“ beider derselbe, das heißt der Papst, ist – erfreuen sich heute der Anerkennung von so gut wie allen Staaten der Erde und pflegen mit diesen diplomatische Beziehungen. Doch die Geschichte lehrt uns, dass auf der Bühne der internationalen Politik nichts absolut gesichert und ewig ist. In unseren Tagen versuchen manche Strömungen, besonders glaubensfeindliche Ideologien der westlichen Hemisphäre, den Einfluss des Christentums und auch den anderer Religionen zurückzudrängen, ja sogar diese zu bekämpfen und zu eliminieren. Daher ist ein unentwegter Einsatz des Papsttums für die eigenen Gläubigen und alle Menschen guten Willens so wichtig und nötig. Dass heißt für den Papst, klar und deutlich Präsenz in der Welt zu zeigen.

Sie selber sprachen über Eisenbahnen nach Rom. Was können wir über diese „stählernen Pilgerwege“ im digitalen Zeitalter lernen?

Sehr viel! Sie vermitteln uns etwas von der Entschlossenheit, aber auch der Weitsicht des Papsttums. Pius IX. (1846-1878) schuf in den Päpstlichen Staaten „stählerne Pilgerwege“ um „den Gläubigen Gelegenheit zu bieten, zu den Gräbern der Apostelfürsten zu wallfahren und beim Statthalter Christi Trost und Erhebung zu suchen“. Als sich der Heilige Vater nach der Einnahme Roms in den Apostolischen Palast bei Sankt Peter als freiwilliger „Gefangener des Vatikans“ zurückzog, hinterließ er ein durch seine Person erwirktes und geschaffenes Eisenbahnnetz, das ihm und seinen Nachfolgern eine kaum zu überschätzende Grundlage gab, um mit den Katholiken in aller Welt persönlich, unmittelbar und dauerhaft bis in unsere Tage hinein in Kontakt zu treten und zu bleiben. Die Isolation durch den Verlust territorialer Souveränität im Jahre 1870 wurde durch das Strömen gewaltiger Pilgermassen nach Rom in beeindruckender Weise für jedermann sichtbar durchbrochen und zu einem wahren Triumph des Papsttums.

In den letzten Jahrzehnten mussten sich die Eisenbahnen vermehrt den Transport von Rompilgern mit Reisebussen und Fluggesellschaften teilen. Kurz vor der Jahrtausendwende bescherten Billigflieger all jenen, die eine Fahrt in die Ewige Stadt erwogen, eine beinahe konkurrenzlose, preislich nicht mehr zu unterbietende Alternative zum Verreisen auf Schienen. Romfahrten mit der Eisenbahn sind dennoch eine Option geblieben. Ihre (kirchen-)geschichtliche Dimension ist den meisten der außeritalienischen Bahnreisenden, Touristen wie Pilgern, verborgen. Dass Zugfahrten nach Rom nicht unwesentlich dem am 3. September 2000 von Johannes Paul II. (1978-2005) seliggesprochenen Pius IX. zu verdanken sind, entzieht sich leider in der Regel ihrer Kenntnis – ist aber eine unumstößliche Tatsache. Die „stählernen Pilgerwege“ nach Rom zeigen auch auf, dass die Kirche bekanntlich nicht in Jahren und Jahrzehnten denkt, sondern in Jahrhunderten. (CNA Deutsch)

Koch: „Papst übt eine Art von ökumenischem Primat aus“

Einer der größten Stolpersteine auf dem Weg der Ökumene: So hat der selige Paul VI. sein Amt, das Papstamt, einmal genannt. Sollten die Päpste also ihren Anspruch herunterschrauben, um kein ökumenisches Ärgernis mehr zu sein? Jein, antwortet auf diese Frage Kardinal Kurt Koch. Der Schweizer leitet den Päpstlichen Einheitsrat.

„Sicher stimmt es auf der einen Seite, was Papst Paul VI. beim Besuch des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen Ende der sechziger Jahre gesagt hat: dass er sich sehr wohl bewusst sei, dass sein Amt eines der größten Hindernisse auf dem Weg zur Einheit ist. Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen, dass das Papstamt eine großartige Möglichkeit für die Einheit der Christen ist! Und da hat sich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil sehr viel entwickelt. Wenn ich jetzt gerade bei Papst Franziskus sehe, wie viele Repräsentanten anderer Kirchen nach Rom kommen wollen, mit dem Papst reden wollen, dem Papst begegnen möchten, und wie viel Zeit der Papst sich dafür nimmt – dann muss ich eigentlich sagen, dass der Papst schon so eine Art von ökumenischem Primat ausübt. In der Art und Weise, wie er sich Zeit für die Ökumene nimmt.“

„Ich bin zuversichtlich, dass kein Papst das rückgängig machen kann“

Er sehe die Christen längst auf dem Weg „vom größten Hindernis zu einer Möglichkeit der ökumenischen Einheit im Papstamt“. Das liege auch daran, „dass wir seit dem Konzil alles ökumenische Päpste gehabt haben“. „Johannes XXIII. hat diese Öffnung gebracht. Paul VI. war ein großartiger Ökumeniker, vor allem mit seinen Gästen. Wenn ich daran denke, wie er einen orthodoxen Metropoliten empfängt, indem er sich vor ihn kniet und ihm die Füße küsst… im Unterschied zu seinem (Vor-) Vorgänger, der das von Orthodoxen verlangt hat! Dass er dem anglikanischen Primas 1967 den Ring geschenkt hat. Das sind alles großartige Zeichen gewesen. Johannes Paul II. war ein großartiger Ökumeniker, der aus der Hoffnung gelebt hat, dass das dritte Jahrtausend das Zeitalter der Einheit sein muss. Papst Benedikt XVI. hat theologisch viel für die Einheit der Christen gearbeitet, Papst Franziskus führt das weiter. Ich bin absolut zuversichtlich, dass kein Papst das rückgängig machen kann, wenn er dem Zweiten Vatikanischen Konzil treu bleiben will, und dazu gehört die ökumenische Verpflichtung.“

Natürlich sei die Frage, „die Johannes Paul II. in die ganze Christenheit hineingegeben hat“, immer noch aktuell, so Kardinal Koch. Der heilige Papst aus Polen hatte in seiner Enzyklika „Ut Unum Sint“ eine Debatte darüber angeregt, wie das Papstamt so ausgeübt werden könne, dass es auch für die getrennten christlichen Geschwister akzeptabel sei. „Da müssen die Dialoge weitergeführt werden“, sagt Koch.

Der Chef-Ökumeniker des Vatikans äußerte sich auch zum Stand des Dialogs mit den Lutheranern – schließlich läuft ja gerade das Reformations-Gedenkjahr. Die letzten lehrmäßig strittigen Punkte zwischen beiden Seiten sollen in einem Konsenspapier ausgeräumt werden. Da geht es um Kirche, Eucharistie und kirchliches Amt. Rückt, wenn ein solches Dokument einmal zustande gekommen sein wird, die Einheit der Kirchen in Reichweite?

„Dann wäre Kirchengemeinschaft in Reichweite“

„Also, zunächst einmal ist das die logische Konsequenz, weil das in der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre (von Augsburg) selber gesagt wird, dass damit die ekklesiologischen Fragen dieses Konsenses noch nicht gelöst sind. Und deshalb ist der Vorschlag, den ich eingebracht habe, jetzt eine Gemeinsame Erklärung zu Kirche, Eucharistie und Amt zu verfassen, nur die logische Konsequenz, die sich aus diesem Konsens ergibt. Es wäre wirklich ein großartiger Schritt, wenn das gelingen könnte, zu dieser Gemeinsamen Erklärung zu kommen: Das scheint mir der unabdingbare Schritt für Kirchengemeinschaft und auch Eucharistiegemeinschaft zu sein!“

Noch einmal nachgefragt: Wenn eine solche Gemeinsame Erklärung einmal vorliegt – wäre dann die Eucharistiegemeinschaft in Reichweite? Koch: „Dann wäre Kirchengemeinschaft in Reichweite – und das ist die unmittelbare Voraussetzung für Eucharistiegemeinschaft.“ – Frage: „Ja, aber in zwanzig Jahren hat man eine solche Erklärung doch fertig…“ – Koch: „Ich weiß nicht, ob ich es noch… Also, ich werde es sicher noch erleben. Ich weiß nur nicht, ob ich noch auf Erden bin oder schon im Himmel. Aber erleben werde ich es, davon bin ich überzeugt!“

„Mein Vorbild in der Ökumene ist Mose“

Frage: „Aber so nah dran sind wir also an der Möglichkeit einer Einheit mit der lutherischen Kirche?“ – Koch: „Das hängt jetzt von den Antworten ab, die da kommen und was da erarbeitet werden soll. Ich bin auf jeden Fall dankbar, dass dieser Vorschlag auf offene Ohren und Herzen stößt und dass die Bereitschaft da ist, sich auf den Weg zu begeben. Dann werden wir sehen, wann und wie das geht… Wissen Sie: Mein Vorbild in der Ökumene ist Mose. Der muss sein Volk in das Gelobte Land führen. Aber er ist nicht traurig, weil er das Gelobte Land nicht mehr erreicht. Das ist meine Spiritualität: Es kommt für mich nicht darauf an, was ich erreiche, sondern ich sehe meine Aufgabe darin, diesen Weg zu bereiten, das andere ist ohnehin das Departement des Heiligen Geistes.“

Kardinal Koch äußerte sich am Rand einer Buchvorstellung am Donnerstagabend in Rom. In der deutschen Nationalkirche Santa Maria dell’Anima stellte er ein Buch von Kardinal Gerhard Ludwig Müller, dem Präfekten der Glaubenskongregation, mit dem Titel „Der Papst“ vor. (rv)

Pontifikatsjubiläum: Kardinal Parolin würdigt „Reform der Herzen”

„Habemus Papam… Franciscum.” Es sind vier Jahre vergangen, seit der damalige Kardinalsprotodiakon Jean Louis Tauran diese Worte auf dem Balkon der Petersbasilika ausgesprochen hat. Und es war bisher eine „sehr intensive Zeit“ mit dem Papst „vom anderen Ende der Welt“. Das sagt einer, der sehr eng mit dem Papst zusammenarbeitet und ihn schon vorher kannte: Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin geht in einem langen Interview mit Radio Vatikan auf die Meilensteine in diesem Pontifikat ein.

Im vierten Pontifikatsjahr habe es auch historische Momente gegeben, so Kardinal Parolin. So erlebte man beispielsweise das erste Treffen eines Papstes mit dem Moskauer Patriarchen, die Heiligsprechung von Mutter Teresa von Kalkutta und die ökumenische Reise nach Lund, um des 500jährigen Jubiläums der Reformation zu gedenken.

„An jenem Tag, dem 13. März 2013, war ich gar nicht in Rom. Ich war damals noch in Caracas (als Nuntius in Venezuela, Anm. d. Red.) und erhielt die Meldung am Mittag, als in Rom bereits Abend war. Das erste, was ich damals fühlte, war Erstaunen. Ich war nämlich einerseits erstaunt über den neuen Papstnamen aber auch über die Wahl von Kardinal Jorge Mario Bergoglio. Man hatte von ihm gehört, aber niemand dachte daran, dass er Papst werden würde, zumindest wenn man die Zeitungen damals las.“

Mit besonderer Aufmerksamkeit wird seit dem Amtsantritt Franziskus´ die Reform der Kurie beobachtet, um die das Kardinalskollegium den neu gewählten Papst gebeten hatte. Semper reformanda, also sich selbst stets hinterfragen und erneuern müsse sich die Kirche, erinnerte Kardinalstaatssekretär Parolin an einen Satz, der im katholischen Umfeld mit dem II. Vatikanum in Verbindung gebracht wird. Doch es liege dem Papst besonders am Herzen, die Reform der Kurie nicht auf strukturelle Kriterien zu beschränken. Vielmehr müsse man mit einem biblischen Ausdruck von einer „Konversion“ sprechen, erklärt Parolin: „Der Papst erinnert uns immer wieder daran, damit die Kirche immer mehr sie selbst werde, authentischer werde, die Verkrustungen loswerde, die sich auf dem durch die Geschichte ansammeln und wirklich leuchte, wie eine Wahrheit des Evangeliums. Ich würde sagen, dass das maßgeblich der Sinn der Reform ist, und es ist deshalb, dass der Papst immer wieder über die Reform der Herzen spricht.“ Franziskus selbst hatte erst bei seiner jüngsten Weihnachtsansprache an die Kurie erklärt, Erneuerung müsse von innen – gleichsam vom Herzen – ausgehen.

Dieser Papst betone eine „Kirche, die hinausgehen will“, so Kardinal Parolin. „Es ist offensichtlich ein langer Weg, ein Fortschreiten, das seinen Anfang im Zweiten Vatikanischen Konzil findet. Papst Franziskus will derjenige sein, der es weiterführt mit seiner Anwendung im Leben der Kirche. Mit erscheint diese Kirche auf dem Weg sehr bedeutsam, diese Kirche die sich öffnet: Und gerade deswegen, weil die Kirche herausgeht, auf Jesus Christus zu, gelingt es ihr, auch die Menschen in ihrem täglichen Leben zu begleiten.“

„Ich würde vor allen Dingen sagen, dass Amoris Laetitia ein großes Geschenk ist. Der Papst sagte am Anfang der ersten Familiensynode, dass diese Synode die Frohe Botschaft der Familie zum Leuchten bringen soll. … Mit Amoris Laetitia hat er einen großen Impuls gegeben. Was die Kritik betrifft, muss ich sagen, dass es schon immer Kritik in der Kirche gab. Gutgemeinte konstruktive Kritik ist immer willkommen, wenn sie dazu beiträgt, den Willen Gottes besser einzubringen.“ (rv)

Papst Franziskus: Deutschlands Geburtenrate ist ein Grund für Priestermangel

MÜNCHEN – Lösungen für den Mangel an Berufungen, der Malteserorden und das Verhältnis mit Kardinal Raymond Burke, der Umgang mit dem Teufel und persönliche Glaubenszweifel: Eine Vielzahl von Themen haben Papst Franziskus und der Chefredakteur der „Zeit“ im ersten Interview des Heiligen Vaters mit einer deutschen Zeitung angesprochen.

Schlagzeilen bei deutschen Medien machte bereits vor der Veröffentlichung des Interviews die Aussage, der Papst wolle über Viri Probati nachdenken. Einzelne Journalisten schoben dabei Franziskus erneut Aussagen unter, die er so gar nicht machte.

Lösung durch Gebet

Tatsächlich sagt Franziskus folgendes auf die Frage von „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, was denn mit den Viri Probati sei, „die zwar verheiratet sind, aber aufgrund ihres nach katholischen Maßstäben vorbildlich geführten Lebens zu Diakonen geweiht werden können“:

„Wir müssen darüber nachdenken, ob Viri Probati eine Möglichkeit sind. Dann müssen wir auch bestimmen, welche Aufgaben sie übernehmen können, zum Beispiel in weit entlegenen Gemeinden.“

Weiter betont Franziskus: Die Einführung eines „freiwilligen Zölibats“ sei nicht die Lösung für den Mangel an Berufungen. Das sei erst einmal durch Gebet zu lösen, und dann die richtige Arbeit mit jungen Menschen.

„Deutschlands Geburtenrate ist ein Problem“

Als weiteren Grund speziell für den Priestermangel in Deutschland nennt der Papst die niedrige Geburtenrate im Land. Denn, so stellt Franziskus trocken fest: „wo es keine jungen Männer gibt, gibt es auch keine Priester“.

Dies sei ein ernstes Problem, das in der nächsten Synode über junge Menschen angepackt werden müsse.

Mit Blick auf Kritik an seinem Pontifikat betont Franziskus, dass er „seinen Frieden nicht verloren“ habe. Im Gegenteil: Über die Plakat-Aktion in Rom etwa, die ihn als grimmigen Pontifex zeigt und nach seiner Barmherzigkeit fragt, habe er lachen können. Tatsächlich bete er jeden Tag „für einen Sinn für Humor“.

Natürlich habe er aber auch schon viele Male „Basta!“ gesagt.

„Ich empfinde Kardinal Burke nicht als Widersacher“

Auf die Frage, ob er auch schon mal Kardinal Burke „Basta“ gesagt habe, antwortet Papst Franziskus: „Ich empfinde Kardinal Burke nicht als Widersacher“.

Auch mit Blick auf die Machtkämpfe mit dem Malteserorden, betont der Papst: „Das Problem beim Malteserorden war eher, dass Kardinal Burke mit der Sache nicht umgehen konnte, weil er nicht mehr allein agierte. Ich habe ihm den Titel des Patronus nicht aberkannt“.

Burke sei weiter Patronus – doch gehe es darum, beim Orden „ein wenig aufzuräumen“. Deshalb habe er einen Delegaten dorthin geschickt.

Auf Fragen nach seinem persönlichen Glaubensleben erklärt der Papst – wie viele Würdenträger und auch große Heilige, dass er auch Zweifel und Zeiten der „Leere“ kenne, aber das Geschenk des Glaubens dankbar empfange und jeden Tag neu lebe.

Der Teufel ist nicht nur eine Metapher

Was das wirklich Böse betrifft, betont der Papst, dass der Teufel nicht einfach eine Metapher ist, wie manche Theologen spekulieren. „Dem Glauben nach ist der Teufel ein Engel. Ein gefallener Engel. Und daran glaube ich“. Auf die Frage: „Das glauben Sie wirklich?“, bestätigt Franziskus: „Ja, das ist mein Glaube“.

Viele Versuchungen, mit denen er zu kämpfen habe, so Franziskus, seien nicht dem Teufel, sondern persönlichen Schwächen geschuldet. Aber bei vielen anderen habe Satan „sehr wohl die Finger im Spiel“.

Deutschlandbesuch unwahrscheinlich

Abschließend erklärt der Papst, dass ein Besuch Deutschlands in diesem Jahr unwahrscheinlich sei – trotz Einladungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen: „Der Terminkalender ist dieses Jahr sehr voll“. (CNA Deutsch)

Wochenvorschau: Der Papst ist weg

Papst FranziskusWelche Termine stehen in den kommenden Tagen im Vatikan an? Die knappste Antwort würde lauten: nichts. Denn der Papst ist nicht in Rom. Zusammen mit den Spitzenvertretern der römischen Kurie macht er eine Woche lang Fastenexerzitien in Ariccia, einem Städtchen in den Albaner Bergen. Sogar die Generalaudienz, der gemeinhin festgepflockteste Termin der Papstwoche, fällt in dieser Woche aus. Nur das Angelus-Gebet findet statt, sowohl an diesem als auch am nächsten Sonntag. Die Reisebusse mit dem Papst und seinen Mitarbeitern fahren erst am Sonntagnachmittag ab und rollen am Freitag wieder rechtzeitig im Vatikan ein.

Schauen wir trotzdem ein bisschen genauer auf diese Woche. In Deutschland trifft sich die Bischofskonferenz von Montag bis Donnerstag zu ihrer Frühjahrs-Vollversammlung. Zu Gast haben sie diesmal einen Kardinal aus Burkina Faso und einen weiteren aus Kolumbien. Am Dienstag stellt der Päpstliche Kulturrat, der von Kardinal Gianfranco Ravasi geleitet wird, der beim Heiligen Stuhl akkreditierten Presse sein innovatives, rein weibliches Beratungsteam vor, zu dem auch eine Theologin aus dem Iran gehört. Natürlich hat das mit dem Weltfrauentag zu tun: Der wird am Mittwoch – 8- März – begangen, auch im Vatikan. In der Casina Pio VI. in den Vatikanischen Gärten findet an diesem Termin bereits zum vierten Mal eine katholische Frauenkonferenz mit dem Titel „Voices of Faith“ statt.

Am Mittwoch beginnt auch ein Konferenzen-Zyklus an der Päpstlichen Universität Regina Apostolorum, der sich mit dem Reformationsgedenken aus katholischer Sicht befasst. Die Startkonferenz dient dem Nachdenken über das lutherische Prinzip des „Solo scriptura“.

Am Samstag jährt sich zum 59. Mal der Eintritt des jetzigen Papstes in den Jesuitenorden. (Das heißt, dass nächstes Jahr so richtig gefeiert wird.) Am Sonntagnachmittag wird Franziskus erneut eine Pfarrei am Stadtrand von Rom besuchen; diesmal fährt er dazu in den Vorort Ottavia. Und am Montag, den 13. März, jährt sich zum vierten Mal die Wahl von Jorge Mario Bergoglio zum Papst. Im Vatikan ist der Jahrestag einer Papstwahl seit jeher ein Feiertag. (rv)